Mein Königreich für ein Pferd des Autors Moritz Schuster ist ein erfolgreich über die Spieleschmiede finanziertes Spiel, welches mittlerweile auch im freien Handel erhältlich ist. Wie sein Erstlingswerk Dream Cruise wurde Mein Königreich für ein Pferd im Spiele-Offensive-eigenen Kobold Verlag veröffentlicht. Ziel des Spieles ist es über Würfeln und Tauschen von Tier-Meeplen als erster in der Runde mindestens 2 Schafe, 2 Schweine, 2 Kühe und 2 Pferde auf der eigenen Weide zu beherbergen. Thematischer Hintergrund bei diesem Wettstreit soll sein, dass der König dem Königskind (einem der Mitspielenden) das Königreich überlässt, welches es als erstes schafft die benannten Tiere zu beschaffen.
Von der Anmutung her wirkt das Spiel ein wenig wie ein auf Tiervermehrung reduziertes Agricola mit Würfeln. In der Tat sind die Halte- und Vermehrungsregeln auch sehr ähnlich. Abseits dessen haben die Spiele aber wenig gemeinsam. Durch den Würfeleinsatz ist Mein Königreich für ein Pferd ein ungleich zufallsbestimmteres Spiel und weiterhin spielt es sich bedeutend schneller. Mit seinen schlanken Regeln und kurzer Spieldauer (wenn man gemächlich spielt höchstens 45 Minuten) fällt Moritz Schusters Zweitwerk eher in den Bereich eines Absackers.
Spielen lässt sich das Spiel mit 1-4 Spielern. Jeder Teilnehmende erhält einen Weideplan mit 3x4 Feldern und abhängig von der Spielerreihenfolge eine unterschiedliche Konstellation von Tieren und Zäunen. Hiermit wird der Startspielervorteil ein wenig ausgeglichen. So startet der Startspieler bspw. immer mit einem Schaf, einem Schwein und zwölf Zaunteilen, welche nach Vorgabe auf der Weide zu platzieren sind. Weiterhin erhält jeder Mitspieler vier Handkarten.
Am Zug hat der Spieler stets zwei Phasen zu durchlaufen: Die Würfelphase und die Tauschphase.
In der Würfelphase werden vier Würfel geworfen. Drei der Würfel (die Königswürfel) sind identisch und mit den folgenden Aufdrucken versehen:
1 Schaf
2 Schafe
1 Schwein
1 halbes Rind
1 Zaunteil
2 Zaunteile
Mit diesen Würfel bestimmt man, welche Geschenke man vom König in der aktuellen Runde bekommt. Mit dem vierten Würfel, dem Vermehrungswürfel, wird festgelegt, welche Tierart sich in dieser Runde vermehrt (3 Seiten Schaf, 2 Seiten Schwein, 1 Seite Rind). Erlaubt ist es zwei Mal frei nachzuwürfeln. Was beim dritten Wurf liegt, gilt dann aber. Erwürfelte Tiere und Zaunteile nimmt man sich sodann und platziert sie auf der eigenen Weide, sofern man sie denn unterbringen kann. Das ist leider nicht immer der Fall, denn hier gelten strikte Tierhaltungsregeln: In einem umzäunten Bereich darf sich immer nur eine Tierart befinden, auf jedes Feld passen immer nur zwei Tiere und Tiere laufen weg, wenn sie keinen Platz finden.
Wichtig noch bei den Königswürfeln: Ein Rind bekommt man nur, wenn gleich zwei Würfel je ein halbes Rind zeigen.
Um den Vermehrungswürfel zu nutzen bedarf es wiederum mindestens eines Pärchens der durch diesen Würfel festgelegten Tierart. Weiterhin ist natürlich auch Platz für den Nachwuchs von Nöten. Für je zwei Tiere der erwürfelten Art erhält man ein weiteres Tier und kann es dann sogleich auf der Weide platzieren.
Spielt man Mein Königreich für ein Pferd nicht alleine, so dürfen die Mitspieler am Ende der Würfelphase noch partizipieren und je einen Würfel des endgültigen Wurfes selbst nutzen. Jeder Würfel darf jedoch nur einmal genutzt werden und beginnend mit dem Spieler links vom aktiven Spieler, wird im Uhrzeigersinn gewählt.
