Tulpen und Windmühlen. Woran denkt man da? Klar, an die Niederlande. Wenn es nach Dani Garcia geht, aber künftig eben auch an Windmill Valley – oder „Die Blumenstraße“ wie es bei uns heißt. Und ich mache keinen Hehl daraus: Ein Spiel über das Züchten von Tulpen?? Das hat mich vom Thema her jetzt nicht so unbedingt angelacht. Ja, ok, es ist mal was anderes und das finde ich toll, denn ich mag ausgefallene Themen. Aber Tulpen? Hm. Die Optik hat mich da aber schon deutlich mehr angesprochen. Aber auf Blender falle ich nur ungern rein, daher frag ich mich immer nach dem Sein hinter dem Schein. Aber es raunte ja zum Glück auch schon durch den Bubblewald, dass hier ein gutes Spiel drinstecken könnte. Und ich dachte mir: Das muss ich mir einfach mal selbst anschauen.
Gesagt getan und nach dem Auspöppeln ist erstmal Windmühlen-Zahnräder-Bauen gefragt, denn wer mitspielt, bekommt neben einem netten Playerboard noch eine Player-Windmühle, die aus zwei Zahnrädern besteht. Dazu gesellt sich ein wirklich großer Spielplan und einiges an Markern – natürlich vor allem Tulpen in fünf verschiedenen Farben und Kartenstapel. Oder ganz anders: Wir brauchen ordentlich Platz für Windmill Valley und es sieht fertig aufgebaut erstmal richtig toll aus. Aber wie schon gesagt ist Optik eben nicht alles und auch noch nicht mal die Hälfte, denn die inneren Werte sind (nicht nur) bei Spielen das eigentliche Salz in der Suppe. Also Ärmel hochgekrempelt und ab ins Beet…
Wer dran ist darf zunächst die Schleusen öffnen oder schließen, um die Wasserzufuhr des Spielplans zu regulieren. Eine Erhöhung kostet Gulden (die wir hier nur spärlich haben), bringt aber Siegpunkte. Gleichzeitig bestimmt die nun eingestellte Wassergeschwindigkeit (1 bis 3), um wie viele Felder ich meine Zahnräder weiterdrehen muss(!). Anschließend erhöht man den Wasserpegel entsprechend der – was man zugegebener Maßen oft vergisst, da es sich zunächst eher ein wenig aufgesetzt und unnötig anfühlt – ist aber später im Spielverlauf durchaus wichtig, da es hier Punkte zu gewinnen gibt. Nun dreht man seine Zahnräder die erforderliche Anzahl weiter und darf sich von den nun markierten zwei Aktionen eine aussuchen, die man macht. Auf den Feldern der Zahnrädern sind nämlich Aktionen abgedruckt, die sich im Spielverlauf durch Plättchen austauschen lassen. Und grade im späteren Spielverlauf hat man dann auch Plättchen, dank derer man beide Aktionen machen darf. Möchte ich mehr oder weniger Felder weit drehen, als die Schleuse anzeigt, muss ich Werkzeuge ausgeben – die aber ebenfalls recht rar gesät sind. Die Krux an diesem „am Rad drehen“ ist aber nicht nur, dass man zur grade benötigten Aktion möchte, sondern auch, dass man eigentlich möglichst wenig Felder weit drehen möchte bzw. ungefähr gleich viel – wenn nicht sogar mehr – Felder weit, wie die Konkurrenz am Tisch dreht. Denn die Zahnräder haben einen rot markierten Zahn. Jedes Mal, wenn man eine komplette Umdrehung vollzogen hat, geht man im Kalender einen Monat weiter und darf sich einen Bonus aussuchen, der dann für alle anderen weg ist. Und erreicht jemand den letzten Monat, wird das Spielende eingeläutet: Die Runde wird noch zu Ende gespielt und jede/r hat dann noch einen Zug.
