Mafia-Spiele sind derzeit ja hoch im Kurs und ich muss sagen, das Thema erreicht mich ja sofort und mein Interesse ist geweckt. Und als dann auch noch Feuerland ein Spiel mit eben jenem Thema ankündigte, war ich sofort angefixt. Gut, kleiner Downer: ein reines 2 vs. 2 Spiel! Hmm, heißt also, man muss vier Leute am Tisch haben und bisher hatte ich keine Berührungspunkte mit Team-Spielen. Aber immer noch Feuerland + Mafia = Ich bin dabei! LA FAMIGLIA!
Allen Anschein nach hat es aber nicht nur einfach ein Mafia-Thema, sondern wird garniert mit historischen Komponenten, weil wir hier den Sizilianischen Mafia-Krieg in den 1980er Jahren nachspielen. Jeweils zwei Familien tun sich hierbei zusammen und versuchen die Hoheit über Sizilien zu erlangen. Gespielt wird hierbei über vier Runden, lasst euch aber nicht täuschen, eine Partie kann schnell 3-4 Stunden dauern. Das Team, welches nach vier Runden die meisten “Mandamenti” für sich beanspruchen kann, gewinnt. Sollte es einem Team vorher gelingen sechs Mandamenti beanspruchen zu können oder EINE Familie allein fünf, endet ebenfalls das Spiel und dieses Team gewinnt.
Im ersten Moment kann man sich nun wirklich fragen, warum eine Partie so lange dauert, denn die Runden bestehen jeweils nur aus zwei Phasen: Planungsphase und Gefechtsphase. Aber ich sag euch, die Planungsphase kann ordentlich Zeit in Anspruch nehmen, denn man befindet sich ja auch immer in ständigem Kontakt mit seinem Mitspieler, man plant, zeigt verdeckt auf kleinen Versionen der Karte wohin man welche Aktionen plant, grübelt über Aktionen der Gegenspieler und und und. Bis man sich dann entschieden hat, kann schon mal Zeit vergehen und dann muss man ja evtl. die Pläne über den Haufen schmeißen, wenn die Gegner doch anders agieren bzw. eine Aktion nehmen, die man selbst eingeplant hatte.
Denn die Aktionsauswahl läuft über Action-Selection, wobei ich mir einen Spielstein nehme und diesen dann auf eine Aktion setze, die ich ausführen möchte. Je nach Farbe des Steins muss ich evtl. Geld bezahlen, zumindest wenn es nicht die neutrale, graue Farbe oder meine eigene Farbe ist. Und bis auf zwei Standardaktionen sind alle anderen nur einmal verwendbar.
Was kann ich nun für Aktionen auswählen?! Das kommt relativ klassisch daher. Ich kann neue “Soldati” (aka kleine Holzwürfelchen in meiner Farbe) anwerben, diese kommen dann zunächst in meine “Zentrale” (hinter einem Sichtschirm) und dann kann ich sie in eine Region entsenden, in der ich bereits vertreten bin, was aber eine eigenständige Aktion darstellt. Dazu kann ich auch Autos, Schiffe oder Drogenlabore in die Regionen entsenden. Übrigens, ein Mandamento besteht immer aus drei Regionen, sollte bei zwei von diesen meine Soldati sein, gehört das Mandamento mir. Autos zählen wie Soldaten, Boote helfen dabei die Soldaten über größere Strecken zu bewegen und die Drogenlabore generieren natürlich Einkommen.
Ich kann aber auch meinen Einfluss in verschiedene Institutionen (wie Justiz, Kirche, Polizei und Wirtschaft) steigern, wodurch dann andere Aktionen stärker werden und ich besonders starke Befehlsplättchen freispiele. Diese Befehlsplättchen können dann ebenfalls über eine Aktion ins Spiel gebracht werden und werden verdeckt in eine Region gelegt und sind dann gleich für die Gefechtsphase interessant.
Bevor wir zur Gefechtsphase kommen, möchte ich aber auf die mechanische Besonderheit hinweisen. Nach Abschluss einer Runde wird das Tableau mit Aktionen und den gesetzten Spielsteinen nach oben verschoben. Und darunter kommt ein neues Tableau, auf dem sich die Aktionen evtl. leicht verändert haben oder gänzlich neue hinzugekommen sind. Um relativ schnell seinen Einfluss zu erhöhen, gibt es noch eine recht starke, aber auch teure Aktion. Diese Kosten hängen davon ab, wie viele Steine noch in der Spalte liegen, wenn ich diese Aktion ausführen möchte und sollte daher bei der Platzierung berücksichtigt werden, gerade wenn man sich entscheidet, ob man nicht doch evtl. die Farbe des Mitspielers nehmen will. Nur über eine solche Aktion wechselt auch der Startspieler und das kann ebenfalls hin und wieder entscheidend sein.
