Und einmal, im Ferienlager, da habe ich…
... Marshmallows geröstet, mit Pfeil und Bogen geschossen und bin Wasserski gefahren! Viel typischer geht es wohl nicht, wenn man sich den amerikanischen Sommer für Kinder und Teenager in den langen Sommerferien vorstellt. Dieses Thema wird in Wanderlust: Abenteuer im Sommercamp! von Phil Walker-Harding spielerisch als Deckbuilding-Rennspiel umgesetzt und kann für Einsteiger in das Genre überzeugen.
Deckbuilding im Sommercamp
Um es aus dem Weg zu schaffen: Der deutsche Titel „Wanderlust: Abenteuer im Sommercamp!“ ist nicht ganz unpassend, immerhin müssen wir mit unseren Figuren drei Tracks entlangwandern, um Punkte zu sammeln. Der Fokus des im Original „Summer Camp“ betitelten Spiels ist jedoch das Deckbuilding, bei dem jede Karte eine typische Aktivität eines amerikanischen Sommercamps abbildet.
Der Spielablauf: Karten kaufen, Karten spielen, Karten ablegen, Karten ziehen
Das Gameplay ist so einfach bekannt: Karten (darunter auch die Startkarten) sind Energie wert, mit der ich neue Karten in mein Deck kaufen kann, die mir mehr Energie geben oder andere Effekte auslösen, wenn ich sie in darauf folgenden Runden spiele. Nach dem Kauf ziehen wir 5 Karten nach, haben wir nicht genug Karten dazu im Rucksack, wird der Ablagestapel gemischt, und Schwupps, sind die neu gekauften Karten aktiv im Spiel.
Zum Kaufen stehen uns drei Abenteuer-Decks zur Verfügung, von denen jeweils zwei Karten offen ausliegen, sowie drei Basis-Karten, die wir immer erwerben können. Die drei Abenteuer-Decks gehören zu drei Wanderpfaden, die wir versuchen voranzuschreiten. Viele der Karten sind dann dementsprechend auch Bewegungskarten, ohne die wir in Wanderlust wenig Chancen auf Erfolg haben. Punkte gibt es am Spielende nämlich einerseits für die gekauften Karten, den Großteil erhalten wir jedoch für Abzeichen.
Punkte für Abzeichen und Karten
Diese Abzeichen, die an die Aufnäher erinnern, die sich amerikanische Pfadfinder verdienen können für bestimmte Leistungen, erhalten wir, wenn wir mit unseren drei Spielfiguren bestimmte Wegpunkte überschreiten. Die Abzeichen legen wir auf unseren Spieler-Tableaus ab und sammeln so Punkte für die Endwertung. Das Spielende wird eingeleitet, wenn ein Spieler mit seiner letzten Spielfigur das Ziel des Pfades erreicht. Dann werden die Punkte aller Abzeichen und Karten zusammengezählt und wer die meisten davon erreicht hat, gewinnt Wanderlust.
Wiederspielreiz durch sieben Kartendecks
Einen Großteil seines Reizes erzielt Wanderlust mit den sieben unterschiedlichen Abenteuer-Decks, von denen jeweils nur drei pro Partie im Spiel sind. Beim Kochen gibt es viel Energie zu holen, das Aktivitäten-Deck lässt mich Karten teilweise blind in meinen Rucksack oder Ablagestapel holen, die Gruppenspiele lassen uns mit den Mitspielern interagieren und das Wassersport-Deck lässt uns zusätzliche Bewegungen ausführen. Die einzelnen Decks, die so für den Wiederspielreiz sorgen, sind in der gut gestalteten Regel klar beschrieben und unterscheiden sich leicht in ihrer Schwierigkeit. Besonders anspruchsvoll ist aber keines von ihnen, thematisch wirken sie dafür alle irgendwie.
Ich mag Spiele von Phil Walker-Harding oft gerne, weil er es immer wieder schafft, Mechaniken auf das absolut Notwendige herunterzubrechen, so zum Beispiel auch bei Sushi Go!, Gizmos oder Bärenpark. Und wer nun lautstark ruft, das sei ja alles ganz simpel, dem kann ich voll und ganz zustimmen. Wanderlust: Abenteuer im Sommercamp! ist ein ausgesprochen einfaches Deckbuilding-Spiel für Einsteiger in die Mechanik. Meiner Meinung nach ist es noch ein gutes Stück zugänglicher als Reiner Knizias Wettlauf nach El Dorado, weil wir kein unterschiedliches Terrain beachten und auf den Tracks nur nach vorne ziehen müssen. Wanderlust richtet sich auch explizit an Familien und ist in dieser Kategorie gut aufgehoben.
Fazit: Sehr einfaches Deckbuilding-Rennen als gutes Gateway-Spiel
Mir persönlich war Wanderlust: Abenteuer im Sommercamp! dann auch etwas zu seicht und auch in einem Testspiel mit meinen Kennerspieler-Freunden sorgte es eher für mildes Lächeln. Als ich es aber zu Bekannten mitbrachte, die zwar gerne spielen, aber mit Deckbuilding nichts direkt anfangen konnten, sorgte es für viel Faszination und löste direkt den Wunsch aus, es erneut zu spielen. Auch mir machten diese Partien dann viel Spaß. Damit tut das Spiel genau das was es soll: Gelegenheitsspieler als Gateway-Spiel tiefer ins Hobby ziehen, neue Möglichkeiten aufzeigen und vielleicht findet es ja auch im nächsten Ferienlager seinen Platz zwischen Stockbrot, Federball und Querflöte...
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Wanderlust: Abenteuer im Sommercamp! von Phil Walker-Harding
Erschienen bei Game Factory
Erschienen bei Game Factory
Für 2-4 Spielende in ca. 40 Minuten ab 10 Jahren
Sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Game Factory)