Haben wir als Kind nicht alle mal geträumt ein Ritter zu sein?! Mutig. Edel. Kräftig. Und das möchte ich gar nicht nur auf die männlichen Leser reduzieren, das wäre nämlich nicht zeitgemäß und wie uns die Literatur beigebracht hat, soll so manches Mal auch eine Frau unter einer Rüstung gesteckt haben.
Das Spiel Glory will uns nun genau diesen Traum erfüllen und erlaubt uns ein Teil des ritterlichen Lebens zu erleben. Ursprünglich vom Strategos-Verlag nun in Zusammenarbeit mit UGG - Udo Grebe Gamedesign auf dem deutschen Markt erschienen. Das Spiel richtet sich an 1-4 edle Ritter ab 14 Jahren und eine Partie dauert ca. 60-90 Minuten. Als Autoren muss ich Dominik Mucha und Marcin Wisthal outen und schön illustriert wurde es von dem Herren Jarek Nocon und Radoslaw Jaszczuk.
[THEMA & MECHANIK]
Das Leben eines Ritters ist kein leichtes und genau das erleben wir hier nun auch über 3 Runden, die uns einen Teil davon näher bringen werden. Wir übernehmen jeweils die Rolle eines edlen Herren und möchte über die Runden hinweg den meisten Ruhm, das größte Prestige sammeln. Dies gelingt uns vornehmlich durch Gewinne bei großen Lanzenreitturnieren, für die wir uns vorher ausreichend vorbereiten müssen.
Jeweils zum Abschluss eine Runde findet ein Turnier statt, hier können wir vor Spielbeginn entscheiden, ob es ein Turnierbaum mit KO-System (Joust à plaisance) geben soll oder das sogenannte Pas d’armes. bei dem wir jeweils ein Duell in einer Stadt durchführen. Hier stehen uns Florenz, München und Paris zur Verfügung.
Aber von vorne. Eine Ereigniskarte wird zu Rundenbeginn aktiv, die uns entweder Einschränkungen oder ein weiteres Arbeitereinsetzfeld bringt und da haben wir dann auch schon die Herz-Mechanik von Glory: Worker Placement. Die Worker stellen wir selbst dar und besuchen somit verschiedene Orte in denen wir uns auf das Turnier vorbereiten können. So kann ich trainieren und Stärke gewinnen oder ich kann mir bessere Pferde oder Rüstungen organisieren. Um das passende Geld zu erhalten, können wir uns in den königlichen Dienst begeben. Oder aber wir glauben an die Kraft Gottes und beten für göttliche Unterstützung. Wem das nicht ausreicht, der kann sich auch Helfer zu Nutzen machen, wie Schläger oder einen Minnesänger, der von unseren großen Taten berichten und singen wird. Last but not least kann man sich auch Reisekarten holen, die dann in der Runde zwischen Worker Placement und Turnier angehen kann. Innerhalb dieser Reisekarten gibt es Romanzen-, Markt- und Herausforderungskarten.
Sind also alle Worker platziert, kann ich nun meine Reisekarten spielen (bis zu drei). Diese geben mir nun entweder einmalige Boni (Romanzenkarten), neue Kaufmöglichkeiten (Marktkarten) oder bringen mir eine Herausforderung. Kann ich diese bewältigen, bringt mir dies ebenfalls Vorteile und natürlich Ruhm! Diese Herausforderungen können übrigens ebenfalls Duelle im Lanzenreiten sein.
Was mich dann auch zur nächsten Phase bringt und zwar dem Turnier! Jetzt kommt es darauf an zu zeigen, was die Vorbereitung gebracht hat. Wer ist am stärksten? Wer hat die meiste Unterstützung? Und wer spielt nicht immer ganz fair?
Auf einem extra Board befindet sich der Turnierbaum je nach gewählter Turnierart, anhand der Rückseite der ausliegenden Wappen-Plättchen der Gegner kann ich sehen, ob ich gegen Adlige, Legenden oder Champions antrete. Man dreht nun das Plättchen und sieht das Wappen sowie dessen Stärke und hin und wieder auch Modifikation für das kommende Duell. Nun heißt es in Best-of-3-Manier mehr Stärkepunkte zu erwürfeln als der Gegner.
Hier stehen uns drei Würfelarten zur Verfügung: Stärkewürfel, für die ich zu Beginn eines Duells gesammelte Stärkeplättchen abgeben muss, je mehr desto mehr Würfel! Dann erhalte ich Pferdewürfel, je nachdem wie gut mein Pferd ist ebenfalls mehr Würfel. Und dann noch Rüstungswürfel, auch hier je nach Level meiner Rüstung mehr Würfel. Nun werden ALLE Würfel geworfen und je Art darf ich dann den mit dem höchsten Wert nehmen und die drei gewählten addieren. Hab ich nun eine größere Gesamtstärke geht die Runde an mich. Bei Gleichstand werden sich die Kampfrichter für denjenigen entscheiden, welcher einen besseren Ruf genießt (dargestellt durch Plättchen, die man ebenfalls bekommen kann).
Gefällt mir ein Wurfergebnis nicht so gut, kann ich meinen göttlichen Beistand geltend machen und für jeden Kreuz-Plättchen einen Würfel nochmal werfen! Oder ich besitze Talismane und Helfer, die mir eine gewisse Beeinflussung erlauben.
So bereiten wir uns weiter vor und kämpfen in insgesamt 3 Turnieren und der Spieler, der hierbei die meisten Ruhmespunkte sammeln konnte gewinnt das Spiel und ist vielleicht wirklich der edelste und stärkste von allen Rittern.
