Das Kartenspiel Auruxxx hat in mehrfacher Hinsicht einen spannenden Hintergrund. So ist das Spiel das Erstlingswerk des Paares Christiane Reiter und Stefan Martin. Es wurde am heimischen Küchentisch gemeinsam entwickelt, als sich die Familie gerade in einer beengten räumlichen Situation, nach einem Umzug, befand. Viel Energie wurde in das Testen und Entwickeln des Spieles gesteckt. Das Spiel wurde sodann auch der Fachwelt vorgestellt und wäre laut den Autoren auch fast von einem etablierten Verlag veröffentlicht worden. Doch dann kam Corona dazwischen.
Reiter und Martin ließen sich davon jedoch nicht schrecken und gründeten mit dem Now Games Spieleverlag flugs ihren eigenen Verlag und finanzierten Auruxxx über Kickstarter. Sogar das Artwork wurde in die eigene Hand genommen und von Stefan Martin selbst gestaltet. Weiterhin interessant und vorbildlich ist, dass der Verlag der Initiative Stoppt Mobbing prominent auf dem Schachteldeckel Platz einräumt um das Anliegen der Initiative zu bewerben.
Und auch im Regelheft wird der Vorstellung des Anliegens viel Raum gegeben und diese noch der eigentlichen Regelerklärung vorangestellt. Ihr Spiel selbst bewerben die Autoren mit „wer Karten spielt, wird Auruxxx lieben“ sehr selbstbewusst.
Hinter Auruxxx verbirgt sich ein klassisches Ablagespiel in Richtung UNO bzw. Mau Mau – jedoch mit deutlich umfangreicheren Regeln. Gespielt werden kann das Spiel von 2-6 Personen. Die Autoren geben hierbei eine Spielzeit von 15-45 Minuten an. Inwiefern das realistisch ist? Später mehr dazu.
Der Name Auruxxx leitet sich von Aurum (Gold) und der dreifachen Möglichkeit für jeden Spieler zu passen ab. Hinter der im Langtitel erwähnten Goldene Zwölf verbirgt sich der eigentliche Kniff des Spieles.
Denn ganz klassisch geht es auch bei Auruxxx darum die eigene Hand (eingangs zwölf Karten) abzuspielen und damit die Runde zu beenden. Die Karten, welche bei den nicht beendenden Spielern auf der Hand verbleiben, geben Punkte. Eine Partie Auruxxx besteht jeweils aus drei Runden. Wer am Ende des Spieles dann die wenigsten Punkte hat, der gewinnt. Beenden kann man eine Runde Auruxxx jedoch nur, wenn man als letzte Karte eine Goldene Zwölf abspielt. Derer gibt es fünf im Kartensatz von insgesamt 160 Karten. Dementsprechend ist man bestrebt eine solche bis Rundenende auf der Hand zu haben. Weiterhin sind eine oder mehrere dieser Karten auch die einzige Möglichkeit heiß ersehnte Minuspunkte zu machen.
Unter den restlichen 155 Karten verbergen sich zwei Sätze à 13 Karten von 0-12 in je fünf Farben, drei verschiedene Aktionskarten (je fünf mal), sowie je fünf Happy-Man- und fünf 50er-Karten.
Gespielt wird reihum. Am Zug kann man zuerst optional zwei Karten ziehen und muss dann zwingend ausspielen oder passen. Passen kann man in einer Runde höchstens dreimal und wird dafür mit je fünf Minuspunkten bestraft. Sofern man nicht sofort ausspielen kann aber auch nicht passen mag, muss man auch noch eine Karte nachziehen und diese dann, wenn möglich ablegen. Klappt auch dies nicht, so zieht man erneut nach und soll dann ablegen. Wäre dies auch nicht möglich, so ist man vom Ablegen befreit und der nächste Spieler kommt an die Reihe.
Das Ablegen wiederum ist zahlenbasiert (Zahl selbst sowie Vorgänger und Nachfolger) oder farbbasiert möglich. Farbbasiert kann man jeweils nur eine Karte ablegen. Zahlenbasiert ist es hingegen möglich in einem Zug auch Mehrlinge loszuwerden.
