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25.05.2023

Horizon Zero Dawn: The Board Game


Spielt ihr gerne auch abseits des Brettes digital? Auch mal nicht nur die Klassiker? Playstation oder PC? Dann dürfte Euch Horizon Zero Dawn vermutlich ein Begriff sein. Wenn nicht, habt ihr was verpasst – sofern Euch Open-World-Story-Action-Adventures interessieren. Aber zurück zum Thema: Als ich davon erfahren habe, dass es hierzu ein Brettspiel gibt, war ich durchaus sehr angetan. Und nun kam es tatsächlich auf den Tisch. Meine zweite „Playstation-Verbrettung“ seit Resident Evil 3. Doch während RE3 ein fast schon klassischer Dungeon Crawler mit Kampagne ist, ist Horizon Zero Dawn doch irgendwie ganz anders, als ich dachte. 


Aber apropos etwas völlig anderes, nochmal ganz kurz zum Digitalen zurück: Kennt ihr dieses Diablo-mäßige Gefühl, durch die Gegend zu streifen, Gegner zu vermöbeln um Ausrüstung/Waffen/Fähigkeiten zu verbessern, nur, damit man direkt den nächsten Gegner umhauen kann und das neu erlernte in Aktion zu erleben (und natürlich, um weiter zu leveln)? Kennt ihr? Und wenn ja: mögt ihr das? Wenn ja: Denkt im Folgenden einfach mal an dieses Gefühl, wir kommen gleich wieder darauf zurück. Und wenn ihr das noch nie leiden konntet: vielleicht ist Horizon Zero Dawn kein Spiel für Euch. Aber nur vielleicht, denn eigentlich würdet ihr auch hier etwas verpassen, wenn ihr einfach nur wegschauen würdet.


Blicken wir zuerst aber einmal kurz auf die Komponenten: Die ordentlich schwere, aber dennoch kompakte Box ist voller Miniaturen (in schicken und praktischen Trays), Karten, Token und ein paar Landschafttiles. Die Tiles sind optisch durchweg recht karg und nicht so wirklich hübsch anzusehen, der Rest des Spiels dagegen schon. Besonders hervorheben muss ich die Anleitung, die mich auf den ersten Griff erstmal schwer abgeschreckt hat. Was? Rund 40 Seiten Anleitung? Aber schnell kam die Entwarnung, denn diese Anleitung ist nicht einfach nur eine Brettspiel-Anleitung von vielen, sondern erinnert frappierend an diese schicken, aufwändig produzierten Lösungsbücher, die es für Videospiele gibt. Wow. 


Und dennoch macht sich Erfurcht breit, wenn man beginnt die Anleitung zu lesen. Da heißt es, dass man das Spiel zwar in Häppchen spielen kann (Spielzeit laut Packung 60 bis 90 Minuten), man dann aber nur Teile spielt, während man in einer Marathonsitzung auch durchaus das ganze Spielerlebnis erhält. Aha. Und lasst Euch das gesagt sein: Es ist wörtlich gemeint! Denn die auf der Packung angegebene Spielzeit braucht man für einen einzigen „encounter“ und bis zum Spielende sind es fünf(!).

Nach dem Durchlesen der Anleitung dachte ich mir „hm, eigentlich gar nicht so kompliziert“ und tatsächlich ist es das auch nicht. Und doch dachte ich mir „und wo ist die Story?“ denn ich gebe zu, ich hatte erwartet, dass man hier irgendwie eine Art Story einfließen lässt, hätte ja gepasst. Ist aber nicht. Und ganz ehrlich: hab ich auch nicht vermisst. Denn wir haben hier weder ein Legacy noch ein Kampagnenspiel, sondern einfach nur ein ganz normales (wenn auch recht langes) Spiel, dass man so oft wie man möchte wiederholen kann – wenn man das wirklich will. Aber zur Wiederspielbarkeit komme ich später noch. Also los geht’s: 


