Heute möchten wir eine großen Lücke in unserem Rezensionskatalog schließen. Ein Spiel, welches schon für viel Aufsehen gesorgt hat und einem neuen Verlag gleich den nötigen Push gegeben hat, um uns auch weiterhin mit tollen Titeln zu versorgen. Heute möchte ich mit euch ein wenig über Glen More II Chronicles sprechen, aber nicht nur das: auch die Erweiterung “Highland Games” soll Thema sein.
Kurz zu den Fakten: der genannte Verlag ist Funtails, das Spiel ist eine Neuauflage eines Klassikers von Matthias Cramer, welches mit Hilfe von vielen geschätzten Kollegen Module spendiert bekommen hat, sowie eine wirklich tolle Optik. Illustriert von Hendrik Noack und Jason Coates. 2-4 Spieler können antreten, mit der Erweiterung kommt ein Solo-Modus hinzu. Man sollte ca. 12 Jahre sein und eine Partie dauert knapp 90-120 Minuten.
[THEMA & MECHANIK]
In Glen More II: Chronicles möchten wir als Clan-Führer unseren Clan zum größten und bedeutendsten Clan ausbauen. Wir fangen damit im Mittelalter an und verfolgen es bis ins 19. Jahrhundert. Mechanisch gesehen wird hier in wunderbarer Weise Plättchenlegen mit einem Rondell verbunden, man könnte sogar meinen das erste Glen More ist der Urvater hiervon.
Aber was ist eigentlich ein Rondellmechanismus? Ganz einfach: es liegen Landschafts-, Gebäude- und Personenplättchen in einem Kreis aus und wenn ich an der Reihe bin, kann ich meinen Meeple auf ein Plättchen meiner Wahl stellen und erhalte dieses dann, um es bei mir zu verbauen. Wichtig beim legen: ich muss Clan-Meeple auf einem benachbarten Feld stehen haben.
Der Punkt ist aber der, dass immer die Person dessen Meeple am Ende steht an der Reihe ist. Hab ich also einen großen Sprung gemacht und viele Plättchen dabei hinter mir gelassen, können die Mitspieler nun nach und nach diese Plättchen nehmen und ich muss so lange warten.
Natürlich gibt es beim Legen der Plättchen noch mehr zu beachten, außer einem benachbartem Meeple. So verlangen einige Plättchen Rohstoffe, die ich wiederum bekomme wenn ich ein Plättchen lege und damit dieses und ALLE benachbarten Plättchen aktiviere und somit Ressourcen und Whiskyfässer bekomme. So kann ich auch die Meeple auf meinen Plättchen bewegen oder einen Clan-Marker auf dem großen Clan-Plan legen. Der Clan-Plan bringt mir wiederum Vorteile und Boni. Schlussendlich ist das Ziel aber das Sammeln von Punkten, die ich im Laufe des Spiels durch drei Wertungen und einer Endwertung erhalte.
Gerade die Zwischenwertungen können entscheidend sein. Diese finden jeweils statt, wenn alle Plättchen eines Buchstabens gelegt wurden (A bis C). Was wird gewertet? Bevor ich das erzähle, kurz die Erklärung, dass man sich immer mit dem Mitspieler vergleicht, der davon am wenigsten hat und die Höhe der Differenz bestimmt dann die Höhe der Punkte, die man bekommt. Verglichen werden:
Schotten-Meeple auf der Heimat-Burg
Wahrzeichen(-Karten)
Whiskyfässer
berühmte Personen(-plättchen)
Bei der Endwertung wird nochmal eine Wertung wie oben beschrieben durchgeführt und dann wird die Größe des Gebiets (Anzahl der ausliegenden Plättchen) jedes Spielers mit dem kleinsten verglichen. Für jedes Plättchen mehr als der kleinste bekommt man drei MINUSpunkte! Münzen sind nun auch ein Siegpunkt wert und der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.
Nun schauen wir uns natürlich noch die einzelnen Chronicles kurz an, die dann fließend in die Erweiterung “Highland Games” übergehen.
Chronicle I - The Dragon Boat Races
Hier bekommt jeder Spieler ein Boot in seine Heimatburg und will dieses einmal am Fluss entlang (auch bei den Mitspielern) eine Runde drehen lassen. Wer sein Boot als erstes wieder bei sich hat, bekommt Sonderpunkte! Durch Flussplättchen kann man die Flußstrecke bei sich länger machen, so das Mitspieler mehr Schritte benötigen. Darf ich ein Meeple bewegen, kann ich stattdessen auch mein Boot bewegen. Der Sieger bekommt eine ordentliche Ladung an Punkten sowie ein Whiskyfass.
Chronicle II - Highlander - There can be only one
Bei diesem Chronicle wird ein Holz-Berg ins Rondell platziert, welches zwei Plättchen Platz wegnimmt. Bewege ich meinen Schotten-Meeple über diesen Berg muss ich eine Münze oder eine Ressource auf diesen ablegen. Ich kann mich aber auch auf diesen Berg stellen und muss nichts abgeben. Sobald ich meinen Meeple wieder vom Berg nehme, darf ich die gesammelten Münzen/Ressourcen an mich nehmen. Es darf natürlich immer nur einen auf dem Berg geben.
