Du hast Monster auf dem Dachboden deines Großvaters gefunden. Hungrig sind diese auch noch. Freundlich aber verdammt hungrig. Was bleibt uns da übrig als sie zu füttern und zwar mit allem was wir haben. Schaukelpferde, Unterhosen, Zitronen, Feuerholz, Süßigkeiten, Fernbedienungen... Alles, wirklich alles, was wir Ihnen geben, werden sie essen. Hemmungslos sind sie da, diese Monster. Jedoch bekommt den Monstern nicht alles was sie verschlingen. Monster mit verstimmten Mägen wollen wir aber auch nicht. Insofern müssen wir darauf achten was sie zu essen bekommen. Genau dies ist unsere Aufgabe in Yummy Yummy Monster Tummy bzw. Ungeheuer Hungrig, wie der Titel auf Deutsch heißt.
Das bei Lucky Duck Games in verschieden Sprachen erschiene Spiel ist ein Spiel mit App-Unterstützung. Genauer gesagt ist es ein Spiel mit App-Bedarf. Ohne iOS oder Android-Endgerät mit der zum Spiel gehörenden App lässt es sich nämlich nicht spielen. Dieses muss beim Spielen auf der Spielfläche liegen und wird dazu genutzt uns die bereits erwähnten Monster anzuzeigen sowie über die Kamera Barcodes einzuscannen. Autor Andreas Wilde bedient sich dabei eines Prinzips, welches er bereits 2018 in seinem Spiel Soviet Kitchen anwandte. Heruntergebrochen wird es bei Ungeheuer Hungrig nun aber auf ein Kinderspiel für 2-4 Personen ab 6 Jahren. Die Aufgabe ist prinzipiell recht simpel: Das auf dem Smartphone oder Tablet angezeigte Monster mit Gegenständen füttern, welche möglichst gut der Farbe des Monsters entsprechen. Nur solche Gegenstände vertragen Monster nämlich. Die Handicaps dabei: Die Gegenstände auf unserer Kartenhand haben wir willkürlich bekommen und weiterhin ist die Kommunikation unter den Spielenden eingeschränkt. Zu Spielbeginn ziehen wir alle jeweils 7 Krempelkarten auf die Hand. Diese dürfen wir den anderen Mitspielenden nicht zeigen. Über die Karten zu reden ist jedoch erlaubt. Die Farbe selbst dürfen wir benennen, wobei es Farben in einigen Abstufungen gibt. Nur Zeigen darf man sich die Karten leider nicht. Bei jedem Monster, welches nun auf dem Display erscheint, ist es unsere Aufgabe Krempelkarten auszuspielen und beim Ausspielen den Barcode auf der Rückseite der Karte einzuscannen. Danach wird die Karte abgelegt. Dabei hat ein jeder von uns bei jedem Monster genau eine Karte auszuspielen. Wie es bei zufällig zugeteilten Kartenhänden aber nun mal so ist: Man bekommt halt oft irgendeinen Krempel. So passen unsere Krempelkarten dann immer wieder farblich nur sehr bedingt zur Farbe des Monsters. Unser Vorteil in diesem Fall: Das Monster ist zufrieden, wenn die Mischfarbe der ihm gefütterten Gegenstände seiner Farbe entspricht oder recht nahekommt. Bewertet wird dies mit 0-3 Sternen. Treffen wir gemeinsam perfekt die Farbe erhalten wir 3 Sterne. Umso mehr wir daneben liegen, umso weniger groß ist die Sternausbeute. Passt es farblich gar so schlecht, dass es dem Monster übel wird und wir keinen Stern erhalten, so ist das Spiel vorzeitig beendet. Bei 1-3 Sternen macht das Monster zufrieden einen Abgang und sogleich erscheint das nächste Ungeheuer. Vorher dürfen wir alle aber noch eine Handkarte nachziehen.
Eine Runde endet, wenn wir an einem Monster scheitern oder wenn wir einer bestimmten Anzahl Monster zufriedengestellt haben. Ein Gefäß oberhalb des Monsters zeigt an, wie weit wir schon vorangekommen sind. Mit jedem gefütterten Monster füllt es sich weiter. Zu sagen ist noch, dass sich das Spiel in vier Abschnitte gliedert, welche wiederum Unterkapitel enthalten. Gestartet wird auf dem Dachboden, wo wir ja auch die Monster gefunden haben. Folglich starten wir das Spiel mit einem Stapel Krempelkarten mit dem Dachbodensymbol. Mit jedem Unterkapitel werden die Regeln ein wenig erweitert. Haben wir alle Unterkapitel des Dachbodenlevels erfüllt, so geht es weiter in den Wald. Damit kommen dann weitere Karten mit einem Waldsymbol ins Spiel. Diese werden mit den Dachbodenkarten gemischt und fortan spielen wir somit mit einem erweiterten Kartendeck weiter. Nach Bewältigung des Waldes folgt dann der Schrottplatz und danach das Museum – jeweils verbunden mit neuen Karten, welche dem Deck hinzugefügt werden. Damit einher gehen auch immer subtile Änderungen der Spielregeln. So gibt es Monster, welche geräuschempfindlich sind. Bei diesen ist dann keine verbale Kommunikation erlaubt. Weiterhin haben einige unserer Krempelkarten Vitaminsymbole. Der Gegenstand auf einer solchen Krempelkarte wäre also gesund – zumindest für uns. Für Monster jedoch nicht. Denen verdreht es bei vitaminreichen Dingen den Magen. Haben wir bei einem Monster so eine Karte ausgespielt, so müssen wir darauf achten keine weitere Vitaminkarte zu spielen. Sonst ist es vorbei. Später im Spiel tauchen dann statt der Monster auch immer mal wieder Hasen auf. Die wiederum wollen Vitamine und sind bei Krempel wie Unterhosen schwer unglücklich. Wenn es farblich mal überhaupt nicht passt, dann sind Süßigkeiten auf den Krempelkarten die Rettung. Diese sind nämlich Joker und haben damit stets die für das Monster perfekte Farbe. So kommen nach und nach weitere Regeln und Karten ins Spiel und das Spiel wird peu à peu ein wenig anspruchsvoller.
