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18.10.2021

Honey Buzz


Pünktlich zur Messe in Essen flatterte bei uns eine englische Ansichtsfassung von Honey Buzz herein, einem Spiel, dass demnächst bei Skellig Games auf Deutsch erscheinen wird. Insofern können wir an dieser Stelle noch nichts über die lokalisierten Komponenten sagen, aber ganz viel über das Spiel selbst.

Wer nach Flügelschlag, Mariposa, Dodo und Konsorten aktuell einen Bogen um Spiele mit einem tierischen Setting macht oder wer vielleicht denkt, dass das honigsüße Spieldesign von Honey Buzz sich eindeutig ausschließlich an Kids und / oder Familien richtet, der oder die sollte trotzdem mal einen Blick auf Honey Buzz wagen, denn hier steckt mehr drin, als man vielleicht mit einem (vorurteilsschwangeren) Blick denken könnte.

Und das ist durchaus wörtlich gemeint. Die Box im „Standard-Quadrat“ ist ordentlich vollgepackt mit hochwertigen Komponenten. Das beginnt bei der Anleitung, die es locker mit jedem Hochglanz-Exposee aufnehmen kann, zieht sich über die toll gestalteten Spiel- und Player-Boards bis hin zu den Karten, Markern, Tiles und Bienen-Meeple und den Honig-Gummi-Teilen (dazu später mehr). Wie gesagt, das Material stammt aus der englischen Fassung, doch hege ich keinen Zweifel, dass die lokalisierte Fassung in einer ähnlichen Qualität daherkommen wird. Schließlich lässt sich bereits bei den Vorbestellungsmöglichkeiten sehen, dass Honey Buzz im eher höherpreisigen Segment angesiedelt ist. Sollte die Qualität die gleiche sein, bekommt man hier für sein Geld aber definitiv auch hochqualitatives Material und ordentlich was fürs Auge geboten. Aber weg von der Spekulation und hin zum eigentlichen Spiel:


Zielgruppe? Ich würde sagen gehobenes Familiensegment, aber durchaus auch Kenner- und Vielspieler. Warum? Das versuche ich Euch mal so kurz es geht zu erklären:

Die Anleitung begrüßt einen zunächst einmal mit einer zweieinhalbseitigen, vollgepackten Aufbauanleitung mit diversen Tabellen, wie das Spiel in Anlehnung an die Spielerzahl anzupassen ist. Hier mag die geneigte Nichtspielerin bereits aussteigen und auch die Kindergruppen sind hier definitiv raus. Es mag vielleicht etwas blöd klingen, aber es ist wirklich gut so, denn für diese beiden Zielgruppen sind das Spiel und seine Mechaniken wirklich nicht gemacht. Hat man alles aufgebaut, erhält man einen Kurzüberblick, der das Spielziel klar zusammenfasst: Baue einen Bienenstock, sammle Nektar, um daraus Honig zu machen und wandle den Honig dann in Siegpunkte um. Ist doch ganz einfach, oder? Nun ja, wie ihr zwischen den Zeilen lesen könnt, ist das nicht ganz so einfach…

Alle am Tisch beginnen mit einem festen Satz an Doppelhex-Starttiles. Eine zufällig gezogene Karte (von der es zwei Schwierigkeitsgrade gibt) gibt dann vor, in welcher Form diese als Start des eigenen Bienenstocks zusammengebaut werden müssen. Die Startspielerin fängt dabei an und darf hier noch entscheiden, wo die jeweiligen Icons der Tiles liegen. Alle anderen müssen exakt diesem Muster folgen. Somit hat zu Beginn also jeder am Tisch die gleiche Ausgangssituation. 


Das Spielbrett selbst ist zweigeteilt und besteht aus einem Bereich, in dem die verfügbaren Doppelhex-Tiles sortiert auf je eigenen Feldern ausliegen und einem Bereich, in dem die Nektarplättchen liegen.

Und dann geht es los. Wer an der Reihe ist darf entweder a) seine Arbeiter nutzen, um ein neues Tile aus der Auslage zu nehmen, um damit seinen Bienenstock zu vergrößern und dabei ggf. ein paar Aktionen auszulösen oder b) seine Arbeiter zurückbeordern und ein wenig Nektar suchen.

Aktion a) bietet also deutlich mehr Möglichkeiten, wobei man hierfür die eben benannten Arbeiter zwingend braucht. Hat man noch welche übrig, setzt man einen der eigenen Arbeiter auf eines der Felder der Tile-Auslage und nimmt sich das entsprechende Tile und muss dieses im eigenen Bienenstock anbauen. Beides hat jedoch noch eine Besonderheit in petto: Beim Workerplacement gibt es keine Spielerzahl-Beschränkungen oder Kosten, man nimmt einfach seine Biene und setzt sie auf ein Feld. ABER: Wenn dort bereits eine Biene liegt, muss ich diesmal zwei Arbeiter einsetzen. Und hat schon jemand vor mir zwei einsetzen müssen, dann muss ich für dieses Tile drei Bienen einsetzen. Und hat schon jemand vor mir drei….dann eben vier… Hierdurch werden die Arbeiter eben selbst zu ihrer eigenen Ressource, was durchaus einiges an Taktik ins Spiel bringt.