Die eigenen Aktionen wollen also gut und weise genutzt werden. Diese sind schnell erklärt: Ich darf den Wasserpegel senken und mir Belohnungen nehmen, ich darf meine Zahnräder aus-/umbauen und neue Aktionen erhalten (Basisaktionen kostenfrei, verbesserte für 1 Gulden, besondere für 2 Gulden), kann meine Farm ausbauen (Karten, die ich entweder oben ins Board stecke und mir damit dauerhafte Sonderfähigkeiten freischalte oder die ich unten ins Board stecke und besondere Endwertungen für mich aktiviere), meine bisher gesammelten Tulpen-Zwiebeln auf meinem Feld anbauen, Tulpen-Zwiebeln verschiffen (für Boni), kann den Markt besuchen oder darf eine Windmühle bauen. Der Markt ist hier besonders: Wir laufen immer im Kreis und die Anzahl der Felder steht auf der Aktion. Komme ich auf einem Feld an, darf ich immer nur besondere Tulpen-Zwiebeln nehmen oder besondere Tauschgeschäfte machen. Das darf ich so oft wiederholen, wie Meeple auf dem Feld stehen. Da es nur drei verschiedene Marktfelder gibt, ist hier meist gut was zu tun, oft kommt man aber nicht „mal eben schnell“ auf die Felder, auf die man eigentlich möchte. Auch das Setzen der Zwiebeln ist besonders, denn ich muss erstmal Zwiebeln haben. Von diesen darf ich auch nur eine begrenzte Stückzahl besitzen, sonst muss ich überschüssige wegwerfen. Beim Setzen gilt dabei, dass ich möglichst in einer Zeile nur eine Farbe von Tulpen haben möchte und in jeder Spalte unterschiedliche Farben. Denn dann gibt es am Spielende Punkte. Dabei muss ich mich aber entscheiden, denn es gibt 5 Farben an Tulpen, aber nur 4 Zeilen und natürlich bekommt man im Lauf des Spiels die „günstigeren“ Zwiebeln deutlich häufiger, als die „teuren“. Wobei das durch die Windmühlen mit-gesteuert wird:
Das Bauen von Windmühlen läuft grundsätzlich von der Spielfeldmitte nach außen entlang der eingezeichneten Wege. Ich darf meine Windmühle nur auf eine Kreuzung setzen, die über eine ununterbrochene Linie anderer Windmühlen mit der Mitte verbunden ist. Es winken dann Belohnungen, je nachdem, wo die Mühle steht – je weiter weg vom Zentrum, desto besser, versteht sich. Außerdem schalten genutzte Windmühlen Endwertungen frei. Die Windmühlen stehen nämlich (teils allein, teils mit 1 oder 2 weiteren Mühlen) in Aussparungen auf unserem Board. Jede Aussparung steht für eine andere Tulpenfarbe. Steht bei einer Farbe keine Mühle mehr, bekomme ich am Spielende Punkte für jede entsprechende Tulpe dieser Farbe in meinem Beet. Ist das Spiel zu ende regnet es die Punkte für Zeilen/Spalten in den Beeten, die durch die Windmühl-Felder freigeschalteten Tulpen und für die persönlichen Wertungskarten. Es gewinnt, wer die meisten Punkte hat.
Rein von den Regeln her ist Blumenstraße also alles andere als kompliziert und reiht sich irgendwo in der Grauzone zwischen Kenner- und Expertenspiel ein. Gestützt wird das alles durch die Ikonographie, die zwar anfangs ein wenig gewöhnungsbedürftig, dann aber sonnenklar und logisch und wirklich gut ist. Der eigentliche Spielablauf ist simpel und doch sind die Entscheidungen, die man hier ständig fällen muss, interessant und fordernd und es braucht neben einer guten Strategie auch immer ein taktisches Geschick. Direkte Interaktion ist zwar kaum vorhanden, aber indirekte jede Menge. Da setzt jemand die Schleuse nach unten, obwohl ich einen hohen Wert brauche und mir das erhöhen nicht leisten kann, da schnappt mir jemand eine Karte oder Mühlenaktion vor der Nase weg, setzt seine Tulpenzwiebel beim Schiff oder seine Windmühle auf „mein“ Feld oder zieht vom Markt weg, obwohl ich damit gerechnet habe, dass sie da stehen bleibt. Da ist man ständig am Umplanen und Umdenken. Windmill Valley lässt einen im Kopf arbeiten, fühlt sich aber nicht nach Arbeit an, sondern eher wie puzzeln – und man wird ständig belohnt oder bekommt etwas kostenlos. Durch die an sich schnellen Züge, die sich meist ganz gut vorausdenken lassen, spielt es sich flott – wobei man hier auch vieles zerdenken könnte, wenn man das möchte. Einfach zu erklären, aber mit richtig viel Tiefgang. Tolles Spiel und aus meiner Sicht ein echtes Highlight!
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Windmill Valley von Dani Garcia
Erschienen bei Board & Dice
Für 1 bis 4 Spielende in 45- 90 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Board & Dice)
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