„Unser größter Ruhm liegt nicht darin, niemals zu fallen, sondern jedes Mal wieder aufzustehen, wenn wir gescheitert sind.“ (Konfuzius)
So steht es in der Spielanleitung von Empire’s End, in der uns auf allen paar Seiten wieder Mut gemacht wird, dass es doch alles nicht so schlimm ist, wie es sich anfühlt. Noch eins gefällig? „Inmitten des Chaos gibt es auch Chancen.“ (Sunzi) Warum brauchen wir aber eigentlich diese Ermutigung?
Bei Empire’s End handelt es sich um einen Engine Builder für bis zu 4 Spielende auf Kennerspiel-Niveau. Unser ruhmreiches und mit reichlich Siegpunkten ausgestattetes Imperium ist dem Untergang geweiht und wir versuchen von Runde zu Runde, den Verfall aufzuhalten oder eben möglichst produktiv für uns zu nutzen.
Die Spielrunden: Krise, Wirtschaft, Krise, Industrie, Krise, Krise...
Alle Mitspielenden starten mit 11 Ortskarten, die 3-32 Siegpunkte wert sind und uns in unterschiedlichen Phasen des Spiels Vorteile verschaffen. So produzieren Höfe während der Wirtschaftsrunden Ressourcen, unsere Dörfer verschaffen uns Vorteile in den Industrierunden und unsere Armeen stehen uns in den Militärrunden zur Verfügung. Die meisten Runden von Empire’s End sind jedoch Krisen.
In den Krisenrunden werden Krisenkarten aufgedeckt, die unsere Orte durch Brände, Hungersnöte und andere freudige Ereignisse bedrohen. Diese können wir abwenden, indem wir reihum eine bestimmte Ressource abgeben und die Krise an unseren linken Sitznachbarn sozusagen weiterreichen. Dieser kann nun entscheiden, ob er die Krise geschehen lässt und so die entsprechende Ortskarte zerstört oder selbst wiederum eine Ressource hinzufügt. So werden die Krisen reihum immer mit mehr Ressourcen aufgewertet, bis jemand sich entscheidet, sich dem Schicksal zu ergeben und seinen Ort zu zerstören. Dafür gibt es allerdings nicht nur die inzwischen angesammelten Ressourcen, sondern auch die entsprechende Innovationsfähigkeit der Krisenkarte, die nun zu einer Fähigkeit wird, die wir an eine andere, noch funktionsfähige, Ortschaft in unserer Auslage anhängen dürfen.
Innovationskarten: ein Lichtblick für unser Imperium
In den folgenden Wirtschafts- und Industrierunden von Empire’s End werden dann nicht nur die Fähigkeiten der Ortskarten aktiviert, sondern auch die entsprechend verbauten Innovationskarten. In den Industrierunden verbauen wir schließlich noch weitere Innovationskarten, bauen Orte nach Möglichkeit wieder auf und tauschen teilweise die Positionen unserer Orte miteinander, um die meisten Siegpunkte aus unseren verbleibenden Orten zu generieren. Schließlich gibt es noch die Militärrunden, in denen eine Feldzugkarte aufgedeckt wird, die uns die mögliche Belohnung für unsere militärische Stärke nennt. Diese setzt sich zusammen aus den Armeen, die noch unbeschadet in unserer Auslage liegen, entsprechenden Innovationskarten und Äxten, die wir verdeckt unserer Militärmacht hinzufügen können.
Besonders fies fühlen sich in Empire’s End die Doppelkrisen an, in denen gleich zwei Krisenkarten aufgedeckt werden, die wir versuchen zu verhindern oder eben gewinnbringend einzusetzen. Gerade diese Runden zeigen am deutlichsten das Paradoxon des Spiels. Immer und immer wieder passiert etwas Negatives und wir wissen, dass wir nicht alles zu verhindern wissen. Aber erst mal fühlt sich das ganz schön schlecht an. Im Gegensatz dazu stehen die belohnenden Wirtschaftsrunden, in denen wir endlich voll auskosten können, was wir uns aufgebaut haben. Danach steht aber schon wieder die nächste Krise vor der Tür, mit der wir fertig werden müssen.
Interaktion und tolles Material
Hervorzuheben ist bei Empire’s End die hohe Interaktion. Durch das Bieten auf die Krisen haben meine Aktionen immer eine direkte Auswirkung auf meine Gegenspieler und je nachdem, welche Krisenkarte ausliegt, muss ich höllisch aufpassen, ob sie meinen Mitspielenden mehr nützen könnte oder weniger. Auch das Material, insbesondere in der Deluxe Edition, ist besonders ansprechend, wobei auch schon die normale Variante mit einem praktischen Insert ausgeliefert wird, das den Aufbau und das Verstauen sehr komfortabel macht. Weniger komfortabel habe ich den Einstieg über die Spielregel empfunden, die meiner Meinung nach etwas unübersichtlich ist, wodurch wir auch noch in Partie 2 mit Ungenauigkeiten in den Regel-Details zu kämpfen hatten.
Fazit: Frust, aber in gut!
Abschließend tue ich mir schwer mit einer Bewertung von Empire’s End. Mechanisch ist es ein einwandfreies, interaktives Kennerspiel, das viele Entscheidungsmöglichkeiten bietet und uns Runde für Runde vor Herausforderungen stellt. Dennoch überwiegt im Spielgefühl der Frust und nicht die Lust. Überhaupt nicht, weil das Spiel schlecht ist! Es ist ein gutes Spiel durch und durch! Die Krisen verursachen aber einfach kein Wohlgefühl und am Ende ist man fast froh, wenn die Partie vorbei ist und man noch einige Punkte konserviert hat. Ein Spiel für Stehaufpersonen also! Wer sich darauf einlässt, bekommt aber einen hochwertig produzierten und interaktiven Engine-Builder und immerhin macht uns die Spielanleitung ja auch ein wenig Mut…
In diesem Sinne: „Schwierigkeiten stärken den Geist, wie Arbeit den Körper.“ (Seneca der Jüngere)
____________________________________________________________________
Empire's End von John D. Claire
Erschienen bei Nice Game Publishing
Erschienen bei Nice Game Publishing
Für 2-4 Spielende in ca. 45-60 Minuten ab 13 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Nice Game Publishing)
*es handelt sich um einen Affiliatelink