Jede/r am Tisch sucht sich einen Charakter aus, schnappt sich die Startausrüstung und das Startdeck, die Aufstiegsübersicht, die Aufstiegskarten und die zur Ausrüstung passenden Würfel und drapiert alles schön vor sich auf dem Tisch. Dann werden noch die Marktdecks, das Eventdeck, das Encounterdeck, das Schrottdeck und die Zielkarte parat gelegt und schon kann es losgehen. Oder kurz: Am Anfang platzieren wir nur Karten auf dem Tisch. Das Startspielendenmenschchen fängt an und wählt aus den obersten drei Encounterkarten eine aus, die gespielt werden soll. Nun kommen die Tiles und Minis ins Spiel, denn wir bauen den auf der Karte angezeigten Schauplatz damit auf. Keine Sorge – denn wir haben keinen Dungeon Crawler – der Aufbau dauert keine 2 Minuten. Aber man braucht natürlich Platz auf dem Tisch. 

Nun darf noch der nächste in der Reihe eine Eventkarte aussuchen und zum eigenen Vorteil nutzen und der Kampf beginnt. Ziel jedes Encounters ist es, als Gruppe eine bestimmte Menge an Encounterpunkten zu sammeln. Diese bekommt man durch das Umhauen von Gegnern. Schafft es die Gruppe, alle Gegner zu vermöbeln, winken Extra-Belohnungen am Ende. Schafft man das Mindestziel, gibt es Siegpunkte und ggf. Level-Aufstiege (sofern der Encounter-Level über dem Gruppenlevel lag). Verfehlt die Gruppe das Ziel, gibt es nichts; das Spiel läuft aber dennoch weiter. Wenn man das Spiel kooperativ spielt (was eine Option in den Regeln ist), dann war es das auch schon. Spielt man semi-kooperativ (wie es das Spiel eigentlich vorgibt) kommt hier eine Besonderheit ins Spiel: Wer einem Gegner den letzten Schlag verpasst, bekommt hierdurch Ruhmespunkte (je stärker der Gegner, desto mehr). Und wer am Ende der Runde die meisten Ruhmpunkte hat, bekommt natürlich auch die meisten Siegpunkte für den Encounter. Und da kann es vorkommen, dass man Ruhmpunke hat, aber am Ende keinen Siegpunkt bekommt. 


Man muss also sehr genau überlegen, wann man welchen Gegner wie angreift und wie die Erfolgsaussichten sein dürften. Und hier bietet das Spiel sehr schöne Methoden, die von Charakter zu Charakter unterschiedlich sind. Während ein Charakter einfach nur draufholzt, greift der andere meist indirekt über Fallen an. Da muss man seinen Charakter schon kennen und zu nutzen wissen. Aber das Gegner-Umhauen ist zum Glück nur eine Möglichkeit, an Ruhm zu kommen. Denn die meisten Gegner haben Komponenten, die man angreifen kann. Zerstört man eine Komponente, bekommt man immer einen Ruhmpunkt und verletzt den Gegner. Außerdem nimmt man ihm so auch den ein oder anderen Spezialangriff weg und erleichtert den weitergehenden Kampf.


Und ganz ehrlich: Dieses Taktieren aus wann greife ich was an und welche Stelle an dem Gegner ist das Salz in der Suppe der Encounter in Horizon Zero Dawn. Das würde ich mir nicht nehmen lassen wollen, indem man das Spiel kooperativ spielt. Ja, es geht, aber ist dann eben nicht ganz so spannend. Zumal man hier – wie schon gesagt – keine Story oder ähnliches gemeinsam erlebt. Ziel ist es, nach insgesamt vier „normalen“ Encountern im fünften den/die Endboss/e (abhängig von der Spielendenzahl 1 oder 2) umzuhauen und am Ende mit den meisten Siegpunkten da zu stehen bzw. im kooperativen Spiel einfach nur, diesen zu besiegen. Aber wo wir grade beim Salz in der Suppe waren: Nach einem siegreichen Encounter darf man (meistens) leveln und schaltet auf dem eigenen Skilltree neue Karten frei. Dabei muss man sich immer entscheiden, welchen Weg man geht.


