Könnt ihr euch noch an die zauberhaften Walt Disney Geschichten erinnern, die uns als Kinder vorgelesen wurden? An das bildschöne, sanfte Schneewittchen, das uns mit seiner Schönheit, in den Kinofilmen erstrahlte? Und an die gemeinen Bösewichte, die mit durchstechenden Blick und höhnischen Lachen aus dem finsteren Nichts auftauchten und uns in Angst und Schrecken versetzten? Ja?! Fürchtet ihr euch heute noch vor Ihnen? Nein, ich glaube nicht. Heute sind wir alle groß geworden und lassen uns nicht mehr von den Bösewichten einschüchtern! Nein, heute haben wir nichts zu befürchten, denn heute sind wir es, die böse bis ins Marck sind!
Wenn du mutig genug bist auf der finsteren Seite zu stehen, dann tauche ein in die Welt von Villainous.
Villainous, Böse bis ins Mark ist eine stand alone Erweiterung zum Grundspiel von Villainous, Böse Miene zum guten Spiel und bringt drei neue Bösewichte mit ins Spiel. Da ich das Grundspiel nicht besitze, bezieht sich meine Rezension ausschließlich auf das Spiel der Erweiterung.
Spielumriss:
Jeder Spieler sucht sich eine der 3 Bösewichte aus (Böse Königin, Dr. Facilier oder Hades) und nimmt sich die entsprechenden Bösewichten- und Schicksalskartenstapel, sowie das Spielertableau und die Spielfigur. Beim ersten Spiel empfiehlt es sich das Bösewicht- Handbuch des ausgewählten Charakters gut durchzulesen und sich einmal die eigenen Kartenstapel durchzuschauen, um einen Überblick der Kartenaktionen zu bekommen. Auf der Übersichtskarte sind die Spielziele aller Bösewichte kurz zusammengefasst und die Aktionsfelder des Spielertableaus beschrieben.
Alle Spieler ziehen vier Karten von ihrem Bösewicht-Kartenstapel und setzen ihre Spielfigur auf das linke Feld ihres Spielertableaus.
Reihum bewegen die Spieler, ihren Bösewicht auf eines der freien Aktionsfelder (zu Beginn ist die Zwergenhütte bei der Bösen Königin nicht betretbar) und führen die frei liegenden Aktionen in beliebiger Reihenfolge aus.
Dabei verfolgt jeder Bösewicht ein völlig anderes, individuelles Ziel. Am Ende jeden Zuges wird auf vier Handkarten aufgezogen. Wer als erstes sein Ziel erreicht gewinnt das Spiel.
Der Schicksalskartenstapel - Bösewichte am Sieg hindern
Führt ein Spieler die Aktion Schicksal durch, zieht er zwei Schicksalskarten eines anderen Bösewichts und darf eine davon ausführen. Diese Karten hindern den Bösewicht an der Erreichung seines Ziels, durch einmalige Ereignisse, Gegenstände oder Helden. Helden werden oberhalb des Spielertableaus an einen Ort angelegt und sperren dadurch zwei Aktionsfelder, zudem können Sie durch Gegenstände verstärkt werden und bestimmte Eigenschaften mit sich bringen.
Einen Helden besiegen
Hades und Dr.Facilier können Helden besiegen, indem Sie die entsprechende Aktion mit ihrer Spielfigur aktivieren und einen Handlanger (oder Titan), mit derselben Stärke oder mehr als der Held, in der gleichen Themenwelt, unterhalb des Spielertableaus angelegt haben. Anschließend werden der Held und der Handlanger/Titan entfernt und auf den entsprechenden Ablagestapel gelegt.
Die Böse Königin besiegt Helden indem Sie Machtchips zu Gift verwandelt und diese dann mit der Bösewicht-Karte "Nimm einen Bissen" auf die Helden ausspielt. Dazu muss sie sich an dem selben Ort befindet wie der Held und soviel Gift besitzen, wie der Stärke des Helden entspricht.
