24.06.2024

Port Royal: Das Würfelspiel


Es ist mittlerweile einige Jahre her, es war mitten in einem „Corona-Sommer“, da wurde die Big Box zu Port Royal angekündigt. Bis dato hatte ich das Spiel noch nicht gespielt, hatte es aber immer auf der Merkliste, weil ich eben ein Fan guter Kartenspiele bin und Push Your Luck auch immer geht (auch wenn ich irgendwie meistens verliere ;). Als dann die Big Box vorbestellbar war, schnappte ich direkt zu. Ich meine mich zu erinnern, dass es dann noch einige Zeit gedauert hat, bis das Teil bei uns ankam. Fest steht aber, dass es sich im Jahr 2022 auf Platz 1 unserer meistgespielten Spiele katapultiert hatte (und im Folgejahr weiterhin auf Platz 2 lag). Das liegt auch – und vor allem – daran, dass wir es im Urlaub rauf und runter spielen, aber eben auch daran, dass wir es wirklich toll finden. Egal ob konfrontativ oder mit der kooperativen Mini-Kampagnen-Variante. Als nun Port Royal: Das Würfelspiel erschien, war das ein Nobrainer. Musste ich haben und musste auch direkt mit in den Oster-Kurzurlaub. Und musste – nein wollte – dort direkt ausgiebig zu viert gespielt werden. Und damit wäre ich auch schon am Ende meines Fazits…nein, das machen wir so nicht.

Als die Box ankam, war ich erstmal überrascht, den das Format entspricht der Big Box des Kartenspiels. Das liegt aber daran, dass hier ordentlich große Blöcke in der Packung stecken und es insgesamt 4 verschiedene „Kapitel“ gibt (man könnte sie stattdessen auch Schwierigkeitsgrade nennen). Und allein wenn man sich anschaut, was da zwischen diesen Kapiteln passiert, dürften schon einige Erinnerungen wach werden, sofern man Port Royal mit seinen Erweiterungen kennt. So findet man den Witzbold schon in Kapitel 1, während die Kanonierin erst in Kapitel 2 auftaucht und man ab dem dritten Kapitel auch noch Aufträge erfüllen darf. Oder anders: Kapitel 1 ist ein astreines Familienspiel, ab Kapitel 2 aufsteigend wird es anspruchsvoller, komplexer und ein echtes Kennerspiel. Aber ich drifte ab. Hat man sich für ein Kapitel entschieden bekommen alle ein entsprechendes Blatt und der Spielplan wird in die Mitte gelegt. Dieser besteht aus zwei Teilen: Einer Siegpunktleiste sowie einem farbigen Raster, dass Schiffsfelder auf der linken Seite und Steuerräderfelder auf der rechten Seite zeigt. Dazu kommen ein paar Holzschiffe und Steuerräder, die man zunächst zur Seite legt sowie zwei Würfel.


Und dann kann es auch schon losgehen: Wer am Zug ist macht zwei Phasen durch, nämlich Entdecken und anschließend Handeln und Heuern. Beim Entdecken wirft man beide Würfel. Ein Würfel zeigt eine Farbe, der andere einen Buchstaben an. Nun schaut man in dem Raster, ob auf das entsprechende Feld der Farb-Buchstaben-Kombi ein Schiff oder ein Steuerrad gelegt werden muss. Hat man gemacht, was die Würfel sagen, darf man fast immer nochmal würfeln, wenn man möchte. Würfelt man ein Steuerrad, das schon auf dem Feld liegt, muss man es wieder entfernen (und kann es später wieder neu hinein würfeln). Aber: Würfelt man ein Schiff, dass schon da ist, hat man das eigene Glück etwas überstrapaziert und muss schauen, ob man bereits genug Schwerter hat, um das Schiff abzuwehren. Gelingt dies, darf man weiterwürfeln oder die Phase bewusst beenden, gelingt dies nicht, endet die Phase quasi gewaltsam und man selbst muss in Phase 2 aussetzen, während alle anderen etwas tun können (es sei denn, natürlich, man hat schon einen Witzbold). Wer in Phase 2 mitspielen darf (das dürfen in der Regel alle außer dem Würfelmenschen, der sein Glück überstrapaziert hat, solange es noch was zu Holen gibt), nimmt sich nun vom Spielbrett ein Schiff oder ein Steuerrad. Als aktive/r Spielende/r (= Würfelmensch) darf man auch mehrere Sachen nehmen, wenn man bestimmte Schwellenwerte an ausliegenden Schiffen/Steuerräder erreicht hat. Hat man allerdings nur ein oder zwei Sachen ausliegen, wird man zusätzlich mit einem Totenkopf bestraft (diese geben mitunter Minuspunkte am Spielende). Nimmt man ein Schiff, so gibt die Spalte des Schiffes an, wie viele Kreuze man auf dem eigenen Blatt machen kann. Mit diesen Kreuzen baut man Seewege zu Inseln (wobei ab Kapitel 2 manche Felder eine bestimmte Anzahl an Kreuzen „verbrauchen“). Auf den Inseln wiederum warten Personen (wie der Matrose, z.B., der einem Schwerter einbringt), die man mit Kreuzen freischalten kann, um fortan ihre Bonusfähigkeiten nutzen zu dürfen – sowie Schätze, die viel Punkte bringen, aber nur von der Person gehoben werden kann, die als erstes am Schatz ist (alle anderen Streichen den Schatz weg). Doch Obacht: Manche Schiffe auf manchen Felder handeln einem ebenfalls Totenköpfe ein. Nimmt man sich ein Steuerrad, darf man auf dem Blatt ein Kästchen bei dem entsprechenden farblichen Steuerrad einkreisen und so die Fähigkeit, die die Räder bringen (z.B. ein gelbes Schiff bringt doppelt so viele Kreuze oder einen Würfelwurf ignorieren und neu würfeln) zur einmaligen Benutzung freischalten. Wobei man ab Kapitel zwei auch freigespielte Steuerräder-Felder braucht und opfern muss, um bestimmte Strecken zu bereisen. Wie schon gesagt kommen ab Kapitel 3 noch Aufträge hinzu. Dabei handelt es sich um Bonuspunkte (2 wenn man den Auftrag als erste/r abschließt und 1 für alle späteren), die man bekommt, wenn man bestimmte Bedingungen erfüllt – wie z.B. 5 Inseln vollständig angekreuzt zu haben.


