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12.11.2024

Cytosis



Die Zelle ist die kleinste lebende Einheit aller Organismen. Der ausgewachsene menschliche Körper setzt sich aus rund 75 Billionen Zellen zusammen! Und in jeder dieser Zellen finden zahlreiche Zellvorgänge statt, die es uns ermöglichen, uns zu bewegen, zu denken zu fühlen! Faszinierend! 
Dort findet beispielsweise die Proteinbiosynthese durch Transkription von DNA zu RNA und deren Translation zu Proteinen statt. 

Wisst ihr noch was das war? Oder welche Zellbestandteile es gibt? Nein? Keine Sorge, dass könnt ihr in diesem Brettspiel lernen! 



In dem Brettspiel Cytosis, vom Autor John J. Coveyou, das bei Genius Games erschienen ist, können 2-5 Spieler ab 10 Jahren, die Zellabläufe und Transportvorgänge steuern und so Lebenspunkte generieren. 

Dabei nutzen wir Erlenmeyerkolben, um einzelne Zellbereiche auf dem Spielplan zu aktivieren oder Ressourcen zu erhalten und so Zellbestandteile zu generieren. 

Im Zellkern wird mRNA, eine Kopie der DNA angefertigt (Transkription), die als Bauplan fungiert. 
Diese mRNA kann dann im freien Ribosom abgelesen und zum Aufbau von Proteinen genutzt werden (Translation) oder im rauen Endoplasmatischen Reticulum (rER) zur Rezeptor Synthese oder Protein Hormon Synthese genutzt werden. 
Im glatten ER können Fette synthetisiert/gewonnen werden, sowie die Alkoholdetoxifikation (Entgiftung) und die Steroidhormonsynthese stattfinden. 

Um Hormone aus dem rER oder gER zu synthetisieren, müssen die Lipide bzw. Proteine mithilfe von Transportvesikeln zum Golgi Apparat transportiert werden, wo diese angepasst werden, indem Fett oder Kohlenhydrate zugefügt werden. 
Anschließend werden die entstandenen Hormone und Hormonrezeptoren an der Zellmembran, durch Einsatz von ATP aus der Zelle entlassen (Exocytose) und können nun ihre Aufgabe erfüllen. 



Zudem können am Cytoplasma. durch Einsatz von Ressourcen und ATP, Enzyme synthetisiert werden. 

Für die jeweils entstanden Zellbestandteile erhalten wir sofort Lebenspunkte, Lebenspunkte am Spielende oder nach bestimmten Bedingungen.
Außerdem gibt es je nach Spieleranzahl 3-5 Zielkarten, die zusätzliche Lebenspunkte ermöglichen, wenn man auf sie setzt. (Dazu wird ein Zielmarker und kein Erlenmeyerkolben verwendet!) 

Zudem können wir an den Mitochondrien ATP gewinnen und dieses an der Plasmamembran zum Erhalt von Kohlenhydraten nutzen oder damit neue Karten zum Aufbau von Zellbestandteilen erwerben. 

Zuletzt gibt es noch die Möglichkeit auf einem Feld den Startspielermarker zu erhalten oder 1 ATP zu bekommen, sowie ein weiteres Einsatzfeld um 1 von 2 grauen Erlenmeyerkolben für 4 ATP einzusetzen. Diese grauen Erlenmeyerkolben dürfen auch auf besetzten Feldern verwendet werden! 



Jeder Spieler nutzt seine zu Beginn erhaltenen Materialien, Ressourcen und Zellbestandteile-Karten und setzt reihum einen Erlenmeyerkolben ein, um eine Aktion durchzuführen. Sind alle Erlenmeyerkolben eingesetzt, ist eine Runde zu Ende. Vor Beginn jeder Runde wird eine Ereigniskarte aufgedeckt, die die Spielbedingungen etwas verändert. Nach 10-12 Runden ist das Spiel zu Ende und der Spieler mit den meisten Lebenspunkten gewinnt. 

Fazit: 
Zytose, Endoplasmatisches Retikulum ... Oje, was war das noch alles?! Zu Beginn fühlt man sich etwas erschlagen von den vielen Fachbegriffen die sich in der Anleitung finden und es braucht etwas Zeit sich auf dem Spielplan zurecht zufinden, wenn man die Zellorganellen nicht kennt.
Sehr hilfreich ist hierbei das beigelegte Erklärungsheft über die Zellorganellen. 
Dieses eignet sich sehr gut, um in das Thema einzusteigen und die einzelnen Zellvorgänge und Spielmechanismen besser zu verstehen. 
Das vielseitige Spielmaterial und die bunten Strukturen wirken zudem einladend und wecken die Neugierde. 



Hat man sich einmal einen Überblick über den Spielplan verschafft und die ersten 2 Runden gespielt, stellt man fest, dass der Spielmechanismus garnicht so kompliziert ist! Im Prinzip handelt es sich um ein mittelkomplexes Arbeiter-Einsatz und Ressourcen Spiel, dass auch für wenig Spieler gut erlernbar ist. Erlenmeyerkolben einsetzen, Ressourcen sammeln, umwandeln, synthetisieren und dabei Lebenspunkte sammeln. 

