http-equiv = "content-language" content = "en" lang = de; lang=de; Abgrundtief - BoardgameMonkeys_Brettspielrezensionen <BoardgameMonkeys_Brettspielrezensionen></BoardgameMonkeys_Brettspielrezensionen> ~ BoardgameMonkeys_Brettspielrezensionen

18.01.2024

Abgrundtief


Wer kennt es nicht? Da geht man gemütlich an Deck eines mittelgroßen Schiffes spazieren und plötzlich taucht mal wieder ein schleimig-bedrohliches Wesen aus den tiefen des Meeres auf und versucht sich auf das Schiff zu ziehen, um – wie sollte es auch anders sein – die Besatzung abzumurksen (oder fressen tiefe Wesen Menschen!?). Zum Glück habe ich reinzufällig mein Repetiergewehr bei der Hand und vertreibe den Eindringling zurück zum Meeresgrund (Menschen fressen garantiert keine tiefen Wesen…). Doch genau in diesem Moment sehe ich bereits die nächsten abscheulich-anmutenden Hände die Reling hinaufgreifen, und währenddessen scheint sich das Meer um uns herum so langsam zurückzuziehen – bestimmt wieder so ein großer Alter, der dem Leben auf der Erde, so wie wir es kennen, ein Ende setzen möchte…


Wem dieses Szenario aus seiner eigenen Lebenswelt bekannt vorkommt, oder wer gerne einmal ein solches erleben möchte, sollte in jedem Fall einen Blick auf Abgrundtief werfen. In diesem inoffiziellen Nachfolger von Battle Star Galactica wehren wir als Besatzung eines Schiffes eben jene tiefen Wesen, mitsamt der großen Alten, ab. Hierfür nutzen wir die uns pro Zug zugestandenen Aktionen und besorgen uns auf diese Weise verschiedene nützliche Gegenstände, die ein Schiff halt so lagernd hat – Schrotflinte, Zauberbuch etc. –, bringen bedrohte hilflose Passagiere in Sicherheit, kämpfen gegen die grässlichen Eindringlinge und wehren mit vereinten Kräften uns drohende Krisen ab, indem wir – à la Winter der Toten, verschiedene Gegenstände eines bestimmten gefragten Typs verdeckt auf einen Stapel in die Mitte legen. Kriegen wir genügend richtige Symbole zusammen, wird die Krise abgewendet, ansonsten droht Unheil in Form von sinkender Moral und anderen Fieslichkeiten, wobei falsch beigesteuerte Symbole kontraproduktiv wirken.


Klingt schaffbar! Blöd nur, dass wir bei Abgrundtief vor das „kooperativ“ noch ein „semi-“ setzen und uns darauf gefasst machen müssen, abgrundtief verraten zu werden (und ja, es wird sicher Verräter geben im Laufe einer Partie, wenn auch nicht zwingend zu Beginn, wo die verschiedenen Rollen ausgeteilt werden). Und um uns Social-Deduktikern das Leben nicht allzu leicht zu machen, werden die zur Abwendung einer Krise beigesteuerten Karten, bevor sie aufgedeckt werden, noch gut durchgemischt, nachdem eine Anzahl Karten zufälligen Typs – zu Spielbeginn wird hierfür ein extra Stapel gebildet – dem Stapel hinzugefügt wurden. Yay!


Abgrundtief punktet allem voran durch die erzeugte Stimmung am Tisch, denn das Thema – wenn man diesem etwas abgewinnen kann – kommt durch die stets auf uns zukommenden düsteren Bedrohungen von allen Seiten und dem allgegenwärtigen Misstrauen am Tisch sehr gut rüber. Durch die sehr stark eingeschränkte Anzahl an Aktionen – es sind nur 2 pro Zug! – kann sich eine Partie jedoch vor allem zu Beginn, wo man sich hauptsächlich einmal langsam aufrüstet und gemütlich die ein oder andere Krise abwendet – oder nicht –, doch ein wenig in die Länge ziehen, ehe sie dann jedoch nochmals voll Fahrt aufnimmt (*intendierte Schifffahrtsmetapher). Dis aus anderen Spielen bekannte Mechanik des gemeinsamen Stapelbuildings ist meiner Meinung nach hier gut gewählt, da man Infos bekommt, aber im Normalfall nie (sofort) genug, um den oder die VerräterIn klar zu identifizieren. So bleibt es spannend und der soziale Aspekt des Deduzierens bleibt auf diese Weise möglichst bis zum Ende erhalten, auch wenn es für einen Verräter durchaus lohnenswert sein kann, sich im letzten Drittel zu erkennen zu geben, um sicherzustellen, dass eine verheerende Krise durch die falsch beigesteuerten Karten auch tatsächlich eintritt.


Ein mächtiges Tool, das ausgleichend von den Guten genutzt werden kann, ist das Durchführen eines Rituals durch das Vorrücken eines Markers auf einer entsprechenden Leiste, bei dem es auf das richtige Timing ankommt, und mit dem man alle sich am äußeren Rand des Schiffes befindlichen tiefen Wesen (leider aber auch Passagiere) von Bord schleudern kann. Es kann schon sehr befriedigend sein, kurz vor der Niederlage zu stehen und dann mit einer einzigen Aktion wieder das ganze Schiff zu säubern. Und auch an dem eher stimmungsvoll-düster gehaltenen Material bzw. Design gibt es nicht wirklich was zu meckern.


Alles in allem kann ich Abgrundtief all denjenigen empfehlen, die semi-kooperatives Gameplay mögen und dem Thema grundsätzlich etwas abgewinnen können. Und vor allem an letzterem werden wohl alle Besitzer von Battlestar Galactica festmachen müssen, ob sie ein doch sehr ähnliches Spiel in einer anderen doch auch hier und dort umgewandelten Version doppelt im Regal brauchen oder eben nicht. Und Hardcore-Cthulhu-Fans könnten eventuell auch etwas gegen die Leichtigkeit haben, mit der sich tiefe Wesen grundsätzlich vertreiben lassen, denn sie sollen – so wurde mir gesagt – doch zieeeemlich fies sein… (?) 


So gut kenne ich mich mit der Materie jedenfalls nicht aus, und daher werde ich sicher hin und wieder den Raum leicht abdunkeln, einen passenden Soundtrack heraussuchen und mit misstrauischem Blick der allgegenwärtigen Verzweiflung ins (Bull)Auge blicken. Und mit diesem vorerst letzten schlechten Wortspiel verabschiede ich mich für heute, wünsche euch jedoch vorher noch viel Freude mit Abgrundtief!

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Abgrundtief von Toni Fanchi & Corey Konieczka
Erschienen bei Asmodee
Für 3 bis 6 Spieler in ca. 120-240 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Asmodee)
*es handelt sich um einen Affiliate-Link