Wer hätte gedacht, dass die Tiny-Epic-Reihe einmal eine so große Vielfalt an Titeln zu bieten haben würde? Ich erinnere mich noch genau, wie ich vor einigen Jahren vorm TV saß und mir Bill Wheatons Tabletop Show auf Youtube reinzog. Damals waren Bill und die Spiele, die er in seinen Spielerunden öffentlich präsentierte, eine der Hauptquellen meines neu entfachten Interesses an diesem so unglaublich tollen Hobby, dem wir alle mit Begeisterung und Leidenschaft verfallen sind. In einer Episode spielte Bill mit dem Computerspielentwickler Tim Schafer, dem Schriftsteller Andy Weir sowie der Schauspielerin und Neurowissenschaftlerin Mayim Bialik (bzw. Amy aus der Big Bang Theory) das allererste Original der Gamelyn-Erfolgsreihe, nämlich Tiny Epic Galaxies.
Es sollte jedoch noch Jahre dauern, ehe es schließlich auch Einzug in meine Sammlung finden würde. Doch der damalige Kauf hat sich gelohnt, denn Tiny Epic Galaxies ist tatsächlich tiny, aber zugleich auch ziemlich spaßig. Und nun, noch ein paar Jahre später, bekam ich meine Finger ganz zufällig an die erste und bisher einzige Erweiterung des ersten Tiny-Epic-Titels meiner Sammlung. Diese Erweiterung führt uns in die Gebiete Beyond the Black und fügt dem Grundspiel zwei neue, zentrale Elemente hinzu: Piloten und die Erkundung unbekannter Gebiete des Weltalls.
Die Piloten kommen jedoch nicht allein, sondern bringen vier unterschiedliche und spezielle Raumschiffe mit, die man im Laufe der Partie mit den Standardraumschiffen des Grundspiels austauschen kann, um mit den einzelnen speziellen Raumschiffen die jeweiligen Effekte des darinsitzenden Piloten zu nutzen. Doch nicht jeder Pilot ist in der Lage, jeden der vier Raumschifftypen zu fliegen. Zum Glück zeigt jede Pilotenkarte neben dem Namen und dem Effekt auch sehr übersichtlich, welche Raumschiffe für diesen Piloten in Frage kommen. Und dann muss man wie immer in Tiny Epic Galaxies nur noch gut würfeln und sich dann einen der Piloten aus einer offenen Auslage aussuchen. Hierfür müssen je nach Raumschifftyp zwei gleiche Würfelsymbole ausgegeben werden (oder drei gleiche für ein beliebiges Raumschiff). Hat man also entsprechend gewürfelt und sich ein Raumschiff ausgesucht, wählt man nun sogleich einen passenden der ausliegenden Piloten, tauscht eines seiner regulären Raumschiffe 1:1 gegen das neue besondere Raumschiff aus und genießt bei Aktionen mit diesem Raumschiff ab sofort die Vorzüge, die der Piloteneffekt mit sich bringt. Manche Piloten lassen das Raumschiff auf den Colony Tracks schneller voranrücken, andere bringen Extraressourcen beim Landen auf einem Planeten, während wieder andere es erlauben, andere Mitspieler zu bestehlen. Und da es vier spezielle Raumschiffe gibt, kann man auch bis zu vier der eigenen Standardraumschiffe austauschen und entsprechend bis zu vier Piloten anheuern. Zudem bringt jeder Pilot einen Siegpunkt, der sofort auf dem ebenfalls in der Erweiterung vorhandenen Punktetracker vorgerückt werden kann.
