Die Song-Dynastie im kaiserlichen China sieht sich in Gefahr durch eine mongolische Invasion, die zuvor noch ihre Verbündeten waren. Gut, dass die Vorgänger-Dynastie bereits eine große Mauer begonnen hat, die wir nun fertig bauen wollen, um uns endgültig vor den Invasoren zu schützen. Jetzt könnte man meinen, dass es sich hierbei um ein kooperatives Spiel handelt, weit gefehlt, denn wir übernehmen jeder die Rolle eines Generals und ringen um die größte Gunst und Ruhm. Habt ihr darauf aber keine Lust, gibt es auch eine kooperative Variante.
Wenn man sich die Schachtel, das Material und alles so ansieht, könnte man denken hier handelt es sich um ein Ameritrashartiges Spiel mit Würfel-Orgien und allem drum und dran aber schon wieder weit gefehlt - im Herzen ist The Great Wall ein Worker-Placement Spiel und somit irgendwie ein Eurogame. Somit ist es auch gleich ein gutes Beispiel, dass auch Eurogames einfach mal umwerfend aussehen können und bitte Leute, es gibt keine Frage, dass Great Wall fantastisch aussieht!
Ein Spiel wird über mehrere Jahre gespielt, wobei es spätestens nach sechs Schluss sein wird. Ein Jahr besteht, wie sollte es anders sein, aus den vier Jahreszeiten, in denen jeweils verschiedene Dinge passieren. Zu Beginn entscheiden wir uns für einen General und einen Berater, welche mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Boni ausgestattet sind.
Im Frühling eines Jahres geht es los und die ersten Mongolen-Horden erscheinen am Horizont und bis zum Herbst sollten wir so gut vorbereitet sein, dass wir diesen Ansturm überstehen. Heißt im Sommer nehmen wir uns erstmal Einkommen je nach Position unserer Aufseher, die wir evtl. vorher platziert und/oder bewegt haben und müssen entscheiden ob wir bereits gespielte Kommandokarten zurück auf die Hand nehmen oder nicht. Dabei gillt ALLE oder KEINEN. Für jeden Karte, die ich nicht zurücknehmen bekomme ich als Belohnung 2 Punkte.
Im Herbst spielen wir eine unserer Kommandokarten und damit kommt ein erster, interessanter Kniff in dieses Spiel. Zunächst der Hinweis, dass jeder Spieler das gleiche Set aus Kommandokarten in den Händen hält. Eine Kommandokarte besteht aus drei Teilen bzw. Aktionen - die erste Aktion bezieht sich auf den Spieler, welcher die Karten spielt und erlaubt meistens das Platzieren von Schreibern und/oder aktivieren von Orten mit Schreibern. Der Clou ist nämlich, dass ein Großteil der Einsatzorte erst dann ausgelöst werden kann, wenn ALLE Einsatzfelder am Ort belegt sind! Hier heißt es also gut planen.
Die zweite Aktion erlaubt dann den Mitspielern etwas zu tun und als drittes wird sich auf eine andere Kommandokarten bezogen und falls diese ebenfalls in dieser Runde gespielt wurde, greift diese dritte Aktion.
Die Einsatzorte sind zum Teil dann aber doch ziemlich klassisch, so gibt es natürlich Bereiche, in denen Rohstoffe wir erhalten, wie Holz, Stein und Gold. Diese benötige ich zum einen, um Krieger auszubilden (Lanzenträger, Bogenschützen oder Reiter) und zum anderen bauen wir damit natürlich auch die Mauer auf. Es gibt drei Bereiche, in denen Mauerstücke gebaut werden können und die jeweilige Mongolenhorde abhalten. Jedes Mauerstück kann bis zu drei Ebenen haben und sollte es uns gelingen, alle neun Teile zu bauen, dann endet das Spiel. Spätestens endet es aber nach 6 Jahren (Runden).
Es gibt auch Felder die gesetzte Soldaten verschieben, die Spielereihenfolge zu ändern oder weitere Schreiber (Worker) anzuwerben, auch weitere Beraterkarten sind möglich. Last but not least: gibt es auch noch Taktikkarten, die mir im kommenden Winter helfen können.
