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11.11.2021

Great Plains


Oh, schau mal, ein süßer Fuchs und eine süße Schlange auf dem Cover, das nehme ich gleich für mein 7-jähriges Patenkind mit! Kannst du gerne machen, aber beim Umdrehen der Schachtel wird dir bei diesem 2-Personen-Spiel als Altersempfehlung eine 10+ bei einer Spielzeit von etwa 20 Minuten angezeigt. Daher gilt beim Kauf eines neuen Spiels vor allem für nichtsahnende Eltern doch hin und wieder mal ein Blick auf die Rückseite der Box zu werfen. Great Plains ist nun nicht die komplexeste Angelegenheit, doch wir haben es hier im Grunde mit einem hübsch thematisch verpackten abstrakten Strategiespiel zu tun, in dem wir uns mit unseren Füchsen oder Schlangen allmählich auf dem Spielplan ausbreiten, um am Ende des Spiels Mehrheiten in verschiedenen Jagdgründen zu haben und entsprechend zu punkten. 

Dort, wo sich der Hase und Igel sprichwörtlich gute Nacht sagen, ist bekanntlich nicht viel los. Ganz anders sieht es jedoch in Great Plains aus, wo Fuchs und Schlange keine Zeit zum Schlafen haben, da sie viel zu beschäftigt sind, sich gegenseitig zu bekriegen. Doch wie genau das Ganze abläuft erfahrt ihr gleich nach einem kurzen Überblick übers Material. 


Material

Kleine Schachtel, wenig Inhalt. Und doch werde ich kein negatives Wort übers Material verlieren. Ganz im Gegenteil gefällt es mir sehr, dass es keinen unnötigen Schnick-Schnack gibt, sondern lediglich sieben doppelseitig bedruckte, hexagonale Spielfeldtafeln aus stabiler Pappe, drei Höhlenplättchen aus Pappe sowie zwanzig hölzerne Stammesfiguren pro Spieler, und insgesamt neun Totemplättchen, ebenfalls aus dicker Pappe. Es ist also nur das drin, was man zum Spielen benötigt, und an der Optik – die mich irgendwie ein wenig an Kingdomino erinnert – gibt es meines Erachtens auch nichts zu meckern. Die Spieltafeln sind farbenfroh und bleiben dabei doch sehr übersichtlich. Und mehr gibt es zum Material im Grunde auch nichts zu sagen. Daumen hoch und weiter!

Ablauf

Eine Partie Great Plains ist in zwei Phasen unterteilt. Nachdem die sieben Spieltafeln zufällig in der vorgegebenen Form (siehe Bilder) aneinandergelegt wurden, beginnen die Spieler zunächst damit, abwechselnd ihre drei Höhlen auf den Höhlenfeldern der Spielpläne zu platzieren, sodass am Ende nur ein Höhlenfeld leer bleibt. Und dann beginnt auch schon die zweite Phase des Spiels, in der die Spieler nun in umgekehrter Reihenfolge nacheinander immer jeweils eine ihrer Stammesfiguren platzieren, bis alle Stammesfiguren auf den Spieltafeln verteilt sind und das Spiel mit der Schlusswertung endet.


Und auch die Platzierungsregeln sind denkbar einfach: entweder ich setze eine Stammesfigur auf ein Feld, das benachbart zu einer meiner Höhlen ist, oder benachbart zu einer meiner bereits platzierten Stammesfiguren, wobei man Gebirgsfelder nie und bereits besetzte Felder nur über eines der Totemplättchen betreten darf. Auf diese Weise breitet man sich also schrittweise aus, wobei es neben den Gebirgsfeldern, die nie betreten werden dürfen, nur noch die für die Wertung relevanten Graslandfelder sowie die Tieflandfelder gibt, auf denen jeweils eines der drei vorhandenen Totems (Pferd, Adler oder Bär) abgebildet ist. Beim Betreten eines solchen Totemfelds, erhält man – falls vorhanden – das entsprechende Totem aus dem Vorrat, wobei es von jeder Sorte nur drei Stück gibt, die erst wieder zurück in den Vorrat wandern, wenn ein Spieler das entsprechende Totem einsetzt. 


Jeder dieser Totems erlaubt es dem Spieler, die Platzierungsregeln etwas zu verändern. Setzt man ein Pferd ein, darf man seine Stammesfigur auf ein Feld, das bis zu zwei Felder entfernt liegt, setzen und dabei sogar besetzte (oder freie) Tieflandfelder überspringen. Gebirgsfelder darf man auf diese Weise jedoch nicht überspringen, denn hierfür braucht man den Adler, der es einem erlaubt, eben ein Gebirgsfeld (kein Tieflandfeld) in gerader Linie zu überspringen. Und zu guter Letzt kommt der gemeinste aller Totems, der Bär, ins Spiel: mit diesem darf ich zwar kein Feld überspringen, aber ich darf mich auf ein bereits vom Gegenspieler besetztes Feld setzen und die sich darauf befindliche Stammesfigur in Platzierungsrichtung wegpushen, sofern sie nicht von einer anderen bereits platzierten Figur geblockt wird – in diesem Fall darf man den Bären nicht einsetzen. Und sollte es mir mit dem Bären gelingen, eine Figur auf ein Gebirgsfeld oder aus dem Spielplan hinauszustoßen, wird die herumgeschubste Figur komplett aus dem Spiel genommen. Allerdings darf man pro Spielzug immer nur ein Totem einsetzen.