Doch dieses Erweiterungselement allein erklärt noch nicht den Titel „Beyond the Black“. Dieser rührt vom zweiten Hauptelement der Erweiterung, der Erkundung unbekannter Teile des Weltraums. Denn anstatt mit einem Raumschiffsymbol mit einem meiner Schiffe auf einem Planten zu landen oder auf dessen Colony Track zu starten, darf ich nun alternativ auf der Suche nach neuen Planeten ins unerforschte Weltall fliegen. Und an dieser Stelle wird dem Spiel ein Push-Your-Luck-Element hinzugefügt, denn bei der Aktion Erkunden zieht man nun einen zufälligen unerforschten Planeten von einem runden Kartenstapel und entscheidet sogleich, ob man diesen erforschen möchte, um dessen Soforteffekt zu erhalten, oder ob man weiterziehen möchte, um einen anderen Planeten zu erforschen, wobei die aufgedeckten und nicht erforschten Planeten offen liegen bleiben, bis ein Spieler sie später erforscht. Dies kann man maximal so oft machen bis drei Planeten offen liegen, doch man darf sich dann nicht für einen dieser Planeten entscheiden, sondern man muss sich immer nur entscheiden, ob man den neu gezogenen nimmt oder weiterzieht. Die Soforteffekte der positiven Planeten beschränken sich jedoch auf den Erhalt von Ressourcen und Siegpunkten.
Und ja, ihr habt richtig kombiniert: wenn hier die Rede von Planeten mit positivem Effekt ist, muss es schlussfolgernd wohl auch solche mit negativem Effekt geben. Wird ein solcher Planet aufgedeckt, muss man diesen nehmen und den negativen Effekt ausführen, der stets mit dem Verlust von Ressourcen zu tun hat oder das Raumschiff dazu zwingt einen kleinen Track auf diesem Planeten abzuschließen, ehe es wieder für andere Aktionen genutzt werden kann. Als kleine Entschädigung gibt es dafür jedoch jeweils eines von vier im Spiel vorhandenen „Exploration Badges“, während andere Planeten mit positivem Effekt immer nur ein, zwei oder drei verschiedene Badges zeigen. Zudem bringt auch jeder angeheuerte Pilot eine bestimmte Anzahl verschiedener Badges mit sich. Doch wofür sind diese Badges überhaupt gut, wenn man sie doch immerhin die ganze Partie über fleißig ansammelt? Am Spielende wird für jedes dieser Badges einzeln geschaut, welcher Spieler die meisten und welcher die zweitmeisten dieses Typs besitzt. Derjenige mit den meisten erhält zwei Siegpunkte und der mit den zweitmeisten einen Siegpunkt, sodass man über die Badges also insgesamt bis zu acht Siegpunkte ergattern kann.
Last but not least gibt es zusätzlich zu den zwei neuen Hauptelementen dieser Erweiterung noch ein paar neue geheime Missionskarten sowie ein paar neue Planeten, deren Effekte die Mechaniken dieser Erweiterung bedienen. Und das wär’s auch schon. Doch wie immer stellt sich bei Erweiterungen die Frage, ob man sie tatsächlich braucht, bzw. ob sie als Nice-to-have oder als Must-have einzustufen sind. Für Beyond the Black bin ich für mich persönlich zu dem Entschluss gekommen, es als nice-to-have einzustufen, und im Folgenden möchte ich euch kurz erläutern, wie ich zu diesem Schluss komme.
Dass das Grundspiel wirklich gut funktioniert und zumindest mir – aber auch vielen anderen Spielern soweit ich weiß – Spaß bringt, ist kein Geheimnis. Während andere Spiele also erst durch eine Erweiterung so richtig gut werden, hat Tiny Epic Galaxies das bereits ohne Erweiterung geschafft. Beyond the Black repariert also nichts am Grundspiel, sondern fügt diesem einfach weitere Elemente hinzu, von denen wir uns beide noch einmal kurz anschauen. Zum einen hätten wir da die Piloten, und ich muss schon sagen, dass es sich ziemlich gut anfühlt, die eigenen Standardraumschiffe gegen eines der neuen speziellen Raumschiffe auszutauschen. Ich sollte an dieser Stelle jedoch auch erwähnen, dass ich die Mechanik, eigene Worker, Spielfiguren, Helden, Raumschiffe etc. zu individualisieren, sodass nur diese auf eine bestimmte Art und Weise agieren können, immer schon ziemlich cool fand. Die Effekte auf den Piloten sind gut, aber auch nicht zu stark und bringen einfach ein weiteres spaßiges strategisches Element mit hinein. Hierfür gibt es von mir also einen ganz eindeutigen Daumen nach oben!
