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08.11.2020

Dominations: Road to Civilization


Was hatten Kelten, Vikinger, Inka, Sumerer, die Maya, Römer, Hunnen und Perser gemeinsam? Sie waren alle Menschen und strebten daher als Kulturgemeinschaft einen ständigen Fortschritt im zeitlichen Wettstreit gegen andere sich parallel entwickelnde Völker an. Und genau das ist auch unser Ziel in Dominations – Road to Civilization, ein Zivilisations-Euro-Game, in dem wir uns mit einem der zur Verfügung stehenden Völker durch das Bauen von Städten und Monumenten sowie durch strebsamen Fortschritt in den Bereichen Handel, Kunst, Religion, Staatsgewalt, Handwerk und Wissenschaft ständig weiterentwickeln und nach mehr und mehr Einfluss und Macht trachten.

Spielmechanisch werden wir dafür durch das Anlegen von dreieckigen Plättchen „Rohstoffe“ – Wissen genannt – in den sechs obengenannten Bereichen sammeln und diese nutzen, um Städte auf den ausliegenden Plättchen zu bauen oder weiterzuentwickeln, beim Bau verschiedener bereitliegender 3-D-Papp-Monumente zu helfen und neue Mastery-Cards in unseren persönlichen Zivilisationsbaum zu platzieren, die wiederum verschiedene Bereiche innerhalb der Entwicklungskategorien repräsentieren, wie die Astronomie oder Medizin in der Wissenschaft. Am Ende gewinnt klassischerweise der Spieler mit den meisten Siegpunkten.

Ob es sich jedoch lohnt, den langen und beschwerlichen „Road to Civilzation“ anzutreten, werdet ihr in dieser Rezension erfahren!


Material

Beim Material sollte zunächst zwischen Ästhetik und Qualität unterschieden werden. Letzteres ist gegeben, denn sowohl die Pappkomponenten, wie die 90 dreieckigen Landschaftskarten, die Spielertableaus und die 3D-Monumente, als auch die Papierkomponenten, wie die Mastery-Cards, Monument- und Völkerkarten, wirken recht hochwertig, wobei das Zusammenbasteln der Monumente zugegebenermaßen für einen Grobmotoriker wie mich leicht nervenaufreibend war. Und auch die Städtemarker aus Kunststoff, die mit beiliegenden Stickern beklebt werden und aufeinander gesteckt werden können – um bspw. eine bereits gebaute Stadt weiterzuentwickeln –, sind wirklich praktisch. Natürlich gibt es noch weitaus mehr Material in der doch recht großen Spieleschachtel zu entdecken, das qualitativ alles in allem durchaus überzeugt.

Was die Ästhetik betrifft, lässt sich materialtechnisch jedoch sicher streiten. Die Illustrationen auf den Monumentkarten und die Monumente selbst sind sicherlich recht ansehnlich, doch die Spielertableaus, das Scoreboard, die Landschaftsplättchen sowie das meiste restliche Material wirken doch recht schlicht und lieblos in der Gestaltung. Die sieben Übersichtskarten für die Spieler enthalten zudem zwar alle wichtigen Informationen, sind jedoch vor allem zu Beginn recht überfordernd, was jedoch nicht zwingend an der Übersichtlichkeit als vielmehr am Spielablauf und den zahlreichen Entwicklungsmöglichkeiten durch die Mastery-Cards liegt.

Also schauen wir uns den Spielablauf doch einmal etwas genauer an!


Ablauf

Eine Partie Dominations wird über drei Zeitalter mit je fünf Runden gespielt. In jeder Runde kommen alle Spieler in einer festgelegten Reihenfolge je einmal nacheinander an die Reihe, wobei sich Spielerreihenfolge von Zeitalter zu Zeitalter ändern kann. Ein solcher Spielerzug besteht wiederum aus drei Phasen, der Wachstums-, Bau- und Entwicklungsphase. 