Begeisterung löst bei den spielenden Kindern natürlich das Zusammenspiel von Karten und App aus. Es hat etwas Magisches, wenn man die Krempelkarte über das Smartphone oder Tablet hält und das Monster reagiert. Der Illustrator Jochem van Gool hat hier einen super Job gemacht. Die Krempelkarten als einziges mitgeliefertes Spielmaterial sind graphisch nicht so spektakulär. Die Animation der Monster in der App hingegen schon. Immer wieder aufs Neue kommt Freude auf, wenn die Monster aufstoßen und ebenso Spannung, wenn man merkt, dass es farblich knapp wird, der Sternbalken nur langsam anwächst und es vielleicht nicht zum Stern reicht.
Ein wenig frustrierend ist, dass man bei Ungeheuer Hungrig auch immer mal wieder scheitert und dann das Unterkapitel erneut spielen muss. Nicht immer liegt das am eigenen Unvermögen, sondern einfach am Kartenpech. Eine Glückskomponente ist nämlich schon deutlich gegeben. Da sich ein Unterkapitel jedoch in wenigen Minuten spielt ist dies aber nicht tragisch. Das Fortkommen in der Kampagne wird in der App gespeichert, sodass man das Spiel nicht an einem Stück durchspielen muss. Neben dem Kampagnenmodus gibt es auch noch einen Partymodus. In diesem kann man fernab der Story das Spiel auch so mit den bereits freigespielten Karten spielen. Dies ist ganz interessant um das Spiel auch mit anderen Menschen zu spielen, als denen mit denen man die Kampagne gestartet hat. Vom Anforderungsniveau her ist ein Quereinstieg auch jederzeit möglich. Das Gameplay ist sehr intuitiv und die Regeln leicht zu vermitteln. In der App weiterhin einstellen lassen sich Spieleranzahl, Schwierigkeitsgrad uns Sprache. Das Spielmaterial selbst ist weitgehend sprachfrei. Auf den Krempelkarten steht zwar immer drauf was es ist, spielen lässt sich das Spiel jedoch auch problemlos ohne Unterhose oder Underwear lesen zu können. Innerhalb der App wird aber eine Geschichte erzählt. Und so lässt sich als Sprache der App Deutsch, Englisch, Französisch und Polnisch einstellen. So lässt sich dann auch die englische Version des Spiels mit deutscher Sprache in der App ohne Einschränkungen spielen.
Gigantisch an Ungeheuer Hungrig finde ich, dass es mit Hilfe der App die Spiel-Aufgabe des Farbmischens ermöglicht, welche bei einem rein analogen Kartenspiel wahrscheinlich nicht praktikabel umsetzbar wäre. Es würde ja überhaupt kein Spielfluss aufkommen, wenn man sich nach Ausspielen der Karten erst jedes Mal einigen müsste, ob das Mischverhältnis nun passt. Diese Aufgabe übernimmt bei Ungeheuer Hungrig ganz elegant die App. Die Anforderung gemeinsam die Monsterfarbe ausreichend gut hinzubekommen ist in meinen Augen auch eine wirklich gelungene Herausforderung für Kinder im Grundschulalter. Zum einen schult es natürlich das Wissen ums Mischen von Farben. Weiterhin ist der kommunikative Aspekt bei Ungeheuer Hungrig aber auch nicht zu unterschätzen. Das Spiel ist eine kooperative Herausforderung par excellence. Ohne gute Absprachen sind die Spielenden bei Ungeheuer Hungrig chancenlos. Die hervorragend programmierte App hat dazu auch noch einen großen Aufforderungscharakter, welcher sicherlich so manches Kind zum Mitmachen animiert, welches bei einem normalen Kartenspiel abwinken würde. Ein mit mir befreundeter Spielwarenhändler sieht in Ungeheuer Hungrig einen ganz heißen Tipp für das Kinderspiel des Jahres. Da kann ich mich nur anschließen. Ich bin mir auch sehr sicher, das Spiel zumindest auf der Nominierungsliste landen wird.
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Ungeheuer Hungrig von Andreas Wilde
Erschienen bei Lucky Duck Games
Für 2 bis 4 Spieler*innen in 20 Minuten ab 6 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Hier Lucky Duck Games)