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19.08.2024

Amulett


Wer besiegt die meisten Monster versus wie gut meistert ihr die Herausforderung als Team? Wo viele andere Spiele euch vor die Herausforderung stellen, bietet Amulett euch eine Koop- und eine kompetitive Version des klassischen Monster-Battles an. Ob es im klassischen Eurogame-Setting zu epischen Schlachten kommt?

Amulett ist ein Worker Placement-Spiel von Alena und Vladimir Sokolov für 1-5 Spieler*innen ab 12 Jahren und dauert circa 60-90 Minuten.

[Spielmaterial: Schwere Box, viel Inhalt]

Über das Cover von Amulett gehen die Meinungen scheinbar auseinander: In unseren Spielerunden reichten die Feedbacks von „Richtig schick!“ bis „Total grässlich!“. Ob das zugegeben sehr überzeichnete und etwas Retro-wirkende Design euch nun anspricht oder nicht – ein Blick in den Karton lohnt sich auf jeden Fall.

Denn darin wartet jede. Menge. Spielmaterial! Und das wie von Grimspire gewohnt in bester Qualität. So gibt es neben dem klassischen Spielbrett fünf liebevoll gestaltete Minis der spielbaren Held*innen sowie je ein individuelles doppellagiges (!) Charaktertableau, jede Menge toll designter Karten, Edelsteinmarker aus Holz und 238 (!) Plättchen. Die Qualität des Materials ist dabei durch die Bank gut bis sehr gut und die angenehm düstere High Fantasy-Optik klassisch, aber edel. Ein toller Ersteindruck!

[Spielablauf: Halb Kampf, halb Puzzle]


Habt ihr euch einmal durch das ewige Auspöppeln und initiale Sortieren gekämpft, dürft ihr auch schon starten. Die Regeln sind für Kennerspieler*innen denkbar angenehm und schnell erlernt. Bekannte Mechanismen werden hier auf halbwegs neue Weise zusammengebracht, damit ihr euch den Monstern, die die Städte bedrohen, erfolgreich stellen könnt.

Wie oben erwähnt, könnt ihr das Spiel gemeinsam oder gegeneinander spielen. Die meisten Mechanismen sind dabei identisch – starten wir also mit den kompetitiven Regeln. Zunächst suchen sich alle Mitspielenden eine*n der fünf Held*innen aus, die allesamt einen individuellen Tag Tree sowie eine besondere Fähigkeit aufweisen. Nach einigen Spielbrett- und Vorratsvorbereitungen kann es losgehen.

Ihr spielt Amulett über mehrere Runden aka Tage. Beim Solo oder 2-Personen-Spiel sind das 8 Tage, zu dritt 7 und zu viert oder fünft 6 Runden. Jeder Tag besteht dabei aus

  1. Dämmerung: Neue Monster aufdecken, Spielbrett vorbereiten
  2. Morgen: Alle Spieler*innen setzen ihre Figur auf ein Feld und führen die jeweilige Aktion aus
  3. Abend: Zwei Aktion synchron zum Morgen. Einige Aktionen sind aber nur im Morgen oder Abend verfügbar
  4. Nacht: Die Monster greifen an.


Morgens und abends geht’s hier also ganz klassisch im Worker Placement Segment zu. Dafür stellt ihr eure Figur auf ein Feld (ihr dürft nicht stehenbleiben) eurer Wahl und löst die jeweilige Aktion aus. Dabei könnt ihr die ausliegenden Monster direkt angreifen, euch Zaubertränke für besondere Fähigkeiten sichern, euch heilen, zur gemeinsamen Quest beisteuern, eure Waffen auffrischen und so weiter.

Alle einzelnen Felder zu erklären, würde den Rahmen sprengen, doch was Amulett wirklich besonders macht, sind die Kämpfe. Die ausliegenden Monsterkarten haben dabei eine Vor- und eine Rückseite. Auf der Rückseite ist ein Raster zu sehen, auf dem verschiedene Symbole verteilt sind.

Euer Ziel: Alle Schadensfelder (markiert durch ein X) des Monsters mit euren Waffen oder Spezial-Items zu bedecken. Diese sind wiederum in verschiedenen Tetris-Formen angeordnet, wobei alle Figuren ihr eigenes Set an individuellen Waffen mit sich bringt. Nicht überdeckte Felder geben am Ende des Kampfs entweder zusätzliche Boni oder Schaden für die Kämpfer*in. Als Belohnung für besiegte Monster erwarten euch Level, die ihr auf eurem Tag Tree nutzen könnt, und Diamanten für euer „Amulett“.