In der Wachstumsphase legen die Spieler ein Landschaftsplättchen, das sie auf der Hand haben, an die bereits ausliegenden Plättchen oder das sechseckige Startplättchen an. Jedes Landschaftsplättchen ist einem der sechs Entwicklungsbereichen zugeordnet und hat in jeder der drei Ecken einen sogenannten „Nodus“, einen Kreis, der ebenfalls einem der sechs Bereiche farblich zugeordnet ist. Beim Anlegen bekommt man dann „Wissen“ entsprechend der Kategorie des Plättchens sowie der sich am angelegten Plättchen befindlichen „Nodusse“ – also die auf dem neuangelegten Plättchen sowie dem Plättchen, an das angelegt wird. Darüber hinaus bekommen Spieler, die eine Stadt auf einem der beteiligten Plättchen gebaut haben, Extrawissen für den entsprechenden Bereich, auf dem die Stadt steht. Schließlich gibt es ein Extrawissen, wenn zwei sich berührende „Nodusse“ farblich korrespondieren, und durch die dreieckige Form der Plättchen ist es zudem möglich, dass ein „Locus“ entsteht, sich also die Ecken von sechs verschiedenen Plättchen im Zentrum berühren, wodurch man Wissen für alle sechs sich in diesem Zentrum befindenden „Nodusse“ bekommt.


Das erhaltene Wissen wird dann einerseits für den Bau von Städten und Monumenten genutzt und andererseits für das Weiterentwickeln bestimmter Zweige der eigenen Zivilisation durch die Mastery-Cards. In der Bauphase können wir entweder eine neue Stadt platzieren, eine bereits vorhandene Stadt aufwerten oder eine Stufe eines der zur Verfügung stehenden Monumente bauen. Städte bringen uns neben dem möglichen Extrawissen in der Wachstumsphase auch Einfluss, der uns wiederum am Ende jedes Zeitalters entsprechend viele Siegpunkte generiert. Andererseits erhöht sich je nach Stadtlevel die Maximalanzahl an Wissen, das wir im entsprechenden Entwicklungsbereich sammeln können. Monumente bringen ebenfalls Siegpunkte und andere vorteilhafte Effekte, wobei man immer nur einen Level eines Monuments bauen kann. Die anderen Spieler können ebenfalls Level desselben Monuments bauen, und am Ende des Spiels hat derjenige Spieler die Kontrolle über das Monument, der mehr Städte angrenzend an das auf dem Spielplan platzierte 3D-Monument sowie Monumentlevelkarten besitzt. Wichtig wird das Kontrollieren eines Monuments jedoch erst am Ende des Spiels, in dem es ggf. Extrapunkte dafür gibt.


In der Entwicklungsphase kann eine Mastery-Card entwickelt und im eigenen Zivilisationsbaum angelegt, oder eine bereits entwickelte Karte einmalig weiterentwickelt werden, wodurch sich die Vorteile verstärken. Auch auf den quadratischen Mastery-Cards befindet sich auf jeder Seite ein halber „Nodus“ in einer bestimmten Farbe und beim Einbauen der Karte ist darauf zu achten, dass alle sich berührenden halben „Nodusse“ dieselbe Farbe besitzen und zu einem ganzen gleichfarbigen „Nodus“ werden. Die Kosten für die Mastery-Cards variieren zwischen drei, sechs und neun Wissen des entsprechenden Bereichs und durch das Einbauen der Karte tritt entweder ein sofortiger einmaliger Effekt oder ein dauerhafter Vorteil ein. So senkt eine Entwicklung der Kriegsführung bspw. dauerhaft die Kosten für das Bauen eines Monumentlevels. Andere Effekte beziehen dich hingegen auf das Ende eines Zeitalters, in dem es dann bspw. Siegpunkte für jede Monumentkarte im eigenen Zivilisationsbaum gibt, und wieder andere Mastery-Cards bringen ein gewisses Starteinkommen in einem der sechs Entwicklungsbereiche zu Beginn eines neuen Zeitalters. 

