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02.02.2022

Dark Ages


Keine Epoche ist als Thema lieber genommen als das gute alte Mittelalter. Was hat man damals nicht alles aufgebaut und kann nun spielerisch nacherzählt werden?! Im Frühjahr 2020 gab es dann ein Kickstarter Projekt für zwei massive Kisten voller Miniaturen und Zivilisationsgeschichte aus dem Hause Board & Dice. Mit Adam Kwapinski (Nemesis, Lords of Hellas) und Andrei Novac (Venedig, Versailles) namhafte Autoren an Bord. 1-8 Spieler wenn man mit beiden Boxen zusammen spielt .Auch die Spieleschmiede war angetan und konnte erfolgreich eine deutsche Lokalisierung umsetzen. Die Vorzeichen stehen also gut, aber bedeutet es auch viele Stunden Spielspaß?? Das schauen wir uns mal jetzt genauer an.


[THEMA & MECHANIK]

Je nach Box spielt sich das Ganze in Zentraleuropa (Das heilige Römische Reich) oder West-Europa (Das Erbe Karls des Großen) ab und wie erwähnt kann man beide Spiele kombinieren und somit fast ganz Europa auf den Tisch bekommen (wenn man den entsprechenden Platz dafür hat). Wir übernehmen hier die Rollen einer historischen Persönlichkeit (Grafen, Markgrafen, etc) mit passender Startregion und individuellen Startkarten. Das Ziel ist, leider wenig thematisch, das Erringen der meisten Siegpunkte, wobei dies natürlich gleichbedeutend ist, dass man der erfolgreichste Eroberer seiner Zeit gewesen ist. 

Alles hier im Detail zu erläutern würde diesen Text schier unendlich werden lassen, daher werde ich im Weiteren nur grob den Ablauf einer Partie skizzieren. 

Jeder Spieler bekommt ein Spielerboard samt Adelsscheiben und Miniaturen in seiner Farbe, neben die Europa-Karte (komplett oder Teil) gibt es noch ein Kulturtableau und jede Menge Ressourcen-Marker (Leder, Holz, Stein und Eisen). 


Ein Spieler, welcher am Zug ist, kann nun eine Adelsscheibe verwenden, um eine Aktion zu spielen. Oder er passt. Passen ist allerdings nur dann erlaubt, wenn bereits Adelsscheiben verwendet wurden. Der Clou: zu Beginn einer Partie werden Karten mit den Aktionen gemischt und zufällig auf die Felder vom Kulturtableau gelegt, worunter sich vorgedruckte Unteraktionen befinden. Beim Verwenden einer Aktion lege ich nämlich meine Adelsscheibe zu dieser Aktion und falls jemand daraufhin auch diese Aktion (auch man selbst) verwendet, legt er seine Scheibe auf die bereits ausliegende! Sobald drei Scheiben aufeinander liegen, wird die unterste herausgenommen und der Spieler zu dem diese gehört, kann sich eine von zwei Aktionen aussuchen, die von der Hauptaktion abgehen.


Welche Aktionen gibt es aber in erster Linie? 

Da wäre zum einen das “Bauen”. Wichtig sind hierbei natürlich Städte über die wir Einheiten auf die Karte bekommen und einen Fortschritt auf der Kulturleiste bedeuten. Dazu kommen noch Gutshöfe, die das Versorgungslimit erhöhen (dazu gleich mehr), Türme zur Verbesserung der Verteidigung und Kirchen, die einfach Siegpunkte bringen. Aber natürlich kann man auch Produktionsgebäude bauen für die jeweiligen Ressourcen. Zu guter Letzt erweitert man hierüber auch das Lager.

Die Aktion “Rekrutieren” erlaubt uns gegen Abgabe von Ressourcen eine Einheit (Fern- oder Nahkampf oder Kavallerie) in eine Stadt zu stellen.

