Schon einmal Lust gehabt eine Bahn-Station zu betreiben? Wenn ja, dann lohnt ein Blick auf Niimura Station von Nathan Hansen Games. Die reale Niimura Station in der japanischen Stadt Matsumoto diente als Vorbild für das hier vorgestellte Einpersonenspiel. In etwa einer Stunde Spielzeit gilt es Passagiere bei Laune zu halten, Geld zu verdienen und den Bahnbetrieb der Kamikōchi Line durch die Niimura Station hindurch zu regeln.
Die Spielregeln hierzu sind überschaubar und sehr eingängig. Niimura Station ist ein kartengetriebenes Spiel. Es gibt Passagier- und Zugkarten. Passagiere haben jeweils einen Zielbahnhof und verschiedene Toleranzen. Heißt sie vertragen unterschiedlich viel Hunger, Durst oder Unbequemlichkeit. Auf den Zügen sind Zielbahnhöfe benannt, weiterhin wieviele Passagiere sie aufnehmen und was der Transport pro Passagier in Yen einbringt. Neben den Karten gibt es noch einen Spielplan. Hierauf sind alle Ausbauten unserer Station abgebildet. Weiterhin wird hier auch unser Yenbestand abgehalten sowie unsere laufenden Kosten pro Runde angezeigt. Das dritte zentrale Element des Spieles sind Holzwürfelchen. Sie stellen in den Farben Gelb (Hunger), Grün (Durst) und blau (Komfort) die Bedürfnisse der Passagiere dar und werden bspw. aus einer Tasse gezogen. Neben diesen drei Bedürfnissen gibt es noch schwarze Würfel, welche Verärgerung darstellen. Haben wir die Geduld eines Passagiers zu sehr ausgereizt, so kommt einer dieser Würfel ins Spiel.
Vermeiden wollen wir bei Niimura Station zu viele Passagiere unglücklich zu machen oder zuviel Geld auszugeben. Beides führt zu einer Spielniederlage. Gewinnen können wir, wenn wir entweder durch den Stapel der Zugkarten oder durch den der Passagierkarten durchkommen.
Der Rundenablauf bei Niimura Station ist sehr eingängig und in sechs Phasen unterteilt:- Es wird pro Passagier ein Bedürfnis-Holzwürfel gezogen und auf diesem abgelegt. Eventuell wird damit eine Grenze des Passagiers gebrochen und ein schwarzer Würfel muss genommen werden, welcher den anderen Würfel hinzugefügt wird. Verärgerte Passagiere verlassen auch die Station und die Würfel gehen zurück in ihr Behältnis.
- Zwei weitere Passagiere werden zur Station gelegt.
- Die spielende Person führt Aktionen aus. Je nach gewählter Schwierigkeit können das 2-3 Aktionen pro Runde sein. Zu Beginn des Spieles startet man mit 3 Standard-Aktionen. Mit zugekauften Ausbauten, hat man später dann noch mehr verschiedene Möglichkeiten für die Aktionen.
- Man sucht einen Zug aus, welcher einfahren soll. Zur Wahl stehen hierbei jeweils der vorderste Zug aus westlicher oder östlicher Richtung.
- Passagiere betreten den Zug. Gibt es Passagiere mit dem Fahrtziel des einfahrenden Zuges, so nutzen sie diesen und Geld wird verdient.
- Ein neues Zug wird nachgezogen, so dass aus östlicher und westlicher Richtung je drei Züge auf die Einfahrt warten. Weiterhin werden die laufenden Kosten der Station gezahlt.
Eben jene Kosten ergeben sich aus den Ausbauten unserer Station. Umso mehr Dinge wir in Nutzung haben, wie Lautsprecheranlage, Getränkewagen, Automaten oder Bänke - umso höher werden die laufenden Kosten unserer Station. Jeder Ausbau der Station erhöht unsere Kosten um 100 Yen. haben wir in der sechsten Phase nicht genug Geld angesammelt um die Kosten zu begleichen, so verlieren wir das Spiel. Gleiches gilt dafür, wenn wir den neunten Passagier verärgern. Es gibt acht schwarze Holzwürfel. Müssten wir einen neunten nehmen, so endet das Spiel sofort. Dementsprechend müssen wir Wege finden dem entgegen zu arbeiten. Möglich wird dies indem wir unsere Station ausbauen und die Ausbaukosten bezahlen. Eine der drei Standardaktionen ist der Stationsausbau.. Wir könnten uns auf dem Weg bspw. einen Foodcart kaufen. Mit diesem lassen sich Hunger- oder Durstwürfel wieder von Passagieren entfernen. Oder wir leisten uns eine Lautsprecheranlage. Mit Hilfe dieser können wir unter anderem die Reihenfolge der einfahrenden Züge manipulieren. Dies kann sehr hilfreich sein. Wir wollen ja nicht, dass Züge einfahren, obwohl keine Passagiere mit deren Fahrtzielen vor Ort sind. Es gilt ja Geld zu verdienen und der drohenden Pleite zu entgehen.