Der Tree ist zwar klein, aber durchaus fein und die Entscheidungen nie leicht – denn sie bestimmen den künftigen Spielstil für diesen Charakter immer ein wenig mit. Mal bekommt man neue Fähigkeiten oder neue Waffen oder Karten, die man während des Kampfes einsetzt. Außerdem wächst die Deckgröße mit jedem Level. Und um dies sinnvoll zu füllen, geht es nach dem Leveln zum Händler und es werden neue Karten eingekauft. Wer nichts kaufen kann, erweitert sein Deck mit Füllkarten, die einen einfach nur eine Karte ziehen lassen. Moment mal: Füllkarten in einem Deck? Macht das Sinn? Ja, bei Horizon Zero Dawn macht das durch und durch Sinn, denn die Karten spielen auch die eigenen Lebenspunkte wider. Bekommt jemand schaden, muss sie/er Karten abwerfen. Entweder von der Hand oder vom Deck. Und ist das Deck leer und man müsste nachziehen…ist der Charakter ko. Und sind alle ko, ist man gescheitert. Ein schöner Kniff, der wirklich richtig gut funktioniert.


Und was soll ich sagen? Horizon Zero Dawn spielt sich wirklich toll, denn es erzeugt genau dieses „Diablo-Gefühl“, dass ich oben angesprochen habe. Wenn man einen Encounter geschafft hat und gelevelt und Karten gekauft hat, dann will man nicht fotographieren, einpacken und wann anders weiterspielen. Man will sehen, wie man sich mit der neuen Ausrüstung gegen neue, stärkere Gegner macht damit man dann – nun ja – noch stärker wird und es wieder darauf ankommen lässt. Und schwupp ist man in einer absolut immersiven Spirale gefangen, aus der einen nur die Zeit und die Vernunft rausreißen können. Total im Flow. Zumindest ging es mir so und machte Horizon Zero Dawn zu einem wirklich tollen Spielerlebnis für mich. 


Aber leider gibt es auch ein aber. Denn die Box kommt mit einem einzigen Endgegner(pärchen) daher. Und wenn man dieses dann besiegt hat (was bei den meisten im ersten Durchgang passieren dürfte, denn das Spiel ist zwar durchaus taktisch, aber nicht wirklich schwer) – dann ist ein wenig die Luft raus. Denn eigentlich möchte man jetzt neue Herausforderungen erleben und noch stärkere Gegner haben, denn schließlich weiß man nun, wie man den eigenen Charakter richtig spielen soll. Das gleiche Szenario nochmal – auch wenn man pro Encounter aus drei auswählen kann und daher Varianz durchaus mitgeliefert wird? Hm…irgendwie nicht. Und das ist vermutlich auch der Grund, warum es so viele Erweiterungen gibt. Und ja, diese reizen nun sehr. Bei einem Spiel, das gut 100 Euro kostet, fühlt es sich aber ein wenig schwierig an, wenn man nach einem einzigen Durchgang (ja, der ca. 5 bis 8 Stunden andauert) keine Lust mehr drauf hat. 

Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. Und grundsätzlich ist das Spiel für das, was es sein will, auch irgendwie zu lang. Es könnte eigentlich einen Encounter weniger geben. Klar, verstehe ich, warum man vier Encounter vor dem Endgegner machen soll: Nämlich damit die Gruppe auch sicher auf das Maximallevel aufsteigen kann und ein einziges Scheitern nicht gleich zum Spielabbruch führen muss. Ok. Schafft man es aber nach drei Encountern auf dem Maximallevel zu landen, dass fühlt sich das vierte leicht sinnlos an. Hier hätte ich mir eine bessere Lösung gewünscht.


Alles in allem ist Horizon Zero Dawn eine wirklich tolle Spielerfahrung, die Lust auf mehr macht und deren Spielgefühl sich vor dem eines digitalen Spiels nicht zu verstecken braucht. Aber natürlich muss man einen Faible für diese Art von Spiel haben, sonst gewinnt man hiermit keinen Blumentopf...äh, Roboterkopf. Ach Mensch, vielleicht versuch ich doch nochmal eine Marathon-Sitzung, aber diesmal im Solo-Modus? Schade, wenn das Ding jetzt einfach in der Ecke verstaubt...Der Highscore ruft!....

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Horizon Zero Dawn: The Board Game von Sherwin Matthews
Erschienen bei Steamforged Games
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 60-90 Minuten (pro Runde) ab 12 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Steamforged Games)
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