Ich verrate Euch nun ein streng gehütetes Geheimnis. Bitte achtet darauf, dass kein Kind in Eurem Umfeld das hier zu sehen bekommt, denn sonst könnten Tränen fließen oder Ihr werdet aufgefordert, schnellstens ein Einhorn beim Aldi oder Lidl oder Penny oder Netto oder oder oder zu besorgen. Bitte lest nur weiter, wenn Ihr sitzt und es Euch körperlich und geistig gut geht. Die BoardgameMonkeys übernehmen keine Haftung, wenn ihr weiterlest:
Regenbögen werden nicht durch die Natur gemacht, sondern an einem Ort namens Glitzernder Hain, von kleinen Lebewesen…und zwar aus Einhornkot! Dieses Einhorn lebt nämlich im Glitzernden Hain und sucht immer dann Futter, wenn der Mond am dunkelsten scheint und genau dann hinterlässt es auch einen „prächtigen, vielfarbigen, kristallartigen Kackhaufen“ (Zitat aus dem Spiel!) und die kleinen Waldbewohner schnappen sich ihre Pömpel und sammeln das Zeug auf, um die Regenbogenmaschine damit zu füttern.
Soweit also das Setting von Somewhere Under the Rainbow, einer Preview zu einer kommenden Kickstarter-Kampagne. Wenn ihr von dem Setting nun abgeschreckt seid, kann ich das schon verstehen. Allerdings offenbart ja bereits der Titel, wie man dieses Spiel sehen muss: Mit einer ordentlichen Prise Selbstironie und ganz viel Humor. Sonst kommt schnell das Urteil „Klamauk im Setting, Klamauk in den Mechaniken“ auf und das hätte das Spiel nicht wirklich verdient, denn die Mechaniken sind alles andere als Kindergarten…äh…ich meine Regenbogenwald. Doch was steckt in der Schachtel?
So einiges! Das Spiel kommt mit wirklich hübsch gestalteten Komponenten daher, denen man die Liebe zum Detail ansieht. Beginnend mit rund 108 dreieckigen(!), glitzernden(!) Kotsteinen(…) über entsprechende Schalen und Raster, coolen Spielfiguren, schönen Karten, einer 3D-Regenbogenmaschine, durchsichtigen kleinen Glitzerwürfeln und Mini-Pömpeln bis hin zu den großen Playerboards und einer graphisch wie inhaltlich toll gemachten Anleitung. Optisch ist das Spiel ein echter Hingucker, vor allem für Kids. Das empfohlene Mindestalter von 10+ machte mich da zunächst etwas stutzig, aber warten wir es mal ab.
Aber worum geht es denn nun eigentlich? Sind wir nun kooperativ das (unsichtbare) Einhorn oder die Regenbogenmaschine oder die kleinen Waldbewohner? Ganz klar: letzteres, wie ihr vermutlich schon an den Mini-Pömpeln erkannt habt. Ziel ist es nämlich, der beste Regenbogenerschaffer oder die beste Regenbogenerschafferin im Glitzernden Hain zu werden. Nichts leichter als das? Kot aufsammeln und in die Maschine schmeißen? Denkste! Zu Beginn wählt sich jedes Waldwesen einen Stein aus dem dreieckigen Raster aus, nimmt diesen auf sein Board und stellt seine Spielfigur in die nun entstandene Lücke im Raster (oder, wer dies für das Setting noch braucht: man stellt seine Spielfigur mitten in den Kackhaufen). Dabei ist es wichtig zu wissen, dass in jedem Platz im Raster auch mehrere Steine übereinander liegen können.
Nun beginnt das eigentliche Spiel. Ist man an der Reihe, muss man eine von zwei Aktionen wählen: A) Einhornkot sammeln oder B) Das Dorf besuchen. Bei A) Bewegt man seine Figur in Blickrichtung – die auf dem Fuß der Figur angegeben ist – über das Raster, kann dabei aber nicht über Steine drüber, die höher als der eigene Standpunkt sind. Auch andere Spieler können nur übersprungen werden, wenn sie tiefer stehen, als die eigene Figur. Landet man auf einem Stein, sammelt man diesen auf und legt ihn auf das eigene Board, wobei hier die Reihenfolge wichtig ist und maximal vier Steine auf das Board passen. Dabei werden Erinnerungen an den Musiksender Viva wach, aber ich glaub, den kennt heute keiner mehr und ich schweife auch ab ;).
Bei B) gibt es dann wieder mehrere Möglichkeiten, aus denen man mindestens eine auswählen muss, aber eben auch gerne alle machen darf: 1) gleichfarbeigen Kot (der jetzt nicht mehr so heißt. Jetzt sind es „Regenbogensteine“ ;) in die Regenbogenmaschine werfen, um dafür Glitzersteine zu bekommen, 2) mit Glitzersteinen Einkaufen gehen, wobei Zutaten, Wunderboxen (Aktionskarten) und Regenbogenmilch (eine Art Joker für das Essen, aber dazu gleich mehr) zu kaufen sind oder 3) Essen (was eigentlich eher „füttern“ heißen sollte).