“Forschen” ist für meine Begriffe ein wenig das Herzstück von Dark Ages, denn darüber entwickelt sich unser Volk. Zum einen können wir eine Errungenschaftskarte unter einen freien Slot des Spielertableaus legen. Errungenschaften können von unserem Volk erlernt werden und bringen uns Vorteile im Spiel. Statt einer neuen Errungenschaft kann man gegen Abgabe von einem Gold eine bestehende Errungenschaft weiterentwickeln und noch stärkere Vorteile generieren. Jede dieser Karten hat 3 Stufen. Und mit “Forschen” kann ich auch die Entwicklung der Einheiten vorantreiben, ebenfalls gegen Abgabe von einem Gold und passender Karte.

Eine weitere Aktionsmöglichkeit ist “Kultur entwickeln” - hierbei darf man sich aus der Auslage eine neue Karte nehmen. Die Auswahl wird allerdings durch den Fortschritt auf der Kulturleiste eingegrenzt.

Und zu guter Letzt gibt es noch “Marschieren” und ihr könnt es euch schon denken: so bewegen wir unsere Einheiten über die Karte. Wichtig ist hierbei, dass man zunächst ALLE Einheiten auf der Landkarte zählt (auch die nicht bewegt werden). Ist die Zahl höher als das aktuelle Versorgungslimit muss ich für jede überschüssige Einheit ein Gold bezahlen oder von der Landkarte nehmen (verhungert…). Marschiert eine Einheit in ein Gebiet mit gegnerischen Einheiten wird sofort eine Schlacht getriggert. Dies gestaltet sich dann auch recht simpel. Die jeweiligen Einheiten greifen durch Würfelwürfe an. Anders als üblich reicht es am Ende einfach die Mehrheit zu besitzen, wodurch der Gegner sich zurückziehen muss. 


Das waren dann auch schon die Standardaktionen. Wir bereits erwähnt, wird eine weitere Aktion für den Besitzer der untersten (dritten) Scheibe getriggert. Hierzu stehen einem immer zwei zur Auswahl, die von der vorherigen Hauptaktion abhängt. Es gibt dort ebenfalls “Rekrutieren”. Hinzu kommt noch die Möglichkeit sich einfach eine Ressource zu nehmen. Oder Ware zu verkaufen für Gold oder gegen Eisen zu tauschen. Seine Einheiten umzugruppieren, heißt eine Gruppe eine Region weiter bewegen, wobei Versorgungslimit egal ist, dafür darf damit kein Kampf ausgelöst werden. Und zuletzt noch “Kulturaustausch”, hier kann ich entweder eine Handkarte für 1 Gold ablegen ODER 1 Gold bezahlen und eine Karte aus der Auslage nehmen ohne Eingrenzungen. 

Das Spiel endet dann wenn alle Städte oder Kirchen gebaut wurden oder ein Spieler mindestens 4 Errungenschaften auf Stufe 3 gebracht hat.Das Spiel endet auch wenn ein Spieler das Ende der Kulturleiste erreicht hat oder der Kulturkartenstapel leer ist.

Es gibt dann eine Auswertung in der man für viele Dinge und Errungenschaften Siegpunkte erhält und der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt. 

In den jeweiligen Boxen befinden sich noch jeweils 12 Module, wobei manche sich doppeln wie z.B. das Solo-Modul oder das man eben beide Boxen kombinieren kann. Ansonsten gibt es jede Menge weitere Errungenschaftskarten, die z.B. auch neue Gebäude oder Anführer ins Spiel bringen. Eine detaillierte Liste würde aber den Rahmen sprengen.

[MATERIAL, DESIGN & ANLEITUNG]

Das Material fällt einem natürlich sofort ins Auge, da die Boxen picke packe voll mit Miniaturen sind. Jedes Gebäude und die Einheiten sind kleine Miniaturen und sehen wirklich sehr gut aus. Auch die Qualität der Karten und Papptoken ist sehr gut. Alles in allem gibt es nur wenig zu meckern, was bei dem hohen OVP-Preis von rund 120€ aber auch zu erwarten sein muss.

Das Design find ich zwar thematisch sehr passend, aber als hübsch würde ich es nicht bezeichnen, wobei das wirklich nur sehr subjektiv ist. Wie gesagt zum Thema passt es sehr gut und ergibt ein stimmiges Gesamtbild. 

