Plättchenlegespiele. Ach ja. Kennt ihr das, wenn ihr der Meinung seid, dass ihr etwas eigentlich nicht mögt, aber wenn ihr dann mal genauer nachdenkt, merkt, dass das völliger Blödsinn ist? Vielleicht habe ich schonmal in einer Rezension davon erzählt, aber in meinem Kopf war der Inbegriff der Plättchenlegespiele eigentlich schon immer Carcassonne. Und das mochte ich früher wirklich, nur irgendwann (vor 20 Jahren oder so) wurde es langweilig und auch ein späterer Versuch, nochmal einzusteigen ließ mich ernüchtert zurück. Und seitdem versuche ich eigentlich einen Bogen um Plättchenspiele zu machen, da ich der Meinung war, dass das nicht mein Genre ist. Und dann wurde dieses Jahr auch noch mit Dorfromantik im zweiten Jahr hintereinander ein Plättchenlegespiel zum Spiel des Jahres gekürt und Planet Unknown hat den Deutschen Spielepreis abgeräumt. Hei…vielleicht muss ich mich doch mal drauf einlassen. Und, ja, was soll ich sagen….Dorfromantik kam bei uns daheim so richtig gut an. Klar, auf lange Sicht gesehen ist relativ bald die Luft raus, aber solange man noch Missionen erfüllen und Kästchen öffnen darf….Also sollte ich mir doch mal Planet Unknown anschauen? Oh ja, denn mir wurde bewusst, dass es mittlerweile sehr viele Plättchenspiele gibt, die ich richtig gut finde. Ob nun als bloßer Teil der Gesamtmechanik wie in Arche Nova, ob als Hauptthema wie in Cascadia, Dorfromantik oder das nun endlich mal nachgeholte My City (oder die beim Blick in meine Sammlung erspähten Plättchenspiele, die ich gar nicht auf dem Schirm hatte). Warum sich dieses „langweilig“ noch immer in meinem Kopf hält, weiß ich also nicht, denn eigentlich ist das absoluter Quatsch.
Also musste Planet Unknown natürlich konsequenterweise auf den Tisch. Denn hier werden nicht nur Plättchen gelegt, sondern auch noch Leisten geschubst. Was will man mehr? (ok, Deckbuildung, aber man muss es ja nicht übertreiben, gell – und es ist ja nicht Endless Planet Winter Unkown…hehe). Also ausgepackt, ausgepöppelt, gelesen, aufgebaut, gespielt und eine Meinung gebildet, nochmal gespielt, eingepackt und sich wie so ziemlich jeder gefragt, warum dieser Sushi-Teller keinen Deckel hat. Gut, den gibt es jetzt bei Gamefound in der Kampagne zur Erweiterung, aber ….egal. Dieses Designmissgeschick wollen wir mal nicht überbewerten.
Kommen wir kurz zum Spiel an sich: Wer mitspielt, bekommt einen eigenen Planeten zum erkunden (= Plättchen legen) und ein Konzerntableau (= die 5 Leisten) und einen Marker, um sich einen Platz vor der Raumstation (= dem zentralen Drehteller) zu markieren. In diesem Drehteller sind die begehrten Plättchen anhand ihrer Formen einsortiert. Wenn man möchte, spielen alle mit den gleichen Planeten/Konzernen oder mit unterschiedlichen. Auf den Planeten werden Rettungskapseln verteilt. Die Bevölkerungskarten werden nach Stufen sortiert, je Spielerzahl abgezählt und gemischt und die Zielkarten werden als „Nachbarziele“ immer zwischen je zwei Spielende gelegt. Fertig ist der Aufbau und es kann losgehen, denn die Regeln sind fast schon simpel: Wer dran ist, darf den Teller drehen und dann aus dem Sektor, auf den der eigene Marker zeigt, ein Plättchen von den zwei dort vorhandenen, auswählen und auf seinem Planeten einpuzzeln. Alle anderen dürfen dies für ihre Sektoren ebenfalls – oder verzichten. Jedes Plättchen zeigt zwei unterschiedliche Regionen (von sechs vorhandenen) mit je einer passenden Ressource. Das erste Plättchen muss an den Rand gelegt werden, alle