Kommen wir zur Gefechtsphase, denn das Mafia-Leben ist kein Zuckerschlecken und wird vor allem durch den Kampf bestimmt. Und hier geht es nun ebenfalls knallhart zu, denn die Befehlsplättchen werden umgedreht und in der Initiativreihenfolge abgearbeitet, die jeweils auf den Plättchen notiert sind und das ist bei der Wahl der Plättchen immens wichtig. Zunächst gibt es noch administrative Befehle, die evtl. nochmal Soldati bringen, bestehende Soldati schützen oder für andere Art Nachschub sorgen.
Dann geht es los und die Angriffe starten. Sobald man seine Soldati in eine Region mit gegnerischen Soldati bewegt, beginnt der Kampf wobei der Angreifer nun entscheiden muss, ob er mit Finesse oder roher Gewalt vorgeht. Bei roher Gewalt opfert der Angreifer vorweg zwei seiner Soldati, bevor danach immer ein Verlust je Seite stattfindet, bis nur noch eine Seite Soldati in der Region besitzt. Mit Finesse verwendet jeder Spieler eine von drei Karten, die man verdeckt wählt und dem anderen anbietet, wird diese nicht genommen, darf man diese selbst verwenden. Es heißt also abschätzen, ob er mir was Gutes bietet in der Hoffnung, dass ich ablehne oder mir eben doch eine fiese Karte unterschieben will. Diese Karten nehmen nochmal Einfluss auf die Soldati, bevor dann wieder die Verluste auf beiden Seiten stattfinden.
Bei Bomben bzw. Autobomben geht das ganze mit weniger “rechnen” einher und man bewegt keine eigenen Soldaten sondern dezimiert nur die Soldaten in der Nachbarschaft. Ich kürze das ganze ein wenig ab, aber durch Drogenlabore und Plättchen kann man Soldati auch schützen, man kann neutrale Soldati in eine Aufruhr gegen gegnerische Familien schicken oder generell noch ein paar Verschiebungen durchführen. Durch die Initiativreihenfolge kann es aber auch schnell dazu kommen, dass Befehle nicht mehr durchgeführt werden, weil schlichtweg keine Soldati mehr da sind - das schmerzt dann immens.
Nach Abarbeiten aller Befehle prüft man nun ob eine Familie (eine und nicht die beiden Teams zusammen) die Mehrheit in einem Mandamento besitzt und verdeutlicht dies mit einem seiner Familienmarker und bekommt gleichzeitig als Belohnung eine starke Verbesserung, die er in der kommenden Runde verwenden darf.
Wie erwähnt, nach vier Runden Schluss oder eben wenn ein Team zusammen sechs Mandamenti oder eine Familie fünf Mandamenti besitzt.
Ihr merkt schon, ein echter Expertenklopper aus dem Hause Feuerland, denn die Übersicht hier ist bereits verkürzt und La Famiglia ist auf jeden Fall ein Spiel, welches man lernen muss und wohl erst in der 2. oder 3. Partie vollends zündet. Die erste Partie verläuft schwerfällig und viele Dinge sind zu beachten und kann schnell frustig werden, wenn dann auch zum zweiten Mal fast alle Befehlsplättchen nicht funktionieren oder Ähnliches. Aber sind alle vier Spieler am Ball, dann kann das eine super taktische und auch strategische Partie werden. Mechanisch gesehen steckt jede Menge dahinter und es gibt sicherlich viele Stellschrauben, zumal jede Familie asymmetrisch daherkommt und andere Vorzüge liefert. Es befinden sich sechs Familien in der Schachtel, wobei nur vier zum Einsatz kommen plus dass jede Team-Kombination auch nochmal neue Strategien ermöglicht, aber bis dahin muss man einen lehrreichen Weg auf sich nehmen, der aber lohnend sein kann.
Und jetzt das AAAABER… Ich fühle das Thema leider nur sehr wenig, kann aber auch an meiner Erwartungshaltung liegen. Die Soldati als kleine Holzwürfelchen, darüber könnte ich noch hinwegkommen, aber an keiner anderen Stelle sieht man Menschen. Die Befehlsplättchen sind einfach eine Ansammlung an Symbolen, die starken Verbesserungen auch Kontrollplättchen genannt, bieten ein wenig thematische Grafiken, aber dann auch zu wenig um mich immersiv abzuholen. Schlussendlich hätte man bei der Mechanik JEDES andere Thema mit “Kriegsbezug” verwenden können und das finde ich schade. Und es reizt mich dann auch zu wenig für weitere Partien, wenn ich Lust auf Mafia hätte. Da würde ich aktuell wohl eher zu Scarface 1920 greifen, auch wenn das mechanisch sicherlich nicht so ausgeklügelt ist wie La Famiglia.
Am Ende bleibt ein mechanisch toller strategischer Klopper, der aber auf der thematischen Seite dadurch einiges an Federn lässt. Ich weiß, viele brauchen das Thema nicht zwingend und denen sei La Famiglia ans Herz gelegt. Die 2 gegen 2 Komponente ist erfrischend und bringt wirklich Spaß und so können erfahrene Spieler auch Neulinge an die Hand nehmen. Ich werde es auch weiterhin auf den Tisch bringen, aber wohl nicht so häufig, wie ich es mir vorher selbst gewünscht hätte.
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