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27.04.2022

Wonder Book


Oniria ist in Gefahr und ihr wurdet auserkoren, die Welt zu retten. Und zwar in einem Story-getriebenen Dungeoncrawler, der ohne echten Dungeon in einem Buch stattfindet. Nein, nicht wie in den Pranken des Löwen, sondern in 3D, in einem großen Baum und drum herum. Und am besten nehmt ihr ein paar Kids mit auf die Reise, denn an diese richtet sich das Spiel in erster Linie. Es braucht aber trotzdem Erwachsene, um die Regeln zu erklären und die Kleinen hin und wieder auf den richtigen Weg zu lenken…oder um schlicht die Texte vorzulesen, die sich auf den Karten befinden. Denn die Story ist in 6 Kapitel eingeteilt und jedes Kapitel besteht aus einem eigenen Kartendeck.

Der Aufbau geht dank des Buches und des super-durchdachten Inlays (samt zweier Geekboxen) ruckzuck und das Abenteuer kann beginnen: Zuerst werden Karten gelesen um die Story zu erzählen, die Charakterkarten zu erhalten, es wird einem gesagt, wo man sich hinstellt und wo die Bösen Wyrms erscheinen oder was genau man alles mit dem Buch anstellen soll und irgendwann gelangt man dann an eine Aufgabe, die man erfüllen muss. Dann beginnt das eigentliche Spiel in klassischer Dungeon-Crawler-Manier. Sprich: Laufen, Suchen, Kämpfen, Fähigkeiten nutzen. Das ist altbekannt und auf seichtem Niveau gehalten, damit auch die Kids mitkommen. So werden bspw. Orte, die man erkunden kann, mit entsprechenden Karten markiert. Erkundet man einen Ort, wird die Karte vorgelesen und manchmal gibt es dann Belohnungen, Sonderregeln oder weitere Aufgaben. Manchmal wartet hier aber auch nur ein weiterer Storyfetzen. Waren alle Helden einmal dran, sind die Wyrms an der Reihe und ziehen eine Karte von ihrem Deck. Dort steht drauf, ob neue Gegner erscheinen und wie viele Aktionen diese haben. Dabei können die Gegner hier nur laufen und hauen und verteidigen kann man sich auch nicht. 


Hat man eine Aufgabe erfüllt bekommt man bestimmte Belohnungen und ab und an auch mal Schlüsselwörter, die man sich zwingend aufschreiben muss. Später im Spiel wird von diesen Wörtern nämlich der Fortgang der Geschichte mitbeeinflusst. Oftmals muss man sich auch für einen Weg entscheiden und bekommt dann je nach Wahl unterschiedliche Belohnungen und Schlüsselwörter. Das bringt ordentlich Immersion – vor allem für die jüngeren Mitspielenden und auch einen gewissen Wiederspielwert, zumal das Spiel mehrere unterschiedliche Enden mit sich bringt. Doch nicht nur storybedingt werden der Gruppe Entscheidungen abverlangt, sondern auch spielerisch: Wer sammelt die wertvollen Funken ein, wer stellt sich dem Kampf, wer nutzt wann welche Fähigkeit. Hauptaktion ist oft allerdings der Kampf, in dem genretypisch gewürfelt wird, wobei die Kämpferei manchmal auch etwas überhandnimmt und leicht monoton wird. Denn besiegte Gegner kommen recht schnell wieder und es gibt nur einen Gegnertyp. Sei’s drum, ohne Gegner würde das Spiel nicht wirklich funktionieren, da man so nur die Story durchlaufen würde, ohne eine Herausforderung zu haben. Denn gehen unsere Helden K.O., ist das erstmal nicht dramatisch: sie erwachen in der nächsten Runde aus ihrem Schlaf und sind wieder frisch erholt. Doch wir verlieren eine Sanduhr. Von diesen hat man zu Spielbeginn 5 und kann maximal 10 haben. Landet man jedoch bei 0 Sanduhren, ist das Abenteuer verloren und das jeweilige Kapitel muss neu gestartet werden. 


Soweit die Regeln, die für ein Kinder- und Familienspiel zum Glück nicht trivial sind, sondern den sehr schön in die Welt der Dungeon Crawler einführen. Die ganzen Sonderregeln tuen hier ihr übriges und an dem System könnten sich meiner Meinung nach sogar die „großen“ Vertreter des Genres die eine oder andere Scheibe abschneiden. Weg aber von der Mechanik, hin zum Spielspaß. Macht es denn Spaß? Soviel sei gesagt: Unsere 7jährige konnte von Wonder Book nicht genug bekommen. Das hat aber sicherlich deutlich mehr mit der grandiosen Optik und den wirklich tollen Komponenten des Spiels sowie mit dem Gefühl, hier ein Abenteuer zu erleben, zu tun als mit der Story. Denn die Story ist eigentlich selbst für ein Kinderspiel ein wenig zu generisch und bringt dafür dann doch schlicht zu viel Text mit sich. Die nicht zu unterschätzende Menge an Text langweilte unseren 12jährigen derart schnell, dass er nach der Hälfte der ersten Partie ausgestiegen ist. Unsere 7jährige wollte dagegen am Ende von Kapitel 6 sofort komplett von vorne beginnen. Aber eben nicht, weil sie die anderen Story-Enden kennenlernen wollte, sondern weil ihr Wonder Book einfach ein gutes Spielgefühl beschert hat. 


Und bei mir? Ich finde, Wonder Book hat es geschafft, das mitunter durchaus regellastige Genre der Dungeon Crawler gut und vor allem optisch ansprechend in ein Familienspiel zu gießen. Und ich mag ja Dungeon Crawler. Wenn ich aber ehrlich bin, lag für mich die größte Freude am Spiel darin, zu sehen, wie viel Spaß meine Tochter bei dem Ganzen hatte. Ständig war sie neugierig, was sich hinter dem nächsten Pop-Up wohl verbirgt. Dauernd wollte sie lubschen und wurde für ihr warten dann in der Regel mit tollen Einfällen und auch neuen Spielmechaniken belohnt. Was hier in dieses kleine Pop-Up-Buch reingepackt wurde, ist schon wirklich toll! 


Aber - aus der Erwachsenensicht betrachtet - hat Wonder Book natürlich auch durchaus seine Schwächen. Da wäre die 0815-Fantasy-Story die mit teilweise zu langen Texten daher kommt, der Fakt, dass die Kämpferei immer präsent ist und die Viecher immer wieder respawnen, was sich ein wenig nach Sisyphusarbeit anfühlt, das Problem, dass oftmals auf einem Feld gar kein Platz für alle Figuren ist oder die mitunter unklaren Sonderregeln, bei denen keiner genau weiß, was da eigentlich konkret mit gemeint ist. Wie gesagt, aus der Erwachsenensicht. All diese Punkte waren unserer Kleinen aber völlig wurscht. Und insofern ist es für ein Kinderspiel dann doch ein Volltreffer. Und ich denke, auch viele Familien (ob Gelegenheits- oder Vielspieler) werden damit großen Spaß haben und auch wenn es eine Top 10 der besten Gateway-Spiele gäbe, würde ich überlegen, welchen Platz Wonder Book darin einnimmt. Die Altherrenrunde braucht das Spiel natürlich nicht, aber für diese ist es auch nicht gemacht, die ein oder anderen Vielspieler mit Hang zu seichter Fantasy und opulenter Optik dürften aber auch ihre Freude dran haben.

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Wonder Book von  Martino Chiacchiera und Michele Piccolini
Erschienen bei Abacus Spiele 
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 90 Minuten ab 10 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Abacus Spiele)