Neben dem Erwürfeln von Tieren hat man jederzeit in der Würfelphase auch noch die Möglichkeit einen Handkarte auszuspielen oder alternativ alle Handkarten abzuwerfen um vier neue Karten zu ziehen. Bei diesen Handkarten gibt es Karten mit Soforteffekt sowie Karten, welche dauerhaft wirken und dem Spieler ab dann Spielvorteile bringen. Einige dieser Handkarten müssen durch die Abgabe von Tieren bezahlt werden. Nach Ausspielen einer Handkarte wird wieder auf vier Karten aufgezogen.
Auf die Würfelphase folgt dann die Tauschphase. In dieser Phase darf jeder Spieler Tiere einer Tierart gegen Tiere einer anderen Tierart tauschen. Es beginnt dabei der aktive Spieler. Der Rest folgt im Uhrzeigersinn. Die Tauschverhältnisse hierbei: 2 Schafe gegen 1 Schwein, 3 Schweine gegen 1 Rind oder 4 Rinder gegen ein Pferd
Von großer Bedeutung dabei ist, dass in der Tauschphase immer nur einmal getauscht werden kann. Wenn ich mich also bspw. dafür entscheide Schweine gegen Rinder zu tauschen, dann kann ich nicht auch gleich Rinder gegen Pferde tauschen. Aushebeln lässt sich dies nur durch Sondereffekte der Handkarten. Ist auch die Tauschphase abgehandelt, so wechselt der aktive Spieler nach links und die neue Person am Zug startet in die Würfelphase.
Das Spiel endet in dem Zug in dem es einem Spieler gelingt die eingangs genannten Tiere auf seiner Weide zu versammeln. Der Zug wird dann noch zu Ende gespielt und es folgt noch eine Sondertauschphase bei der alle Tiere getauscht werden können (allerdings nur von den Spielern, welche die Siegbedingungen erfüllen). Von Bedeutung ist dies, da Gleichstände über Mehrheiten bei höherwertigen Tieren entschieden werden (Meiste Pferde, Rinder, Schweine, Schafe).
In der Anleitung enthalten ist auch eine Solovariante, welche weitgehend ähnliche Regeln hat. Man spielt dabei gegen den „Zwilling Moritz“ und versucht schneller als er das Ziel zu erreichen. Der eigene Zug ist dabei entsprechend der normalen Regeln, nur das Moritz keinen Würfel im Spielerzug nutzt und auch nicht tauscht.
Nach dem Spielerzug würfelt man dann zwei Mal für Moritz und nutzt für ihn die Würfel so wie sie eben fallen. Allerdings sind Zaunteile für ihn hierbei nutzlos, denn Moritz ist von den Tierhaltungsregeln befreit. Weiterhin darf Moritz auch alle Tierarten tauschen und tut dies auch stets nach seinen beiden Würfen. Dabei achtet er aber darauf zumindest immer zwei Tiere jeder Art zu behalten. Ebenso wie Moritz nicht im Spielerzug agieren durfte, nutzt der Solospieler auch keine Würfel von Moritz und darf in dessen Zug auch nicht tauschen.
Mir persönlich gefällt diese Solovariante überhaupt nicht. Sie hakt meines Ermessens an zwei Punkten. Zum einen hat man einen riesigen Verwaltungsaufwand dadurch, dass man den Zwilling ebenfalls spielt und am Ende jeder seiner Züge für ihn tauschen muss. Dies ist wirklich viel Arbeit. Weiterhin ist das Spiel gegen Moritz ein elendes Glücksspiel. Ob man erfolgreich gegen ihn ist, hängt stark davon ab ob man selbst an Zäune kommt und ob Moritz möglichst viele Zäune selbst wirft. Wir erinnern uns: Zäune sind für ihn wertlos und somit jede Zaunwürfelseite ein verlorener Würfel für ihn. Kommt man selbst jedoch selbst nicht an die nötigen Zäune, so ist das Spiel im Grunde auch für einen fast schon verloren. Während man im Mehrspielerspiel ja noch an den Würfen der anderen partizipiert, ist man gegen Moritz ganz auf den eigenen Wurf und die Handkarten angewiesen.