Im Winter heißt es also auf in den Kampf! Die Krieger werden übrigens immer direkt auf die Mongolenhorden gesetzt und können dabei Boni abdecken, die wir dann sofort erhalten. Sobald alle Felder besetzt sind, ist diese Horde außer Gefecht und geschlagen und der Spieler, welche den größten Anteil an Krieger auf dieser Karte hat, bekommt diese in seinen Besitz und somit Siegpunkte am Spielende. Zuvor können im Winter aber noch die Bogenschützen von den Mauerstellen schießen, diese
hinterlassen Wunden auf den Mongolen, wofür man aber keinen Bonus bekommt.
hinterlassen Wunden auf den Mongolen, wofür man aber keinen Bonus bekommt.
Dann wird ermittelt, ob Barrikaden und Mauern die aktuelle Stärke der Mongolen standhalten oder nicht. Sollten die Mongolen stärker sein, gibt es einen Durchbruch und wir bekommen alle Schandmarker die Minuspunkte am Spielende bringen und die Krieger sterben alle und kommen zurück in den Vorrat.
Da möchte ich euch natürlich nicht den “Rohstoff” Chi unterschlagen - das Chi dient vor allem dazu Soldaten vom Sterben abzuhalten, so dass man sie nicht neu erwerben muss oder um Schandmarker wieder abzugeben. Zur Erinnerung das Spiel endet ja, wenn die Mauer fertig ist, sechs Jahre gespielt wurde ODER wenn es keine Schandmarker mehr im Vorrat gibt - also hin und wieder mal welche abzugeben, kann nicht schaden.
Es gibt natürlich noch einiges mehr zu entdecken und zu erzählen, aber das würde hier den Rahmen sprengen, ich denke mal das Grundkonzept habt ihr nun verstanden. Wir bauen gemeinschaftlich an der Mauer und bekämpfen zusammen die Mongolen, möchten aber jeweils den größten Anteil daran haben.
Vielleicht liest man es schon raus, dass The Great Wall mir wirklich sehr gut gefällt und der Worker Placement Welt etwas Leben einhaucht und ein wirklich gutes Beispiel, dass eine Eurogame-Mechanik erstens wunderbar aussehen kann UND auch noch thematisch gut funktioniert! Ich glaub ich habe bisher ja gar nicht den Verlag genannt und das ist Awaken Realms, in Deutschland im Vertrieb von Asmodee. Nun kennt man Awaken Realms ja eher von Miniaturen-Schlachten wie Nemesis und Lords of Hellas. Gerade Nemesis ist ein gutes Beispiel für gehobenes Ameritrash. In der Retailfassung von the Great Wall gibt es nun keine Miniaturen, sondern alles nur Holzmeeple - heißt es gibt auch eine Kickstarter-Variante mit Miniaturen. Braucht man das? Das muss wohl jeder selbst entscheiden, ich für meinen Teil find gerade die Holzmeeple irgendwie kultig, besser aussehen tun natürlich die Minis.
Die Autoren sind mir leider unbekannt, sollten sie aber nicht bleiben: Kamil “Sanex” Ciesla (Bees, SiegeStorm), Robert Plesowicz und Lukasz Wlodarczyk (Flick of Faith). Und somit kann man auch auf deren nächstes Projekt zusammen gespannt sein: Tamashii.
So zum Abschluss aber dann doch noch einen Dämpfer: die Anleitung! Holla die Waldfee (ja - ich bin ein Boomer) … die geht einfach mal gar nicht und da ist es wirklich schade, dass hier Asmodee Deutschland nicht ein wenig mehr Arbeit investiert hat, um diese zu überarbeiten. Viel zu viel Text, wenig Beispiele, konfuse Anordnung. Somit ist die Einstiegshürde SEHR hoch und ich würde jedem empfehlen, sich Regel-Videos oder andere Hilfe bei BGG anzusehen. Wer diese Hürde aber meistert, dem erwartet ein wirklich tolles Spiel.
___________________________________________________________________
The Great Wall von Kamil "Sanex" Ciesla, Robert Plesowicz und Lukasz Wlodarczyk.
Erschienen bei Awaken Realms
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 120-180 Minuten ab 13 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Awaken Realms)
*es handelt sich um einen Affiliate-Link