Letzteres kann wichtig sein, da am Ende eines Zeitalters zunächst geschaut wird, wer in jedem einzelnen Bereich am meisten Wissen übrig hat, wodurch dieser Spieler neben Siegpunkten einen entsprechenden Vorteil für das kommende Zeitalter erhält, z.B. die Bestimmung der Spielerreihenfolge oder zusätzliche Landschaftsplättchen, aus denen er später in der Wachstumsphase wählen kann. Im Anschluss setzen alle Spieler ihr Wissen in allen Bereichen wieder auf Null, außer sie haben eine Mastery-Card, die ein Starteinkommen verspricht.


Wer am Ende des dritten Zeitalters die meisten Siegpunkte besitzt, gewinnt die Partie. Diese gibt es durch Einfluss am Ende jedes Zeitalters, durch das meiste Wissen in einem Bereich am Ende eines Zeitalters, durch das Bauen von Monumentleveln und einige Mastery-Cards, und durch das Erfüllen der fünf Hauptziele des eigenen Volkes. Jedes Volk hat persönliche Ziele, die sich alle jedoch nur geringfügig unterscheiden. Die Babylonier brauchen beispielsweise sieben blaue, fünf grüne und drei rote vollständige „Nodusse“ im eigenen Zivilisationsbaum, die Kontrolle über mindestens ein Monument, acht aneinandergrenzende Städte, eine bestimmte Anzahl an Mastery-Cards bestimmter Farben und Kosten sowie drei Städte auf Level zwei. Je mehr dieser Zivilisationsziele man erreicht, desto mehr Extrasiegpunkte gibt es am Spielende. 


Fazit

In meiner ersten Partie Dominations war ich zu Beginn zugegebenermaßen etwas überfordert, denn durch die Vielzahl an Mastery-Cards in der Entwicklungsphase schienen die taktischen Möglichkeiten nahezu unendlich. Doch schon nach der Hälfte der Spielzeit begriff ich so langsam, wie der Hase läuft, allerdings war zu diesem Zeitpunkt meiner bereits meilenweit davongehoppelt. Obwohl, es durchaus verschiedene Strategien und Möglichkeiten gibt, scheinen einige der Mastery-Cards, vor allem solche, die das Ausspielen weiterer Mastery-Cards ermöglichen, doch unumgänglich, sowie am Schluss diejenigen, die massig Siegpunkte bspw. für die Beschaffenheit des eigenen Zivilisationsbaums abwerfen. Daher liegt der Fokus bei diesem Euro-Game ganz klar auf der Optimierung der eigenen Züge, also wie ich mit möglichst wenigen Zügen – denn so viele Züge gibt es bei Dominations nicht – die meisten Siegpunkte heraushole. Dadurch kann die Downtime, vor allem gegen Ende des Spiels, schon recht brutal werden. 


Auch wenn der Fokus ein anderer ist, gibt es in diesem Spiel durchaus eine gewisse Interaktion zwischen den Spielern, vor allem durch die Monumente und das „Rennen“ um das meiste Wissen auf den verschiedenen Leisten am Ende des Zeitalters. Diese recht überschaubare, aber doch vorhandene Interaktion gibt dem Spiel noch einmal ein bisschen Würze mit. Auch die Wachstumsphase ist recht schön gelöst, wobei hier ein gewisser Glücksfaktor beim Ziehen der Plättchen ins Spiel kommt. Außerdem spielen die „Rohstoffe“, also das Wissen, bei richtiger Planung des eigenen Spielzugs letztlich nur eine untergeordnete Rolle, denn im Grunde lässt sich in der Wachstumsphase i.d.R. genügend Wissen in den relevanten Bereichen generieren, sodass es selten zu starker Ressourcenknappheit kommt. Dadurch, dass sich in der Wachstumsphase die Landschaft ständig durch die Mitspieler verändert, fällt hier das große Planen eher weg und man hofft im Grunde nur, dass die Mitspieler nicht an dieses oder jenes Plättchen anlegen. Die Mitspieler durch die eigenen Züge gezielt zu boykottieren lohnt sich allerdings nur dann, wenn dadurch die Optimierung des eigenen Zugs nicht gestört wird, wenn es sich also gerade so ergibt.