Die Krux bei 1) ist, dass man mindestens zwei gleichfarbige Steine braucht und nur Farben einzahlen darf, die noch nicht in der Maschine sind. Das Schöne daran: man erkennt jederzeit, welche Farben noch fehlen, da die Maschine eine schicke dreieckige Plexiglasröhre hat, in der sich die Steine sammeln. Sind alle Farben drin, wird ein Regenbogen generiert und die Maschine leert sich, wobei alle genutzten Steine erstmal versteckt werden. Den Sinn dieses Versteckspiels werdet ihr bei der Wertung noch sehen. Dreieckige Röhren haben dabei grundsätzlich ein Problem, wenn dreieckige Steine reingeworfen werden: Die Steine verkanten sich recht gerne und das ganze „flutscht“ dann nicht so wirklich. In unseren Testspielen konnten wir das aber meistens mit einem leichten Ruckler an der Röhre ausbügeln. Nur einmal hatten wir damit kein Glück und hatten ein riesiges Chaos in der Röhre angerichtet. Das war aber nicht schlimm, da trotzdem noch alle Steine reinpassten. Das Verkanten ist also nur optisch nicht so schön. Spielerisch kann es normal weiter gehen.
Bei 3) kombiniert man zwei gekaufte Zutaten zu einem Essen und füttert das Einhorn damit. Dabei gibt es für jede Zutatenkombination je zwei Karten die anzeigen, wie gern das Einhorn dieses Essen hat und es winken Geschmackspunkte. Diese erkennt man auch jeweils auf den Zutaten, so dass man immer weiß, was man da kocht. Doch Vorsicht: Hast du dem Einhorn schon was zu futtern gegeben, muss das nächste Essen entweder die gleiche Farbe besitzen oder eine Farbe, die im beiliegenden Farbrad (mit 6 Farben) zu dieser Farbe benachbart ist. Hier kommt dann die Einhornmilch ins Spiel, die es erlaubt, dem Einhorn eine beliebige Farbe an Essen zu verfüttern. Außerdem gibt es bei Verfüttern noch Boni für diejenigen, die die ersten drei Essen zubereiten (Fast-Food-Marker in Gold, Silber, Bronze).
Das Spiel endet, wenn der vierte Regenbogen erstellt wurde. Und dann erfolgt die Wertung, die es ein wenig in sich hat (was gleich auch die Altersempfehlung ab 10 erklärt): Zunächst zählen alle ihre Geschmackspunkte aus dem gefütterten Essen zusammen. Soweit, so einfach. Dann wird geschaut, woraus die vier Regenbögen bestanden: Alle(!) benutzten Steine werden nach Farben sortiert und jeweils sechs pro Farbe werden weggelegt. Nun wird geschaut, wer die meisten Geschmackspunkte je Farbe(!) angehäuft hat. Diejenige erhält dann sämtliche(!) Steine dieser Farbe, wobei jeder Stein einen Punkt(!) bedeutet. Außerdem kommen nun noch Sonderpunkte durch die Fast-Food-Marker oder die Wunderboxkarten hinzu. Und bei einem Unentschieden gewinnt die wertvollere Fast-Food-Marke. (!)…(ach nee, das Ausrufezeichen passt hier nicht, sorry).
Und genau an diesem Wertungsmechanismus können sich nun durchaus die Geister scheiden. Oder anders: genau dieser Wertungsmechanismus reißt das Spiel mit aller Macht aus der Kinderspielecke, in die uns das Setting verleiten wollte. Denn es kommt hier ganz arg darauf an, immer einen Überblick darüber zu haben, aus wie vielen Steinen welcher Farbe die Regenbögen bisher gebaut wurden und ggf. diese soweit möglich selbst zu „steuern“. Gleichzeitig sollte man drauf achten, immer Essen eben jener Farbe zu kochen, die auch am meisten für den Regenbogenbau genutzt wurde. Auch das Laufen auf dem „Kackhaufen“ ist nicht so leicht, wie es sich vielleicht anhört: Dadurch, dass wir über ein dreieckiges Raster laufen und immer auch die Blickrichtung für den nächsten Zug bestimmt, muss man bei jedem Zug schon sehr genau planen, wo man eigentlich in der nächsten Runde oder besser noch den nächsten Runden eigentlich hinwill. Und dann darf niemand einem in die Quere kommen, was schier unmöglich ist.
Für Kindergartenkinder ist Somewhere Under the Rainbow also absolut nichts. Grundschüler sollten dagegen zumindest lesen können und seeehr weitsichtig (im mentalen Sinne) sein. Das kommt hier ganz aufs Kind an. Als Familienspiel taugt Somewhere under the Rainbow aber durchaus und auch in älteren Gelegenheitsspielerrunden und auch Vielspielerrunden sorgen die Mechaniken durchaus für Spielspaß, denn durch die recht komplexe Wertung ist das Spiel eben doch deutlich anspruchsvoller, als es den Anschein macht…wenn man denn das Setting ausblenden kann, das wahrlich nicht jedermanns und -fraus Geschmack treffen dürfte. Vielleicht kann aber grade hieran noch etwas getuned werden, denn schließlich verweist auch die Anleitung das ein oder andere Mal auf „Regenbogensteine“ anstatt auf „Kotbrocken“…Und wenn ich ehrlich bin: das Setting ist hier völlig wurscht, passt halt nur durch die bunten Steine recht gut. Austauschbar wäre es trotzdem. Es könnten auch Kometensteine sein, hehe
Und zu guter Letzt: Unsere Kleine hätte sich eben wegen des Settings noch eine Figur eines Einhorns dazu gewünscht, denn dieses ist im Spiel – wie schon erwähnt –unsichtbar…aber für sowas gibt es ja dann vielleicht Stretch-Goals…
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Somewhere Under the Rainbow von Lara Koller und Kiwook Nam
Erscheint bei Tickle Bear Games
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 60 Minuten ab 10 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Tickle Bear Games)