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04.11.2023

Pirate Tales


Wenn ihr gefragt werdet, ob ihr eher diszipliniert und ordentlich seid wie Captain Iglu oder eher wild-chaotisch wie Captain Jack Sparrow und ihr antwortet „Iglu“, dann ist Pirate Tales vermutlich kein Spiel für Euch. Alle anderen dürfen durchaus einen Blick wagen, sofern man denn mit einem feinstem Push-Your-Luck Glücksspiel im Familienspielgewandt etwas anfangen kann.


Denn genau in diesem Segment bewegt sich Pirate Tales. Doch mal von vorne: Das Spiel sieht super aus und bringt richtig tolles Material mit. Statt Spielbrett haben wir hier eine Spielmatte, statt Punktemarker Plastikedelsteine in zwei Größen und Farben, statt 0815-Würfel einen riesigen Haufen Custom-Dice in drei Farben, statt einfallsloser Zahlenkarten toll designte Multi-Use-Cards, statt einfacher Pappmünzen….einfache Pappmünzen. Und nein, das ist kein Tippfehler. Grundsätzlich frage ich mich, warum man dem Spiel bei allem dem Bling-Bling nicht dann auch konsequent Metallmünzen spendiert hat (man könnte fast meinen, ein verpasstes Stretchgoals-Ziel…). Aber vermutlich wäre das preislich einfach eine Schippe zu viel geworden. Aber meiner Meinung nach ist das Spiel für das, was es ist, eigentlich ohnehin brutal überproduziert. Allein die wirklich großen roten Edelsteine, hätte es z.B. gar nicht gebraucht und die Spielmatte ist wirklich cool, aber hätte es sie wirklich gebraucht? Zumal das Spiel, wenn wir es genau nehmen, eigentlich nur ein kleines feines Kartenspielchen ist, das es ohne die ganze Deluxifizierung vielleicht für max. 20 Euro in die Läden geschafft hätte und durch den geringen Preis vielleicht ein echter Verkaufshit wäre!?. Verdient hätte es Pirate Tales vom Spielspaß her mit Sicherheit, ein größeres Publikum anzuziehen. Wobei….die Optik kann natürlich auch anziehen und auch die inneren Werte enttäuschen zum Glück nicht.


Kommen wir damit also zum Spiel an sich. Wir legen die Spielmatte aus, stellen unsere Schiffchen an den Startpunkt und legen an das Ende (7 Felder entfernt) so viele Edelsteine (die kleinen blauen), wie Personen mitspielen. Wir mischen die Kenterkarten, die Krakenkarten und die Abenteuerkarten, legen alle Würfel, Münzen und Edelsteine parat und legen Schatzinseln in drei Leveln aus, deren konkrete Anzahl von der Zahl der Mitspielenden abhängt. Alle bekommen 5 weiße Würfel, 2 Abenteuerkarten, eine Glücksmünze und etwas Geld und los geht es reihum: Wer an der Reihe ist, darf sich zunächst neue Abenteuerkarten kaufen und auf die Hand nehmen. Nun deckt man weitere Abenteuerkarten vom Stapel auf und legt diese auf die Spielmatte. Auf diesen Karten sind ganz unten eine Anzahl an Totenköpfen abgebildet, die man sich erspielen muss (wie das geht, kommt gleich). Ist man der Meinung, dass man das locker hinbekommt, darf man eine weitere Abenteuerkarte aufdecken usw. Dies darf man maximal solange machen, bis die Matte voller Karten ist, wobei die letzte gelegte Karte grundsätzlich keine Abenteuerkarte sondern eine der Schatzinseln sein muss, die ihrerseits 3, 5 oder 7 Totenköpfe zeigen. Die Schatzinsel muss dabei immer mindestens so weit rechts liegen, wie das eigene Schiff auf seinem Weg bereits gekommen ist. Je weiter mein Schiff also bereits gefahren ist, desto mehr Karten muss ich aufdecken. In Runde 1 reicht es dagegen sogar, nur eine Schatzinsel zu legen. Die Plätze 5 bis 7 der Matte werden dabei von einem Kraken bewacht. Lege ich dort eine Karte hin, muss ich die oberste Krakenkarte nehmen und sie ungesehen auf das Feld legen, dass die nächste Krakenkarte im Stapel auf ihrer Rückseite anzeigt. Nun dürfen reihum alle außer mir mit ihrer Glücksmünze wetten, ob ich meine Reise erfolgreich bestehen oder ob ich kentern werde und danach wird die Krakenkarte offenbart. Hier kommen negative Effekte ins Spiel, die entweder sofort beim Aufdecken der Karte oder erst beim Erreichen der Karte während des eigentlichen Abenteuers (dazu kommen wir gleich) triggern. Die ursprüngliche Abenteuerkarte, die darunterliegt, ist im Gegenzug aber in beiden Fällen verloren und bringt uns nichts mehr ein. Krakenkarten sind also „doof“, aber nicht zu vermeiden.


