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27.02.2021

Flotilla


Es war zur SPIEL 19 eines meiner Highlights, welches dann leider am 1. Tag in Essen nicht da war und ich mir dann deutlich später zulegen musste. Nun kam dieses Spiel im Dezember endlich auch auf Deutsch beim neuen Verlag Strohmann Games. Ihr wisst bestimmt schon wovon ich rede: Flotilla. Ursprünglich bei WizKids erschienen, für 3-5 Spieler ab 14 Jahren und warum ich, Spoiler, das Spiel immer noch mag, erklär ich euch nun.

[MATERIAL & ANLEITUNG]

Das Material ist generell sehr schön. Viele Plättchen und Holzteile, sowie Karten. Auch die Würfel fühlen sich sehr wertig und schwer an. Leider passt nach dem Auspöppeln alles nicht mehr in den Karton bzw ich habe nicht verstanden, wie man das schaffen kann. Der Deckel steht immer leicht ab, auch ein selbstgebasteltes Inlay hat nicht geholfen. Da wäre es schön gewesen, wenn der Karton ein wenig höher gewesen wäre.


Optisch trifft das Spiel genau meinen Geschmack, ich wüsste auch nicht, was jemand daran aussetzen könnte. Evtl. nur eine gewisse Unübersichtlichkeit auf den Plättchen mit den Flotillas.

Die Anleitung ist okay, leider find ich den generellen Aufbau nicht so gelungen, so dass man zu Beginn schon recht viel hin und her blättert. Wichtige Informationen sind zum Teil etwas versteckt. Aber ansonsten bleiben keine Fragen offen.

[ABLAUF]

Worum geht es? Der Atombombentest im Bikini Atoll 1954 verlief deutlich schlechter als erwartet und die komplette Welt wurde daraufhin geflutet. Die überlebende Bevölkerung lebt nun auf sogenannten Flotillas, die quasi aus Menschheitsresten bestehen. Wir als Spieler sind Kapitäne mit eigener Crew und versuchen nun den größten Einfluss auf dieser Flotilla auszuüben und Siegpunkte zu sammeln.


Startpunkt ist ein großer Hub, an dem wir alle einen Startpunkt haben und jeweils ein Schiff dort liegt. Jeder von uns hat sechs Crew-Karten auf der Hand, die wiederum bestimmen welche Aktionen wir durchführen können. Auf dem Flotilla herrschen vier Gilden, auf die wir bestmöglichst Einfluss nehmen wollen und somit uns als besten Kapitän positionieren möchten. Die vier Gilden finden sich auch in unseren Crew-Karten wieder, dazu kommt die Kapitäns-Karte und der Student.
Jede Gilde steht dabei auch für die Art und Weise der Aktion, die wir durchführen können. Und sie gibt uns einen Wert mit denen wir unsere Schiffe im Meer bewegen können. Ich möchte folgend nun einen kleinen Überblick geben:

“Die Sprecher” - Personen dieser Gilde helfen uns Einfluss auf die verschiedenen Gilden zu nehmen. Hierfür gibt es ein passendes Gilden-Tableau auf dem zu jeder Gilde ein kleines Rondell dargestellt ist, auf jedem dieser, haben wir ein Steinchen in unserer Farbe und dürfen mit den passenden Crew-Karten diesen im Kreis bewegen und erhalten dafür Boni (Geld, Punkte, neue Crew-Karten, etc). Gelingt mir eine komplette Runde, darf ich einen meiner Einflussmarker zu dieser Gilde legen. Wer am Spielende die meisten Einflussmarker bei einer Gilde hat, bekommt dafür Siegpunkte.


“Die Händler” - diese Crew-Mitglieder verschaffen uns eine gewisse Anzahl an Transaktionen. Mit Transaktionen kann ich gegen Geld neue Schiffe und Außenposten kaufen. Je mehr Schiffe ich habe, desto mehr Waren kann ich aus dem Meer bergen und mit den Außenposten kann ich allgemein ausliegende “Aufgaben” für mich werten, je früher, desto mehr Punkte. Letzte Transaktionsmöglichkeit ist der Kauf bzw. Verkauf von Waren. Verkaufe ich Ware erhalte ich das Geld basierend auf der Warenleiste, aber mit jeder verkauften Ware passe ich dessen Wert um einen Wert nach unten an (wird billiger) und beim Kaufen passiert genau das Gegenteil. 

