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09.11.2024

Skull Tales - Full Sail!


Piratenabenteuer sind in der Welt der Brettspiele eher selten, doch Skull Tales setzt genau dort an und bietet eine Simulation, die Fans des Themas voll auf ihre Kosten kommen lässt. Statt eines klassischen „Set-Sail-and-Raid“-Ansatzes wird hier versucht, das gesamte Piratenleben abzubilden – und das gelingt erstaunlich gut.


Skull Tales könnte man als Drei in Eins Spiel bezeichnen, denn es unterteilt sich in drei Phasen: Abenteuer, Reise und Hafen. Jede Phase ist ein Spiel für sich und bringt eigene Mechaniken mit, und das Gefühl, tatsächlich auf hoher See unterwegs zu sein, bleibt durchweg präsent. Aber alles der Reihe nach.

In der Abenteuer-Phase, die im Prinzip ein Dungeon-Crawler ist, tauchen Spieler in spannende Szenarien ein, die mit einem eigenen Abenteuerbuch samt Story und thematischen Quests daherkommen. Diese Phase bietet einiges an spielerischer Tiefe, behält aber das typische Dungeon Crawl Credo bei. Jeder wählt sich zu Spielbeginn einen der 12 Charaktere mit individuellen Fähigkeiten. Und ganz untypisch für einen klassischen Dungeon Crawler, bietet Skull Tales hier bereits die erste Abwechslung zur sonst klassischen Auswahl zwischen Krieger, Zauberer, Schurke oder Kleriker. Nicht falsch verstehen, diese Charaktere oder zumindest ihre Archetypen sind durchaus vertreten, aber es gibt da noch so viele frische Piraten, die das Spiel so besonders machen, wie beispielsweise den Voodoo Schamanen, der aus euren besiegten Feinden folgsame Zombies macht. Oder der Musiker, der die Moral der Crew aufwertet, aber auch ein bewanderter Pistolero ist. Die weitere Vielfalt der Charaktere, jeder mit einer einzigartigen Hintergrundgeschichte und individuellen Stärken, bringt eine hohe strategische Freiheit und Anpassbarkeit ins Spiel – vom erfahrenen Navigator, der mit Kartenvorteilen glänzt, bis hin zum schlagkräftigen Entermeister, der in Nahkämpfen dominiert. Daneben gibt es weitere Mechaniken, die Strategie abverlangen und teilweise an Videospiele erinnern: Die Cool-Down-Mechanik für Zauber etwa zwingt die Spieler dazu, ihre mächtigen Fähigkeiten bedacht und strategisch einzusetzen, da ein gewirkter Zauber nicht sofort wieder verfügbar ist, oder das Aufheben von geworfenen Waffen, die nicht wie von Zauberhand zurückkehren, sorgen für Immersion.

In der Reise-Phase übernimmt die gesamte Crew Verantwortung für das Schiff, was bedeutet, dass Spieler gemeinsam Entscheidungen über Kurs, Rationen und Aktionen auf See treffen. Der gewählte Kurs kann zu neuen Abenteuern führen oder riskante Gefahren mit sich bringen. So gibt es in dieser Phase oft Begegnungen mit Handelsschiffen oder rivalisierenden Piratencrews, die gekapert werden können, um Schätze und Vorräte zu erbeuten – das bringt natürlich zusätzliche Siegpunkte und Ressourcen, erfordert aber das Risiko, sich in einen Kampf verwickeln zu lassen. Es gibt auch nautische Herausforderungen wie Stürme und Riffgebiete, bei denen die Crew Fähigkeiten wie Navigation oder Seefahrtswissen einsetzen muss, um unbeschadet hindurchzukommen. Ein schönes Detail sind die verschiedenen Rollen an Bord, die es zu verteilen gilt, wie Steuermann, Kanonier und Navigator, was bedeutet, dass jede Entscheidung individuelle Vorteile und Auswirkungen haben kann. Diese Rollen beeinflussen zum Beispiel die Effizienz im Kampf oder die Geschwindigkeit des Schiffes. Eine gezielte Zusammenarbeit ist wichtig, um nicht in einer plötzlichen Konfrontation unterzugehen, besonders wenn man auf ein Kriegsschiff trifft. Die Crew kann zudem bestimmen, wie viel Zeit man auf das Erkunden potenzieller kleiner Inseln verwenden möchte, um versteckte Schätze zu bergen – eine Entscheidung, die oft riskant, aber lohnenswert sein kann.

Die Hafen-Phase simuliert den Alltag einer Piratencrew an Land und verleiht dem Spiel eine Rolle, die viele andere Abenteuer-Brettspiele auslassen. Hier angekommen, können Spieler ihre hart erbeuteten Schätze und Ressourcen einsetzen, um ihren Charakter weiterzuentwickeln und sich auf das nächste Abenteuer vorzubereiten. Der Hafen bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten: Von der klassischen Taverne, wo man sich auf Kosten der Schätze erholen und möglicherweise neue Kontakte knüpfen kann, bis hin zu verschiedenen Händlern, die Waffen, Ausrüstung und Ausbauten für das Schiff anbieten.