Meines Ermessens wäre es eine viel bessere funktionierende Solo-Variante gewesen, wenn man den Zwilling weggelassen hätte und es einfach das Ziel wäre in möglichst wenig Runden die Siegbedingungen zu erfüllen. Weniger Verwaltungsaufwand und weniger Zufall!
Wenn man die Tauschverhältnisse betrachtet und Schafe als Grundeinheit nimmt, dann braucht man um das Spiel zu gewinnen ein Äquivalent von mindestens 66 Schafen. Im Solospiel ist das in der Regel in 5-7 Runden zu schaffen. Im Mehrpersonenspiel kann das etwas schneller gelingen, schließlich nutzt man ja stets einen Würfel des aktiven Spielers mit.
Mein Königreich für ein Pferd ist also ein vergleichbar kurzes Spiel, bei dem man nicht viele Züge hat. Umso ärgerlicher sind dann natürlich schlechte Würfe, welche man nicht nutzen kann. Dies gilt im Besonderen dafür, wenn man auf Grund fehlender Zäune keine weiteren Tiere aufnehmen kann. Deutlich hinterfragen möchte ich das Balancing der Handkarten. Es gibt einige Karten im Stapel, welche, wenn gut getimed, I-Win-Karten sind.
Um einmal die Bandbreite der Karten exemplarisch aufzuführen: Die Karte „Geschoren und Rosa angemalt“ ermöglicht einmalig zwei Schafe gegen zwei Schweine zu tauschen. Man spart zum normalen Tauschkurs also zwei Schafe. Hingegen ermöglicht es die Karte „Little Bacon“ gegen Abgabe von einem Schwein die Schweine 2x vermehren zu lassen. Hat man okay aufgebaut und hat bspw. 7 Schweine auf der Weide, so macht man mit diesem Zug alleine durch die Karte 6 Schweine (bzw. 12 Schafe, sofern man Schafe als Grundeinheit sieht). Und es geht noch deutlich besser. Karten der Kategorie „Little Bacon“ gibt es noch eine Handvoll andere unter den 36 möglichen Handkarten. Der Großteil der Karten gewährt aber eher kleine Vorteile wie bei „Geschoren und Rosa angemalt“.
Da die Karten vollkommen zufällig unter den Spielenden verteilt werden, sehe ich hier ein immenses und oft spielentscheidendes Glücksmoment.
Ein etwas eigenes Element finde ich auch den Umgang mit der Limitierung des Spielmaterials. In jeglicher Spielerkonstellation spielt man mit allen Tieren (32 Schafe, 32 Schweine, 32 Rinder und 12 Pferde). In Solo-Partien oder Zweipersonenpartien ist dieses Material in der Regel auch hinreichend. Bei mehr Spielern wird es jedoch immer wieder knapp. Hierfür gibt es einen Behelf in der Regel: Den Sondertausch. Dieser tritt unmittelbar in Kraft, wenn Material ausgeht aber eigentlich ausgegeben werden müsste. Sodann werden Spieler zum Tiertausch gezwungen und müssen, wenn es blöd läuft, auch Tiere weglaufen lassen.
Die kann man in größerer Runde natürlich auch als taktisches Element gegen die Mitspieler einsetzen. Ich frage mich jedoch inwiefern diese Regel nicht eher ein Behelf ist um die Begrenzung des Materials auszugleichen. Faktisch ergibt sich durch die erzwungenen Täusche ein stark anderer Spielfluss in voller Runde im Vergleich zum Solo- oder Zweipersonenspiel. Wenn dies ein gewolltes Spielelement wäre, dann hätte man bei niedriger Spieleranzahl auch festlegen können, dass nicht mit allen Tierfiguren gespielt wird. Dann wäre das Spielgefühl unabhängig der Spielerzahl vergleichbarer. So vermute ich sehr, dass diese Regel wirklich nur ersonnen wurde um mit dem vorhandenen Material hinzukommen.