Von den allgemeinen Ablageregeln weichen noch die Aktionskarten und die Goldenen Zwölfen ab. Beide Kartensorten darf man frei auf jede andere Karte spielen. Die Goldenen Zwölfen lassen sich zudem als Mehrlinge ausspielen. Im Gegensatz zu vielen anderen Spielen auch eher ungewöhnlich: Man kann beliebig viele Aktionskarten in Folge spielen. Diese haben bei Auruxxx ziemlich klassische Auswirkungen: Handtausch, Eine Karte ziehen und Bei allen Mitspielern ziehen.
Während die beiden letztgenannten Aktionskarten für den Spieler selbst eher nicht so toll sind, stellt der Handtausch eine eher chaotisches Spielelement dar und ist zumeist für den Ausspielenden eine sehr starke Aktion. Weiterhin ist zu beachten, dass auf der Hand verbliebene Aktionskarten sowie auch die Happy-Man-Karte am Rundenende jeweils 25 Punkte wert sind und diese gilt es ja zu vermeiden. Überhaupt zählen auch alle anderen Spielkarten entsprechend ihres Zahlenwertes am Rundenende Punkte. Dies ist der Spielregel gar nicht so einfach zu entnehmen.
Ein wenig mildern kann man die am Rundenende anfallenden Punkte indem man innerhalb der Runde die letzte Happy-Man-Karte gespielt hat. Diese lässt nämlich einen Meeple - den Happy-Man – zum Ausspielenden wandern. Wer diesen Meeple am Rundenende im Besitz hat, der kann sich die Hälfte seiner Pluspunkte abschreiben. Immerhin. Punkte kann es nämlich ganz ordentlich knallen. Sei es durch normale Karten oder durch die eben erwähnten Karten mit Wert 25 sowie noch schlimmer die 50er-Karte.
Wie sehr dieses Punktesammeln letztendlich beeinflussbar ist, dass mag ich mal in den Raum stellen. Im Vergleich zu einem klassischen Mau Mau oder Uno ist Auruxxx ein wesentlich komplizierteres Spiel. Was dabei geschieht, ist meines Ermessens nicht deutlich steuerbarer als bei den älteren Verwandten.
Vom Anforderungsniveau her ist Auruxxx jedoch keinesfalls ein Vielspieler-, Kenner- oder Expertenspiel. Die Spielregeln sind auch leicht Nichtspielern zu vermitteln. Dem Regelheft selbst merkt man jedoch deutlich die Hobbyredaktion an. Von der Gestaltung her wirkt Auruxxx wie das Spiel eines etablierten Verlages. Ich kenne nicht den beruflichen Hintergrund der Autoren. So professionell, wie sie Artwork, Box und Anleitung aber optisch gestaltet und gesetzt haben, bin ich mir sehr sicher, dass es Menschen aus dem Bereich Grafikdesign, Produktdesign o.ä. sind.
Für ein Erstlingswerk und einen frisch gegründeten Verlag kommt Auruxxx hier vorbildlich daher. Den Regeln und dem Spiel selbst merkt man meiner Meinung nach aber deutlich das unerfahrene bzw. vielleicht auch nicht erfolgte Lektorat an. Es gibt keinen stringenten Aufbau in der Regel. Unerfahrene Spieler werden mit der Regel meiner Einschätzung nach nicht zurechtkommen und das obwohl sie das Spiel keinesfalls überfordern sollte. Das ist schade, denn man merkt dem Produkt das Herzblut an, welches die Nachwuchsautoren investiert haben.
Auruxxx ist im Grunde ein sehr klassisches Spiel, welches das Rad nicht neu erfindet. Viele bekannte Spielelemente werden leicht verändert aufgegriffen. So ist die 2 in Auruxxx im Grunde eine Kombination aus Buben und 7 (Mau Mau). Viele der Ideen sind dabei durchaus interessant. Vor allem natürlich die Goldene Zwölf selbst. Die Frage, welche sich mir beim Spielen jedoch gestellt hat war: Führt der Mehraufwand zu mehr Spielspaß?
