Mit Kampagnenspielen tue ich mich allgemein immer ein wenig schwer. Zu groß ist das Zeit-Commitment, welches man auf sich nehmen sollte, aber Vagrantsong macht es einem da zum Glück relativ leicht, denn dieses Spiel lässt sich gut in einzelnen Szenarien spielen und fühlt sich stellenweise wie ein Boss Battler an. Matt Carter, Justin Gibbs und Kyle Rowan lassen uns in die Welt von Vagabunden tauchen, die sich auf einen gespenstischen Güterzug, mit vielsagenden Namen “Silberner Fährmann”, verirren und spannende Abenteuer erleben. 2-4 Spieler können daran teilhaben, Solo ist es auch spielbar, dann übernimmt man halt zwei Charaktere. Zunächst fällt auch die Optik auf, die derzeit etwas in Mode scheint, denn mit Townfolk Tussle gibt es bald ein Spiel mit gewissen Ähnlichkeiten aus dem Hause Frosted Games. Vagrantsong hingegen ist in der Spieleschmiede finanziert worden und bei Grimspire erschienen.
Vagrantsong spielt sich kooperativ und je Szenario treffen die Vagabunden im Zug, welcher sich im Spiel über drei Waggons erstreckt, auf einen oder mehrere Geister und müssen gemeinsam versuchen, diese ihrer Menschlichkeit wiederzugeben. Dazu stehen jedem Spieler bis zu drei Aktionspunkte in seinem Zug zu. Die Aktionen sind auch gar nicht schwer, so können wir uns bewegen, Dinge untersuchen (und einsammeln), sowie jeweilige Sonderaktionen der Charaktere ausführen. Diese Aktionen drehen sich häufig um die Menschlichkeit, die wir den Geistern wiedergeben wollen, sowie diese uns eben jede abnehmen möchten. Ob die Aktion gelingt ist dann meistens eine Würfelprobe. Je mehr Aktionstoken ich für eine Aktion ausgebe, desto stärker wird sie bzw. manche Aktionen benötigen mehrere.
Zwischen den Zügen der Charaktere sind auch die Geister stets an der Reihe. Gesteuert wird dies mit einem Beutel, aus dem ein Token gezogen wird, für uns als Charakter sind das nützliche Gadgets, für die Geister zeigt es an, was genau diese nun tun. Dazu kommt, dass es einen “freundlichen” und einen eher “unfreundlichen” Zustand der Geister gibt, die ebenfalls ausmachen, was genau nun passiert. Die gesammelten Tokens der Geister lösen dann ab einer gewissen Anzahl auch wieder Dinge aus, die meistens nicht gut für die Vagabunden sind.
Je Szenario gibt es dann auch immer noch Orte und Situationen, die Ereignisse auslösen. Und es kann auch eine zeitliche Begrenzung in Form von Rundenanzahl geben. Auch die Geister sind jeweils recht unterschiedlich und agieren entsprechend, mal recht aggressiv oder passiv. Zusammen heißt es dann, den richtigen Weg zu finden, die Geister zu “retten”. Nach jedem Szenario können wir dann gesammelte Boni eintauschen und uns z.B. Gegenstände kaufen, die uns helfen können oder weitere Aktionen für unsere Charaktere. In einem Szenario gibt es dazu Ziele, die man erreichen kann, umso den Bonus zu erhöhen.
Insgesamt gibt es rund 20 Szenarien und auch bei Niederlagen setzt man mit dem nächsten fort, es gibt also nicht die Momente, dass man ein Szenario ständig wiederholen muss. 6 verschiedene Charaktere gibt es zu erkunden und die zu entdeckenden Geister und Stories, möchte ich euch hier nicht spoilern. Sondern euch nur sagen, wer auf diesen skurrilen Humor und auf die Optik steht, der wird hier seine Freude haben. Trotz der irgendwie niedlichen Optik ist es aber kein Kinderspiel, sondern richtet sich an ältere Spieler.
Generell kann man schon sagen, dass mir die Partien Spaß gemacht haben und die Story sich gut entwickelt und man immer mehr erfahren möchte. Das krude Thema mit der tollen Optik und dem wirklich grandiosen Material ist ein tolles Gesamtpaket. Die Charaktere und Geister sind Acryl-Standees, die teilweise im Dunkeln leuchten und auch das restliche Material ist wirklich von sehr hoher Qualität.
Weniger begeistert bin ich von der Anleitung und dem Kampagnenheft. Der beschriebene Aufbau ist stellenweise nicht 100% eindeutig und so habe ich zum Beispiel bei den ersten Partien immer etwas vergessen. Teilweise sind die Regeländerungen und Ereignisse je Szenario auf zwei Seiten aufgeteilt, die aber dann nicht nebeneinander im Ringbuch stehen, sondern auf Vor- und Rückseite, so dass man ziemlich häufig hin und her blättern muss. Das Ringbuch sieht dann auch schnell dementsprechend aus… Schade!
Leider fehlt mir die Erfahrung mit Boss Battlern wie Kingdom Death: Monster oder Oathsworn, dass ich diese jetzt nicht vergleichen kann, denke aber das Vagrantsong, da auf jeden Fall ein gutes Einstiegsspiel in diese Mechanik abgibt.Insgesamt hat mich das Spiel gut unterhalten, wobei ich es nicht zwingend als Kampagne gebraucht hätte, denn 20 Partien (mehr oder weniger am Stück) sind dann schon recht viel. Wen Thema, Optik oder Mechanik anspricht, wird auf jeden Fall nicht enttäuscht.
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