http-equiv = "content-language" content = "en" lang = de; lang=de; Lost Cities: Roll & Write - BoardgameMonkeys_Brettspielrezensionen <BoardgameMonkeys_Brettspielrezensionen></BoardgameMonkeys_Brettspielrezensionen> ~ BoardgameMonkeys_Brettspielrezensionen

16.08.2021

Lost Cities: Roll & Write


Spieleautor Reiner Knizia hat auf Boardgamegeek momentan 635 verschiedene Einträge zu Spielen an denen er mitgewirkt hat. Einige Einträge werden davon Erweiterungen oder Promos sein. Trotzdem ist Reiner Knizias Output enorm. Das liegt auch daran, dass er eigene Spiele und Mechaniken immer wieder überarbeitet und in neuer Form herausbringt. So ist das vorliegende Lost Cities: Roll & Write bereits der fünfte Sprössling der Lost Cities Spielefamilie. Diese ist nun wiederum nah verwandt mit dem Spiel des Jahres Keltis, welches ebenfalls bereits unzählige Ableger hat.

Das eigentliche Lost Cities ist ein Kartenspiel für 2 Personen mit einem Push-Your-Luck-Element und sehr viel Interaktion zwischen den beiden Spielern. Man kann bei Lost Cities dem Gegenüber sehr fies in die Pläne grätschen.

Beim Lost Cities: Roll & Write erkennt man viele Elemente des originalen Lost Cities wieder. Zuallervorderst kann es aber mit bis zu 5 Spielern gespielt werden. Weiterhin enthält das R&W keinerlei Karten. Das benötigte Material besteht aus einem Spielblatt für jeden Spieler und insgesamt sechs Würfeln. Dazu wird noch mindestens ein Stift benötigt. Im Idealfall hat man jedoch für jeden Spieler einen eigenen Stift.


Sind die Regeln bekannt und verzichtet man auf die Box ist das R&W also ein ultrakompaktes Reisespiel, welches man im Grunde in der Hemdstasche mitführen kann.
Bei den mitgelieferten Würfeln handelt es sich um drei Farbwürfel, deren Farben den sechs Expeditionen auf dem Spielblatt entsprechen sowie um drei d10 mit den Werten von 0-9 wobei die 0 sowohl als 0 als auch 10 eingesetzt werden kann.

Lost Cities: Roll & Write führt uns thematisch in den Dschungel und dort auf Expeditionen um Artefakten habhaft zu werden. Im Regelheft wird die thematische Einbindung recht knapp gehalten.
Dies passt auch gut zur restlichen Umsetzung des Spiels. Auf dem Spielblatt sind zwar Amphoren als Artefakte abgebildet. Ansonsten lassen Würfel oder Spielblatt jedoch wenig darauf schließen was wir hier von der Thematik her machen. Das Ganze bleibt ziemlich abstrakt und hätte man statt den Amphoren Sterne auf das Spielblatt malen, so wäre man wohl im Weltall gelandet.

Soll heißen graphisch gibt die Umsetzung als Würfelspiel nicht viel mehr her als ein Kniffelblatt. Das Thema kommt noch am ehesten über die Spielschachtel. Hierfür wurde mit Bernd Wagenfeld auch ein wirklicher Graphiker engagiert. Die Gestaltung des Spielblattes wäre Reiner Knizia wahrscheinlich am heimischen PC durchaus auch noch selbst gelungen.

Ich glaube es wird deutlich. Die graphische Gestaltung des Spieles überzeugt mich nicht wirklich. Ich würde sie als ein wenig lieblos beschreiben. Spielerisch sehe ich das Spiel jedoch anders. Hier wird die erfahrene Handschrift des Autors deutlich spürbar. Und auch wenn man Ähnlichkeiten zu originalen Lost Cities erkennt, so spielt sich Lost Cities: Roll & Write doch merklich anders.


Also was machen wir also bei Lost Cities: Roll & Write?  Klar Würfel würfeln und dann etwas auf unserem Spielblatt notieren. Nomen est omen.
Doch schauen wir ein wenig mehr aufs Detail. Jede Runde wird einer der Spieler zum aktiven Spieler. Dieser würfelt alle sechs Würfel und wählt sich zwei davon aus – einen Farbwürfel und einen Zahlenwürfel. Die anderen vier Würfel stehen den Mitspielern zur Verfügung und können von Ihnen genutzt werden. Auch diese suchen sich jeweils einen Zahl- sowie einen Farbwürfel aus.