Am Ende des Spiels – wenn also alle Stammesfiguren platziert wurden – werden die verschiedenen „Jagdgründe“, also aneinanderhängende Graslandfelder, nacheinander betrachtet und es wird geschaut, welcher Spieler jeweils die Mehrheit an Stammesfiguren hat. Dieser Spieler erhält dann alle Punkte für diesen Jagdgrund, d.h. Anzahl der Graslandfelder plus etwaige Quellfelder, die hier und dort auf den Spielplänen verteilt sind. Bei Gleichstand erhält niemand Punkte. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt. 

Und ich glaube meine Zusammenfassung der Regeln hier ist länger und komplizierter als die Regeln im Regelheft, also ein klares Plus für den Verlag und die Spieleanleitung, und ein fettes Minus für mich als Laberbacke… Ich hoffe, ihr seht es mir nach! :)


Fazit

Bei Great Plains handelt es sich um ein schnell gespieltes und strategisch doch recht anspruchsvolles 2-Personen-Spiel mit sehr schlankem Regelwerk. Was sollte einem daran nicht gefallen? Der einzige wirkliche Kritikpunkt, der mir hierzu einfällt, ist die Tatsache, dass die thematische Einbettung mit Fuchs, Schlange und der Hilfe mystischer Ahnen in Form von Totems zwar nett klingt, man hier jedoch im Grunde ein sehr abstraktes Strategiespiel geboten bekommt, dass von der Schachtelgestaltung her sehr kinderfreundlich daherkommt, aber doch eher für die ambitionierteren Familien- oder Kennerspieler geeignet ist. Doch auch Expertenspieler wie ich kommen hier natürlich auf ihre Kosten, und vielleicht füge ich noch hinzu, dass die Downtime zwar normalerweise nicht allzu hoch sein sollte, dies jedoch bei grübelnden Perfektionisten, die sich einbilden, in Schachmanier die nächsten zwölf Züge voraussehen zu wollen, einmal anders sein könnte, so wie es auch bei einem Santorini oder anderen Spielen dieses Genres mal der Fall ist.


Doch abgesehen davon gibt es an Great Plains tatsächlich nichts auszusetzen. Der Spielaufbau und somit auch die Jagdgründe, Tieflandfelder und Gebirgsketten, die sich bilden, ist aufgrund der sieben doppelseitig und in alle Richtungen ausrichtbaren Spieltafeln immer ein wenig anders, was zu einem größeren Wiederspielreiz führt. Ansonsten passt das Spiel in die Kategorie easy to learn and hard to master. Im Grunde kann ich das Spiel auch meinem 7-jährigen Patenkind beibringen, doch es wird einfach keine Chance gegen mich haben, da der Spielablauf zwar sehr simpel ist, doch die strategischen Möglichkeiten auch aufgrund der drei Totems sehr variabel. So wie man es auch aus anderen abstrakten Strategiespielen (mit oder ohne übergestülptem Thema) gewohnt ist, zeigt die Lernkurve auch bei Great Plains nach den ersten Partien immer steiler nach oben. Und da eine Partie im Normalfall recht schnell gespielt ist, bieten sich Folgepartien an, vorausgesetzt man hat noch genügend Konzentration und Hirnschmalz übrig.


Auch die Optik und das Material sind wirklich gut und ansprechend, was zusätzlich zum Spielspaß beiträgt. Und das Mehrheitenprinzip bei der Jagdgrundwertung führt zwangsläufig immer zu der Frage, ob ich nun all meine Macht in die Eroberung des fetten und hart umkämpften Jagdgrunds stecke, oder ob ich mich hin und wieder auch in Richtung eines etwas weniger wertvollen und doch auch Punkte bringenden Jagdgrunds bewege. Doch dann wird mein Gegenüber vor die Wahl gestellt, das vorher umkämpfte Gebiet gleich endgültig für sich abzusichern, oder auf meine strategische Umplanung zu reagieren, um vielleicht am Ende doch noch in die Röhre zu schauen, wenn ich mir das noch nicht vollständig gesicherte Gebiet mithilfe meiner Totems doch noch unter den Nagel reiße, während meinem Kontrahenten die Totems fehlen, um sich dagegen zu wehren. 


Wer auf hübsche und thematisch nett eingebettete abstrakte 2-Personen-Spiele mit leichten Regeln und strategischem Tiefgang sowie einer leicht erbarmungslosen auf Mehrheiten basierenden Wertung steht, der kann hier bedenkenlos zuschlagen. Und ob ihr am Ende clever wie ein Fuchs oder hinterlistig wie eine Schlange agiert, ist natürlich euch überlassen. Meine Sammlung wird das Spiel jedenfalls nicht so schnell verlassen und ich wünsche euch, wie immer, viel Spaß mit Great Plains!
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Great Plains von Trevor Benjamin und Brett J. Gilbert
Erschienen bei Lookout Spiele
Für 2 Spieler in ca. 20 Minuten ab 10 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Lookout Spiele)
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