Es war einmal, Anno 2013, vor knapp 10 Jahren, da kam Andreas zu mir und sagte „Du magst doch Die Legenden von Andor. Willst Du vielleicht den Sternenschild spielen und eine Rezension für mich schreiben?“. Puh, dachte ich mir damals. Spielen ja, aber Rezensionen schreiben? Kann ich das? Will ich das? Hm, könnte man ja mal probieren….Der Rest ist Geschichte und bis heute noch in Form meiner ersten Rezension für die BoardgameMonkeys nachlesbar. Nicht der ganz große Einstieg, ok, zugegeben, aber wenn man bedenkt, dass einer der ersten Artikel von Andras „I am Vlad“ war…..ich schweife ab J Eben jene 10 Jahre (und diverse Andor-Erweiterungen) später liegt Andor (Teil 4): Die ewige Kälte vor mir auf dem Tisch. Und irgendwie ist es ein wenig, wie nach Hause kommen. Das Schachteldesignt wirkt trotz neuem Setting total vertraut und nach dem Öffnen bekommt man genau das, was man erwartet: Ein schönes Board, vier Helden, viele Token und Standees und eben Abenteuerkarten. Alles ist beim Alten und man fühlt sich direkt in bekannten Gefilden. Soll heißen: Die Qualität der Komponenten ist Andor-typisch gut und reiht sich nahtlos in die Reihe ein. Schön ist, dass wir hier keine Erweiterung haben, sondern ein eigenständiges Grundspiel. Wer Andor mittlerweile weggegeben hat oder ganz neu einsteigt, kann also problemlos mit dieser einen Schachtel loslegen.
Also auf die Plätze, fertig, auspöppeln, aufbauen und loslegen. Aber halt mal, kleinen Moment. Erstmal die Erwartungen abklären: Erwarte ich nun, dass Andor sich weiterhin wie Andor anfühlt, durch und durch das gleiche Spielgefühl bietet, wie die alten Teile? Wie bei einer Lieblingsband, bei der man nicht möchte, dass sie ihren Stil verändert? Oder erwarte ich, dass sich Andor neu erfindet, mit überraschenden Mechaniken aufwartet oder – wenn auch keine Revolution – zumindest eine gewisse Evolution in den letzten 10 Jahren mitgemacht hat? Wie bei einer Lieblingsband, bei der man es toll findet, wenn diese sich musikalisch „neu erfindet“ oder zumindest „weiterentwickelt“? Hm…eine gewisse Evolution hätte ich glaube ich ganz schön gefunden, andererseits ist Andor eben Andor und einfach „nur“ more of the same wäre ja gar nicht so schlecht. Schließlich hatte man das damals bei Star Wars Episode I oder auch VII auch erwartet….und hat jeweils das Gegenteil bekommen (also bei Ep I etwas ganz anderes und bei Ep VII more of the same), was ja nun in beiden Fällen nicht soooo gut angekommen ist. Hm, man will eben immer das, was man nicht bekommt. Im Grunde meines Herzens wünschte ich mir aber glaube ich eine Mischung aus heimeligem Feeling mit tollen neuen Mechaniken. Aber: Packungsdesign und Packungsinhalt sprechen aber schonmal stark für „alles bleibt beim alten“, denn: Die Landkarte sieht beim ersten Aufklappen erstmal aus wie die aus Teil 1, aber halt im Schnee…Puh. Never change a running system ist doch mittlerweile Schnee von gestern, oder nicht? Dreht man dann die Karte herum, wird man milde gestimmt, denn das sieht so gar nicht bekannt aus. Dazu aber gleich mehr.
Nun ja. Also legen wir los und finden vier Szenarien in der Box. Und wer Andor kennt, bekommt erstmal einen kleinen Dämpfer: Szenario 1 ist nämlich ein Einstiegsszenario zum Regellernen. Auf der „alten“ Map. Und ja, das ist für alle Neu-/Wiedereinsteiger sicherlich sinnvoll. Mir hätte eine Kurzauffrischung der Regeln in einem Regelheft gereicht. Gibt es aber nicht. Es gibt aber neue Nebelplättchen (jetzt Schneeplättchen) mit neuen Symbolen und neue NSCs. Die findet man leider auch nicht im Referenzhandbuch (also doch, man findet sie, aber nicht als Bild, nur als Text), also ist man gezwungen, Szenario 1 zu spielen. Puh. Dann endlich mit Szenario 2 darf man auf der neuen Map spielen und….spielt im Kern auch in Szenario 2 ein Tutorial. Denn es gibt ein paar Neuigkeiten, wie z.B. eine Höhle, in der sich die Kreaturen „verändern“ können und eine Eisfläche, in der die Felder nur einmal betretbar sind und diese fügen sich wirklich nahtlos ins Gesamtfeeling ein. Außerdem gibt es eine richtig coole neue Mechanik, die die Menge an möglichen Überstunden je Runde im Verlauf des Spiels reduziert. Legende 3 ist dann endlich ein „richtiges“ Spiel (aber doch recht leicht zu schaffen) und Legende 4 ist dann tatsächlich – wie ich finde – richtig gut geraten und bietet auch durchaus Wiederspielwert durch austauschbare Gegner. Im Kern haben wir also für Andor-Kenner nur zwei „echte“ Legenden und somit liegt der Fokus des Spiels klar auf den Neueinsteigern. Andor-Kennern wird nicht wirklich viel Neues geboten.