Chronicle III - Ol’ Jamey’s Single Cask Reserve
Ein von Jamie Stegmaier’s Viticulture inspiriertes Modul. Denn jetzt können wir gesammelte Whiskyfässer in einem Keller lagern und reifen lassen. Passend dazu kommen Plättchen ins Spiel, die mir den Verkauf von diesen Fässern erlauben und je nach Reifegrad mehr Punkte bringen.
Chronicle IV - Hammer of the Scots
Ein Modul welches nur für 3 & 4 Spieler geeignet ist. Nun kommen die Engländer ins Spiel, dargestellt durch ein Meeple, welcher ebenfalls ins Rondell gestellt wird. Bewege ich nun meinen Schotten über den Engländer, erhalte ich Kontrolle über diesen, dargestellt durch ein Wappen-Plättchen. Auch über Wahrzeichen-Plättchen kann ich die Kontrolle gewinnen. Habe ich die Kontrolle, dann darf ich den Engländer-Meeple zusätzlich in meinem Zug bewegen, muss das allerdings mit Münzen bezahlen. Die Kosten werden durch den Markt dargestellt. Wodurch die Benutzung immer teurer wird. Möchte man das nicht, kann ich das Plättchen durch den Engländer einfach ablegen und mir stattdessen Geld vom Markt nehmen.
Chronicle V - Address to a Haggis
Jetzt geht es kulinarisch zu und die Nationalspeise Haggis kommt ins Spiel. Jeder Spieler erhält einen Serviertisch auf dem er im Laufe des Spiels Haggis-Tokens sammeln kann, die auf der Rückseite Zahlen von 1 bis 3 haben. 3 mal im Spiel gibt es dann eine Haggis-Wertung, in der man jeweils 4 mal einen Würfel wirft. Gleicht sich der Würfelwert mit einem Haggis-Token kann ich diesen nun umdrehen. Maximal 3 Haggis-Token können so gedreht werden. Dann wird die Anzahl an Token mit dem summierten Wert der Token multipliziert und man bekommt dies dann als Siegpunkte.
Chronicle VI - The Dubious Tome of Scottish History
In diesem Modul ersetzen wir sämtliche Wahrzeichen-Karten aus dem Basisspiel und packen noch weitere dazu, da diese jetzt reale Ereignisse mit sich bringen. Sämtliche Ereignisse und deren Bezug werden im Regelhaft genau erläutert. Wie auch schon die normalen Wahrzeichen bringen diese einen Sofort-Effekt und jetzt noch einen Ereignis-Effekt. Diesen Effekt kann ich aber erst ausführen wenn ich durch ein Plättchen das passende Symbol erhalte. Dann wird das Ereignis umgedreht und kann nicht nochmal angewendet werden.
Chronicle VII - Between a Rock and a Hard Place
Durch dieses Modul kommen eventuell neue Wertungen für das Spielende hinzu. Es gibt insgesamt 10 verschiedene Wertungskarten, wovon lediglich 5 je Spiel verwendet werden. Sobald im Spiel ein Clan-Marker platziert wird, findet nun auch eine Clanversammlung statt. Eine Wertungskarte wird gewählt und dann wird darüber abgestimmt, ob diese Wertung zum Tragen kommen soll oder nicht. Dafür bekommt jeder AYE und NAY Marker. Einmalig im Spiel, darf jeder Spieler bei einer Frage zwei dieser Token verwenden.
Chronicle VIII - The Penny Mobs
Bei den Penny Mobs handelt es sich um berühmte Gangster aus Schottland, die einen gegen Bezahlung einen kleinen Dienst erweisen. In jeder Runde legt man nun einen Penny auf einen dieser Gangster ODER nimmt den Gangster sammt Pennies in seine Dienste, welche fortan einen dauerhaften Vorteil bringen, allerdings werden für den Gangster auch noch Siegpunkte bei Spielende abgezogen, also muss gut überlegt sein, welche und wieviele Ganster man in seine Dienste nimmt.
Jetzt kommen wir noch zur Erweiterung und deren Chronicles:
Chronicle IX - Feast & Follies
Hier heißt es Prestige durch tolle Feste zu generieren. Pro Spiel liegen dafür 5 Ereignisse aus, auf die jeder Spieler mit Hilfe von verdeckten Biet-Chips bietet und die Einfluss auf die Wertungsphase nehmen. Man kann maximal auf drei dieser Ereignisse bieten.
Chronicle X - Sticks & Stones
Eines der Herzstücke dieser Erweiterung, denn hier kommen die Highland Games in Spiel. Jeder Spieler erhält zwei Champions, einen Stone Putter und einen Caber Tosser. Diese werden auf Material- oder Tierplättchen gelegt im eigenen Clan-Bereich. Falls ein solches Plättchen im Laufe des Spiels aktiviert wird, darf man den jeweiligen Champion trainieren. Dies ist ein weiteres Tableau auf dem die Champions aufsteigen können und so einmalige Boni oder Wertungsänderungen erringen können.
