Imperium: Legenden ist Teil einer Reihe von eigenständigen Kartenspielen, welche sich jedoch auch kombinieren lassen. 2021 erschien bereits Imperium: Classics, 2022 ist nun Imperium: Legenden erschienen und für 2023 ist bereits Imperium: Horizons angekündigt. Die Autoren Nigel Buckel und Dávid Turczi sprühen also vor Ideen. Das Grundprinzip der drei Spiele ist gleich und sie lassen sich sehr einfach kombiniert spielen. Ein wirkliches neues Modul (Handel) wird erst mit Horizons eingeführt werden. Doch auch mit den Packungsinhalt der ersten beiden Standalone-Boxen sollten versierter Vielspieler*innen äußerst viel Beschäftigung finden. Über Dávid Turczi kann man auf seiner BGG-Seite lesen, dass er berühmt für seine komplexen Euro-Spiele und Solovarianten ist. Das trifft auch hier sehr gut. Die Spiele der Imperium-Serie sind äußerst komplexe Kartenspiele, welche sich imho nur für Expertenspieler eignen. Zum Vergleich: Mit aktuell 3,66 ist das Complexity Weight Rating auf BGG noch ein ganzes Stück höher als bei Android Netrunner, Keyforge oder dem alten GoT-Kartenspiel – allesamt Schwergewichte im Kartenspielbereich.
Doch was machen wir eigentlich bei Imperium: Legenden? Wir spielen den Aufstieg oder Fall einer Zivilisation nach. Dabei erobern wir Gebiete, forschen, treiben den kulturellen Fortschritt unserer Zivilisation voran und greifen andere Zivilisationen an. Enthalten in der Box sind acht Völkerdecks, jede Menge allgemeine Karten, viele Plättchen, ein Würfel und eine dreiteilige Pappleiste an der wir die Kartenauslage ausrichten. Die allgemeinen Karten sind bei jeder Partie dabei. Abhängig von der Spielerzahl werden nur einige Ruhmeskarten aus dem Spiel genommen. Die große Variabilität von Imperium: Legenden ergibt sich daraus, dass man jede Partie ein anderes Volk spielen kann und sich die verschiedenen Völker deutlich voneinander unterscheiden sowie Spezialregeln und eigene Kartendecks haben. Jedes Volk ist also komplett anders zu spielen und kommt auch oftmals auf abweichenden Wegen zu Siegpunkten. Ebenjene sind auch bei Imperium-Legenden unser vorrangiges Spielziel. Man sammelt sie auf den diversesten Wegen und das Zählen der Punkte am Spielende ist fast noch einmal ein Metaspiel. Es gibt insgesamt sechs Möglichkeiten, welche ein reguläres Spielende auslösen und dann zur Siegpunktzählung führen. Die Alternative wäre der Zusammenbruch. Dies passiert, wenn der Stapel der Aufstandskarten aufgebraucht ist. Dann gewinnt, wer die wenigsten von diesen Karten hat.
Die Völkerdecks selber bestehen aus verschiedenen Kategorien. Bei manchen Völkern weicht es etwas ab aber im Allgemeinen hat man Startkarten, welche den initialen Zugstapel bilden, einen Volksstapel, einen Entwicklungsstapel, eine Machtkarte, eine Aufstiegskarte und eine Statuskarte. Mit diesen Karten macht man vor sich den persönlichen Spielaufbau. Anfangs stehen einem nur die Karten des Zugstapels zur Verfügung. Im Laufe der Partie gewinnt man dann auch alle Karten des Volksstapels und einige Entwicklungskarten sowie die Aufstiegskarte hinzu. Am Zug spielt man in der Regel Karten, wirft Karten ab und zieht wieder auf 5 Karten auf. Dafür hat man 3 Aktionsmarker um Karten zu spielen sowie meist 5 Erschöpfungsplättchen um dauerhafte Karten mit Erschöpfungsfähigkeit zu aktivieren. Entscheidet man sich für diese Möglichkeit, so führt man einen Aktivierungszug durch. Das Gros aller Züge bei Imperium: Legenden sind Aktivierungszüge. Die beiden Alternativen dazu wären Innovation und Frieden. Mit Innovation erwirbt man eine weitere Karte aus der Auslage. Mit Frieden wird man Aufstandskarten los. Diese können zu einem Zusammenbruch führen, verstopfen das Deck und sind obendrein am Spielende noch negative Siegpunkte wert.