Doch irgendwie werde ich nicht so richtig warm mit dem zweiten Hauptelement der Erweiterung, dem Entdecken neuer Planeten im unerforschten Weltraum. Eigentlich mag ich Push-Your-Luck-Elemente, wie wir sie in Spielen wie Port Royal, Quacksalber oder dem neulich ausgezeichneten Kennerspiel des Jahres namens Living Forest vorfinden. Doch der wesentliche Unterschied zwischen diesen drei Titeln und Beyond the Black ist, dass man in letzterem nicht wirklich fürs Luck-pushen belohnt wird. Denn während man in Port Royal beim Aufdecken des vierten verschiedenfarbigen Schiffs einen Extrakauf erhält, bei Quacksalber weiter im Kessel voranrückt und teurere Zutaten kaufen kann, und bei Living Forest ebenfalls mehr Symbole für stärkere Aktionen erhält, so erhalte ich bei Beyond the Black am Ende so oder so nur die Belohnung eines einzigen Planeten und darf mir diese aus den bereits aufgedeckten nicht einmal aussuchen, da man immer nur den gerade aufgedeckten Planeten wählen darf, außer man entscheidet sich dazu, einen neuen aufzudecken, wodurch jedoch der zuvor aufgedeckte in diesem Zug nicht mehr zur Verfügung steht. Und hinzu kommt die ständige Gefahr, einen Planeten mit Negativeffekt aufzudecken, den man dann sowieso nehmen muss, während sich die Mitspieler über die nun offen ausliegende und erweiterte Auswahl an zu erkundenden Planeten in ihrem Spielzug freuen. Wofür sollte ich also überhaupt irgendwas riskieren? Vielleicht für einen anderen Exploration Badge? Oder eine andere Ressource? Dieser Anreiz hat in unseren Partien nicht ausgereicht, sodass im Grunde nahezu immer der erste aufgedeckte Planet genommen wurde, entweder zwangsweise dadurch, dass er einen negativen Effekt mit sich brachte, oder weil man mit dem ersten aufgedeckten positiven Planeten bereits zufrieden war.
Was ich wiederum schön finde ist, dass man für den Erhalt eines negativen Effekts beim Erkunden des Weltalls, zumindest ein klein wenig durch die vier unterschiedlichen Badges auf dem Planeten entschädigt wird, wobei die ein, zwei zusätzlichen Badges nur selten den Ausschlag über Sieg und Niederlage geben. Dennoch würde ich persönlich als Spielegruppe zumindest darüber nachdenken, durch eine Hausregel den Anreiz des Zockens beim Erkunden ein wenig zu erhöhen, z.B. indem man nach dem Aufdecken zumindest die Auswahl zwischen allen offen ausliegenden Planeten hat, oder vielleicht beim Aufdecken des dritten offen ausliegenden Planeten eine Extraressource erhält, oder was auch immer.
Aus dem Gesagten lässt sich sicherlich bereits erkennen, dass ich dieser Erweiterung mit gemischten Gefühlen gegenüberstehe. Ich liebe die Möglichkeit, meine Schiffe mit Piloten zu individualisieren. Und auch der „Kampf“ um die Exploration Badges bringt ein weiteres Spannungsmoment ins Spiel, da am Ende neben den Punkten durch Missionskarten noch weitere Siegpunkte verteilt werden, die den Ausgang des Matches vielleicht nochmals entscheidend beeinflussen. Insgesamt bringt Beyond the Black noch mehr strategische Möglichkeiten mit sich und wertet das Spiel insgesamt doch nochmals auf. Doch ich bleibe bei meiner Meinung bezüglich der Erkundungsaktion, für die ich mir noch eine finale Hausregel einfallen lassen muss. Habe ich diese passende Hausregel gefunden, würde ich die Erweiterung auch gerne als Must-Have bezeichnen, doch so bleibe ich bei meiner Einschätzung einer Nice-to-have-Erweiterung, auch wenn ich Tiny Epic Galaxies aufgrund der oben erwähnten Bereicherungen wohl so oder so immer wieder mit Piloten und Weltraumerkundungen spielen werde. Ich wünsche jedenfalls wie immer viel Spaß beim Anheuern von Piloten und viel Glück beim Erkunden des Weltraums!
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Tiny Epic Galaxies: Beyond the Black von Scott Almes
Erschienen bei Gamelyn Games
Für 1 bis 5 Spieler in ca. 30-45 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Gamelyn Games)