Doch damit nicht genug. Die Tiles wollen weise gewählt werden. Ziel der Puzzelei ist es nämlich, seinen Bienenstock so zu gestalten, dass Löcher entstehen. In diese Löcher kann man später nämlich den Nektar einlagern. Jeder Nektar benötigt aber ein bestimmtes Muster an roten Linien, die das Loch im Bienenstock bieten muss, damit dort überhaupt der Nektar rein „will“. Erschwerend darf man die Doppelhexe auch nicht beliebig aneinanderlegen, sondern immer nur mit den jeweils gelben Linien zueinander. Heißt im Umkehrschluss: Jeder Nektartyp braucht ein festgelegtes Muster an Tiles im Bienenstock.

Und da das allein nicht reicht, sollte man noch zusehen, dass man um ein Loch herum möglichst viele Icons hat. Denn diese Icons stehen für Aktionen. Und hat man einmal ein Loch „fertiggestellt“, triggern alle Aktionen, die um dieses Loch sind, sofort und müssen abgearbeitet werden. Man sollte sich also seeehr gut überlegen, wann man welches Tile an welcher Stelle in seinen Bienenstock einbaut. Die Aktionen, die dann durch die Icons losgelöst werden, sind: nach Futter suchen, Honig produzieren, den Markt nutzen, Kinder kriegen (= weitere Arbeiter gewinnen), 5 Geld nehmen sowie ein Joker, der die freie Wahl aus den Aktionen lässt.


Das Futtersuchen wird dann auf dem anderen Spielbrett „gespielt“. Hier liegen die Nektartokens wild verstreut in der Gegend aus und jeder Spieler hat ein Bienchen, mit dem er über die Wiese fliegen kann. Aber immer nur ein Feld. Landet man auf einem Feld, auf dem ein Nektar liegt, der in den eigenen Bienenstock passt, darf man sich diesen nehmen und in den Bienenstock legen. Passt der Nektar nicht oder ist gar nichts mehr auf dem Feld, dann bekommt man einen Pollen. Möchte man sich nun weiterbewegen, dann muss man pro Feld 2 Münzen abgeben. Honig produzieren läuft dagegen ganz leicht: Man legt einen Fächer in den Bienenstock. Jeder Nektar, der an diesen angrenzt (also maximal 3), auf dem noch kein Honig liegt, bekommt ein passendes Honig-Teilchen. Auch beim Gewinnen weiterer Arbeiter braucht man nichts weiter tun. Herz des Ganzen ist dann der Markt (der zugegebenermaßen thematisch nicht so wirklich passt, aber mechanisch mehr als Sinn macht!): Mit dieser Aktion kann man entweder eine Sorte Honig oder seine Pollen für Münzen an den Markt verkaufen oder die Bestellungen der Waldbewohner, die meistens eine Kombination verschiedener Honigsorten brauchen, für Siegpunkte erfüllen. Lasst Euch von den Begriffen Siegpunkte und Münzen nicht verwirren. Am Ende sind beides Siegpunkte, doch dazu gleich noch mehr. Der Clou am Markt: Jede Honigsorte sowie die Pollen haben einen Startwert. Verkauft eine Spielerin eins davon am Markt (in beliebiger Menge), sinkt der Preis dafür dauerhaft um eins. Und sind vier der fünf Waren an ihrem untersten Preis angekommen, endet das Spiel. Das gleiche passiert, wenn zwei der drei Bestellungsstapel der Waldbewohner aufgebraucht sind.


Bei Aktion b) passiert dagegen nicht wirklich viel. Man holt alle seine Bienchen vom Board nach Hause und darf einmal nach Futter suchen, wobei man hier nicht mehr gegen Münzen weiterfliegen darf.

Soweit die Handlungsmöglichkeiten im Spiel, die allein schon ausreichen, um das Spiel durchaus anspruchsvoll zu machen. Nun kommen aber noch die Contest-Karten dazu. Zu Beginn eines Spiels werden drei hiervon auf das Board gelegt und bringen beim Erfüllen Sonderpunkte. Manche dieser Contests sind zeitbasiert – sprich: die erste, die die Bedingung erfüllt, bekommt die Punkte für den 1. Platz – und andere wirken erst am Spielende. Jede Karte weist dabei Punkte für die ersten drei Platzierungen aus, wobei der letzte Platz niemals Punkte bekommt. Heißt also, im Spiel zu zweit bekommt immer nur die Erstplatzierte die Sonderpunkte. Die Karten bringen dabei durchaus ordentlich Punkte, sodass sie durchaus spielentscheidend sein können. Heißt: Man sollte diese Contests zwingend bei der eigenen Puzzelei beachten, sonst kann es passieren, dass alle anderen bei der Abschlusswertung an einem vorbeiziehen.

