http-equiv = "content-language" content = "en" lang = de; lang=de; Revive - BoardgameMonkeys_Brettspielrezensionen <BoardgameMonkeys_Brettspielrezensionen></BoardgameMonkeys_Brettspielrezensionen> ~ BoardgameMonkeys_Brettspielrezensionen

11.12.2024

Revive


Kurz nachdem Revive erstmals auf Englisch erschienen ist, hörte ich in einem Podcast viele Lobhudeleien auf das Spiel. Mein Interesse war geweckt. Da damals schon feststand, dass das Spiel auch auf Deutsch erscheinen wird, hatte ich aber Geduld. Doch manchmal ist die Zeit eben so eine Sache. Ich hörte häufiger von dem Spiel. Mit dabei auch Aussagen wie „ein echter Expertenkracher“. Hm. Grundsätzlich, aus Vielspielenden-Sicht, ja eigentlich ein großes Lob. Aber ich hadere ja nicht selten mit „echten Expertenkrachern“. Entweder sind sie mir zu verkopft (Terra Mystica / Age of Innovation) oder sie fühlen sich für mich zu sehr nach Arbeit und zu wenig nach Spaß an (Woodcraft) oder ich find sie eigentlich echt gut, aber durch den Aufwand, den man betreiben muss, um sie überhaupt spielen zu können (und hier ist vor allem das Wiedereinsteigen in die Regeln gemeint), ziehen sie dann doch wieder aus (Nukleum). Also kam Revive erstmal nicht auf den Tisch, blieb aber im Hinterkopf für "irgendwann mal".


Erstmal. Denn nun kam es endlich doch auf den Tisch. Und zwar sehr lange. Denn ich baute es gar nicht erst ab. Denn das Spiel kommt ja mit einer Mini-Kampagne daher und man kann neue Sachen freischalten. Und ja, ich weiß. Die meisten Vielspielenden hielten dies für ein Tutorial, dass sie wie in Videospielen einfach übersprungen, alle Zusatzregeln und Stanzteile direkt in die erste Partie mitgenommen haben und fertig. Ich nicht. Denn ich war mal Videogamer (und bin es im Herzen immer noch): „Freischalten“ ist einfach toll. Deswegen mochte ich auch Dorfromantik, das ehrlich gesagt  nicht mehr angefasst wird, seitdem alle Boxen geöffnet wurden. Also las ich die unfassbar gut geschriebene Anleitung von Revive und beschloss, zum Einüben der Regeln eine Solo-Partie mit zwei Spielenden zu simulieren und einfach mal die Kampagne zu beginnen. Eigentlich nur, um in meiner Gruppe das Spiel anschließend erklären zu können und in die Kampagne zu starten – oder eben auch das Tutorial überspringen zu können (was ich nach der ersten Partie noch entscheiden wollte). Doch was passierte dann? Nun ja. Ich war total angefixt, wollte wissen, was noch ins Spiel kommt. Dabei half mir, dass das Spiel für das Solo-Spiel praktisch keinerlei Sonderregeln braucht. Ich spielte also Kapitel 2 der Kampagne und freute mich über die neuen Inhalte – diesmal als echtes Solospiel. Kapitel 3 übersprang ich und spielte Kapitel 4 und ich tat dann auch so, als ob ich Kapitel 5 gespielt hätte und spielte mit allem drum und dran eine Partie und dann noch eine... Fünf Partien in 2 Tagen. Danach dann mit einer echten menschlichen Gegenspielerin und dann noch in der Gruppe und dann nochmal und nochmal und.... Das Spiel blieb einfach auf dem Tisch liegen und ich „resettete“ immer einfach nur alles. Direkt im Anschluss kam die Erweiterung dazu, über die ich in unserem Blog zu einem anderen Zeitpunkt noch separat berichten werde.


Und das ist der große Unterschied zum eben erwähnten Dorfromantik: Zwar sog mich auch hier das „Freischalten“ von Dingen (die man schon kennt, denn man sieht sie in der Packung liegen und in der Anleitung beschrieben), ins Spiel. Aber Revive schaffte es im Anschluss weiterhin, mich an sich zu binden. Und auch wenn ich vielen Spielen etwas abgewinnen kann oder sehe, was andere darin gut finden – so bin ich eigentlich von sehr wenigen Spielen so begeistert, wie von Revive (und meist sind das dann solche Außenseiter wie Mythwind ;). Diese Begeisterung rührt bei Revive aus der Kombination von wirklich simplen und schnell verstandenen Regeln, gemischt mit asymmetrischen Fähigkeiten und super verzahnten Mechaniken, die zu tollen Entscheidungen führen, die einem aber nie den Kopf platzen lassen.