Die Anleitung ist recht detailliert und beantwortet eigentlich alle wichtigen Frage. Achtung: man muss sich online leider eine aktualisierte Fassung runterladen, da es schon einen gravierende Fehler im Spielaufbau gibt. Auch weitere kleine Anpassungen kann man sich runterladen. Das ist natürlich immer sehr schade und sollte nicht mehr passieren. Wer auf Klebepapier druckt kann sich die entsprechenden Stellen aber überkleben. Aber liebe Spieleschmiede: ihr müsst hier echt sorgfältiger werden!


[FAZIT]

Zwei riesige Boxen und jetzt erwartet ihr wahrscheinlich auch ein riesiges Fazit, aber ehrlich gesagt braucht man gar nicht so viel dazu sagen. Das kann jetzt schlecht oder gut sein, ich weiß. Dark Ages macht in meinen Augen sehr wenig falsch und bietet das was es verspricht. Wir entwickeln uns, wir verbreiten uns und wir bekämpfen uns, alles sehr solide und spaßig. 

Es hat allerdings das Problem, was manche Spiele haben, in denen man erst seine Maschine quasi zum Laufen bringen muss. Es dauert einfach sehr lang und so vergehen schon mal gern 90-120 Minuten bis wirklich Fahrt ins Spiel kommt. Ressourcen sind zu Beginn wirklich knapp in diesem Spiel bzw sie sind super schnell ausgegeben! Heißt man rekrutiert 1-2 Einheiten und ist dann erstmal wieder bei Null und muss bald wieder passen um an Rohstoffe zu kommen, die dann produziert werden. So entwickelt sich halt leider ein recht behäbiges Spielgefühl. Mittlerweile kann man sich schon über BGG Tipps holen, wie das ganze beschleunigt wirkt, aber ich bewerte hier ja die gegebenen Regeln. Später im Spiel wird man zum Teil überschwemmt mit Ressourcen hat aber nicht so viele Möglichkeiten mehr. Man benötigt nebst Geduld auch einen riesigen Tisch, denn mit dem Spielplan und Playerboards und und und wird einiges an Platz abverlangt. 

Auch der Preis ist etwas zu hoch, das Material ist wirklich toll, aber wenn ich z.B. ein Spiel zu acht spielen möchte, brauche ich zunächst einen halben Tag Zeit und bin gut 250€ los! Dafür bietet das Spiel halt zu wenig Action, zu viel Downtime! Ich denke Sweetspot ist schon vier, auch wenn die Kombo-Idee gut klingt. Weniger als vier ist auch eher mäßig, da hier ein Teil der Karte nicht verwendet wird und das nervt ebenfalls. Ich verstehe zwar warum, aber darauf zu achten ist schon nervig zumal dadurch auch noch mal Regelfragen entstehen.

Ihr seht schon ich schwanke und lande mehr oder weniger im oberen Mittelfeld. Das Spiel funktioniert und bringt Spaß aber mein No.1-Pick für Area Control und Zivilisations-Thema wäre es wohl nicht.


[FAKTEN-CHECK]

Thema: 4,5 von 5 (das Thema kommt schon sehr gut rüber, das Gefühl etwas zu entwickeln ist da)
Mechanik: 3,5 von 5 (etwas zu behäbig und wenig Neues) 
Material: 5 von 5 (alles top)
Regal-Präsenz: 3,5 von 5 (Die Box ist groß, aber super ansprechend ist anders)
Tisch-Präsenz: 4,5 von 5 (große Karten, große Playerboards und die Minis - alles schon beeindruckend)
Anleitung: 3 von 5 (Abzüge wegen gravierender Fehler)

Zielgruppe:

Dark Ages ist schon ein gehobenes Kenner- wenn nicht sogar Expertenspiel. Die Glückselemente sind zwar vorhanden aber gering ausgeprägt. Ja, die Kämpfe bestehen aus Würfeln, aber man kann sich schon so vorbereiten, dass ein Sieg wahrscheinlicher wird. Auf jeden Fall sollten Spieler mit Erfahrung an die Sache gehen, Anfänger sind hier heillos überfordert.

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Dark Ages von Adam Kwapiński, Andrei Novac
Erschienen bei Giant Roc
Für 1 bis 4 (8) Spieler in ca. 120 bis 180 Minuten ab 14 Jahren

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Giant Roc)