Und apropos Abschlusswertung: Endet das Spiel zählen die erwirtschafteten Münzen, die Punkte der Bestellungskarten, jede Ressource sowie natürlich die Contest-Platzierungen. Wem das alles vom Anspruch her noch nicht reicht, der darf das Spielbrett mit den Nektartiles umdrehen und mit verdeckten Nektar-Tiles spielen - wobei sich die Regeln ein klein wenig ändern - und auch ein Solo-Modus inklusive eigens dafür beigefügtem Material darf heutzutage natürlich nicht fehlen.

Soweit also zur Frage was man hier eigentlich spielt und hin zu den entscheidenden Fragen, wie es sich denn nun spielt und für wen es eigentlich gemacht ist. Punkt eins ist schnell gesagt, denn es spielt sich herrlich „fluffig“ und man hat immer das Gefühl, etwas Sinnvolles tun zu können. Zwar kann es durchaus auch mal zu Downtimes kommen, da die Entscheidungsmöglichkeiten es durchaus in sich haben. Aber in dieser Zeit grübelt man natürlich selbst über seinem eigenen Bienenstock und überlegt: „Wenn ich nun meinen Bienenstock hier so ausbaue, dass ich mit einem Loch 5 Aktionen bekomme und darunter auch die Marktaktion doppelt, die ich wirklich dringend brauche, dann habe ich aber ein Loch für Akazie geschaffen…und die gibt es nicht mehr als Nektar, macht also keinen Sinn, dann baue ich doch lieber so, dass ich da Kirschblüte reinbekomme und dann hab ich halt nur 4 Aktionen, aber dann brauche ich jetzt ein Tile mit einem Markt…oh, da liegt schon ein Stapel mit 3 Bienen, aber zum Glück habe ich noch 4 übrig…aber lohnt sich das dann? An den anderen Stellen könnte ich mit meinen 4 Arbeitern noch 3 Tiles abgrasen und sogar zwei Löcher zu machen, aber ohne Markt…Mist“. Ihr seht: nix für Kinder, sondern durchaus im deutlich gehobenen Familienspielsegment, eigentlich schon ein Kennerspiel. 


Und genau hier besteht für mich eine gewisse Diskrepanz, die scheinbar durch Everdell zur Mode gemacht wurde und kürzlich ja auch in meiner Kickstarter-Preview zu Somewhere under the rainbow bei mir etwas merkwürdige Eindrücke hinterlassen hat: Wenn man ein Spiel für Erwachsene auf den Markt bringt, warum muss das ganze dann mit einer kindlich-zuckersüßen Optik daherkommen? Ich sehe hier wirklich das Problem, dass Kids und junge Nichtspieler-Familien das Spiel sehen und denken „wow, ein tolles Kinderspiel“ und damit total auf die Nase fallen. Schwierig. Da lobe ich mir dann Verlage, die auf ihre Cover groß und deutlich den Anspruch eines Spiels aufdrucken, auch wenn dies meist die Cover verschandelt. Aber sei’s drum. Das ist jetzt eher meckern auf der Meta-Ebene. Als Spiel funktioniert Honey Buzz wirklich richtig gut. Die Puzzelei ist ungeheuer motivierend und meist hat man eher zu viele Möglichkeiten als zu wenige. Gegen Spielende werden diese natürlich deutlich reduziert, aber dann muss man eben zusehen, dass man aus dem, was man hat, noch das beste herausholt. Die Altersempfehlung ab 10 passt grade so, wobei grade die jüngeren noch einiges an Hilfestellungen brauchen und das Spiel ein paar Mal gespielt haben sollten, um die ganzen Entscheidungen auch wirklich überblicken zu können.

Im Kern also ein rundum gelungenes Spiel für Kenner und solche, die es werden wollen. 

Und nun nochmal kurz zum Material der Honig-„Steinchen“. Diese bestehen aus einem Gummi, dass sich toll anfühlt und wirklich extrem gut ins Setting passt. Leider bringt es dieses Material oft mit sich, dass es im laufe der Jahre klebrig wird und Schmutz an sich zieht und irgendwann komplett durchtrocknet. Ich kann natürlich nicht sagen, ob die Steinchen aus dem Material bestehen, das ich hier im Sinn habe, oder ob es da mittlerweile neue Mischverhältnisse gibt, die diese Entwicklung verhindern. Beim Auspacken waren aber bereits zwei der Steine in ihren Tütchen leicht „angeklebt“, so dass ich hier etwas skeptisch wurde. Aber es bleibt Spekulation und mindert (zunächst) nicht den großartigen Spielspaß, den man mit Honey Buzz erleben kann.
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Honey Buzz von Paul Salomon
Erschienen bei Elf Creek Games
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 60 Minuten ab 10 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Kosmos)
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