Das Thema Zelle wurde grafisch und spielerisch gut umgesetzt. Die wichtigsten Zellorganellen, wie Zellkern, ER und Mitochondrien sind alle vorhanden und gut erkennbar dargestellt. Die Spielmechanismen wurden möglichst nahe an die tatsächlichen Zellabläufe angepasst. 

Beispielsweise muss beim rauen Er zur Synthese eines Protein Hormons zunächst das Transportvesikel mit der mRNA bestückt werden und dann die mRNA in ein oder mehrere Proteine umgewandelt werden. Spielerisch bedeutet das: Transportvesikel (Scheibe) hinlegen, schwarze Holzquadrate (mRNA) aus eigenem Vorrat darauf legen und dann sofort in rote Holzquadrate (Proteine) umtauschen. Wozu?! Warum nicht gleich die roten Holzquadrate drauf legen?! Das macht praktisch gesehen doch mehr Sinn! 
Praktisch ja, aber theoretisch ist das UNMÖGLICH! 
In der Zelle kann kein Protein ohne Bauplan synthetisiert werden und dazu benötigen wir die mRNA!! 



Das Spiel Zytose bleibt hier strikt an der Realität des Themas und das finde ich auch richtig! Genius Games hat es sich schließlich zum Ziel gesetzt, wissenschaftliche Themen, spielerisch zu vermitteln und da sollten die Inhalte nicht zu sehr verzehrt werden!! Anderseits wurden die Zellabläufe so vereinfacht, dass sie spielerisch gut umsetzbar sind. Die Energiegewinnung von ATP in den Mitochondrien ist beispielsweise ein komplexer Prozess, bei dem durch mehrere chemische Reaktionen mithilfe von Sauerstoff aus Glucose, ATP gewonnen wird. Dieser Ablauf ist im Spiel stark vereinfacht dargestellt, indem Glucose direkt in ATP umgewandelt wird und umgekehrt. Auch die Verhältnisse von Glucose zu ATP wurden hier für den Spielablauf angepasst. (Bei ca.32 ATP pro Glucose wäre die Menge an Spielmaterial sonst explodiert!! ;-)) Auf derartige Unterschiede bei der Funktion der Zellorganellen wird im Erklärungsheft aber explizit hingewiesen! 



Spielmechanisch wurden zusätzlich zu den Zellabläufen weitere Einsatzfelder und Mechanismen eingebaut, wie z.B. die Möglichkeit neue Zellbestandteile Karten zu erhalten durch Einsatz von ATP, die Startreihenfolge zu ändern, sowie Ziel- und Eventkarten! Diese Mechanismen sind zwar nicht Teil der natürlichen Zellabläufe. für den Spielfluss und den Spielspaß sind sie aber unabdingbar! 

Ich hätte mir an dieser Stelle sogar komplexere Ziele oder Eventkarten mit größeren Veränderungen gewünscht, um die einzelnen Spielrunden noch spannender zu gestalten! Die Eventkarten verändern im Prinzip nur die Menge an Ressourcen, die wir erhalten z.B. 3 statt 2 Glucose für 1 ATP und die Zielkarten erhöhen die Lebenspunkte für synthetisierte Zellbestandteile. Das schafft zwar durchaus einen Anreiz bestimmte Zellbestandteile mehr zu synthetisieren oder Ressourcen zu sammeln, aber im Prinzip ist der Ablauf immer der gleiche und es kommt nicht das Gefühl auf, dass wir mit jeder Runde etwas größeres erschaffen oder sich unsere Möglichkeiten verändern! Und das ist etwas was mir beim Spielgefühl von Cytosis fehlt. 

Bei einer Spieldauer über 10-12 Runden, bei der wir immer wieder die Proteinbiosynthese und Transkription usw. durchlaufen werden die Abläufe sehr gut verinnerlicht, der Spielreiz lässt aber auf die letzten Runden hin zunehmend nach, da einfach nichts neues passiert! Ich finde an dieser Stelle hätten auch 2-3 Runden weniger ausgereicht! 

Vielleicht bringt die Viruserweiterung, die nicht Teil dieser Rezension ist, mehr Dynamik ins Spiel?! 



Hierzu möchte erwähnen, dass sich diese Rezension auf die 2 Edition bezieht, bei der im Gegensatz zur 1 Edition einige Veränderungen vorgenommen wurden. So gibt es nun eine zweite Brettspielseite für die 2 Spieler Variante, die Spielanleitung wurde abgeändert, alle Ressourcen haben einen Multiplikatoren-Marker erhalten, die Viruserweiterung und das Grundspiel wurden voneinander getrennt und sind nun einzeln erhältlich und die Event-Karten wurden angepasst. 

Ich finde es Klasse der Brettspielautor und der Verlag sich die Mühe gemacht haben diese Anpassungen vorzunehmen und sich die Kritik der Spieler zu Herzen genommen haben. 

Und ich finde sie können mit ihrem Ergebnis zufrieden sein! Cytosis ist ein komplexes Arbeitereinsatz und Ressourcen Spiel, das auf spielerische Weise die Abläufe innerhalb einer Zelle darstellt. Eine gute Erweiterung für den Biologieunterricht! Oder als komplexeres Famillien- oder Erwachsenenspiel für alle die sich für die kleinste Einheit des Lebens interessieren!!


 
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Cytosis von John Coveyou
Erschienen bei Genius Games
Für 2 bis 5 Spieler in ca. 90 Minuten ab 10 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Genius Games)
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