So wie das Spiel aufgebaut ist, fühlt sich das Ganze sehr thematisch an. Man könnte natürlich fragen warum Passagiere in der Station Ewigkeiten rumsitzen und sich mit einem Getränk nach dem anderen befrieden lassen. Eine andere Frage wäre wie realistich es ist, dass sich im für seine Ordnung bekannten Japan die Züge in unvorhersehbarer Reihenfolge östlich und westlich der Station aufstellen. Meinem Wissen nach ist es ja eher so, dass Japans Bahnbetrieb der Inbegriff der Verllässlichkeit und Pünktlichkeit ist. Vielleicht hätte das Spiel der Realitätsliebe halber also eher Wuppertal Main Station heißen sollen. Über dieses kleine thematische Manko kann man meines Ermessens aber gut hinwegsehen.
Ein wenig schwerer wiegt für mich was ich meine hinsichtlich Balancing und Spieldauer beobachtet zu haben. Es gibt in der Anleitung von Niimura Station verschiedene Stellschrauben den Schwierigkeit anzupassen: Anzahl der neuen Passagier pro Runde, Aktionen pro Runde, Toleranz der Passagiere. Auf der normalen Schwierigkeit ist das Spiel meines Ermessens bockschwer. Bedingt ist das dadurch, dass Passagiere und Züge komplett zufällig kommen. Es gibt 13 verschiedene Ziele, welche angefahren werden. Insgesamt gibt es 26 Zugkarten und 52 Passagierkarten. Je zwei Züge pro Ziel und je vier Passagiere pro Ziel. Es kann also wirklich sehr leicht passieren, dass Passagiere ausliegen, welche man über lange Strecken nicht bedienen kann. Weiterhin kann es aber auch sein, dass beide Züge einer Destination hintereinander anstehen und die Passagiere nicht in Sicht sind. Man kann dann eigentlich nur die Züge aus der anderen Richtung bedienen und hoffen. So eingeschränkt zu sein, bringt aber auch finanzielle Nöte mit sich. Gerade wenn man noch keine Ausbauten hat, ist man sehr auf die Einnahmen durch Passagiere angewiesen. Durch die Karten hat der Spielverlauf von Niimura Station einen enorm hohen Zufallsfaktor. Dadurch, dass die Bedürfnisse der Passagiere gezogen werden, ist aber auch noch ein zweiter Zufallsfaktor im Spiel. Dieser ist jedoch relativ gut beherrschbar. Erst recht, wenn man mit zwei statt drei Spieler*innen-Aktionen spielt. Überhaupt wird das Spiel mit den einfachst möglichen Regeln sehr leicht. Drei statt zwei Aktionen zu haben, macht einfach enorm viel aus. Man kann dann kaum noch etwas falsch machen. Zumindest, wenn man den eigenen Kontonstand im Blick behält.
Neben diesem Balancing-Issues hat mir bei Niimura Station am wenigsten die Spiellänge gefallen. Eine Stunde Spielzeit ist zwar eigentlich überschaubar. Jedoch macht man diese Stunde lang leider fast immer das gleiche. Um zu gewinnen spielt man in der Regel etwa 26 Runden. Wenn man die Station gut aufgebaut hat, dann ist das ab einem gewissen Zeitpunkt nur noch Verwaltung. Wirkliche Gefahr gibt es nicht mehr. Trotzdem muss man dann noch 10+ Züge einfahren lassen um das Spiel zu gewinnen. Dies gillt zumindest auf einem einfachen Schwierigkeitsgrad. Bei einem schweren Spiel tanzt man immer am Abgrund. Man kann dabei aber wenig machen um die Gefahr zu reduzieren. Kommen die Karten blöd, dann war es das halt. Ein wenig unbefriedigend, wenn man sich bis dahin gut gehalten hat. Man hat 15 Zugkarten die Station gut im Griff gehabt und dann fliegt sie einem unvermittelt um die Ohren.
Hier merkt man dann doch, dass das Spiel ein Projekt eines sehr kleinen Verlages ist. Als Playtester wird in der Anleitung auch nur einer Person gedankt. Erschienen ist das Spiel im Rahmen einer Kickstarter Make/100 Kampagne. Außer Print and Play hat das Spiel noch keine andere Auflage erfahren. Will man es also besitzen, so muss man es einem der 100 Kickstarter abkaufen oder er sich selber basteln. Die Kickstarter-Variante hat materialtechnisch sehr gute Prototypenqualität. Ich finde das Design stimmig. Es ist aber ohne Frage eher einfach gehalten und hat kleinere Ikonographie-Mängel, welche auch Nathan Hansen schon aufgefallen sind.Auf Youtube gibt es auch ein Tutorial und ein Playthrough des Autors zu Niimura Station:
Niimura Station ist in meinem Augen ein symapthisches kleines Spiel über das Management einer Bahnstation. Die Regeln sind einfach zu lernen und das Handhaben der Spielabläufe ist unkompliziert. Man läuft also nur wenig Gefahr dabei Fehler zu machen die Phasen richtig abzuwickeln. Um Freude an Niimura Station zu haben, sollte man aber ein wenig Frustrationstoleranz mitbringen. Denn wie bereits geschrieben: Die Karten können den Stationsbetrieb oftmals gut durcheinander wirbeln. In jedem Fall lohnt sich ein Blickauf Nathan Hansens BGG-Verlagsseite. Mittlerweile hat er nämlich schon einige PNP-Spiele herausgebracht und mit Trade Port of Sol sowie Draftcar noch zwei weitere Spiele finanziert und in Box herausgebracht.
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Niimura Station
Autor: Nathan Hansen
Erschienen bei Nathan Hansen Games
Für 1 Spieler*innen ab 13 Jahren.
Spieldauer etwa 60 Minuten
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Hier Nathan Hansen Games)
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