[MATERIAL, DESIGN & ANLEITUNG]
Das Material in der recht gut gefüllten Box ist ok, leider nur ok, denn für einen UVP von 70€ muss ich sagen, würde ich hier ein wenig mehr erwarten. Pappteile sind nur Durchschnitt in Dicke und Größe, zum Teil sogar ein wenig fitzelig. Die Karten sind auch nur in normaler Qualität. Die Holzmeeple sind hier ein kleiner Lichtblick, aber tendenziell eher wenig vertreten. Auch an Tüten mangelt es ein wenig, so dass man viel durcheinander bzw. gemischt packen muss. Also eigentlich nichts gravierendes, aber in Anbetracht des Preises ein wenig ernüchternd.
Das Design gefällt mir im Großen und Ganzen sehr gut. Gerade das Spielbrett, sowie die Karten gefallen mir sehr gut. Die Symbolik ist ok, hätte zum Teil aber noch klarer sein können. So muss man z.B. den Unterschied der 1er und 3er Plättchen schon deutlich erklären. Alles in allem aber ein stimmiger Gesamteindruck.
Die Anleitung ist gelungen und hat bei mir keine Fragezeichen hinterlassen, es werden viele und gute Beispiele gegeben, die gerade beim Ablauf des Duells wichtig sind!
[FAZIT]
Glory hat große Erwartungen geschürt. Das Leben eines Ritter in deinen Händen, so heißt es! Und ja, man hat sich beste Mühe gegeben, dieses Thema umzusetzen, aber schlussendlich ist und bleibt Glory natürlich “nur” ein Worker-Placement-Titel, welcher eine Runde mit Würfelorgie abschließt. Die Möglichkeiten Würfel zu manipulieren sind hier mannigfaltig gegeben, so dass die Glückskomponente natürlich da ist, aber nicht Überhand nimmt. Dennoch hat es mich leider nicht vollends überzeugt. Gerade die letzte Runde wirkt schon ziemlich repetitiv und man spult seinen Stiefel runter um ins nächste Turnier zu rutschen, es fehlt da ein wenig an Spannungsmomenten. Das Worker-Placement stagnier und auch die Duelle bieten auf Dauer nur wenig Abwechslung und ziemlich schnell durchschaut man, wie es geht gut gesattelt ins Turnier zu gehen um mit hoher Wahrscheinlichkeit weiterzukommen. Wobei ich lobend erwähnen möchte, dass man das Spiel konfrontativer mit KO-System oder eben “freundlicher” mit der Alternative spielen kann.
Das Spiel ist grundsolide und funktioniert gut, aber scheitert ein wenig an sich selbst. Man hat viel versprochen und viel umgesetzt, aber leider mechanisch zu ähnlich. Ob ich einen Minnesänger als Begleiter habe oder Mönch ist halt nur ein Plättchen neben meinem Board, die mir unterschiedliche Vorteile geben. Das ganze über eine Begegnungskarte wäre schön und sowas hat man ja eingebaut und macht viel zu wenig daraus. Die Reise- bzw. Herausforderungskarten müssten noch ein wenig mehr im Mittelpunkt stehen und evtl. kleine Geschichten erzählen oder zumindest Flavor-Text haben, leider Fehlanzeige! Auch die Ereigniskarten verraten nix, einzig allein in der Anleitung erfährt man, was die Karte ausdrücken will. Schade!
Glory hat mir schon Freude gemacht und gerade die Duelle bringen Spaß, mit den Würfeln und dem beeinflussen von diesen. Nur leider sehe ich es nicht sehr häufig auf meinem Tisch wandern, da mir auf Dauer die thematische Abwechslung fehlen wird. Die Geschichten, die am Tisch entstehen müssen, bleiben aus und bleibt dadurch nur wenig im Gedächtnis. “Weißt du noch?” “Nee… ehrlich gesagt nicht!” - Potential und Ansätze sind da um dramatische oder lustige Geschichten entstehen zu lassen, leide nicht ausgereizt und so verkommt es zu einer recht trockenen Punktejagd.
[FAKTEN-CHECK]
Thema: 3,5 von 5 (viele tolle Ideen sind eingeflossen, nur leider ergeben sie nur ein trockenes Gesamtbild)
Mechanik: 4 von 5 (sehr klassisches Worker Placement, unterhaltsamer Würfel-Mechanismus)
Material: 3,5 von 5 (durschnittliche Qualität, bis auf die Würfel - die sind top!)
Regal-Präsenz: 4 von 5 (die Schachtel ist sehr schön und lädt zum näheren Ansehen ein)
Tisch-Präsenz: 4 von 5 (auch auf dem Tisch ein toller Anblick, schade dass es kein “Stadion” für die Duelle gibt!
Anleitung: 5 von 5 (ist alles okay)
Zielgruppe:
Die Kernzielgruppe ist der Kennerspieler, aber nicht unbedingt der gehobene. Durch die Würfelkomponente kommt ein Glücksanteil rein, welche Experte grausen lassen wird, aber den Familienspieler eine Chance gibt auch mit mäßiger Strategie Erfolge zu feiern. Der geübte Kennerspieler wird sich schnell zurechtfinden und wissen was zu tun ist. Thematisch erreicht es eher den trockenen Eurogamer als den Themen-Fan. Als reales Alter würde ich hier 10 Jahre sehen, wenn das Kind auch mit dem Thema was anfangen kann.
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Gloria: A Game of Knights von Dominik Mucha und Marcin Wisthal
Erschienen bei UGG
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 90 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier UGG)
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