Kurze Übersicht der Bösewichte
Hades:
Ziel: zu Beginn des Spielzugs müssen 3 Titanen im Olymp sein
Ablauf: Titanen starten in der Unterwelt, müssen Schritt für Schritt in den Olymp verschoben werden.
Gegner: sperren oder verschieben Titanen, sperren Aktionen durch Helden
Dr.Facilier:
Ziel: Den Talisman in Besitz haben und die Karte New Orleans aus dem Wahrsagestapel ziehen.
Ablauf: Den Talisman und New Orleans im Bösewicht Kartenstapel finden und auslegen. Die Wahrsagen Ereigniskarte ausspielen um die Karte New Orleans aus dem Wahrsagestapel aufzudecken, während der Talisman in Besitz ist.
Gegner: füllen den Wahrsagestapel mit anderen Karten, klauen den Talisman, sperren Aktionen durch Helden
Böse Königin:
Ziel: Schneewittchen vergiften
Ablauf: 4 Zutaten auslegen um die Zwergenhütte zugänglich zu machen, Schnewittchen bei den Ereignisskarten aufdecken (mithilfe des Wunderspiegels) und zur Zwergenhütte legen, Machtchips in Gift umwandeln, Nimm einen Bissen auf Schneewittchen spielen
Gegner: klauen Handkarten, verringern Gift, sperren Aktionen durch Helden
Fazit:
Villainous besticht durch ein finsteres Cover, in düsteren Farben und schattigen Umrissen und hebt sich damit ganz klar von einem kindlichen Design ab. Auch die Bösewicht Spielfiguren sind schemenhaft angedeutet und wirken dabei doch etwas verträumt oder verzaubert. Durch die vielen, farblichen Abbildungen, auf den Karten, erkennen wir schnell, das wir in der Welt von Disney angekommen sind. Die großen, griffigen Spielfiguren und das durchweg gute Spielmaterial wirken überzeugend. Dass hier viel Liebe in die Aufmachung gesteckt wurde zeigen auch die Spielertableaus. Diese erscheinen mit bekannten Bösewicht Zitaten wie" "Spieglein, Spieglein, an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?" oder "Spiel, Satz, Sieg." Einmal aufgeklappt, begegnen uns dann vier Orte aus den bekannten Disney Filmen.
Was dann auch zum Vorschein kommt, sind die vielen Aktionssymbole auf den einzelnen Orten. Und hier wird nochmal klar, Villianious ist kein Kinderspiel! Die Altersangabe ist mit 10 Jahren angegeben und das kann ich so auch nachvollziehen. Die einzelnen Bösewichte haben jeder sein eigenes individuelles Ziel, das immer davon abhängt bestimmte Karten aus seinem Bösewicht Stapel zu erhalten und auf bestimmte Weise auszuspielen und zu nutzen. Gerade in den ersten Partien fällt es schwer in die Spielweise reinzukommen und das Ziel mit den wichtigen Zwischenaspekten im ganzen zu verstehen. Nicht umsonst hat Ravensburger hier eine große Hilfestellung, mit den Bösewicht Handbüchern, dazu gelegt. Diese sollten unbedingt ,vor dem ersten Spielen, gut durchgelesen werden und sich gegenseitig mit den Spielzielen der anderen Charaktere vertraut gemacht werden. Denn nicht nur das eigene Spielziel muss gut verstanden werden, auch die Ziele der anderen Bösewichte müssen im richtigen Moment durchkreuzt werden, um diese am Sieg zu hindern. Villianious ist also kein Spiel bei dem sofort drauf los gespielt werden kann.
Die unterschiedlichen Bösewichte sind dabei ungleich schwierig bzw. einfach zu meistern. Während das Spielziel und der Ablauf dorthin, bei Hades sehr klar ist, wird es bei der Bösen Königin schon etwas komplexer und bei Dr.Facilier schon beinahe verwirrend. Das bedeutet jedoch nicht, das die "einfacheren" Charaktere eher gewinnen! Bei uns hat bisher Hades am seltensten gewonnen. Ich konnte jedoch noch keine Feststellung machen, ob die Bösewichte, in der Zielgewinnung, ausgeglichen sind. Um diese Frage hätte klären zu kennen, hat es mir leider an Langzeitspielern gefehlt.