Zeitgleich tragen dann alle Spiele die gewürfelte Kombination auf dem Spielblatt ein. Ist dies erledigt, so wechselt der aktive Spieler im Uhrzeigersinn und der nächste Spieler würfelt und wählt aus.

Mit den ausgewählten Würfeln bestimmt man eine Zahl/Farbkombinationen, welche auf dem Spielblatt eingetragen. Jede der sechs Farben steht dabei für eine Expedition, welche als Spalte auf dem Spielblatt dargestellt ist. Die Spalten haben jeweils 9 Felder und man ist bestrebt möglichst oft in einer Spalte einzutragen. Warum? Umso mehr Eintragungen man in einer Spalte hat, umso höher die Punkte für die Spalte am Spielende. Schafft man es jedoch nur 1-3 Felder in einer Spalte auszufüllen, so muss man am Spielende für diese Expedition mit Minuspunkten leben. Da ist es dann schon besser eine Expedition gar nicht zu beginnen.


Beim Eintragen zu beachten ist, dass sie Expeditionsspalten von unten nach oben gefüllt werden. Gefüllt werden die Felder mit den erwürfelten Zahlen. Habe ich bspw. Rot und 5 gewählt, so trage ich eine 5 in die rote Expeditionsspalte ein. Zu berücksichtigen dabei: Die einzutragende Zahl muss immer gleich groß oder größer als die voran gegangene Zahl sein. Man ist also bestrebt die Spalten mit kleinen Zahlen zu starten um sich nicht die Chance zu verbauen in einer Expedition noch was eintragen zu können. Immer wieder kommt man im Spiel aber in die Situation, dass man Zahlensprünge in Kauf nehmen muss. Verhindern lässt sich das nur indem man die Auswahl von Würfeln ablehnt und eines von neun Würfelfeldern auf dem Spielblatt ankreuzt. Doch Vorsicht. Kreuzt man das Neunte Würfelfeld an, so ist das Spiel für einen persönlich zu Ende und die anderen spielen noch weiter bis sie selbst auch alle neun Würfelfelder angekreuzt haben oder das Spielende auf einem anderen Weg eingeleitet wurde. Doch dazu später mehr.

Das Ablehnen von Würfeln sollte man in jedem Fall sparsam einsetzen, da man diese Option in fortgeschrittenen Partien häufig brauchen wird, wenn die gewürfelten Farb-/ Zahlkombinationen einfach nicht mehr eintragbar sind. 
Soweit zum Grundprinzip. Hinzu kommen noch einige Feinheiten wie Verdopplungsfelder, Beschleunigungsfelder, Artefaktfelder und Brückenfelder, welche besondere Strategien und Wege belohnen. 
So hat jede Spalte ein Verdopplungsfeld. Dieses kann nur mit der Null beschriftet werden und vor allem muss es auch als erstes ausgewählt werden. Am Spielende verdoppelt das Feld die Punkte der Expedition – positive wie auch negative, wenn man in der Spalte nicht über drei Eintragungen hinaus gekommen ist.


Artefaktfelder ermöglichen es Artefakte auf dem Spielblatt auszumalen. Derer gibt es ebenfalls neun. Umso mehr man ausmalt, umso höher die Punktzahl für Artefakte am Spielende. Artefakte ausmalen darf man auch dann, wenn man eine zehnte Zahl in eine Spalte eintragen könnte. Es ist also doppelt reizvoll in manchen Spalten gleich ganz nach oben zu gelangen. Dabei helfen Beschleunigungsfelder. Beschriftet man eines von diesen auf einer Expedition, so darf man in einer beliebigen Spalte entsprechend der Regeln noch eine weitere Zahl eintragen. Spannend ist dies um den anderen Spielern in der einen oder anderen Spalte davonzupreschen. Geschwindigkeit in den Expeditionen wird nämlich belohnt. Wer als erster eine Eintragung im siebten Feld einer Expedition macht überschreitet damit ein Brückenfeld und wird dafür mit 20 Punkten am Spielende belohnt.

Besagte Brückenfelder gibt es auch bei den Artefakten und Würfelfeldern. Neben den Bonuspunkten für die schnellsten Abenteurer haben die Brückenfelder aber noch eine weitere Funktion. Wurden alle acht Brücken überschritten, so endet das Spiel ebenfalls.