Nun starten wir in unser Abenteuer: Von links nach rechts muss ich die auf den Karten abgebildeten Totenköpfe abgeben können. Dies mache ich mit meinen Würfeln und meinen Handkarten: Zuerst wirft man alle eigenen Würfel. Bin ich damit nicht zufrieden, kann ich einen Würfel zur Seite legen und so viele Würfel nachwürfeln, wie ich möchte. Dies kann ich solange wiederholen, bis ich zufrieden bin oder keine Würfel mehr habe und darf dies auch während des nun folgenden Würfeleinsetzens tun. Nun muss ich wie gesagt die Würfel einsetzen: Von links nach rechts muss ich immer mindestens einen Würfel mit mindestens einem Totenkopf setzen können, um die Voraussetzungen der Karten zu erfüllen. Fehlende Totenköpfe kann ich durch weitere entsprechende Würfel oder durch meine Handkarten ergänzen. Auf letzteren ist nämlich links oben in der Ecke zusätzliche Totenköpfe abgebildet, die ich nutzen kann. Die Karten gebe ich dann aber ab. Alternativ hat jede Karte oben rechts einen besonderen Bonus, den ich auf meiner Reise nutzen kann, indem ich die Karte ausspiele und ablege. Hier bekommt man bspw. neue Würfel und mehr. Erfülle ich eine der ausliegenden Abenteuerkarten, erhalte ich den dort abgebildeten Bonus sofort nach dem Erfüllen der Karte. Man kann also plump gesagt während seines Abenteuers die „Ressourcen“ (sprich: vor allem neue Würfel und neue Handkarten), die zum Erfüllen benötigt werden, überhaupt erst bekommen. Erfüllt man auch die Voraussetzungen der Schatzinsel, darf man diese Karte umdrehen und bekommt deren Belohnungen, die je nach Level der Insel natürlich bedeutender sind. Schafft man es nicht, genügend Totenköpfe in das gesamte Abenteuer zu investieren und die Schatzinsel umzudrehen, muss man eine Kenterkarte ziehen und die Schatzinsel unbesehen auf ihren Stapel zurücklegen. Ob wir scheitern oder nicht - in beiden Fällen bekommen wir Dublonen, je nachdem, wie viele Karten wir erfolgreich mit Totenköpfen bespielt haben. Nun werden noch die Wetten der anderen Mitspielenden gewertet, die Matte wird aufgeräumt und ich kann Würfel aufwerten, während der nächste Spielende schonmal Karten kaufen und auslegen kann.


Apropos Würfel aufwerten: Wie bereits erwähnt gibt es die Würfel in drei Farben. Auf den weißen Würfeln ist je Seite 0 bis 1 Totenkopf zu sehen, auf den roten 0 bis 2 und auf den schwarzen Würfeln 1 bis 3. Das Tauschverhältnis liegt immer bei 2:1 weiß/rot bzw. rot/schwarz. Doch Vorsicht: Levelt man zu schnell zu viele Würfel auf, hat man vielleicht nicht genügend Würfel im Pool, um irgendwohin zu schippern, denn das eigene Schiff zieht im Spielverlauf immer weiter in Richtung Ziel und das heißt, man muss auch immer mehr Karten im Abenteuer bestehen. Ein schwarzer Würfel bringt so zwar bis zu 3 Totenköpfe, aber wenn er dann auf einer 1er-Karte liegt, verfallen die anderen beiden Totenköpfe und so fehlen einem letztlich die Würfel (auch zum Neuwürfeln), denn – wie erwähnt – muss unter jeder Karte mindestens ein Würfel mit Totenkopf liegen, damit man die Karte überhaupt schafft. Hier ist also der Mittelweg meist der Richtige. Sobald ein Schiff das Ende des Seewegs erreicht, endet auch das Spiel und es gibt Punkte für erlangte Edelsteine und Dublonen. Es gewinnt, wer die meisten Punkte hat.

Wie ihr seht, sind die Regeln durchaus seicht, wenngleich nicht primitiv. Und das Spiel macht wirklich viel Spaß, sofern die eigene Runde diese Art von „Pechspiel“ gut verträgt, denn die Kraken- und Kenterkarten sind mitunter schon richtig fies und mit dem Leveln der eigenen Würfel kann man sich durchaus sein eigenes Seegrab schaufeln (oder so). Schön ist hier, dass die Kraken-/Kenterkarten in je drei unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden vorhanden sind und man je nach Spielgruppe die „wirklich doofen“ Karten einfach aussortieren kann. Dann verliert das Spiel allerdings ein wenig seinen Reiz, wie ich finde. Und so ist Pirate Tales zusammenfassend eben ein wirklich tolles, spaßiges, schnell gespieltes Kartenspiel, das zwar in Vollbesetzung trotz des Wettens mit kleinen Downtimes zu kämpfen haben kann, wenn jemand zu lange über seinen/ihren Würfeln meditiert - in der Regel fiebert man aber mit den anderen mit oder eben gegen sie und es entsteht ganz viel heiter-munterer Table-Trash-Talk vom feinsten. Und so kommt trotz der Spielzeit von gut einer Stunde (in Vollbesetzung) doch die Lust auf eine Revanche auf. Wobei ich dazu sagen muss, dass ich Push-Your-Luck-Mechaniken wirklich mag, das Spiel trifft bei mir also einen Nerv.


Unterm Strich ist Pirate Tales somit ein rundum gelungenes Familienspiel. Wenngleich es mir persönlich einen Tick zu viel Bling-Bling enthält (oder eben zur konsequenten Abrundung der Überproduktion eben die Metallmünzen fehlen). Unsere Kids finden das optisch-haptische Deluxematerial aber richtig toll und für sie ist grade das Material ein wichtiges Argument, das Spiel immer wieder spielen zu wollen. Hat also auch seine Vorteile.


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Pirate Tales von Benno Thönelt
Erschienen bei Skellig Games
Für 2 bis 4 Spielende in 45- 60 Minuten ab 8 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Skellig Games)
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