In besagten Aktivierungszügen führt man in der Regel verschiedenste Kartenaktionen durch. Man schiebt Karten unter, erwirbt Karten aus der allgemeinen Auslage, produziert mit Hilfe von Karten Ressourcen (Bevölkerung und Waren), greift Mitspieler*innen an, schickt Karten aus der Auslage ins Exil, versucht die Karten im Deck rotieren zu lassen... Die Möglichkeiten sind zu zahlreich um sie hier abschließend zu benennen. Gerade aber möglichst gut die eigenen Karten durchlaufen zu lassen ist oftmals eine sehr erstrebenswerte Option. Nur so kommt man an die Karten des Volks- und des Entwicklungsstapels. Wenn man nachziehen müsste und der Nachziehstapel leer ist, dann bekommt man zumeist eine neue Karte aus jenen Stapeln. Dabei wird als erstes der Volksstapel leergemacht, danach erhält man die unter den Volkstapel liegende Aufstiegskarte und letztendlich darf man dann Entwicklungskarten kaufen.
Wie bei den meisten Deckbuildern geht es aber auch bei Imperium: Legenden um Synergien und Effizienz im eigenen Deck. Dementsprechend will man nicht so gute oder passende Karten auch wieder loswerden. Die gelingt indem man sie unter Gebietskarten unterschiebt oder in die eigene Geschichte (unter die Machtkarte) verbannt. Gerade bei vielen Karten des ursprünglichen Zugstapels ist man interessiert sie irgendwann aus dem Durchlauf rauszunehmen. Die Entwicklung der Völker unterteilt sich nämlich in 2 Phasen: Barbarentum und Imperium. Mit Erlangen der Aufstiegskarte wechselt man ins Imperium und dreht die eigene Statuskarte um. Dies bewirkt dann auch, dass man Karten mit Barbarensymbol nicht mehr ausspielen kann und sie einem das Deck verstopfen. Umgekehrt lassen sich Imperiumskarten, welche man im Laufe des Spieles erwirbt erst ausspielen, wenn man ins Imperium gewechselt ist.
Neben den Karten aus Volk und Entwicklungsstapel wird man im Laufe des Spieles auch viele Karten aus der allgemeinen Auslage erwerben. Dies läuft über die Aktionsmöglichkeit Innovation oder über Karteneffekte. Es gibt dabei vier Spalten in der Auslage aus denen man Karten erwerben kann. Es gibt drei kleinere sortenreine Stapel für je Zivilisiert-, Unzivilisiert- und Gebietskarten sowie einen Hauptstapel in dem sich die restlichen Karten dieser Kartentypen plus Gefolgekarten befinden. Unterhalb der Stapel liegen jeweils Karten offen zur Auswahl aus. Man kann aber auch blind von den Nachziehstapeln erforschen. Eine wichtige Unterscheidung ist noch beim Erlangen von Karten zu beachten. Das Erwerben von Karten durch Ressourcen geht oft damit einher, dass man zusätzlich noch eine Aufstandskarte aufnehmen muss, welche dann das Deck verstopft. Hingegen kommt man beim Erforschen von Karten um diesen Malus herum.