Am Spielende zählen dann alle Spieler ihre Punkte für die Expeditionen, Brückenfelder und Artefakte zusammen. Endete das Spiel auf Grund der acht Brücken, so erhalten Spieler mit weniger als neun ausgemalten Würfelfeldern dafür auch noch Punkte für die ausgemalten Würfelfelder. Es gewinnt der Abenteurer mit der höchsten Gesamtpunktzahl. Menschen mit Lost Cities Spielerfahrung werden an Hand dieser Beschreibung so einige Gemeinsamkeiten erkannt haben. Zuvorderst wäre da sicher die Mechanik mit den aufsteigenden Zahlenwerten zu nennen. Auch das Verdoppeln kommt einen aus Lost Cities bekannt vor. Ebenso, dass man Reihen lieber gar nicht beginnt bevor man dort zu wenig einträgt bzw. Karten sammelt.

Fundamental anders ist bei Lost Cities: Roll & Write jedoch, dass einem nicht in dieser Härte wie beim Originalspiel Zahlen weggenommen werden. Schließlich wird hier gewürfelt und mit jedem Wurf kann jede Zahl erneut kommen. Das ist einerseits weniger hart als im Kartenspiel aber auch deutlich willkürlicher. Bei einem festen Nachziehstapel kennt man eben die verteilten Karten und weiß was noch kommen muss. Beim Würfeln jedoch weiß man das leider nie.


Dafür ist das Würfelspiel in vielerlei Hinsicht gnädiger als das Kartenspiel. Garstige Mitspieler haben es hier deutlich schwieriger einen am Fortschreiten in einer Expedition zu hindern. Einzig der aktive Spieler könnte bei der Würfelauswahl bewusst so wählen, dass den Mitspielern nur ungünstige Würfel bleiben. Doch muss dies natürlich auch zu den eigenen Plänen passen. So ist die Spielerinteraktion im R&W deutlich geringer als im Kartenspiel. Auch das Wettrennelement der Brücken leistet hier wenig Abhilfe. 20 Punkte sind ein nettes Zubrot, angesichts von Punktzahlen im deutlich dreistelligen Bereich, welche bei der Endwertung rumkommen aber nicht unbedingt spielentscheidend. So spielt sich das Würfelspiel dann auch ein wenig multiplayersolitär. Dem Spielblatt der Mitspieler wird wenig Beachtung geschenkt und eher an den eigenen Eintragungen herumoptimiert.

Spielerisch funktioniert das Ganze gut und greift ordentlich ineinander. Gespielt ist eine Partie in einer guten halben Stunde. Sehr erfreulich ist auch, dass das Spiel auf Grund des Designs ohne Abstriche von 2-5 Mitspielern nahezu gleich gut funktioniert. Auch zeitlich wird das Spiel mit mehr Mitspielern nicht merklich länger. Empfohlen wird das Spiel ab 8 Jahren. Realistisch würde ich es aber erst mit älteren Grundschulkindern spielen. Für erfolgreiches Spiel sollte man die verschiedenen Wege zu punkten rechnerisch gegeneinander abwägen können. Vom Zahlenraum her ist das bei dem meisten Kindern erst ab dem dritten oder vierten Schuljahr möglich.

Als lockerere und glückslastigere Alternative zum Kartenspiel (welches momentan OOP zu sein scheint) kann ich Lost Cities: Roll & Write empfehlen. Man bekommt hier optisch und spielmechanisch meines Ermessens kein Highlight geboten. Dafür aber sehr solides und gut funktionierendes Designerhandwerk. Weniger würde beim guten Reiner Knizia auch sehr verwundern. Für etwa 10€ geht das Spiel schon über die Ladentheke. Diese sind meiner Meinung nach gut investiert für ein Spiel, welches sich perfekt als kompaktes Reisespiel für den Sommer eignet. Man sollte nur aufpassen, dass man die Würfel nicht im Sand verliert.



____________________________________________________________________



Lost Cities: Roll & Write von Reiner Knizia
Erschienen bei Kosmos
Für 2 bis 5 Spieler in ca. 30 Minuten ab 8 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Kosmos)
*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Euch entstehen bei einem Kauf keine Mehrkosten. Wir verdienen eine kleine Provision.