folgenden müssen an vorhandene Plättchen angelegt werden. Überdeckt man einen Rover (kommen wir gleich zu) oder eine Rettungskapsel, so werden diese zerstört. Zeigt mein Plättchen einen Meteoritensymbol, muss ich einen Meteoriten drauflegen. Für jede Ressource, die man legt, bekommt man einen Schritt auf der jeweiligen Ressourcenleiste und in unterschiedlichen Abständen, bekommt man Boni. Hierzu gehören die Bevölkerungskarten (die einem wiederrum Sofortboni oder Sonderpunkte am Spielende bringen) oder auch die Rover freischalten. Mit der Rover-Ressource darf man diesen Bewegen und Rettungskapseln und Meteoriten einsammeln. Daneben gibt es noch Technologien (= Sonderfertigkeiten), Biomasse (= 1x1-Plättchen zum Lückenfüllen), Wasser (muss auf Wasserfelder gelegt werden) und Energie (= Joker-Ressource)
Gespielt wird, bis jemand kein Plättchen anlegen kann – sei es, weil nichts mehr passt oder weil kein Plättchen mehr im Sektor liegt, das man legen könnte. Dann wird gewertet: Für jede vollständig gepuzzelte Reihe und Spalte, die keinen Meteoriten enthält, bekommt man Punkte („Medaillen“), die auf dem Board aufgedruckt sind. Für jede Ressourcenleiste gibt es Punkte, wenn man bestimmte Felder erreicht hat. Außerdem gibt es für jede Rettungskapsel sowie für je drei Meteoriten, die man mit dem Rover eingesammelt hat, jeweils einen Punkt. Dann werden noch die Bevölkerungskarten und die Nachbarziele gewertet und am Ende gewinnt, wer die meisten Punkte hat. Das war’s auch schon. Natürlich gibt es Sonderregeln für das Spiel zu zweit, die aber marginal sind (der Teller wird immer nur um eins gedreht und man spielt mit 3 Nachbarzielen). Ein Solo-Modus ist auch dabei. Und wer das Spiel ein paar Mal gespielt hat kann (ich finde: sollte) das Ereignis-Modul dazunehmen. Hier wird am Beginn jeder Runde ein Ereignis aufgedeckt, dass alle Mitspielenden abhandeln müssen. Hiermit endet das Spiel aber auch dann, wenn der Kartenstapel (20 Runden) leer ist.
So. Klingt alles sehr unspektakulär. Und von den reinen Regeln her ist es das auch. Aber die Kombination aus Reihen und Spalten vollkriegen (also quasi Tetris²) und gleichzeitig immer gezielt die Leisten und deren Belohnung für sich ausnutzen macht unglaublich Laune, denn sie strengt den Kopf an ohne zu überfordern. Man muss hier nicht 10 Züge im Voraus denken, kann man auch gar nicht, denn aufgrund der begrenzten Plättchenwahl und der Tatsache, dass man nie weiß, was einem in der nächsten Runde zur Verfügung stehen wird. Aber man möchte natürlich trotzdem immer das Allerbeste für sich herausholen. Und man kann immer etwas sinnvolles tun. Leicht zu erklären, schnell zu erlernen und doch tiefgreifend und keine Partie spielt sich wie die andere. Diese Mischung ist einfach großartig und hat Planet Unknown einen festen Platz in meiner Sammlung beschert und dazu geführt, dass das Spiel immer wieder gerne auf den Tisch kommt. Und durch die unterschiedlichen Planeten und Konzerne, die auch in verschiedenen Schwierigkeitsgraden daherkommen, kann grundsätzlich auch ein Neuling gegen einen erfahrenen Spielenden eine Chance haben. Man braucht also nicht zwingend eine feste Spielgruppe. Toll!
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Planet Unknown von Ryan Lambert und Adam Rehberg
Erschienen bei Strohmann Games
Für 1 bis 6 Spielende in ca. 60 - 80 Minuten ab 10 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Strohmann Games)
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