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22.04.2021

Crimes in History: H.H. Holmes´ Murder Castle


Im Jahr 1893 fand in Chicago die Weltausstellung statt. Pünktlich zu diesem Großevent ließ der Titelgebende H.H. Holmes ein Hotel namens „The Castle“ mitten in Chicago bauen, das gespickt war mit Falltüren, Geheimgängen und ähnlichem. Viele der Hotelgäste wurden jedoch nie wieder gesehen. Bei seiner Verurteilung gestand Holmes rund 27 Morde, wobei die Dunkelziffer deutlich höher geschätzt wird. Heute gilt Holmes als einer der ersten Serienmörder der USA. 


Soweit ein kurzer Abriss über die Fakten, die sich laut diverser Online-Quellen tatsächlich so zugetragen haben sollen. Und nun kommt zu diesem Thema also ein Brettspiel. Geschmacklos? Irgendwie schon. Andererseits gibt es diverse Fernseh-Doku-Serien, die sich mit den sogenannten „True Crimes“ beschäftigen. Hm. Ich gebe es offen und ehrlich zu: Mich hat das Setting eher abgeschreckt, trotzdem reizte mich das Spiel aufgrund seiner Mechaniken und den durchaus ansehnlichen Komponenten. Ein echtes Dilemma also. Wem es ähnlich geht, dem sei gesagt, dass man im Grundspiel einen Gast des Hotels spielt und darauf aus ist, Beweise gegen Holmes zu sammeln. Holmes selbst wird „vom Spiel“ gespielt und versucht die Spieler an ihrer Mission zu hindern. Insofern stellen die oben aufgeführten Ereignisse also lediglich das Hintergrundrauschen zum Spiel dar. Mit der Erweiterung „2nd Story“ ist allerdings neben kleineren Neuerungen für das Hauptspiel – wie z.B. ein zweites Stockwerk – und einem Solomodus aber auch ein „Play Holmes“-Modus dabei, in dem ein Spieler aktiv als Holmes gegen alle anderen spielt. Hier wird das Ganze moralisch schon ein wenig grenzwertig, aber schauen wir uns das Spiel als solches einmal an: 


Die Komponenten sind durchweg hochwertig. Es gibt viele Tiles (Räume) auf ordentlich dicker Pappe und diverse Karten in solider Standardqualität. In Summe ist die Box ordentlich vollgepackt und der eingebaute Organizer erfüllt durchweg seine Pflicht. 

Das Spiel selbst macht mit seiner recht umfangreichen und gut geschriebenen Anleitung zunächst den Eindruck, als sei es recht komplex und nicht mal eben schnell erklärt. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: spielt man nämlich zunächst das Hauptspiel ohne 2nd Story und nicht im Solo- oder Holmes-Modus lässt sich das Spielprinzip schnell erklären: Wir legen einen Raum des Hotels (das Starttile, also die Apotheke – klingt komisch, ist aber so) sowie den Keller - bestehend aus 3 Tiles - offen in die Tischmitte. Außerdem werden je nach Spielerzahl sechs bis sieben Aktionsplättchen ausgelegt. Dann sucht sich jeder eine Figur aus und bekommt ein (schickes) Playerboard dazu. Auf diesem ist Platz für viele Beweise, die es zu sammeln gilt. Außerdem wird jedem schon mal ein zufällig über Karten bestimmtes „Starterset“ an Beweisen zu teil. Bei den Beweisen handelt es sich um Plastikwürfel in fünf verschiedenen Farben. Das Ziel ist es, alle Beweisreihen mit Beweisen zu Füllen und wieder auf das Starttile zurückzukehren. 


Hierzu nimmt man sich – wenn man an der Reihe ist - ein Aktionsplättchen und darf entscheiden, ob man die entsprechende Aktion auch ausführt. Außerdem steht auf den Plättchen auch eine Bonusaktion, die man nutzen kann, wenn man möchte. Danach darf jeder andere am Tisch entscheiden, ob er oder sie die Aktion ebenfalls ausführt – aber nie den Bonus. Mit den Aktionen lassen sich Räume aufdecken, die eigene Figur bewegen, Aktionskarten ziehen, Beweise sammeln oder Holmes bewegen. 

