Richtig gute, klassische Familienspiele (also die, bei denen früher auf der Packungsrückseite eine begeisterte Familie am Küchentisch abgebildet war), bei denen auch die jüngeren Familienmitglieder ihren Spaß und eine Chance auf den Sieg haben, ohne dass diese Spiele zu glückslastig sind, sind gar nicht mehr so häufig zu finden. Jüngst stach 80 Days hier sehr positiv hervor, so dass die Messlatte für alle kommenden Titel in diesem Segment entsprechend hochgelegt wurde. Nun lag uns mit Perfect Holiday erneut ein familientaugliches Spiel mit – im weitesten Sinne – Reisethema vor.
Anders als bei dem Piatnik-Familienhit, bekommt man bei Perfect Holiday allerdings als Erwachsener bereits beim Schachtel-Öffnen etwas „Angst“. Denn es fallen einem erstmal ein Sonnenschirm, eine Blümchenhalskette und ein All-Inclusive-Band entgegen. Puh….ok. Dann legen wir mal das Spielbrett aus, legen die Karten, die Pappmünzen und die Selfie-Plättchen sowie das genannte „Equipment“ parat. Alle bekommen zufällig eine Spielfigur (die jeweils eigene Fähigkeiten haben) und 5 Geld und schon geht es los. Wir befinden uns mit unserer Familie im Urlaub und wollen aktiv sein. Dafür gibt es sieben Orte auf dem Plan und entsprechende Aktivitätskarten. Auf den Karten steht der Ort, die Anzahl der Runden, die zur Beendigung der Aktivität nötig sind, die Kosten sowie die Punkte, die sie einbringt. Außerdem sind noch „Tour-Boni“ abgebildet, bei denen es sich um andere Aktivitäten handelt, die einen Bonus einbringen, wenn man diese ebenfalls abschließt. Die jeweiligen Tourkarten haben immer die gleiche Hintergrundfarbe und jeweils 4 verschiedene Karten bilden eine Tour. Neben diesen Aktivitätskarten sind im Stapel noch Ereignisse, die alle Spielenden oder nur die aktive Person betreffen und positiv (z.B. Aktivitäten sind im aktuellen Zug kostenlos) oder negativ (alle verlieren eine Aktion) sein können. Ziel ist es, möglichst viele Aktivitäten im Urlaub durchzuführen, Touren abzuschließen und Selfies zu machen, um Punkte zu generieren.
Und das geht so: Das Spiel besteht aus 6 Urlaubstagen (= 6 Runden). Morgens sind alle Figuren im Hotel und müssen sich entscheiden: Aktivitäten machen oder den Tag im Hotel verbringen. Wer Faullenzt, bekommt 5 Münzen und muss aussetzen. Wer aktiv werden möchte, bekommt 5 Karten. Sollten dabei Ereignisse verteilt worden sein, legt man diese verdeckt vor sich ab und zieht weiter, bis man 5 Aktivitäten auf der Hand hat. Nun geht es reihum, beginnend beim Startspielmensch (wechselt für jeden Tag im Uhrzeigersinn): Zuerst darf ich Karten mit anderen tauschen, die anderen aber nicht untereinander, dann decke ich alle(!) Ereignisse im Spiel auf und mache 5 Aktionen, die aus folgendem Pool stammen können: Bewegen (1 Feld = 1 Aktion), eine Aktivität starten (Karte ausspielen und bezahlen und entweder direkt „punkten“, oder bei Multi-Day-Events liegen lassen, bis ich an einem anderen Tag wiederkomme und erneut aktiviere) oder ein Selfie machen (pro Ort auf der Karte 1x möglich). Bin ich fertig, sind alle anderen, die nicht im Hotel geblieben sind, reihum an der Reihe zu tauschen und zu aktionieren. Waren alle einmal dran, gehen sämtliche nicht gespielten Karten sowie die Ereignisse auf den Ablagestapel und es beginnt eine neue Runde.
Nach den 6 Tagen zählt man die Punkte für gemachte Aktivitäten, Tour-Boni, Selfie-Plättchen (nur, wenn man min. 4 hat) und die besonderen Tante-Margarete/Onkel-Fred-Karten (besondere Ereignisse, die man erfüllen muss) zusammen. Wer die meisten Punkte hat gewinnt. Puh. Eins möchte ich an dieser Stelle lobend erwähnen: Das Spiel ist in seinem Comic-Look wirklich schön gestaltet. Die „Gimmicks“ sind zudem für kleine Kids schon ein Highlight (und Erwachsene können sie einfach ignorieren, da sie nichts zum Spiel beitragen), wenn sie an einem Tag das AI-Band bekommen und überall kostenlos Aktivitäten nutzen können, wobei dieses „überall“ schnell eingeschränkt ist, denn man muss ja die passenden Karten haben. Und ja, da steckt der Clou am Spiel: Die richtigen Aktivitäten zusammenbekommen. Als startspielende Person kann man noch gut mit den anderen tauschen. Nur, wer tauscht schon mit der Person, die als letztes drankommt, wenn man selbst nichts mehr davon - und ggf. sogar keine eigenen Karten mehr hat? Hm. Richtig, niemand, außer man versteht Perfect Holiday nicht als Spiel um den Sieg. Aber dann sollte es auch keine Punkte etc. geben. Und da kommen wir zum eigentlichen Problem: Perfect Holiday ist nicht wirklich „rund“ und auch die Anleitung enthält so einige Schwächen, die das Spiel zunächst unverständlich machen bzw. vielleicht auch so gar nicht gemeint sind. Und auch vom Spielspaß her hält sich das Ganze leider in Grenzen, denn es ist dafür, dass die Anleitung recht kompliziert geschrieben ist, einfach zu seicht und zu belanglos. Das mag bei uns nun tatsächlich ein Vielspielendenproblem zu sein oder daran, dass uns 80 Days so gut gefallen hat und noch so gut in Erinnerung ist. Mag sein. Oder vielleicht daran, dass Perfect Holiday dann doch irgendwie zu sehr an die Spiele der 80er Jahre erinnert (auch wenn man hier nicht würfelt).
Wer ein kleines Familienspiel sucht, dass sich grade mit absoluten Nichtspielenden anbietet und mal kein Würfel-Laufspiel ist und wer 80 Days nicht mochte, weil es ihm/ihr zu kompliziert war, für diejenigen mag Perfect Holiday vielleicht einen Blick wert sein. Alle anderen verpassen hier aber wirklich nichts.
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