Was dem Franzosen sein Baguette, dem Italiener seine Pizza und dem Briten das Königshaus ist dem Deutschen die Autobahn. In keinem anderen Land wird diese Straßenart so verehrt wie hier und wehe dem, der daran evtl. etwas ändern möchte. Umso erstaunlicher, dass sich die Italiener Fabio Lopiano und Nestore Mangone berufen sahen, genau darüber ein Spiel zu konzipieren. Und dann auch noch im Auftrag eines britischen Verlags (Alley Cat Games), aber immerhin hat man nun einen deutschen Partner bei Strohmann Games gefunden und somit das deutscheste Spiel nach Deutschland gebracht.
Wir steigen direkt nach dem Zweiten Weltkrieg ein und übernehmen jeder die Rolle eines Direktors der Bundesautobahn Organisation, die für den ordnungsgemäßen Ausbau des Autobahnnetzes zuständig ist. Zwar werkeln wir gemeinsam am Straßennetz, aber dennoch möchte jeder die meiste Anerkennung für seinen Anteil bekommen.
Insgesamt gibt es sieben Autobahnen auszubauen, wobei die A7 in schwarz schon zum Teil besteht. Das Spiel wird in drei Epochen gespielt und erst in der dritten Epoche ab 1991 darf man die Autobahn im Osten Deutschlands ausbauen. Dafür stehen jedem Spieler Karten zur Verfügung, die mit den Farben der einzelnen Autobahnen übereinstimmen und im eigenen Zug einer von fünf Aktionen zugeteilt werden können. Die entsprechende Aktion kann ich dann nur in Verbindung mit der jeweiligen Autobahnroute bzw. Farbe ausführen.
Dabei kann ich, oh Überraschung, die Strecke ausbauen. Nach bezahlen der Kosten wird dann jeweils einer meiner Angestellten ins passende Büro gesetzt. Sind dort aber keine Plätze mehr frei, geht der Angestellte, welcher ganz links sitzt, eine Etage höher in die Administrationslobby. Das ist wichtig, denn nur in dieser Lobby und darüber befindlichen Räumen haben diese Angestellten einen Nutzen für mich. Für Angestellte in der Lobby gibt es Punkte und die jeweiligen Räume darüber sind nochmal gesonderte Endwertungen, die ich damit freischalten kann.
Mit einer weiteren Aktion kann ich bereits gebaute Strecken doppelspurig ausbauen. Egal durch welchen Ausbau, stets wird auch der Wert der verbundenen Städte angepasst. Je mehr unterschiedliche Autobahnen angeschlossen sind, desto höher der Wert. Das ist dann jeweils am Ende einer Epoche wichtig, wenn eine Zwischenwertung durchgeführt wird bzw. neues Kapital erlangt wird.
Ich kann allerdings nicht nur an den Strecken selbst arbeiten, sondern ich kann auch Tankstellen bauen, die ebenfalls für Einkommen sorgen und zwar immer dann, wenn der jeweilige Streckenabschnitt von einem LKW benutzt wird. Tadaa…die nächste Aktion. Ich kann LKWs beladen, wobei die Städte unterschiedliche Waren aufweisen, die nun auf den LKW platziert werden. Je nachdem, in welches Nachbarland ich diese Ware exportiere, gibt es Geld oder eine Bonusaktion.
Zu guter Letzt kann ich neue Technologien entwickeln, wodurch sich meinen Aktionen verbessern oder ich weitere Handkarten zum Ausspielen erhalte.
Sollten alle meine Karten ausgespielt sein oder ich möchte sie einfach nicht benutzen, kann ich als Aktion auch meine gespielten Karten wieder auf die Hand nehmen und werde dabei für jede Karte auch noch mit Geld entlohnt.
Die verschiedenen Epochen werden übrigens erreicht, wenn eine bestimmte Anzahl an Streckenteilen gebaut wurde. Wie erwähnt darf ich in der dritten Epoche auch in den Osten expandieren und wenn dort ausreichend gebaut wurde, geht es an die Endwertung.
Autobahn ist ein Expertenspiel, welches ziemlich verzahnt daherkommt. Natürlich ist meine grobe Zusammenfassung nur ein Kratzen an der Oberfläche und mag auf den ersten Blick doch simpler als andere Expertenspiele erscheinen, aber nicht täuschen lassen. Man ist stets auf der Suche nach der perfekten Auslage der Karten, man will auf keinen Fall Karten wieder aufnehmen. Man muss die Strecken im Auge behalten, aber auch die LKWs und Tankstellen und dazu noch die Technologien. Bäm bäm bäm… und vergesst auf keinen Fall rechtzeitig Angestellte in die Wertungsräume zu bekommen und vor allem in die richtigen! Das alles hängt zusammen. Habe ich die passenden Technologien nicht, kann ich nicht bestimmte Räume besetzen. Und so zieht es sich durch das komplette Spiel. Es erinnert mich hier ein wenig an Carnegie.
Wer also auf komplexe Eurogames steht, der wird auch an Autobahn seine Freude haben. Mir persönlich gefällt das Thema sehr gut, auch wenn ich das mit den Technologien und den Büros ein wenig konstruiert finde. Auch die Optik kann in weiten Strecken überzeugen, die Deutschlandkarte ist toll und auch die Karten sind gelungen, aber die Ikonografie kommt direkt aus der Microsoft Paint Hölle. Was nicht heißt, dass sie unverständlich ist, sondern einfach potthässlich. Vielleicht wollte man es aber optisch auch nur den Zeiten, in denen man spielt, anpassen, das wäre auf jeden Fall gelungen.
Genauso durchwachsen ist ein wenig das Material, da gibt es viele schöne Dinge, aber viele unschöne ebenso. Gefallen tun mir im Allgemeinen die Holzkomponenten, aber so gar nicht die Pappelemente. Zum Teil sind sie winzig und sehr frickelig.
Dennoch bleibt ein eher positiver Eindruck von Autobahn, gerade für Freunde des Italo-Euros. Mir bleibt zum Schluss einer der deutschesten Sätze zum Abschied: “Mein Maserati fährt 210 - schwupps, die Polizei hat es nicht gesehen - ich geb Gas! Ich will Spaß!”
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Autobahn von Fabio Lopiano & Nestore Mangone
Erschienen bei Alley Cat Games und Strohmann Games
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 90-150 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Strohmann Games)
*es handelt sich um einen Affiliate-Link