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20.05.2023

Greif nach den Sternen


Wenn ich schreiben würde, dass man bei Greif nach den Sternen um den Kapitänssitz eines Raumschiffes ringt, dann würde das zwar einerseits stimmen, andererseits den Kern des Spiels nicht tatsächlich treffen. In der Tat kommt das Spiel mit einem eindrucksvollen Raumschiff-Pappmodell daher sowie weiterhin mit acht Astronauten-Meeplen. Und ja: Wir werden eigentlich die komplette Partie die Meeple im Raumschiff hin – und herbewegen und auch aussteigen lassen. Realistisch machen wir aber etwas ganz anderes. Raumschiff und Astronauten sind nur die thematische Einbindung eines originellen Quizspieles mit eingebauten Auktionsmechanismus. 



Darrell Cannon hat für Big Potato Games ein Partyspiel für 2-8 Personen entworfen bei dem wir auf Schätzfragen eine möglichst treffende Antwort finden. Genauer gesagt: Eine möglichst genaue Antwort und zwar ohne dabei zu überbieten. Am Anfang einer Runde liest einer der Mitspielenden die Schätzfrage der Runde vor und gibt sein Gebot ab. Dabei ist darauf zu achten nicht zu überbieten. Reihum haben nun alle die Möglichkeit ein höheres Gebot abzugeben (Captain werden), zu passen (im Rauschiff bleiben) oder auszusteigen (das Raumschiff zu verlassen). 




Eine Runde endet, wenn ein Gebot einmal rumgeht ohne überboten worden zu sein. Dann geht es an die Auflösung und Punkte (Sternenmünzen) werden vergeben. Unterschieden wird dabei dann in erfolgreiche und gescheiterte Missionen. Bei erfolgreichen Missionen erhalten der Captain (4 Sternenmünzen) und die Crew-Mitglieder (2 Sternenmünzen) Siegpunkte. Bei gescheiterten Missionen werden wiederum die ausgestiegenen Mitspieler*innen (1 Sternenmünze) belohnt und der Captain bestraft (2 Sternenmünzen Abzug). Daneben gibt es auch noch spezielle Siegpunktvergabebedingungen dafür, wenn der Captain beim sogenannten Solo-Flug allein an Bord verbleibt oder bei einem Mond-Flug die genaue Zahl versucht anzusagen. Beides wird bei Erfolg mit besonders vielen Sternenmünzen belohnt. Gespielt wird Greif nach den Sternen acht Quizfragen lang. Danach werden Sternenmünzen gezählt und wer am meisten davon vorweisen kann, gewinnt die Partie. 



Der Reiz von Greif nach den Sternen ergibt sich aus der Schwierigkeit der Schätzfragen. Es wird total obskures Zeug gefragt, von dem man in der Regel nicht den blassesten Schimmer hat. Beispiele gefällig? 

  • Wie viele Seiten hat der größte Würfel der Welt?
  • Der Iran hat mehr Feiertage als jedes andere Land. Wie viele gibt es pro Jahr?
  • Wie viele Pringles sind in einer Standarddose?


In der Regel ahnungslos wird sich also nach oben vorgetastet und nicht selten überreizt. Die Fragen bei Greif nach den Sternen sind definitiv keine klassischen Quiz-Show-Fragen auf die man immer mal wieder auch die korrekte Antwort sicher benennen kann. Ahnungslosigkeit ist bei Greif nach den Sternen Teil des Spielkonzeptes. Dem sollte man sich bewusst sein. Es geht bei dem Spiel um das Erlebnis und nicht um bierernstes Vergleichen des Allgemeinwissens. Klar, es hilft ein wenig in Zahlen denken zu können und das Weltgeschehen zu verfolgen. Wie viele Pringles in einer Dose sind wird man aber sicher nicht durch Zeitungslesen wissen und muss sich der Antwort dementsprechend anders annähern müssen. 

Für ein Partyspiel kommt Greif nach den Sternen überraschend materialintensiv daher: Meeple, Spielermarker, ein Spielbrett, das Raumschiffmodell und jede Menge Sternenmünzen. Alle Pappmaterialien in wirklich robuster Stärke. Dazu dann noch 110 doppelseitige Quizkarten. Diese werden in einer Box liegend vorgelesen. Durch das Sichtfenster der Box sieht man nur die Frage aber nicht die ebenfalls auf der Karte aufgedruckte Antwort. Im Grunde ist das Spiel ein wenig überproduziert und in Fall des Raumschiffes bringt dies auch ein kleines Problem mit sich. Man wird es nicht nach jeder Partie wieder auseinanderstecken wollen. Dauerhaft würde es dadurch Schaden nehmen. So kann man es nur neben dem Spiel aufgebaut im Regal verwahren. Es sieht durchaus ansehnlich aus, nimmt aber einiges an Platz weg. 



Das grundsätzliche Spielprinzip von Greif nach den Sternen ist schnell erklärt und auch Gelegenheitsspielern gut zu vermitteln. Ein wenig trickreicher wird es bei der Sternenmünzenvergabe. Da braucht es ein paar Runden bis man das sicher durchführt, ohne immer wieder nachzuschauen. Durch Solo-Flug und Mondflug sind einfach ein wenig zu viele Spezialfälle gegeben. Sehr hilfreich wären hier Spielübersichten für alle Mitspielenden gewesen. Dafür hätte man dann gut und gerne an anderer Stelle ein wenig abspecken können. Die Spielregel ist eigentlich gut strukturiert und bebildert. Man merkt aber auch an ihr wie sehr die Siegpunktvergabe das Spiel verkompliziert. Es wird ebenso viel Platz hierfür in der Anleitung aufgewendet wie für den Rest der Spielregeln. Doch keine Angst: Insgesamt sind dies nur vier kleinformatige Seiten. 



Gut gefallen hat mir, dass Big Potato Games QR-Codes und Youtube-Schlagworte nutzt um den Spieler*innen den Einstieg über Regelvideos zu erleichtern. Auch bei einigen Quizfragen werden QR-Codes genutzt um die Antworten jeweils aktuell zu haben. Eine schöne Idee. Ebenso gilt dies für das Engagement von Big Potato Games. Für jedes verkaufte Spiel pflanzen sie einen Mangrovenbaum in Madagaskar.




Auf Grund der beiliegenden Quizfragen würde ich persönlich Greif nach den Sternen nicht mit 10-jährigen Kindern spielen wollen. Von den Regeln her wäre dies kein Problem. Man kann das Spiel problemlos mit Wenigspieler*innen spielen. Harmlos sind die Fragen auch. Es ist vielmehr so, dass die Fragen sehr speziell sind und über den Erfahrungshorizont von Kindern schlicht hinaus gehen. Meine Empfehlung wäre demensprechend eher 14+, wenn nicht sogar noch älter. Auch sehe ich den Spielspaß eher in Runden ab vier Spielern gegeben. Ansonsten geht ein Gebot einfach viel zu schnell durch. Für größere Erwachsenenrunden ist Greif nach den Sternen ein lockerer Absacker, bei welchen man ratzfatz, ohne größere Regelerklärung, loslegen kann.

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Greif nach den Sternen

Autor Darrel Cannon

Erschienen bei Big Potato Games

Für 2-8 Spieler*innen ab 10 Jahren.

Spieldauer etwa 15-30 Minuten



sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Big Potato Games)