Das Spiel kann dabei auf zwei Arten enden. Das offensichtliche Ende: Wer zuerst 20 Punkte erreicht, gewinnt. Doch würde das Spiel oftmals ein wenig zu langatmig werden, wenn es nur darum ginge. Daher hat jede/r, der mindestens 11 Punkte hat, die Möglichkeit, das Spiel vorzeitig zu beenden. Denn dann endet das Spiel auch schon, wenn man es als aktive/r Würfler/in schafft, 7 Schiffe + Steuerräder auf dem Spielfeld liegen zu haben. Die benötigte Anzahl sinkt ab 13 Punkten auf 6 und ab 15 Punkten auf 5. Und spätestens ab eben jenen 15 Punkten möchte man einfach auf die 5 kommen und strapaziert sein Glück das ein oder andere Mal dann eben doch ein wenig zu sehr. Oder man schafft es doch und beendet das Spiel zum Leid der Mitspielenden sehr sehr plötzlich und das beste daran: man gewinnt das Spiel, auch wenn man vielleicht grade hinten gelegen hat.

Im Kern ist das Port Royal Würfelspiel also ein schnell erklärtes Roll & Write, das aber durch das gezielte freischalten bestimmter Seewege und Personen durchaus einen ordentlichen, wenn auch nicht anstrengenden, taktischen Tiefgang hat (ja, das ist jetzt ein ziemlich flacher Wortwitz und auch nicht der erste in diesem Text, aber ich schreib das ja auch bei nicht-Schiffspielen so, daher ist das hoffentlich erlaubt). Und ich finde es mal wieder faszinierend, wie viel Spielgefühl man aus einem völlig anderen Spiel in ein Roll & Write übertragen kann, sodass es sich am Ende trotz komplett anderer Mechaniken doch total „wie das Original“ anfühlt. So ging es mir zuletzt tatsächlich beim Rajas Roll & Write (aber auch beim Istanbul: Choose & Write, aber da nicht ganz so deutlich). Und auf die sich aufdrängende Frage, ob man denn wirklich beide Spiele in der Sammlung braucht, kann ich nur das gleiche Antworten, wie wenn mich das jemand bei Rajas fragen würde: Absolut! Denn es sind eben trotz des ähnlichen Spielgefühls und der thematischen Gleichheit absolut eigenständige Spiele, die ihren jeweils eigenen Reiz haben. Oder anders: Jetzt schafft es Port Royal nicht nur mit in den Urlaub, sondern wahrscheinlich auch mit auf den Strand. Ein tolles Push Your Luck Roll & Write, das die grauen Zellen anregt ohne anstrengend oder gar zu verkopft zu sein.

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Port Royal: Das Würfelspiel von Alexander Pfister
Erschienen bei Pegasus Spiele
Für 2 bis 5 Spielende in ca. 20 - 50 Minuten ab 10 Jahren


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Pegasus Spiele)
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