Dieses ist ebenfalls auf eurem Tableau zu finden und ist ebenfalls bei allen Mitspielenden anders aufgebaut. Legt ihr die Edelsteine hier auf die farblich passenden Felder und umrandet so ein Punktefeld, erhaltet ihr die angegebenen Punkte für euer Punkte-Konto. Am Ende jedes Kampfes sind alle verwendete Waffen verbraucht und ihr müsst sie wieder auffrischen.

[Koop vs Kooperativ: Was steht Amulett besser?]


Grundsätzlich ist die Idee, beide Spielmechanismen in einer Box zu verbinden, lobenswert. Denn je nach Gruppenkonstellation oder Vorlieben ist genau das richtige Material für einen schönen Abend enthalten. Bei Amulett sind beide Modi gut spielbar – doch der kompetitive Modus ist eindeutig im Fokus.
Während ihr euch hier ein Duell um die meisten Siegpunkte liefert und so versucht, möglichst viele Monster zu besiegen, um wiederum durch die Edelsteine in eurem Amulett die meisten Siegpunkte einzuheimsen, fällt dieses Kern-Element im gemeinsamen Spiel komplett raus. Die Siegpunkte sind größtenteils vollkommen egal.

Stattdessen stellt ihr euch hier gemeinsam 3 Quests in verschiedenen Schwierigkeitsstufen. So dürfen beispielsweise am Ende der Nacht keine Monster mehr in der Höhle liegen. Zusätzlich müssen alle Mitspielenden eine ihrer persönlichen Quests erfüllen. Erst dann gewinnt das gesamte Team. Das ist oft selbst auf niedrigster Stufe eine echte Herausforderung, da nur sehr begrenzte Aktionen zur Verfügung stehen.

Es gibt auch kleine Unterschiede: Über die Quest an der Burg können die Mitspielenden gemeinsam die verschiedenen Felder auf dem Spiel aufleveln, um die Aktionen jeweils zu verstärken. Im kompetitiven Spiel ist dieses gemeinsame Agieren eine interessante Abwandlung, gemeinsam verliert das Team pro Quest meist ganze Spielzüge (die Quests sind alleine nicht schaffbar), was sich nur selten auszahlt.

[Fazit: Die etwas andere Schlacht]


So episch wie „Der Herr der Ringe“ ist Amulett sicherlich nicht. Und auch nicht so imposant wie der nächste 500 Euro-Kickstarter Dungeon Crawler. Dafür bringt das Spiel die Monsterschlacht aber ziemlich elegant in das Euro Game-Setting. Und doch: Über ein „Ganz gut“ kommt es nicht wirklich heraus.

Schade – denn dieser ungewöhnliche Kampfmechanismus mit dem Lege-Prinzip ist recht unverbraucht und kann gerade durch die immense Asymmetrie zwischen den verschiedenen Figuren auf jeden Fall begeistern. Auch dass das Spiel zu fünft spielbar ist, darf durchaus hervorgehoben werden, wo doch immer noch viele Spiele bei der magischen Grenze von vier stehen bleiben. 

Ein Lob gibt es zudem für das tolle Spielmaterial und die liebevoll designten Karten – wirklich jedes Monster wurde komplett unterschiedlich dargestellt. Die Atmosphäre wäre damit da.

Woran es dann doch etwas hapert? Am Wiederspielreiz. Denn Kennerspieler*innen bekommen schnell das Gefühl, alles gesehen zu haben. Die Entscheidungen und Kämpfe ähneln sich dafür zu sehr, auch wenn die Monster je unterschiedliche Felder haben und die Quests sich unterscheiden. Zudem scheint es etwas viel „Drumherum“ zu sein, während der Haupt-Mechanismus doch auch deutlich schlanker hätte sein können.

Ein wenig erinnern die Kämpfe dabei an zwei sehr gute Alternativen: Wer (semi-)kooperativ Monster per Feld-Abdecken besiegen will, greift zum großen The Great Wall, wer es lieber knackiger und ohne lästiges Worker Placement möchte, findet in Zombicide: Feuer Frei! die perfekte Wahl. 

Wenn es dann doch High Fantasy sein soll und das Eurogame-Herz auch Monsterblut riechen möchte, macht mit Amulett aber definitiv nichts falsch. Zur Legende wird das Spiel dennoch nicht werden.

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Amulett von Alena Sokolov und Vladimir Sokolov
Erschienen bei Grimspire
Für 1-5 Spieler in 60-90 Minuten ab 12Jahren
Boardgamegeek-Link


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Grimspire)

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