Lisbon Tram 28 oder in der deutschen Version einfach 28 genannt, ist das neue optische Cool-Kid aus dem Hause Mebo. Worum geht’s thematisch? Die Tramlinie 28 ist die wohl berühmteste Tramlinie in Portugal und fährt durch die City von Lissabon. Dabei fährt sie an so ziemlich allen Sehenswürdigkeiten der Stadt vorbei und hat wohl mittlerweile einen ähnlichen Kultfaktor wie die bekannten Cable Cars in San Francisco. Charakteristisch für die Linie 28 ist ihre Klingel, die natürlich auch in einem Brettspiel zu ihr nicht fehlen darf.
Optisch gefällt mir 28 sehr gut. Kleine Meeple in Form von Zügen, einen charmanten Grafikstil mit Wiedererkennungswert und spielereigene Tableaus, auf welchen wir unsere Fahrgäste platzieren in Form von Waggons. Das passt. Dazu natürlich das geheime Herzstück des Spiels und Verkaufsargument Nummer 1: Die Klingel, welche auch aus einem bekannten Amigo-Klassiker entnommen sein könnte (Halli Galli *hust*). Ansonsten gibt es beim Material nichts zu meckern. Massig Spielkarten, Meeple in unterschiedlichen Farben in Passagierform und einen schicken Stoffbeutel.
Spielerisch kann ich 28 recht simpel zusammenfassen: Zug um Zug in neuem Gewand mit ein paar Extras. Nein, im Ernst. 28 imitiert bzw. lehnt sich schon sehr stark am Klassiker an. Wir ziehen farbige Handkarten, um dann an Haltestellen mit selbigen die farblich passenden Passagiere aufzunehmen, um diese dann zu Sehenswürdigkeiten zu bringen, die bestimmte Farbkombinationen erfordern und Punkte bringen. Als Extra gibt es Upgrades, welche ich unterwegs freischalten kann und die große Innovation der Halli-Galli-Klingel. Diese kann ich nämlich einerseits ertönen lassen, wenn ich mein Glück herausfordern möchte und beim Einladen der Passagiere einen zufällig zusätzlichen ergattern möchte (muss natürlich dann die Handkarte auch haben – alternativ bleiben alle anderen Passagiere aus Protest auch draußen), oder auch alternativ, um andere Trams von der Strecke zu schubbsen. Runterschubbsen nicht ganz. Eher anschubbsen, denn überholen ist nicht. Das kommt aber auch nur in Betracht, wenn wir zu viert spielen. Zu dritt wirklich kaum und zu zweit eigentlich garnicht. Dabei ist das noch die pfiffigste Innovation zum Klassiker.
Braucht es denn nun 28, wenn es Zug um Zug gibt? Eigentlich nicht. Eins der beiden Titel reicht. Habe ich noch keins im Schrank, geht es wohl um Nuancen. Der Klassiker bietet mehr Abwechslung in Form von neuen Karten, Erweiterungen und Abwechslung. 28 bietet mit der Klingel ein nettes Gimmick und die Möglichkeit der Upgrades der eigenen Tram. Letzteres erinnert mich ein klein wenig an Elemente von Maglev Metro, wo wir auch versuchten unser Schienenfahrzeug während des laufenden Betriebes aufzupimpen. Die Halli-Galli-Klingel ist zwar wirklich nett, aber der Effekt des Gimmicks nutzt sich spätestens nach der ersten Partie ab. Dann ist der Effekt verflogen. Schade.
Beide Titel bedienen eben das exakt selbe Publikum: Den Familienspieler. Beide Titel spielen sich super schnell, haben eine extrem niedrige Einstiegshürde und bieten dem Kenner- oder gar Vielspieler nicht genug Substanz. Der Familienspieler wird aber vermutlich eher zum bekannteren Titel greifen, der sich nun schon seit Jahrzehnten in den Spielesammlungen in aller Welt hält und Jahr für Jahr mit frischen Ideen auftrumpft. Für 28 bleiben daher vermutlich nur die Portugal-Fans und die Sammler als Zielgruppe. Alle anderen sind bereits versorgt.
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sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Mebo Games)