Hochverrat ist ein historisches 2-Personenspiel über den Prozess von Louis Riel im Jahre 1885. Muss man Riel kennen? Wenn Ihr nicht zufällig Kanadier oder Geschichts-Geeks seid, dann vermutlich nicht. Solltet Ihr aber das Spiel Hochverrat kennen? Auf jeden Fall! Denn das ist super.
In Hochverrat spielen wir den historischen Prozess um Louis Riel nach. Angefangen von der Auswahl der Geschworenen, über die Hauptverhandlung, bis hin zu den Schlussplädoyers und der Urteilsfindung. Dabei übernimmt ein Spieler die Rolle der Anklage, welcher versucht Monsieur Riel dem Strick zuzuführen, und der andere Spieler versucht die Geschichte neu zu schreiben, indem er den Angeklagten für unzurechnungsfähig erklärt.
Mechanisch wird Hochverrat über Karten getrieben, welche eine sehr angenehme Größe haben und zusätzlich zu einer schicken und thematischen Optik auch mit kleinen Background-Informationen gefüllt sind. Ich persönlich mag es ja sehr, wenn man bei historischen Spielen auch noch sein gepflegtes Halbwissen aufmöbeln kann. In knapp 30 Minuten versuchen wir diverse Marker auf dem Spielbrett in die ein oder andere Richtung zu bugsieren. Letzteres mag zwar sterbens-langweilig klingen, ist aber durchaus spannend, da man stets unterschiedliche Möglichkeiten hat. Jeder Aspekt (Marker) kann nämlich nur eine gewisse Zeit vor der Jury durch Aktionspunkte diskutiert werden. Hier gilt es also abzuwägen, ob man ein bestimmtes Thema evtl. etwas vorzieht in seiner Argumentation oder sogar gänzlich auslässt und dafür an anderen Argumentationsfronten weiterkämpft.
Glück spielt in Hochverrat auch eine beachtliche Rolle und kann unter Umständen eine Partie entscheiden. Dadurch, dass man durchaus durchweg schlechte Karten erhalten kann und die Möglichkeit des einmaligen Mulligans, aufgrund des gleichzeitigen Verlustes einer Handkarte, nur den letzten Ausweg darstellt, ist in meinen Runde bereits die ein oder andere Partie einseitig verlaufen. Dabei muss ich jedoch erwähnen, dass Hochverrat stets Optionen offenlässt, die es dem Spieler - auch bei erheblichem Pech - ermöglichen an anderen Fronten zu kämpfen und zumindest ein faires Spiel gewährleisten.
Die Wertung bei Hochverrat und das Schlussplädoyer geben dem Spiel nochmals einen spielerischen Höhepunkt, da hier die während der restlichen Partie aufgesparten Karten zum Tragen kommen. Dadurch erhält Hochverrat auch bereits während der gesamten Partie einen geschickten Planungsaspekt, da ich permanent abwägen muss, welche Karten ich mit ins Schlussplädoyer nehme und welche mir sodann Gleichzeit nicht in ihrer sehr starken Funktion während einer Partie zur Verfügung stehen. Spannend!
Die Wertung aber selbst muss man sich nach ein paar Partien aber erst einmal selbst erarbeiten, denn diese ist nicht ganz intuitiv. Punkte pro Geschworenem werden addiert, dann wieder welche halbiert, verdoppelt und abgezogen. Ganz je nach Hintergrund des Jurymitglieds. Ein katholischer, englischer Farmer hat die entsprechenden Marker so weit, dass er 15 Schuldpunkte generiert; er steht aber unter dem Einfluss der Anklage, also generiert er 30 Schuldpunkte plus etwaige Beeinflussungsmarker auf ihm. Ihr seht schon. Das ist nicht nur schwer zu rechnen, sondern auch während der ersten Partien schwer zu überblicken, sodass es anfangs in Hochverrat oft an einem Gespür der Spieler fehlt, welche Aktion denn nun besonders mächtig ist.
Hochverrat ist dennoch eine klare Empfehlung für Fans von Duell-Spielen. Wenn dazu noch eine Affinität zu historischen Themen vorhanden ist - umso besser. Aber auch ohne selbige ist Hochverrat eine spannende Wahl. Zugreifen!
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Hochverrat: Der Prozess gegen Louis Riel 1885 von Alex Berry
Erschienen bei Frosted Games
Für 2 Spieler in ca. 30 Minuten ab 13 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Frosted Games)