Ich bin ein großer Fan von Mindclash Games und deren Spielen - Trickerion und Anachrony sind für mich mit die besten Expertenspiele auf dem Markt und auch die weiteren Titel wie Perserverance und Septima gefallen mir gut. Dazu spielt natürlich mit, dass ich generell auch ein Fan vom Designer David Turczi bin, ja und wenn dieser sich mit Nigel Buckle zusammentut, kam bisher auch was gutes raus und zwar die “Imperium”-Reihe. Also ihr merkt schon, die Zeichen stehen gut, dass mir Voidfall auch gefallen sollte, oder?
Diese Rezension wird etwas anders als üblich, denn dieses Spiel bietet derart viel Inhalt und Regelvielfalt, dass man es unmöglich alles in einer Rezension schreiben kann. Auch der Komplexitätsgrad ist recht hoch, dementsprechend auch die Einstiegshürde und die komplette Vorarbeit, die man leisten muss. Allein drei Hefte erwarten einen: “Anleitung, Kompendium und Glossar", dazu noch vier Seiten mit der Symbolübersicht. Dabei hat man es schon geschafft, die Regeln für Solo, Kooperativ und Kompetitiv unterzubringen. Was zu Beginn ein wenig verwirrend erscheint, ist beim Lernen aber dann doch Gold wert, wenn man versteht, mit den Unterlagen umzugehen.
Das Schöne bei Mindclash-Titeln ist, dass wir hier Expertenspiele vorfinden, denen es gelingt, eine komplexe Spielmechanik thematisch so einzubinden, dass sich viele Dinge aus dem Kontext erschließen. Für Voidfall hat man ein komplexes Universum im Stil von Dune und Star Wars geschaffen. Wir als Spieler übernehmen die Rollen eines Hauses, die alle unterschiedliche Ziele verfolgen. Die allgegenwärtige Bedrohung ist die “Leere”, im kooperativen Spiel tun wir uns zusammen und bekämpfen diese, im kompetitiven Spiel ist sie als nicht-spielbarer Gegner dabei und wir kämpfen um Ruhm.
Im Kompendium finden wir nebst einem Tutorial zum Einstieg, auch viele Szenarien für alle Spieleranzahlen, kooperativ wie kompetitiv. Und in unterschiedlichen Komplexitäten und Aggressionsstufen. Kurz: Für jeden sollte da etwas dabei sein und es gibt wirklich genug zu entdecken. Eins sei euch aber schon gesagt, der Aufbau kommt direkt aus der Hölle und kann schon gern 30-60 Minuten dauern, da es unglaublich viele Dinge zu erledigen gibt, die man aber auch erstmal raussuchen muss. In meiner Retail-Fassung befindet sich zwar auch eine Art Inlay, aber so wirklich hilfreich ist das nicht.
Eine Partie Voidfall spielt sich über drei Zyklen und ein Zyklus wiederum in drei Phasen. Die Vorbereitungsphase ist die Vorbereitung, in der wir Auslagen anpassen, die Spielerreihenfolge bestimmen und ein galaktisches Ereignis des gewählten Szenarios abhandeln. Diese Ereigniskarte gibt dann auch vor, wie häufig die folgende “Fokusphase” durchgeführt wird. So dass die Länge einer Partie sich schon unterscheiden kann, anhand eben der Ereignisse, die gezogen wurden.
Die Fokusphase ist dann auch das Herzstück von Voidfall in der wir so viel wie möglich erreichen wollen. Getrieben wird das ganze durch Handkarten, die jeweils für einen Fokus stehen, auf den man sich nun konzentriert. Sei es Politik, Fortschritt, Verstärkung und so weiter. Jede Karte bietet drei Aktionen, von denen man mindestens zwei durchführen darf, kann ich ein Handelsplättchen abgeben, darf ich sogar alle drei Aktionen durchführen. Leider müssen wir die meisten Aktionen mit Rohstoffen bezahlen. Dafür hat jeder Spieler ein eigenes Ressourcentablau mit zehn Rädern, über die wir unseren Produktionswerte anpassen sowie auch unseren Vorrat.
Die Aktionen sind jetzt super vielseitig und würden hier den Rahmen sprengen, aber wie man sich denken kann, kann man darüber zum Beispiel die Produktionswerte bzw. Vorräte ändern. Wir können Flotten bereit machen und diese dann auch ins All schicken. Wir können siedeln, um Gilden auf Planeten zu gründen, die uns wiederum Ressourcen bringen. Oder wir bauen Stützpunkte, wie Werfte oder Verteidigungsanlagen. Die Produktivität reicht nicht aus? Ja, dann brauchen wir mehr Bevölkerung! Wir ziehen in den Kampf, entweder gegen die Leere oder aber gegen Mitspieler, je nach Spielart.
