Mein Gott ist Rococo schön! Mir liegt die Deluxe-Edition vor und Mensch!; haben die Mädels und Jungs von Eagle-Gryphon-Games da ein Meisterwerk materialtechnisch geschaffen (in deutsch bei Skellig Games lokalisiert). Nur das Inlay ist wirklich mies. Keine Ahnung, warum da bei der Produktion die Puste ausging. Aber das Ganze hat auch seinen Preis. Will ich wirklich mir dieses Schmuckstück zulegen, dann zahle ich deutlich über 100,00 EUR dafür. Will ich sogar die Metallmünzen dazu, zahle ich nochmal drauf. Ein Luxusprodukt? Ja, aber was für eins!
Rococo ist ohne Frage aber auch ohne die Optik und das schicke Material ein tolles Spiel. Im 18. Jahrhundert sind wir als Schneider am Hof des Sonnenkönigs unterwegs, schicken unsere Lehrburschen zu den Stoffmärkten, schneidern edle Gewänder, verkaufen diese oder leihen sie wahlweise auch an die Gäste der großen Fete im Palast aus. Letzteres bringt Siegpunkte und mich schlussendlich dem Sieg einen guten Schritt näher.
Rococo ist verzahnt komplex. Dabei sind die Regeln verblüffend schlang. Der Reiz kommt durch die enorme Verzahnung der Aktionen. Zugrunde liegt dem Ganzen ein Deckbaumechanismus, der meine Gehilfen beinhaltet. Selbige betraue ich dann je Zug mit einer einzigen Aufgabe. Kleider schneidern, Stoffe kaufen, in den Palast investieren usw. Dabei muss ich bereits bedenken, dass nicht jeder Mitarbeiter für jede aufgabe geeignet ist. Einen Gehilfen kann ich beispielsweise keine Kleider schneidern lassen und die ganz edlen Stücke, dürfen ohnehin nur meine Meister in die Finger bekommen, oder?
Ein Hauptaugenmerk liegt bei Rococo auch in den Mehrheiten der verschiedenen Ballsäle. Habe ich ein Kleid geschneidert und entscheide mich dazu es zu verleihen, bringt das alleine nicht bereits Siegpunkte, sondern habe ich in einem Ballsaal die meisten Gäste mit meinen Kleidern ausgestattet, so werde ich zusätzlich mit Punkten belohnt. Außerdem will ich Gäste möglichst in allen Sälen, in die Statuen des Palastes investieren und nicht zu vergessen: Ich will das Feuerwerk finanziell unterstützen.
Für letzteres geht nämlich eine bestimmte Anzahl an Gästen aus dem Haupballsaal auf den Balkon, um das prächtige Feuerwerk zu bestaunen, bevor wenige Jahre später vermutlich der Großteil der geladenen Gäste Opfer der Französischen Revolution werden wird. Ihr merkt schon. Bei Rococo gibt es überall Punkte und es gibt viel im Auge zu behalten.
Rococo ist ein äußerst belohnendes Spiel, da man mit jeder Aktion das Gefühl hat etwas erledigt zu haben. Ein Punkt hier, ein Punkt da. Das fühlt sich immer gut an. Zudem empfinde ich es in Rococo ungemein befriedigend, dass die meisten Punkte erst gegen Ende der Partie ausgewertet werden. Somit entsteht nie wirklich der Eindruck bei einem Spieler, dass er keine Chance mehr auf den Sieg hätte und alle bleiben am Ball. Auch ich selbst war bei dieser Regelung zunächst etwas skeptisch, da ich es grundsätzlich eher bevorzuge, wenn man Punkte direkt abträgt, aber in Rococo macht es tatsächlich Spaß erst am Ende wie ein Kind an Weihnachten darauf zu warten die Punktepakete auszupacken. Da wäre es wieder – das belohnende Gefühl in Rococo.
Rococo ist zudem ein äußerst thematisches Spiel, was es sehr gut schafft einzelne Mechanismen sehr gut aufeinander abzustimmen. Sicherlich tut auch die optische Aufmachung dafür seinen Teil, denn es ist beispielsweise toll Stoffe am Markt zu kaufen, diese auf seinem kleinen Bänkchen zu verstauen und dann in der Galerie einen Kleiderentwurf mitzunehmen, der nach der Produktion umgedreht wird und sodann als Person mit finalem Kleid daherkommt. In Rococo finden sich an äußerst vielen Stellen solche kleinen liebevollen Details.
Was bleibt? Rococo ist spielerisch super. Die Aufmachung in der Deluxeedition ist ebenfalls genial und unterstreicht das gesamte Spielgefühl perfekt. Jedem Interessierten muss es aber bewusst sein, dass es sich hierbei um ein reines Luxusprodukt handelt. Eine normale Edition für 40,00 EUR gibt es leider nicht. Es bleibt nur die Wahl zwischen Deluxe und Super Deluxe. Das ist ein kleiner Wehrmutstropfen. Spielerisch und materialtechnisch ist das Ding aber seinen Preis wert.
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Rococo Deluxe von Matthias Cramer, Stefan Malz und Louis Malz
Erschienen bei Eagle Gryphon Games
Für 1 bis 5 Spieler in ca. 100 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Eagle Gryphon Games)