Gespielt wird bei Imperium: Legenden immer im Uhrzeigersinn. Der Spielende entscheidet sich für eine der drei Aktionsmöglichkeiten, führt diese durch und dann kommt die nächste Person an die Reihe. Unterbrochen wird dies nur am Rundenende durch Sonnenwendeeffekte, welche die Spielenden zeitgleich durchführen. Manche permanenten Karten bringen diese Effekte mit sich. Oftmals sind dies Effekte welche einen bspw. Karten für Ressourcen abwerfen lassen. Wie bereits geschrieben ist die allermeist gewählte Aktion des Spiels die Aktivierung. Da die Person am Zug dann bis zu drei Aktionen durchführen und fünf permanente Karten erschöpfen kann, dauert der einzelne Spieler*innenzug nicht selten recht lange. Weiterhin kann es auch noch sein, dass zu den standardmäßigen Aktionen noch weitere Gratisaktionen durch Karten dazu kommen. Auch in der Sonnenwendenphase kann es dazu kommen, dass manch eine Mitspieler*in noch einmal 5-6 Karten abhandeln muss. Für die restlichen Personen am Tisch bedeutet dies folglich jede Menge Downtime. Meine Tendenz wäre dementsprechend das Spiel nicht mit mehr Personen als zu zweit zu spielen. Spielbar laut Regel wäre das Spiel zu Viert. Es gibt dafür auch leichte Anpassungen bei den Kartenstapeln, den Ruhmeskarten im Spiel sowie den Aufstandskarten. Bei höheren Spieleranzahlen verschieben sich auch ein wenig die Wahrscheinlichkeiten wie das Spielende getriggert wird. Es ist aber so, dass mit der Spieleranzahl die Spielzeit bei Imperium: Legenden anwächst. Die Packung gibt 40 Minuten pro Spieler*In an. Ich persönlich würde eher in Richtung 60 Minuten pro mitspielender Person sagen. Für mich persönlich ist das ein wenig über der zeitlichen Schmerzgrenze. Eine Schwierigkeit beim Spiel in größerer Runde auch: Man wird mit Imperium: Legenden nur Freude haben, wenn alle in der Runde das Spiel beherrschen. Es ist kein Spiel bei dem man einem Neuling mal kurz die Regeln erklärt und er spielt dann mit. Imperium: Legenden ist ein Commitment. Durch die Unterschiedlichkeit der Völkerdecks ist Imperium: Legenden meiner Ansicht nach ein Spiel, welches man sich am besten langsam mit einer/einem Spielpartner*in über regelmäßiges Spiel erschließt: Erstmal spielen wir x Runden mit den beiden Völkern, lernen sie kennen und spielen. Dann, nach etlichen Partien wechselt man irgendwann einmal auf andere Völker. Die Decks der Völker sind einfach zu unterschiedlich, als dass man jede Partie auf Geradewohl einfach mal ein anderes nimmt. Vor allem empfiehlt es sich auch sehr nicht im Blindflug ein Volk zu spielen, sondern vor der Partie wirklich Zeit in das Durchschauen des Völkerdecks zu investieren. Ansonsten torkelt man 2-3 Stunden durch die erste Partie mit dem Volk, weiß nie so recht wo die Reise hingeht und ist auch im Nachgang nicht viel schlauer. Gleiches gilt auch für die Karten, welche einem in der allgemeinen Auslage erwarten können. Vor der ersten Partie lohnt es sich immens diese Karten mal in Ruhe in die Hand zu nehmen und zu schauen was einen da so erwartet.
Hat man dann aber erstmal diese Hürden überwunden, dann ist Imperiun: Legenden ein Spiel mit enormer Tiefe und unglaublicher Varianz. Mit den acht Völkern in der mittelgroßen Spielbox ist Spielspaß und Abwechslung für hunderte Stunden garantiert. Es ist aber eben kein Spiel, welches man alle paar Monate aus dem Regal zieht und dann sofort wieder drin ist. Es wirklich ein Spiel auf das man sich einlassen und in das man Zeit investieren muss um die Stärken schätzen zu können. Nochmal deutlich gesagt: Die Regeln von Imperium: Legenden sind keinesfalls kompliziert. Das Grundprinzip ist in wenigen Minuten erklärt und auf fünf luftig bedruckten Seiten der Anleitung gut dargestellt. Hürden ergeben sich eben aus der Kartenvielfalt und der Unterschiedlichkeit der Decks. Es ist eben nicht wie bei Dominion wo man mit 7 Kupfer und drei Anwesen startet. Hier sind es etwa 10 komplett unterschiedliche Karten und viele weitere kommen im Spielverlauf hinzu. Weiterhin geht es ja abseits des reinen Beherrschens der Regeln auch darum das Spiel gut zu spielen und zu möglichst vielen Siegpunkten zu kommen. Es gibt zwar auch Siegpunktmarker, das Gros der Siegpunkte erwirbt man aber über Karten. Eben diese haben aber zumeist Bedingungen um zu punkten. Hier gilt es dann gute Synergien zu schaffen. Letztendlich kommt man da nur hin, wenn man die Völker intensiv spielt und die Karten der allgemeinen Auslage auch kennt.
