18.10.2024

Zhanguo: Das erste Kaiserreich


Zhanguo kam 2023 im Originalverlag zur Messe in Essen raus. Damals schaute ich immer neidisch auf das Spiel, da es einfach verdammt schön aussah. Leider gab es auch täglich eine extrem lange Schlange am Stand und die täglichen Kontingente waren immer restlos ausverkauft. Umso cooler, dass Zhanguo nun auch auf deutsch bei Giant Roc - dem Kennerspielverlag der SpieleOffensive erschienen ist und mir nun zum rezensieren vorlag.

Vorneweg: Das Material und die Optik sind auch nach wie vor ein Hingucker und haben mich direkt überzeugt. Inhaltlich sind wir ca. 200 v. Chr. und versuchen das zersplitterte China zu einen. Das tun wir, indem wir einheitliche Währung, einheitliche Sprache und einheitliche Gesetze in den unterschiedlichen Regionen des Landes zu etablieren. Etablieren ist dabei aber ein klassischer Euphemismus, denn freiwillig tun das die Bewohner des Landes sicherlich nicht. Im Spiel selbst wird das mit "Unruhe" bezeichnet, die wir "managen". Sicherlich für den ein oder anderen schwierige Kost, wenn ich meine Offiziere in die Regionen schicke, um Arbeiter "anzuheuern", die mir dann Paläste bauen?!? Sklaverei, I guess? Für mich persönlich ist das kein Problem. Ich sehe Spiele im historischen Kontext und nur weil ich hier Arbeiter versklave und Aufstände "manage", heißt das nicht, dass ich es im privaten gutheißen würde. Wer aber bereits bei Puerto Rico sich über die braunen Holzscheiben geärgert hat, der wird bei Zhanguo nicht glücklich.


Kommen wir zum Spielerischen. Hier möchte ich mit einem GROßEN Kritikpunkt anfangen, welcher mich wirklich in jeder Partie unendlich genervt hat - der Auf- und Abbau. Verpacken wir es positiv: Zhanguo hat einen enormen Wiederspielreiz, da der Aufbau des Brettes ziemlich komplett modular ist. Welche Belohnnungen liegen wo aus? Welche Ziele bringen für was Siegpunkte? Welche Mauern geben welche Boni? Alles modular. Sorgt aber leider auch dafür, dass ein Aufbau knapp 20 Minuten dauert. Das ist mir mittlerweile leider einfach zu viel. Selbst wenn ich mir ein 3D-Inlay drucken würde (mitgeliefert ist nämlich nix), würde sich das auch nicht deutlich reduzieren. Schade eigentlich.


Mechanisch haben wir bei Zhanguo einen Enginebuilder mit einer spannenden Hauptmechanik. In meinem Zug entscheide ich nämlich stets nur, ob ich eine meiner sechs Handkarten in eine Region anlege und somit meine Engine aufbaue für zukünftige Boni, oder ob ich eine Karte in den gemeinsamen Ablagestapel lege und dort eine Aktion ausführe. Der Clou? Jede Karte hat eine einzigartige Zahl und jede Aktion ist der Option "kleiner als" bzw. "größer als" zugeordnet. Lege ich bspw. eine Karte auf den Ablagestapel, welche kleiner als die zuletzt dort abgelegte ist und wähle eine Aktion, welche ebenfalls der Rubrik "kleiner als" zugeordnet ist, dann triggere ich Bonusaktionen. Und ja, richtig geraten, hier kommen die in Option 1 in die Regionen gelegten Karten ins Spiel. Bei Zhanguo haben wir also einen Mix aus extrem schnell abgehandelten Zügen und extrem belohnenden Kettenzügen.

Der Rest im Spiel ist nur schmuckes Beiwerk und Ergebnis der zuvor beschriebenen Mechanismen. Es gibt Mehrheiten in den Regionen, es gibt Siegpunktmultiplikatoren an den Mauerabschnitten, welche ich bauen kann und natürlich gibt es auch Aufträge, die ich ergüllen kann - hier in Form einer Terrakotta-Armee, welche ich ins Mausoleum stellen kann. Ach ja und eine Leiste gibt es natürlich auch noch.

Alles in allem ist das Alleinstellungsmerkmal von Zhanguo sicherlich der clevere Ablegemechanismus und das dadurch Triggern der Boni. Der Rest ist bereits aus vielen Euro-Games bekannt, funktioniert aber hier auch einwandfrei. Alles in allem eine Empfehlung mit leichten Einschränkungen aufgrund des unfassbar langen Aufbaus. Schlussendlich bleibt für mich nämlich die Frage, ob der clevere Hauptmechanismus auch in einem kleineren, kondensierteren Spiel hätte Platz finden können? Manchmal ist weniger eben doch mehr!

____________________________________________________________________


Zhanguo: Das erste Kaiserreich von Marco Canetta und Stefania Nicollini
Erschienen bei Giant Roc
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 120 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Giant Roc)
*es handelt sich um einen Affiliate Link. Für Euch entstehen dabei keine Kosten, wir erhalten jedoch eine kleine Provision