Ein Highlight der Hafen-Phase ist das Erwerbssystem für Ausrüstung, bei dem man Schätze und Münzen gegen Gegenstände wie Schwerter, Pistolen, Heiltränke oder Schutzwesten eintauschen kann. Diese Gegenstände verbessern die Fähigkeiten des Charakters und verleihen ihm wertvolle Boni für die kommende Abenteuer- und Reise-Phase. Auch Fertigkeiten und spezielle Fähigkeiten können gekauft werden, die in Form von „Trainingseinheiten“ angeboten werden – wie etwa das Feilschen, das beim nächsten Handel Vorteile bringt, oder die Möglichkeit, sich als erfahrener Kartograph auf See besser zu orientieren.

Zusätzlich können die Spieler auch soziale oder riskante Entscheidungen treffen, die ihren Ruhm oder den Zusammenhalt der Crew beeinflussen. Einige Charaktere könnten in der Taverne Konflikte austragen oder in Schlägereien geraten, was einerseits Schaden verursachen, andererseits aber auch neue Vorteile bringen kann. Das Hafenleben ist also weit mehr als eine einfache „Ausrüstungsphase“; es bildet einen eigenen Spielteil, in dem persönliche Entscheidungen genauso wichtig sind wie strategische Anschaffungen.


Die thematische Vielfalt von Skull Tales ist definitiv ein großer Pluspunkt. Vom Segeln über das Entern und Handeln bis hin zum Dungeon-Crawl, wo ein episches Abenteuer erlebt wird, wird ein ganzes Piratenleben simuliert, zumindest so gut es auf dem Brett geht. Dazu kommen die vielen individuellen Charakteroptionen, die für Abwechslung und Freiheit in der Strategie sorgen. Die Aufwertung und Entwicklung der Charaktere sorgen für Motivation und belohnen euch für die gemeisterten Abenteuer. Neben dem kooperativen Aspekt, können sich die Spieler auch um den Posten des Captains kloppen um mehr Entscheidungs- und Befehlsmacht zu erhalten. Auch das ist typisch für Piraten und passt wunderbar in das ganze Spielgefüge.

Leider ist jedoch nicht alles Gold, was glänzt. Der wohl größte und vielleicht einzige Schwachpunkt von Skull Tales ist sein Regelwerk. Die unübersichtliche Struktur der Anleitung, die sich auf drei verschiedene Bücher verteilt, macht es schwierig, schnell auf relevante Informationen zuzugreifen, was oft zu Verwirrung führt und die Reihenfolge der Regelerklärung innerhalb der einzelnen Bücher lässt ebenfalls zu wünschen übrig, sodass man oft hin- und herblättern muss, um den Überblick zu behalten. Besonders in den ersten Partien verlangt dies einiges an Geduld. Zudem kommen viele, sehr viele feine Regeln hinzu, die zwar sehr thematisch sind, aber auch sehr leicht vergessen werden können. Die Steuerung der Gegner ist ebenfalls nicht immer eindeutig, mal würfeln wir die Aktionen aus, mal lesen wir sie nach und mal handeln wir nach einem Standardprozedere, das für alle Gegner gilt. Auch das Regelwerk der Reise-Phase weist mehrere Schwächen auf, die das Spielerlebnis beeinträchtigen können. Unklare Begrifflichkeiten und mangelhafte Definitionen von spezifischen Mechaniken, wie beispielsweise Seeereignissen oder Handelsoptionen, können ebenfalls zur Unsicherheit der Spieler beitragen. Zudem fehlt es an konkreten Beispielen für typische Spielsituationen, die neuen Spielern helfen könnten, die komplexen Abläufe besser zu verstehen. Die Regeln zu Interaktionen mit rivalisierenden Piraten oder Handelsaktionen sind oft nicht ausreichend abgedeckt, was zu Missverständnissen führen kann. Schließlich gibt es Überlappungen und Inkonsistenzen zwischen den Regeln der Reise- und der Abenteuer-Phase, die die Spieler zusätzlich verwirren können.


Insgesamt präsentiert Skull Tales eine tiefgründige und fesselnde Piratensimulation, die Spieler in eine lebendige Welt voller Abenteuer und Gefahren eintauchen lässt. Mit seinen zahlreichen kreativen und durchdachten Mechaniken, die von der aufregenden Seefahrt über packende Kämpfe bis hin zu den vielfältigen Möglichkeiten des Handels reichen, wird das Gefühl von Freiheit und Entdeckung zu einem zentralen Element des Spiels. Wer bereit ist, sich durch das etwas chaotische und manchmal überwältigende Regelwerk zu kämpfen, wird mit einer dichten Atmosphäre belohnt, die das Herz eines jeden Piraten höher schlagen lässt. Die abwechslungsreichen Gameplay-Elemente sorgen dafür, dass kein Spielabend dem anderen gleicht, was die Spannung und die Wiederbespielbarkeit erheblich steigert. Skull Tales ist unbestritten das einzige Piratenbrettspiel seiner Art – und trotz kleiner Mängel, die in der Hitze des Spiels leicht übersehen werden können, ist es ein kostbarer Schatz, der darauf wartet, entdeckt und erkundet zu werden.


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Skull Tales - Full Sail!
Erschienen bei Eclipse Editorial
Für 1-5 Spieler in ca. 60-150 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Eclipse Editorial )