“Die Gründer” - die Gründer helfen uns beim entdecken neuer Meerplättchen und somit neuer Stellen zum Finden von Waren. Die vorgegebene Anzahl an Meerplättchen wird aus einem Beutel gezogen und dann an die bereits ausliegenden Plättchen angelegt. Es gibt drei verschiedene Meerestiefen und es kann radioaktive Stellen geben. Ziehe ich solche Plättchen, muss ich dies auf meinen persönlichen Radioaktivitätstracker festhalten. Bei erreichen einer gewisser Anzahl, verschiebt sich ein Bestrafungsmarker, der mir am Spielende Minuspunkte geben kann. Beim Anlegen der Plättchen ist auch auf die Artefaktsymbole zu achten. Die gibt es in verschiedenen Farben, gelingt es mir drei gleichen Farben aneinander anzulegen, habe ich ein seltenes Artefakt gefunden, welches ich nun ebenfalls aus einem Beutel ziehen darf. Diese geben üblicherweise Boni und werden dann mit der anderen Seite in das passende Feld im Hub gelegt. 


“Die Taucher” - wie der Name schon sagt, sind das die Mitglieder die ins Meer springen und für uns Ware an Bord holen. Je nach Anzahl der Schiffe und Position (welche Tiefe) sowie einer Angabe auf der Crew-Karte kann ich nun Würfel werfen. Dadurch erhalten wir die Waren (jedes Plättchen gibt vor welche Art Ware gefunden wird), retten Überlebende und dürfen damit auf dem passenden Track ein Feld vor (für Boni) und können das Sonar-Zeichen erhalten. Beim Sonar-Zeichen prüfen wir den Marker auf dem Sonar Track der zu Beginn uns leider Radioaktivität bringt. Wenn es schlecht läuft, können wir beim Tauchen aber auch Radioaktivität finden oder wir verschmutzen diesen Abschnitt dauerhaft, wodurch ein weiteres Tauchen an dieser Stellen nicht mehr möglich ist.

Der Student auf der Hand erlaubt uns, ein Crew-Mitglied, welcher oben auf dem Ablagestapel eines Mitspielers liegt, zu kopieren und dessen Fähigkeit zu nutzen und zu guter Letzt können wir mit unserem Kapitän alle gespielten Karten wieder auf die Hand nehmen.

Nun kommt aber der Kniff des Spiels, denn mit Ausspielen des Kapitäns, kann ich einmalig im Spiel entscheiden, die Seiten zu wechseln. Sind wir zu Beginn des Spiels alle sogenannte “Sinksider”, kann ich nun zu einem “Skysider” wechseln. Das hat gehörige Auswirkungen auf das Spiel, denn als Skysider kann ich nicht mehr tauchen gehen (und somit an Ware kommen) und ich kann keine Meerplättchen mehr auslegen. Auch die “Außenposten”-Aufgaben sind nun andere. 


Alle Crew Karten werden fortan mit der Rückseite gespielt und unsere Schiffe werden verkauft. Statt des Wertes um Schiffe zu bewegen, gibt uns nun jede Karte ein Einkommen. Des Weiteren werden alle Meerplättchen des Spielers wieder vom Tisch genommen und beim Spieler gelagert, denn von jetzt an, baut der Spieler an der Flotilla mit (ebenfalls auf der Rückseite - dieses Mal der Meerplättchen). Hierbei helfen uns ebenfalls die Gründer, durch die ich nun Flotilla-Teile legen darf, die es in verschiedenen Farben gibt und für die Gilden stehen. Lege ich Flotilla-Plättchen an, zähle ich die Plättchen die mit der gleichen Farbe verbunden sind und addiere ggf. Gebäude der gleichen Farbe hinzu. Diese Zahl wird mit einem Gilden-Wert multipliziert und diesen Gesamtwert erhalte ich an Siegpunkten. Statt der Artefakte kann ich nun Sonar-Stationen zusammenlegen und bei drei aneinander gelegten bewegt sich der Sonar-Tracker ein Feld vor und ich erhalte recht hohe Siegpunkte. Je höher der Sonar-Track, desto besser wird aber auch die Auswirkung, wenn ich beim Tauchen eine Sonarzelle gefunden habe. 

