Spielidee
Mittlerweile gibt es doch schon einige echt epische Dungeon Crawler, sei es ein Descent, ein Gloomhaven, oder welcher Dungeon es auch sein mag, den du mit deinem Helden am liebsten durchquerst. Abschreckend ist für mich hierbei jedoch immer der Aufbau; denn ohne eigenes Spielezimmer mit eigenem Spieletisch, auf dem das Spiel aufgebaut stehen bleiben kann, ist es schon recht aufwändig, sich für nur eine Partie den Dungeon sowie alles drum herum zusammenzubauen.
Dungeon Drop ist zwar meilenweit davon entfernt „episch“ genannt zu werden, doch dafür wird hier der Dungeon wie es der Titel schon verrät einfach auf den Tisch gedropped und ist somit innerhalb eines Augenblicks fertig „aufgebaut“. Dieser Dungeon besteht aus verschiedenfarbigen Cubes, die sich durch das Droppen zufällig auf dem Tisch verteilen. Im Anschluss geht es nun darum, nacheinander verschiedene Räume des Dungeons zu betreten und alle darin vorkommenden Steinchen, also Monster, Schatztruhen, Edelsteine, Schlüssel etc. einzuheimsen. Ein Raum besteht immer aus drei der vielen vorkommenden grauen Säulensteine, und Karten mit verschiedenen Siegpunktbedingungen geben den einzelnen Spielern an, wie sie am besten punkten. Derjenige, der am erfolgreichsten plündert und somit die meisten Siegpunkte zusammenträgt, gewinnt.
Material
Die ziemlich quadratische lila Box beinhaltet eine Menge kleiner Würfelchen in unterschiedlichen Farben und zwei verschiedenen Größen (insg. 87 Cubes). An sich lassen sich die Farben der Würfel (für nicht Farbenblinde) relativ gut auseinanderhalten, doch bei der Vielzahl an zusammengewürfelten und auf dem Tisch chaotisch verteilten Steinchen verliert man dann doch schnell mal den Überblick. Abgesehen davon gibt es an den Würfelchen jedoch nichts auszusetzen und der gedroppte Dungeon sorgt irgendwie schon für eine gewisse Tischpräsenz.
Darüber hinaus gibt es vier sich nur farblich unterscheidende Heldenmeeple aus Holz sowie 15 Rassen-, 10 Klassen- und 10 Questkarten, die materialtechnisch nicht sonderlich auffallen. Insgesamt sind die Karten jedoch ganz nett illustriert, werden die Ästheten von euch aber sicher nicht vom Hocker reißen. Schließlich komplettieren noch ein paar Solotoken und Cubes das Spielmaterial von Dungeon Drop.
Ablauf
Nachdem jeder einen Heldenmeeple sowie eine Rassen-, Klassen- und Questkarte erhalten hat, wird auch schon der Dungeon mit allen kleinen Cubes sowie dem fetten roten Drachencube gedropped. Anschließend kommen die Helden nacheinander an die Reihe und begeben sich in den Dungeon.
Zu Beginn eines Zuges zieht der aktive Spieler je nach Spielerzahl eine fest vorgegebene Anzahl der größeren Cubes aus der Spielebox und dropped auch diese auf eine beliebige Stelle im bereits vorhandenen Dungeon. Diese Phase wird „Explore“ genannt. Danach darf der Held entweder den Effekt seiner Rassen- oder seine Klassenkarte aktivieren. Die Effekte sind recht unterschiedlich, wobei die meisten die Möglichkeit geben, entweder bestimmte Cubes zu re-droppen, zu flicken, als andere Cubesorten zählen zu lassen, oder mit Cubes aus der Box auszutauschen. Nach der Aktivierung des gewählten Effekts kommt nun die „Loot“-Phase, in der nun endlich Steinchen eingesammelt werden. Hierfür wählt der aktive Spieler drei der auf dem Tisch verteilten grauen Säulencubes, um aus diesen einen Raum zu bilden. Alle Cubes, die sich innerhalb dieses Raums befinden, werden eingesammelt, wobei ein regelkonformer Raum nie einen Säulenwürfel enthalten darf.
Eingesammelt werden einerseits Goldcubes, die immer jeweils einen Siegpunkt bringen. Andererseits werden drei verschiedene Sorten Edelsteine gelootet, wobei die persönliche Questkarte bestimmt, wie viele Punkte die einzelnen Edelsteinsorten bringen. Doch neben den ganzen funkelnden Versuchungen machen es einem Goblins, Trolle und ein Drache schwer, an die begehrten Schätze zu kommen. Denn für jeden eingesammelten Goblin verliert man ein Herz, für jeden Troll zwei und für den Drachen erschreckende acht Herzen. Da die maximale Anzahl an Herzen eines Helden sechs beträgt, muss man bevor man den Drachen einsammeln kann, zuvor einen der zwei magischen Schilde eingesammelt haben, die den Schaden eines beliebigen Monsters annullieren. Schon recht aufwändig, doch dafür bringt der Drache auch acht Punkte und jeder Troll zwei. Sterben kann man im Übrigen nicht, und ein Raum, der den Helden umbringen würde, kann nicht betreten werden. Schließlich gibt es noch Heiltränke sowie Schatzkisten und Schlüssel. Jede Schatzkiste, die man mit einem Schlüssel öffnen kann, wird gewürfelt und bringt je nach Würfelwurf 1-6 Punkte.