Abgesehen davon, dass man Mitspieler zum Sondertausch zwingen kann, spielt sich Mein Königreich für ein Pferd eher solitär. Man ist sehr auf den eigenen Weideplan bedacht und die Handkarten sind ebenfalls durchweg auf das eigene Material bezogen. Einzig bei der Auswahl aus dem Wurf des aktiven Spielers kommt ein wenig gemeinschaftliches Spielen auf. Allerdings ist hier die Auswahl meist trivial. Erste Wahl ist fast immer der Vermehrungswürfel. Ansonsten wird man, wenn möglich und noch nötig, zwei weitere Zäune nehmen. Die letzten in der Reihenfolge nehmen was übrig bleibt.
Ein wirklich gelungenes Element finde ich die Tiertauschregeln in der Verbindung mit der Gestaltung der Würfelseiten. So sind Schafe sehr einfach zu erlangen und zu vermehren aber recht wertlos. Hingegen sind Rinder wertvoll aber nur schwer zu würfeln. Das führt schon zu interessanten Abwägungen beim Nachwürfeln. In der Regel wird man aber schon zur sicheren Variante tendieren. Immerhin hat man nur eine Sechstel Chance auf dem Vermehrungswürfel das Rind zu werfen. Angesichts dessen, dass das Spiel oft nur wenige Runden dauert und es starke Handkarten gibt, welche Schaf- und Schweinewürfe verbessern, wird man also fast immer auf Schwein oder Schaf gehen.
Ein wenig hinterfragenswert als veritable Option finde ich auch die halben Rinder auf den Würfeln. Meiner Meinung nach ist es deutlich zu risikoreich darauf zu spielen. Wie bereits erwähnt kann man auch leicht durch zu wenig Zäune begrenzt werden. Auch hier bin ich unsicher ob der Designentscheidung Zäune fast ausschließlich über Würfel zugänglich zu machen. Dies kann einen schon sehr reinreiten und aus dem Spiel nehmen.
Ein großes Plus verbucht Mein Königreich für ein Pferd im Bereich der Gestaltung. Zuvorderst die Tier-Meeple du Zäune aus Holz machen einiges her und wirken auffordernd. Die Handkarten und Spielübersichten sind klar und eindeutig gestaltet.
Ein wenig mehr thematische Einbettung wäre vielleicht noch möglich gewesen, wenn es ein allgemeines Tableau gegeben hätte auf dem die Tiere im Vorrat gelagert werden. Vielleicht mit der Abbildung eines Marktes oder Bauern mit denen man dann in der Tauschphase Geschäfte macht. So wirkt die Tauschphase eher wie eine Verwaltungsphase bei der man mit dem Vorrat auf der Tischmitte aus beliebigen Gründen Material tauscht. Auch in der Anleitung ist das in keiner Form thematisch eingebettet. Besser gelingt dies bei den Handkarten, welche alle einen individuellen Titel haben wie z.B. Dolly, das Klonschaf.
Beim Titel Mein Königreich für ein Pferd könnte man leicht auf die Idee kommen, dass es sich um ein Spiel über Pferde handelt. Vielleicht sogar um ein Spiel, bei dem man seinem Pferd den Hof besonders schön gestalten soll. Unterstützt wird das sicher noch durch auf dem Spielecover im Vordergrund stehende Pferd. Realistisch geht es aber viel mehr um die anderen im Hintergrund stehenden Tiere. Pferde sind bei Mein Königreich für ein Pferd in aller Regel das letzte was wir ertauschen bevor das Spiel dann auch ganz flott vorbei ist.
Man sollte sich also davor hüten das Spiel Pferdeliebhabern zum Geschenk zu machen. Es wird die Erwartungen wohl nicht erfüllen. Besser bedient sind mit Mein Königreich für ein Pferd Gelegenheits- und Familienspielerrunden, welche Freude an Tiervermehrungsmechanismen in der Form von Agricola haben, mit Glückselementen leben können und zu eher leichteren Spielregeln tendieren.
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Mein Königreich für ein Pferd von Moritz Schuster
Erschienen bei Kobold Spieleverlag
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 45 Minuten ab 8 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Kobold Spieleverlag)