Doch wie kommen die Beweise ins Spiel? Ganz einfach, sie kommen per Riesenrad. Logisch, oder? Nicht ganz? Aber das ist kein Witz: Das genannte Riesenrad hat fünf Gondeln, die sich im Spiel drehen. Wird ein neuer Raum aufgedeckt, wird der dortige Safe (gibt es in jedem Raum) mit einer wechselnden Anzahl an Beweisen aus der Entladezone gefüllt. Sind im Rad nicht genügend Beweise, dann wird der Safe auch nicht vollständig gefüllt. Die jeweilige Gondel wird dafür aber weitergedreht und im Nachgang wieder aufgefüllt. Der große Vorteil dieser Mechanik ist klar: Wer grade einen Raum aufdecken möchte sieht jederzeit, welche Beweise in den neuen Raum gelegt werden und weiß somit auch, ob sich das Aufdecken des Raums überhaupt lohnt. Außerdem wird ein einmal geleerter Safe im Regelfall nicht wieder aufgefüllt. War jeder einmal dran (bzw. im Spiel zu zweit jeder zwei Mal), wird eine Holmes-Karte gezogen und bestimmt, wohin Holmes geht. 


Das Spiel lebt also von der unterschiedlichen Auswahl von Aktionen bzw. der jeweiligen Reihenfolge. Wenn jemand also einen Raum aufdeckt und dort Beweise reinlegt, kann der nächste Spieler einfach in den Raum hineingehen. Aber Beweise sammeln geht trotzdem nicht. Im Laufe der Zeit wird das Hotel natürlich immer größer und man braucht schon ordentlich Platz, wobei es auch Tiles gibt, die einfach nur eine Wand darstellen oder Räume zeigen, die nur eine einzige Tür haben. In beiden Fällen handelt es sich um Sackgassen. Es kann also durchaus vorkommen, dass man ein riesiges Hotel mit allen Tiles baut, es kann aber auch sein, dass man nach einigen wenigen Tiles nur noch Sackgassen hat und das Hotel recht klein und kompakt ausfällt. Hier wurde allerdings gut mitgedacht: Ist ein weiteres Erkunden nicht möglich, dann können bereits geleerte Safes mit der Rückseite der Erkundungsaktion einfach wieder aufgefüllt werden. 


Und jetzt mal zum Kern des Geredes: Wie spielt sich das Ganze denn nun? Also…wer ein Spiel mit hoher Interaktivität sucht ist bei Murder Castle definitiv fehl am Platze – es sei denn, man lässt die Moral beiseite und spielt im Holmes Modus - wobei auch dann nur der Holmes-Spieler echte Interaktivität mit den anderen hat. Durch das Erkunden der Räume und das Auffüllen mit Beweisen regt das Spiel nämlich bereits von sich aus dazu an, dass jeder Mitspieler das Hotel in eine andere Richtung erkundet. 
So spielt man also im Großteil der Zeit ein wenig nebeneinander her und schnappt sich allenfalls die Bonusaktionen oder mal ein Beweiswürfelchen vom Riesenrad vor der Nase weg. Hier bringen zwar die vorhandenen Aktionskarten ein wenig Abhilfe, doch dienen die meisten hiervon eigentlich auch nur dem Zweck, sich selbst einen Vorteil zu verschaffen. Die anderen Spieler stört dies selten (außer, dass man vielleicht etwas unter Druck gerät). 


Wen das nicht stört, bekommt ein schön anzusehendes und mit netten Mechaniken (Riesenrad) versehenes Wettrennen, das sich in der auf der Packung angegebenen Zeit (20 Minuten pro Mitspieler) sowohl für ein direktes Duell als auch für größere Runden eignet. Solospieler bekommen ebenfalls mit dem durchdachten „Automata“-Modus einiges geboten und Personen, die gerne mal wieder der „Overlord“ wären, können sich in Holmes Position versetzen. Für die beiden zusätzlichen Modi bringt das Spiel mit der 2nd-Story Erweiterung (ohne die man diese Modi nicht spielen kann) einiges an schicken Komponenten mit.
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Crimes in History: H.H. Holmes´ Murder Castle von Brandt Hoffman und Set A. Cooper
Erschienen bei Blueprint Gaming Concepts
Für 1 bis 7 Spieler in ca. 60 Minuten ab 14 Jahren

sämtliche Bilder sind von www.boardgamegeek oder dem jeweiligen Verlag (hier Blueprint Gaming Concepts)