Das muss ich für mich leider verneinen. Ich erlebe Auruxxx als noch wesentlich weniger steuerbar als klassische Ablegespiele. Was mich weiterhin stört ist die unberechenbare Spiellänge. 15-45 Minuten steht auf der Schachtel. Dieser Zeitangaben hat meines Erachtens wenig Aussagekraft. Da das Spiel nicht skaliert, wird die Spieldauer mit mehr Spielern naturgemäß deutlich länger. Durch die hohe Varianz an Karten (0-12 plus speziellen Karten sowie Aktionskarten) kann beim Nachziehen einfach alles passieren. Es ist vollkommen zufällig was man auf die Hand bekommt. Sich systematisch Ablegefolgen zurecht zu sammeln ist im Grunde unmöglich bzw. auch begrenzt zielführend. Man bekommt von Mitspielern nonstop Karten zufällig weggezogen, aufgedrückt (2er-Karte) oder muss gleich seine ganze Hand tauschen. Bei vielen Mitspielern in der Runde ist die Chance, dass man in einem bestimmten Zahlenbereich bleibt, zwangsläufig auch deutlich kleiner, als wenn man zu zweit spielt. Man kann in großen Runden also keinesfalls hoffen Zahlen mit benachbarten Werten in aufeinander folgenden Zügen loszuwerden.
Dementsprechend spielt man am Zug eben wenn möglich seine Karte, versucht möglichst viele Punkte quitt zu werden und lässt sich vom Spiel treiben. Irgendwie wird es schon enden - nach einem unbestimmten Zeitraum, welcher sich teilweise auch mit einem großen Brettspiel füllen ließe. Meins ist das nicht. Und da auch ich Karten liebe, erfüllt sich der selbstbewusste Claim der Autoren zumindest für mich schon einmal nicht. Ich kann mir aber vorstellen, dass das Spiel für große Uno-Fans durchaus eine interessante Abwechslung sein kann.
Obwohl Auruxxx nicht wirklich bei mir angekommen ist, bin ich persönlich bin sehr auf weitere Produkte des Now Spieleverlags gespannt. Denn für ein Erstlingswerk, ohne etablierten Verlag im Rücken, finde ich das Spiel in jedem Fall sehr beachtlich.
Nachtrag vom 14.08.2021:
Wie in der Rezension geschrieben, findet der Rezensent es weiterhin vorbildlich, wenn prominent Platz auf Spieleschachtel und in der Anleitung eingeräumt wird, um ein soziales Anliegen zu unterstützen.
BoardgameMonkeys und ich als Rezensent möchten sich hiermit aber ausdrücklich von der Initiatve Stoppt Mobbing des Camp Stahl e.V. distanzieren. Von unserer Seite geht keine Empfehlung aus diesen Verein zu unterstützen. Hintergrund sind anhaltende Kritik an den Workshops und der Arbeit des wirtschaftenden Vereins Camp Stahl e.V. sowie wiederkehrende Äußerungen des für die Freien Wähler in Berlin antretenden Initiators Carsten Stahl. Seine Äußerungen sind unserem Empfinden nach im rechtsoffenen Raum zu verorten. Weiterhin bewegt er sich mit seinen Einlassungen zum Impfen und Corona ebenfalls in einem Bereich mit dem wir uns nicht gemein machen wollen.
Wir haben zu den jüngsten Entwicklungen bei Stahl und seiner Initiative auch beim Now Games Spieleverlag angefragt und folgende Stellungnahme erhalten:
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Hallo Johannes Herweg,
danke für deine Nachricht. Wir haben Carsten Stahl persönlich kennengelernt und bei der Entscheidung für eine Kooperation war uns bewusst, dass seine Initiative mit Stoppt Mobbing provokant und unbequem ist.
Wir stehen hinter der Sache selbst. Und zwar, dass hier jemand immer wieder laut wird gegen Mobbing.
Gegenwind gegenüber der Person Carsten Stahl ist nicht neu und leider mittlerweile an der Tagesordnung wenn jemand seine Meinung frei und öffentlich äußert. Über die Methoden lässt sich sicher diskutieren. Wir sehen das aber nicht als unsere Aufgabe hierüber zu urteilen.
Von politischen Lagern und Meinungen distanzieren wir uns ausdrücklich. Uns geht es einzig und allein darum das Thema Mobbing spielerisch auf den Tisch zu bringen!
Herzliche Grüße
Christiane & Stefan Martin
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Um den Kampf gegen Mobbing zu unterstützen legen wir gerne ans Herz an die Nummer gegen Kummer zu spenden: https://www.nummergegenkummer.de/
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Auruxxx: Die Goldene 12 von Stefan Martin
Erschienen bei Now Games
Für 2 bis 6 Spieler in ca. 30 Minuten ab 8 Jahren
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sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Now Games)
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