Chronicle XI - Plan & Prosper
In guter Ken Follett Manier werden nun Monumentale gebaut, dies ist eine neue Art von Plättchen, bei der man aber vorher über eine Bauplan-Karte gehen muss, bevor diese gebaut werden können. Natürlich bringen Monumente besonders starke Boni, aber vorausschauendes Planen ist gefragt.
Chronicle XII - Allenarly
Hierbei handelt es sich um einen sehr großen Automa-Solo-Modus, in dem man mit fast allen Chronicles spielen kann. Sehr schön und ein tolles Gimmick für Solo-Spieler!
[MATERIAL, DESIGN & ANLEITUNG]
Das Material ist absolute Oberklasse und zeigt einmal mehr auf, was man heute alles machen kann und die Box trotzdem “nur” 60€ kostet! Dicke, wertige Pappe, tolle Holzteile, durchdachtes Inlay und und und. Wirklich grandios. Kleine Mankos: in der Basisbox sind die Wappenplättchen VIEL zu klein, was durch die Erweiterung aber behoben wird und bevor man spielen kann muss man gefühlt 2 Stunden Aufkleber auf die Holzteile kleben.
Das Design gefällt mir ebenfalls sehr, sehr gut. Die Plättchen sind ansprechend und thematisch gelungen. Auch die Symbolik ist eindeutig und klar verständlich. Auch das extra Material der Chronicles passt sich dem Gesamteindruck an!
Die Anleitung wirkt auf den ersten Blick ein wenig “amateurhaft”, gerade was Optik angeht, aber inhaltlich wird alles gut und verständlich erklärt.
Die Erweiterung lässt sich ebenfalls kaum lumpen, allerdings fällt hier der Preis ein wenig zu hoch aus in Anbetracht was geboten wird, wobei man schon sagen muss, dass der Solo-Modus wirklich sehr arbeitsintensiv ist und ebenfalls Material mitbringt.
[FAZIT]
Glen More II Chronicles ist für mich ein Must-Have-Titel, den man in der Sammlung haben sollte! Das Einstiegsspiel ist schnell erklärt und erlernt und bringt schon in seiner “simplen” Ausführung ordentlich Spaß. Der Rondelmechanismus funktioniert hervorragend und stellt einen vor die Herausforderung hier die richtige Wahl zu treffen. Im Laufe des Spiels fühlt sich vieles einfach belohnend an. Und dann kommen noch die Chronicles hinzu, zum Teil von erfahrenen und bekannten Autoren beigesteuert, die dem ganzen wirklich noch die Krone aufsetzen. Sie bringen soviel Abwechslung hinein, dass man wahrscheinlich viele Wochen nur Glen More II spielen könnte ohne dass es langweilig wird, zumal man auch verschiedenste Kombinationen probieren kann. Wirklich toll! So haucht man einem alten Spiel neues Leben ein.
Die Erweiterung ist sicherlich eine sinnvolle, allerdings vorwiegend für Freunde des Solo-Spiels. Die drei weiteren Chroniken sind gut und passen sich gut ein, aber sind sicherlich keine Must-Haves, die das Spielgefühl völlig ändern oder noch weiter steigern. Beeindruckend ist der komplexe und alles abdeckende Solo-Modus in Zusammenarbeit mit Automa. Für Solo-Spieler als auf jeden Fall ein Blick wert.
Ihr seht alles in allem bin ich begeistert. Ein Spiel, was so schnell mein Regal nicht verlassen wird und immer mal wieder auf den Tisch kommt, sei es mit gehobenen Familienspielern ohne Chronicles oder mit Kennern und Experten und einigen Chronicles. Hier wird jeder was finden.
[FAKTEN-CHECK]
Thema: 4 von 5 (man hat für jede Mechanik ein passendes Thema gefunden und sich da viel Mühe gegeben)
Mechanik: 5 von 5 (die Mechaniken funktionieren alle super, sei es im Grundspiel oder mit den Chronicles)
Material: 5 von 5 (wie schon erwähnt, so muss ein Spiel in der heutigen Zeit aussehen)
Regal-Präsenz: 4 von 5 (schicke Schachtel, aber der letzte WOW-Effekt fehlt ein bisschen)
Tisch-Präsenz: 4 von 5 (sieht auf dem Tisch schon beeindruckend und schick aus, evtl. etwas kleinteilig auf dem ersten Blick)
Anleitung: 5 von 5 (trotz der Fülle an Informationen, eine sehr gute Anleitung!)
Zielgruppe:
Dank der Chronicles kann man das Spiel der Spielgruppe anpassen. Allein das Basisspiel sollte auch schon mit Familienspielern funktioniere, die vielleicht 1-2 Runden benötigen, aber dann schon wissen werden worauf es ankommt. Mit Chronicles kann man dann auch Kenner und Expertenspieler an den Tisch holen. Vielleicht eines der komplettesten Spiele, die ich kenne!
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Erschienen bei Funtails
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 90 bis 120 Minuten ab 12 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Funtails)