Letztlich geht es aber natürlich darum, wie hoch der Wiederspielreiz bei Dominations ist. Und ich bin diesbezüglich etwas unentschlossen. Denn einerseits bietet das Spiel durch die vielen Optionen in der Entwicklungsphase verschiedenste strategische Möglichkeiten. Andererseits scheinen einige Optionen essenziell wichtig zu sein, während andere problemlos vernachlässigt werden können. Darüber hinaus gibt es einerseits eine riesige Auswahl an unterschiedlichen Völkern. Andererseits unterscheiden diese sich jedoch nur minimal voneinander, nämlich in der Zusammensetzung der langfristigen Ziele, die dich jedoch bei verschiedenen Völkern wiederholen. Jede Partie ist daher einerseits immer wieder anders, andererseits jedoch nicht grundlegend, sondern nur marginal. Auch meine Mitspieler waren sich beim Stichwort „Wiederspielreiz“ nicht einig und am Ende werdet ihr wohl selbst herausfinden müssen, ob es bei ein, zwei Partien bleibt oder vielleicht doch mehr daraus werden.

Ich persönlich hatte durchaus Spaß beim Grübeln und Taktieren und vor allem auch dabei, meinen Zivilisationsbaum ständig weiter auszubauen. Nach ein paar Partien war die Luft für mich persönlich jedoch etwas raus. Dennoch haben wir es hier zweifelsfrei mit einem recht originellen und wirklich guten Spiel zu tun, dessen Mechaniken reibungslos funktionieren und das vor allem den grübelnden Zugoptimierern von euch gefallen könnte. Ich wünsche jedenfalls viel Spaß mit Dominations: Road to Civilization.


In a nutshell…

Dominations: Road to Civilization ist ein Zivilisations-Euro-Game, in dem wir mit einem von zahlreichen Völkern Wissen in verschiedenen Bereichen, wie z.B. Kunst und Wissenschaft, durch das Anlegen von Landschaftsplättchen in der Wachstumsphase sammeln; Städte bauen und beim Bau von Monumenten mitwirken; und uns in den unterschiedlichsten Bereichen weiterentwickeln, einen eigenen Zivilisationsbaum zusammenbasteln und einmalige sowie dauerhafte Effekte und Siegpunktbedingungen freischalten. An der Materialqualität ist grundsätzlich nichts auszusetzen, allerdings wirkt die Optik insgesamt recht schlicht und lieblos. Obwohl es sehr viele verschiedene – zu Beginn vielleicht etwas überfordernde – Optionen vor allem in der Entwicklungsphase gibt, scheinen gewisse Strategien vielversprechender als andere, wodurch sich in Sachen Wiederspielreiz die Gemüter spalten werden. Mir persönlich haben die Partien, die ich gespielt habe, Spaß gemacht, wobei man in diesem grübellastigen und nur dezent interaktiven Spiel mit teils sehr hoher Downtime vor allem damit beschäftigt ist, seine eigenen Züge möglichst zu optimieren. Bei mir war die Luft am Ende relativ schnell raus, doch wenn ihr bei den Stichwörtern „Zivilisation“, „Euro-Game“ und „Zugoptimierung“ hellhörig geworden seid, spricht sicher nichts dagegen, sich Dominations einmal in Ruhe anzuschauen.

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Dominations: Road to Civilization von Eric Dubus und Olivier Melison
Erschienen bei Holy Grail Games
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 100 Minuten ab 13 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Holy Grail Games)