Nachdem alle Helden an der Reihe waren, wird je nach Anzahl der eigenen Schätze die Spielerreihenfolge für die folgende Runde bestimmt. Und nach drei Runden findet die Endwertung statt, in der besiegte Monster, Gold, geöffnete Schatzkisten sowie die Edelsteine je nach Quest Siegpunkte bringen. Derjenige mit den meisten, gewinnt.
Fazit
Die erste Reaktion meines Arbeitskollegen nach der ersten Partie und meiner Frage, was er zum Spiel meint, war in etwa: „Ein dämliches Spiel!“ Doch seinem Grinsen konnte ich entnehmen, dass das gar nicht so kritisch gemeint war, wie es der Wortlaut vermuten lässt. Doch Recht hat er, denn es ist irgendwie schon ein dämliches, aber eben auch ein lustiges und ebenso amüsantes Spielchen. Und das Ganze beginnt damit, dass man die Cubes auf den Tisch droppen lässt und hoffentlich nicht zu hoch angesetzt hat, denn ansonsten könnt ihr die nächsten Minuten gemeinsam unterm Tisch auf Würfelsuche gehen. Ergo sollte der Tisch genügend Platz für wild umherfliegende Steinchen bieten. Wurden diese jedoch erfolgreich auf dem Tisch verteilt, macht der chaotisch-bunte Mix an Cubes schon was her auf dem Tisch.
Abgesehen davon punktet Dungeon Drop damit, dass sich eine Partie recht flott runterspielen lässt und durch die verschiedenen Quests und Effekte trotz ihrer Ähnlichkeit und nicht ganz astreinen Balance der Wiederspielreiz erhöht wird. Allerdings sollte Interessierten klar sein, dass man schon eine sehr große Fantasie braucht, um in den herumliegenden bunten Steinchen einen mit Monstern und Schätzen gefüllten Dungeon zu erkennen. Am Ende des Tages ist Dungeon Drop halt ein abstraktes und puzzle-lastiges und ziemlich glücksabhängiges Spielchen mit aufgestülptem Thema. Das sind nicht zwangsläufig Schwächen, denn es gibt schließlich Spieler, die entweder genügend Fantasie mitbringen oder eben auf abstraktere Spiele mit hohem Glücksfaktor stehen. Und für diese ist Dungeon Drop mit Sicherheit einen Blick wert, sofern man hier kein spielerisches Meisterwerk erwartet, sondern halt einen dämlichen und doch lustigen „Dungeon“-Crawler.
Außerdem können Solospieler kurz die Ohren spitzen, denn der Solo-Modus ist hier echt gut gelungen und bringt einen interessanten Kniff mit. Denn im Solospiel kommen noch drei Säulenplättchen, einzusammelnde Relikte sowie eine Treppe (natürlich ebenfalls in Würfelform) hinzu. Anders als im Mehrspielerspiel wird der eigene Held mit in den Dungeon gedropped und startet somit in einem Raum, von dem aus er nach dem Einsammeln der Schätze etc. in den nächsten voranschreiten muss, indem er eines der drei zuvor platzierten Säulenplättchen mit einem der anderen ausliegenden Säulencubes vertauscht und somit halt einen neuen Raum bildet. Und so wandert der Held von Raum zu Raum, bis er irgendwann die Treppe einsammelt und somit in die nächste Ebene des Dungeons hinabsteigt. Hierfür muss er jedoch eine gewisse Anzahl an Punkten erreicht haben, und die geforderte Punktzahl hängt von der Anzahl der eingesammelten Relikte sowie dem Leben des Helden ab. Hat man genügend Punkte erreicht entscheidet man, ob man tatsächlich die nächste Ebene betritt, wo man wieder auf Schatz- und Reliktjagd geht, oder ob man lieber aufhört, da das Ganze durch die Anzahl der nachzuziehenden Cubes zeitlich begrenzt ist und man verliert, falls keine Cubes mehr zum Nachziehen vorhanden sind. Der finale Erfolg wird an der Anzahl eingesammelter Relikte insgesamt gemessen, doch mit jedem eingesammelten Relikt steigt die Zielpunktzahl der nächsten Dungeon-Ebene. Spannende Idee, die ein interessantes Push-Your-Luck-Element mit in das Spiel bringt.
Weniger interessant finde ich persönlich jedoch die alternative Extraregel im Mehrspielermodus, dass die Spieler, die nicht an der Reihe sind, nach dem Würfeldroppen des aktiven Spielers ihre Helden in einem beliebigen Raum des Dungeons in der Hoffnung platzieren dürfen, dass eben jener Spieler diesen Raum aussucht. Denn wird der eigene Held vom aktiven Spieler „eingesammelt“, bekommt man dafür einen Siegpunkt. Doch in Wahrheit ist in der Regel eh klar, welcher Raum der lukrativste ist, wodurch das Ganze irgendwie den intendierten Reiz verliert, zumal unentschlossene Helden die Downtime unnötig erhöhen.
Ist Dungeon Drop also ein Muss für jeden Dungeon-, Puzzle- oder abstrakten Spielefan? Nein. Doch wer auf „dämliche“, lustige Spielchen steht, den bunt-chaotischen Stil mag und nichts gegen einen doch recht hohen Glücksfaktor hat, der sollte eventuell man einen Blick auf Dungeon Drop werfen. Ich gehöre zwar nicht zwingend zu dieser Zielgruppe, aber aufgrund des Solomodus werde ich das Spiel vorerst in der Sammlung lassen und hin und wieder auch mal nen Dungeon droppen.
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Dungeon Drop von Scott R. Smith
Erschienen bei Phase Shift Games
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 20 Minuten ab 8 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Phase Shift Games)