Die Taucher gibt es nun auch nicht mehr wirklich bzw. diese tauchen nicht, sondern sind jetzt Forscher, die aus den gehobenen Dingen Technologien erforschen. Dafür werden nun eigene Würfel geworfen, die uns Geld bringen können. Werfe ich allerdings drei Zahnräder, haben wir eine bahnbrechende Entdeckung gemacht und ich kann den Wert einer Gilde erhöhen! Das darf ich auch, wenn ich drei der gleichen Gilden-Symbole werfe, dann aber nur bei der geworfenen Gilde, dabei hilft uns auch ein Joker-Symbol. 


Ihr seht, es gibt viel zu tun und zu entscheiden, im Laufe einer Partie. Vor einer Partie werden je Spieler 100 Siegpunkte vorbereitet (also 3 Spieler = 300 Siegpunkte), das Ende wird eingeleitet sobald alle Siegpunkte verteilt wurden! Dann gibt es noch eine kleine Endwertung bei der Geld und Waren gezählt werden, sowie die Einflussmarker bei den Gilden. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten ist der Gewinner.

[FAZIT]

Flotilla ist in meinen Augen ein toller Beweis, dass Eurogame und Thema doch zusammen passen können. Wirkt es an mancher Stelle konstruiert? Ja, das tut es, aber insgesamt bin ich mit dem Ergebnis absolut einverstanden und fühl mich wirklich so, dass ich Dinge entdecke oder nach einem Wechsel an einer Flotilla mitbaue. 

Auch die Verzahnung der verschiedenen Elemente gefällt mir wirklich gut, sei es das Deckbuilding, das Würfelwerfen oder das Plättchenlegen. Alles macht an seiner Stelle Sinn und auch Spaß, da es ordentlich Abwechslung ins Spiel bringt. Dennoch ist das Spiel insgesamt eindeutig zu lang. Gerade im Mittelteil zieht es sich, zu Beginn entdeckt man die Möglichkeiten und gegen Ende kommen vielen Dinge erst ins Laufen, so dass es schon 1-2 Runden gibt, bei der man das Gefühl hat nicht vorwärts zukommen. 


Spannend ist dann auch die Frage, ob man zu einem Skysider wechselt oder nicht. Man muss dies nicht tun. Gefühlt kommt man als Skysider schneller zu Punkten, aber dafür fängt man auch fast wieder bei Null an, zumindest was die Plättchen angeht. Ein toller Balanceakt, welcher zum Experimentieren über mehrere Partien einlädt. 

Alles in allem bietet Flotilla mir ein tolles Gesamtpaket aus Thema, Optik und Mechanik. Es fehlt ein wenig mehr Interaktion zwischen den Spielern für meinen Geschmack, wobei es schon Spaß macht, Waren zu verkaufen, die ein Mitspieler hortet und dieser das dann nur noch für deutlich weniger verkaufen kann. Ich würde Flotilla auf jeden Fall immer wieder mitspielen und auch meinen Mitspieler vorschlagen, aufgrund der Länge aber wohl nicht jeden Abend.

[FÜR WEN IST DAS SPIEL?]

Kinder: 0 von 5 (kein Spiel für Kinder, das muss ich nicht weiter erläutern)


Familie: 1 von 5 (da das Thema, zumindest mir, zu Gefallen weiß, kann man auch mal versuchen ein Familienspieler an den Tisch zu bringen, aufgrund der Möglichkeiten wird diese aber wohl erschlagen…)

Kenner: 4 von 5 (eindeutig die Kerbe in die das Spiel schlägt. Die Verzahnung der Mechaniken lädt zum Experimentieren und fordert heraus)

Experte: 4 von 5 (auch Expertenspieler sollten sich wohlfühlen. Die Glückselemente sind eher gering, auch wenn gewürfelt wird und Plättchen aus einem Beutel gezogen werden. Dennoch kann man eigentlich immer was damit anfangen.)




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Flotilla von J.B. Howell und Michael Mihealsick
Erschienen bei Strohmann Games
Für 3 bis 5 Spieler in ca. 120 Minuten ab 14 Jahren
Boardgamegeek-Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Strohmann Games)