Gut, man muss sagen, Andor ist im Herzen nicht für Vielspieler gemacht, sondern ist ein Familienspiel Plus und soll „für alle“ sein. Ja. Deswegen auch dieses Prinzip von „keine Anleitung lesen, direkt losspielen“. Doch wenn ich ehrlich bin, langweilte das schon bei Robin Hood sogar unsere Kids (damals 7 und 12) dermaßen, dass sie nach zwei Runden schon keine Lust mehr auf das Spiel hatten. Und so ist es auch bei Andor gekommen. Durch die fehlenden Herausforderungen von Legende 1 und 2 war der Spielspaß bei den Kids schnell verschwunden. Unterforderung kann nun mal auch langweilen und schwupp verpasst man die Teile des Spiels, die echt gut sind. So passiert bei Robin Hood und nun auch (für die Kids) bei Andor: Die ewige Kälte. Schade, denn grade Legende 4 hätte auch Ihnen echt viel Spaß gemacht.
Und wenn man das Spiel dann für ein paar Wochen weglegt und dann wieder einsteigen will, man aber ewig nach den Detailregeln suchen muss, weil es eben keine strukturierte Anleitung gibt…dann ist es mit dem Spiel komplett vorbei. Denn die „schöne“ Erklärung der Schneeplättchen oder die Bewegung der NPCs etc. steht auf den Legendenkarten der einzelnen Legenden und eigentlich muss man diese immer „mitschleifen“, was sehr unübersichtlich ist. Aber im Referenzhandbuch zu Suchen macht auch keinen wirklichen Spaß…
Das klingt nun natürlich alles komplett schlimm, aber letztlich, Hand aufs Herz, steht Andor auf der Packung und es ist auch Andor drin. Wer sich das Spiel kauft und glaubt, es ist plötzlich Hardcore Andor for Experts….ist selbst schuld, wenn er/sie am Ende enttäuscht ist. Nur ist es eben eigentlich „Starterpack 2“, statt echte Erweiterung oder ähnliches. Das muss man wissen. Und wenn man nichts anderes erwartet, als ein Einsteigerpaket in die Welt von Andor, dann werden einem diese Erwartungen auch voll erfüllt. Allerdings sind grade Legende 3 und 4 doch anspruchsvoller als in der „alten Starterbox“. Und hier wird dann eben doch wieder was für die Fans geliefert. Aber zwei von vier ist dann vielleicht doch etwas mau. Puh, kein leichter Spagat, der hier versucht wird. Man wollte es gefühlt allen Recht machen und jetzt sind, wie es dabei meistens so ist, alle irgendwie unzufrieden. Hätte man einfach noch 2-3 Legenden mehr in die Box gepackt, hätte das ganz anders aussehen können.
Kann man also Andor: Die ewige Kälte nun empfehlen oder nicht? Das kommt wie immer darauf an. Echte Andor-Fans dürften sehr wahrscheinlich mit den Legenden 3 und 4 sowie den neuen Mechaniken (auch wenn es nicht so viele sind) viel Spaß haben. Ich fand diese Punkte wirklich ganz gut gelungen. Neueinsteiger mit etwas Spielerfahrung dürften auch gut bedient werden. Nichtspieler sollten allerdings eher erstmal zum „alten“ Andor greifen, da man hier auch bei einer Pause deutlich schneller wieder einsteigen kann. Dafür kommt der neue Teil mit einem kleinen Papp-Inlay, dass zwar nicht perfekt ist (denn man braucht teilweise trotzdem noch Zip-Tüten, weil die Marker sonst unten durchrutschen), aber für mich völlig ausreicht und von dem ich hoffe, dass sich hier viele Spielehersteller das Prinzip abgucken. Wem das als Inlay nicht reicht, darf sich ja weiterhin anderweitig welche beschaffen.
Und so schließt sich der Kreis. Denn alles zielt darauf ab, dass weitere Teile folgen, die es dann für die Andor-Kenner „besser“ machen können. Und natürlich wird auch einiges Neues für neue Fanlegenden geliefert. Im Kern könnte ich hier also das gleiche Fazit ziehen, wie damals schon beim Sternenschild: „Letztlich wird es stark von der Taverne abhängen, ob Der Sternenschild (hier also bitte „Die ewige Kälte“ einsetzen) für frisches Aroma im Spiel (hier also nun „in der Serie“ einsetzen) sorgen kann, oder nicht.“
____________________________________________________________________
Die Legenden von Andor: Die ewige Kälte von Michael Menzel
Erschienen bei Kosmos
Für 2 bis 4 Spielende in 60-90 Minuten ab 10 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Kosmos)
*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine zusätzlichen Kosten, wir erhalten eine kleine Provision.