Was tun wir hier also? Nun ja, wir beleben unseren Planeten neu. Und hierfür mischen wir Engine Building mit Deckbuilding mit ein wenig Entdeckung und Ausbreitung. Und das alles dermaßen verzahnt, dass es einfach total locker-flockig dahin siedelt: Wer dran ist, hat zwei Aktionen, die er/sie aus 5 möglichen wählen kann: 1) eine Karte an das eigene Bord spielen und sich damit die eigene Engine bauen, 2) auf dem Spielplan Gebietsplättchen aufdecken (kostet Ressourcen – bringt Siegpunkte, neue Karten und deckt eben den Plan auf), 3) Gebäude bauen (kostet Ressourcen, bringt Schritte auf den drei persönlichen Leisten und schaltet Aktionen frei), 4) verlassene Städte besiedeln (schaltet die asymmetrischen Fähigkeiten sowie Endwertungen frei) oder 5) eine zusätzliche Ressource nehmen (eine Notaktion, die man eigentlich nicht machen sollte, da man mit den Aktionen selbst mehr erreicht). Ab und an muss ich mich zurücksetzen: Mache meine Kartenslots leer, reaktiviere meine Energie für Sonderfähigkeiten auf den Leisten. Bei unseren Aktionen helfen uns Slot-Plättchen, die wir fest in unser Bord einbauen (und uns je nach Kartenart, die gespielt wird, zusätzliche Boni bringen), Werkzeugkisten mit Belohnungen und die geheimnisvollen Artefakte. Letztere sind begrenzt verfügbar und beenden das Spiel, sofern sie aufgebraucht sind. Alle Spielenden haben besondere Karten, die aufzeigen, welche Artefaktart ihnen wofür eine besondere Endwertung bringt. Je häufiger man ein entsprechendes Artefakt hat, desto häufiger darf man diese Sorte dann auch für sich werten. Außerdem winken am Ende noch Bonuspunkte, die sich durch die freigeschalteten eigenen Fähigkeiten/Aktionen ergeben.


Die Regeln an sich sind also fast schon simpel. Die Entscheidung, wann ich welche Aktion wofür nutze, ist aber alles andere als trivial. Denn es gibt immer mehrere Wege zum Erfolg. Alles ist möglich, nicht alles immer sinnvoll – oder muss entsprechend ein wenig geplant und vorbereitet werden. ABER: Das Spiel und unsere Gegenspielenden ticken gegen uns, denn im Herzen ist Revive vor allem ein Wettrennen. Langfristige Planung wird schnell durch Kettenzüge torpediert, die das Spielende auslösen – auch wenn sich die allerersten Züge einer Partie nie so anfühlen. Diese Kettenzüge sind es, die geneigte Spieler durchaus in die Paralyse treiben können. ABER: Gleichzeitig ergeben sich diese fast wie von selbst, da alles so schön ineinander greift. Und so würde ich bei genauerer Betrachtung sagen, dass Revive eigentlich gar kein Expertenkracher, sondern vielmehr ein sehr gehobenes Kennerspiel ist. Aber da hier die Grenzen fließend sind, belasse ich es dabei mal, denn das BGG-Weight spricht da eine andere Sprache.


Was bleibt ist ein richtig toller Eindruck und Revive hat sich direkt und ohne Ankündigung in meine Top…10? (vielleicht, dafür müsste ich sie mal aufstellen) katapultiert. Und das, obwohl es nicht ganz frei von Makeln ist. Der Solo-Modus ist viel zu leicht (wobei man hier schön Taktiken üben kann und die Erweiterung hier Abhilfe bringt), die geheimen Artefaktwertungen sind sehr unterschiedlich und dadurch mitunter unfair (wird auch durch die Erweiterung behoben) und dann kommt da eben das drumherum: Der Spielaufbau stammt direkt aus der Eishölle, eben weil das Spiel so variabel ist. Das Erkunden der Landkarte nervt gewaltig, weil man ständig Plättchen umdrehen muss und diese gut verzahnt liegen, sodass man immer irgendwas verschiebt und letztlich ist das Thema….eigentlich nur für die coole Optik zuständig und völlig egal (auch trotz der Kampagne mit Storyanteil).
Und da wäre noch etwas, kein Makel, aber etwas, das man wissen muss: Spielt man Revive solo, ist das Spielgefühlt ein völlig anderes, wie zu zweit. Und zu zweit ist es völlig anders als zu dritt – einfach weil man zu zweit meistens eher nebeneinander her spielt und sich nicht nervt, weil das Spielfeld so groß ist. Zu dritt wird der Platz da schon enger. Zu viert ist das Spielfeld so, dass man gar nicht anders kann, als sich regelmäßig zu nerven und das Spiel deutlich Interaktiver wird – dafür aber die Downtime durchaus einen Tick zu lang werden kann. Am besten finde ich Revive daher zu dritt oder zu zweit, je nachdem, ob man konfrontativer oder friedlicher spielen möchte. Richtig gut: Zu zweit ist man locker in 60 Minuten durch, wenn beide die Regeln kennen und niemand in den eigenen Kettenzügen (die sich zu zweit auch meist gut planen lassen, während die andere Person am Zug ist) versinkt.

Ein richtig richtig, richtig, mega, super-duper-toller Ex….Kennerkracher!

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Revive von Helge Meissner, Kristian Amundsen Ostby, Eilif Svensson, Anna Wermlund
Erschienen bei Pegasus Spiele
Für 1 - 4 Spielende in 90 - 120 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Pegasus Spiele)
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