Gleichzeitig muss sich unsere Zivilisation auch entwickeln, was sich in drei Leisten widerspiegelt. Steigen wir dort auf, können wir komplexere Technologien erlernen und so mächtige Fähigkeiten aneignen. Und und und… ich könnte jetzt zwei weitere Seiten aufzählen, aber ich glaube ihr seht schon, was ich sagen möchte: Die Möglichkeiten sind sooo vielseitig. Dazu kommen auch noch Agendakarten, die wir im Laufe des Spiels bekommen können, die uns zwischen jedem Zyklus und am Spielende nochmal richtig viele Ruhmpunkte bringen können, wenn wir deren Bedingungen erfüllen.
Im kooperativen Modus wird das ganze noch ein wenig komplexer, dank eines dazukommenden Krisentableaus, auf dem wir eben jene Krisen bewältigen müssen, in dem wir gemeinsam Dinge opfern.
Die Kämpfe kommen gänzlich ohne Glück aus (wie fast das ganze Spiel), denn hier kann vorab alles berechnet werden, durch Initiativen und Schäden, die dann verteilt werden. Ein Kampf geht dann so lange, bis eine Seite keine Flotten mehr hat und der verbliebene übernimmt den Sektor oder bei Unentschieden bleibt der Sektor leer.
Wie erwähnt, möchte ich diesen Regelteil kurz halten und gehe bereits über in mein Fazit: OH MEIN GOTT! Dieses Spiel hat alles: Thema, Mechanik, Optik und Haptik! Alles auf Top- Niveau! Aber es hat eben auch diese immens hohe Einstiegshürde, zeitlich sowie auch vom Komplexitätsgrad. Aber hat man diese Hürde genommen und ein wenig Blut geleckt, dann möchte man eigentlich nicht mehr aufhören. Plötzlich eröffnet sich einen Möglichkeit um Möglichkeit und man möchte am liebsten alles probieren und entdecken. Im Nachgang wird man darüber nachdenken, ob man das Beste aus seinem Haus herausgeholt hat.
Im kooperativen Spiel erinnert es mich ein wenig an Spirit Island, weil man zusammensitzt und überlegt, wie man die Leere und die Krisen überwinden kann, wieder jeder seinen Vorteil zum Wohle der Allgemeinheit nutzen kann, denn leicht sind die Szenarien nicht!
Aber es gibt auch kleine Schwächen. Ist das Material schon sehr weit oben, so ist es schon schade, dass in der Retailfassung die Flottenschiffe nur Plättchen sind, die man dann auch noch sehr schwer unterscheiden kann. Hier kommt mir ein wenig das Anachrony-Gefühl auf, es geht ohne Miniaturen, aber man will es nicht. Aber dafür muss man dann auch richtig tief in die Tasche greifen. Das Design von Ian O’Toole ist wie immer toll, aber gerade zu Beginn einfach super viel zu verarbeiten, so dass die ersten 2-3 Partien alles an Nachschlagewerken griffbereit sein sollten. Das Glossar ist wirklich Gold wert, denn hier drin wird einfach ALLES erklärt, so was hab ich in diesem Detailgrad kaum gesehen und so sollten keine offenen Fragen bleiben. Toll!
Ihr seht schon, ich komm aus dem Schwärmen dann doch nicht mehr raus. Voidfall ist ein Mindclash-Titel der hält was er verspricht. Wer, wie ich, Trickerion und Anachrony klasse findet, der sollte auch mit Voidfall seinen Spaß haben. Auch Fans von Sci-Fi-Geschichten wie Dune können mal einen Blick riskieren und so evtl. einen Weg in die hochkomplexen Spiele finden. Ja, die Hürden sind hoch, aber sind es auch allemal wert zu meistern und diese Zeit zu investieren, dann braucht man eigentlich auch erstmal kein anderes Spiel mehr und so rechnet sich dann auch wieder der recht hohe Anschaffungspreis, auch in der Retail-Fassung.
Voidfall ist für mich auf jeden Fall eine Empfehlung und wird mein Regal so schnell nicht mehr verlassen. Im Gegenteil: wo ist das Upgrade-Pack?! Und dank Skellig Games für die tolle Übersetzung!
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Voidfall von Nigel Buckle & Dávid Turczi
Erschienen bei Skellig Games & Mindclash Games
Für 1-4 Spieler in ca. 90-240 Minuten ab 15 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Skellig Games & Mindclash Games)
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