Unsere geneigneten Lesenden werden es wissen: Partygames haben es sehr schwer bei mir, wenn es nicht grade ein Quiz wie bspw. das Kneipenquiz oder Quiz Club ist oder der Kopf nicht zumindest anderweitig angestrengt werden muss, wie bei Codenames. Irgendwie kann ich mit vielen dieser Spiele nicht so viel anfangen. Dementsprechend hat mich auch Swipe – Who will you choose? dann schon beim ersten Blick abgeschreckt. Mein erster Gedanke war „Tinder, das Spiel“ - braucht man das? Und um es direkt vorweg zu nehmen: Ich persönlich brauche es nicht….ich könnte mir aber vorstellen, dass Spielende mit Hang zu ulkig-frivolen Partygames ihren Spaß dran haben könnten.
Von den Komponenten her kann man dem Spiel nichts vorwerfen. Die Karten sind in guter Standardqualität, die Box hat ein durchdachtes und gut organisiertes Inlay und die Regeln sind für ein Partyspiel überschaubar:
Alle Mitspielenden bekommen 5 „Qualitätskarten“ und eine Zielkarte. Nun werden zwei der Personenkarten mitsamt einer Aktionskarte in die Box gesteckte und das Ganze jemandem vor die Nase gestellt. Die Person am Zug muss nun entscheiden, mit welcher der beiden Personen sie am ehesten die genannte „Aktion“ durchführen möchte. Es gibt 9 Aktionen, von denen sich im Kern vier auf eine Beziehung, 2 auf Verletzungen und 3 auf Sex beziehen. Alle nicht-aktiven Spielenden haben eine Zielkarte, die besagt, welche Person die aktive Person wählen muss, damit man selbst einen Punkt bekommt. Und damit das Ganze kein 50/50-Glückspiel ist, kann man reihum die Qualitätskarten auf die beiden Personen legen. Davon darf jeder zwei legen und dort stehen dann bestimmte Eigenarten, Gepflogenheiten und ähnliches.
Diese werden nun also der jeweiligen Person zugeschrieben, während die aktive Person die Augen schließt. Unter diesen Karten verstecken sich durchaus viele Einfälle, die von einer „sexy Stimme“ über eine „Helikoptermutter“ hin zu „Level 80 Dark Elf“ oder „Oralsexmeister“ reichen. Man versorgt also die eigene Zielkarte mit positiven und die „falsche“ Person mit schlechten Eigenschaften. Und am Ende hofft man, dass die „eigene“ Person genommen wird, damit man einen Punkt erhält. Und natürlich müssen die Qualitätskarten gerecht verteilt werden, d.h. am Ende einer Runde muss bei jeder Person gleichviele Karten (+/- 1) liegen. Und letztlich läuft es somit logischerweise trotzdem auf ein 50/50-Glücksentscheidung hinaus. Das Ganze geht reihum bis alle zweimal aktiv waren und es gewinnt, wer die meisten Punkte hat.
Soweit die Regeln des Spiels. In unseren Runden war der Spielspaß ehrlich gesagt nicht vorhanden. Aber – wie gesagt – wir sind auch nicht die richtige Zielgruppe. In einer feucht-fröhlichen Runde pubertierender Teenager mag das Spiel sicherlich sehr gut ankommen. Auch als Gag für eine Geburtstags- oder ähnliche Party, bei der man einfach mal was „schnell zwischendrin“ spielen möchte, vielleicht auch – wobei Party wirklich wörtlich gemeint ist. Für alles andere fehlt es irgendwie dann aber doch an Tiefe. Oder anders: Ich vermisse ein wenig das eigentliche Spiel. Denn letztlich ist es völlig egal, wer welche Karte wo anlegt, am Ende hätte man auch würfeln können. Aber sei’s drum. Wer drauf steht, seine gegenüber vor teil alberne, teils aber auch verschämende Entscheidungen zu stellen, mag hier für die 20 Minuten Spielzeit durchaus Spaß haben. Mehr will Swipe – so denke ich – auch nicht erreichen. Oder anders: Wer „Wer bin ich?“ nicht mehr spielen mag und eine Alternative sucht, kann gern zu Swipe greifen. Wer mehr erwartet….lieber nicht.
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Swipe von Max Vereshchagin
Erschienen bei Cosmodome Games
Für 3 bis 8 Spieler in ca. 20 Minuten ab 18 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Cosmodrome Games)