Hinsichtlich der Ausstattung gefällt mir der Gestaltungstil der Karten sehr gut. Das Spiel enthält 281 Karten. Die allermeisten davon sind unterschiedlich und aufwändig gestaltet. Ein wenig gespart wurde bei den Pappmarkern und der Marktleiste für die Auslage. Hier hätte ich klarer unterscheidbare Marke für die Wertigkeiten der Ressourcen sinnvoll gefunden, ebenso ein Tableau für die Kartenauslage. Auch Spielertableaus hätte ich sehr sinnvoll gefunden um Chaos in der eigenen Auslage zu vermeiden. Bei einem Spiel dieser Komplexität und Länge will man wirklich nicht durch ein blödes Missgeschick im Laufe der Partie mit Nachzieh- und Abwurfstapel durcheinanderkommen. Wie bereits geschrieben sind die grundsätzlichen Abläufe des Spiels recht einfach gehalten und auf wenigen Regelseiten dargestellt. Es gibt jedoch zu den eigentlichen Spielregeln noch ein sechsseitiges Stichwortverzeichnis. Auch dieses sollte man unbedingt vor der ersten Partie studieren. Einmal sind hier sinnigerweise völkerspezifische Begrifflichkeiten geklärt. Man findet hier aber auch Informationen, welche unabdingbar sind um Imperium: Legenden zu spielen. Dies finde ich nicht so gelungen. Meiner Ansicht nach wären solche Dinge in der eigentlichen Erläuterung der Spielregeln besser aufgehoben.
Wie bei Dávid Turczi-Spielen üblich, gibt es auch bei diesem Spiel einen gut ausgearbeiteten Solo-Modus. Dieser wird in einem eigenen Regelheft von 24 Seiten dargestellt. Man spielt dabei gegen einen Automa und kann zwischen fünf verschiedenen Schwierigkeitsgraden wählen. Die Mehrheit der BGG-User hält den Solo-Modus übrigens für die beste Spieler*innenanzahl bei Imperium: Legenden. Ein Spiel also prädestiniert für Solo-Spieler.*innen
Mit Imperium: Legenden erhalten Expertenspieler*innen, welche Freude an komplexen Deckbuildern haben ein Spiel mit enorm viel Spieltiefe und acht verschiedenen Völkerdecks, welche endlose Stunden an Spielspaß garantieren. Um alle Völker kennen und spielen zu lernen bedarf es viel Zeit und regelmäßiges Spielen von Imperium: Legenden. Freund*innen des Deckbuilding, welche Freude daran haben sich intensiv allein oder zu zweit mit einem Spiel zu beschäftigten werden mit Imperium: Legenden lange Freude haben und viel ausprobieren können. Und falls man es dann wirklich geschafft haben sollte alle Völker aus dem Effeff zu kennen, dann kann man ja immer noch die Anschaffung von Imperium: Classics in Erwägung ziehen oder zukünftig dann zu Imperium: Horizons greifen.
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Imperium: Legenden
Autor: Nigel Buckel und Dávid Turczi
Erschienen Giant Roc
Für 1-4 Spieler*innen ab 14 Jahren.
Spieldauer laut Packungsangabe 40 Minuten pro Spieler*in
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Sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Hier Giant Roc)
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