Denn, so toll die Idee eines finsteren Disneys Spiels auch sein mag, in meinen Runden kam Villainous leider nur wenig bis kaum an. Während sich die Einen an der großen Glückslastigkeit störten, erschien den Anderen das Spiel zu mechanisch und die Dritten konnten mit dem Thema nichts anfangen. Andere wiederum, mit mir eingenommen, fanden das Spiel nicht schlecht und die Idee dahinter gut, richtig warm geworden sind wir aber auch nicht mit Villianous.
Nun, schauen wir uns die Kritikpunkte nochmal genauer an.
In Villainous gibt es zentrale Handkarten, die für einen Sieg teilweise bis völlig unabdingbar sind. Einige dieser Karten sind mehrfach vorhanden, andere wiederum sind einzigartig. So gibt es den Wunderspiegel (Böse Königin), New Orleans (Dr.Facilier) oder den Streitwagen (Hades) nur einmal im gesamten Bösewicht Kartenstapel. Dieser besteht aus 30 Karten. Es kann also durchaus dauern bis man an die richtige Handkarte kommt. Durch die Aktion Karten abwerfen oder bestimmte Ereigniskarten gibt es die Möglichkeit das Kartendeck schneller zu durchforsten. Nichtsdestotrotz macht es einen Unterschied ob die wichtige Karte zu Beginn des Spiels kommt oder ganz unten im Kartendeck schlummert. Hier ist also ganz klar ein großer Glücksfaktor dabei. Dieser kann jedoch etwas ausgeglichen werden, indem man dem Bösewicht rechtzeitig ins Handwerk pfuscht und ihm durch die Schicksalskarten das Ziel zu Nichte macht. Da man jedoch nur 2 Schicksalskarten zieht und nur eine einsetzen darf, sind die Möglichkeiten sehr eingeschränkt. Wer also nichts dem Zufall überlassen möchte und seine Spielzüge gerne durchplant, ist bei Villianious falsch. Hier läuft das Spiel wie im echten Leben. Es passieren Dinge, die sind nicht planbar, nimm sie an und lerne daraus!
Zum zweiten erschien einigen Mitspielern der Spielablauf zu mechanisch und zu wenig sinngebend. Warum gibt es an bestimmten Orten, gerade diese Aktionen zur Auswahl? Natürlich macht es Sinn, das im Labor der Bösen Königin, das Gift gebraut wird, aber warum kann ich im Wald Karten abwerfen, Machtchips erhalten, eine Karte ausspielen oder Kartenfähigkeiten aktivieren? Gibt es einen näheren Sinn dahinter oder wurde hier lediglich eine Spielmechanik angefügt und anhand der Bilder eine Geschichte aufgedruckt? Natürlich geben die vielen Bösewichtkarten und Ereigniskarten, mit ihren Helden und Gegenstände die Walt Disney Geschichten wieder, aber wer diese nicht bereits kennt, wird im Spiel keine Geschichte erleben! Sondern nur Andeutungen und Puzzleteile einer lebendigen Welt. Mir erging es so mit Dr.Facilier. keiner von uns kannte den passenden Film dazu und wir verstanden nicht was es mit seinem Ziel und den Abläufen dorthin zu tun hat und tatsächlich wirkte das Spiel dann wie ein mechanischer Ablauf nach dem Handbuch. Erst nachdem ich die Walt Disney Geschichte angelesen hatte und Dr.Facilier ein zweites mal gespielt hatte, war mir der Ablauf und die Geschichte bewusst.
Und hier sind wir am dritten Punkt, die Thematik. Villainous richtet sich ganz klar an Walt Disney Fans. Natürlich lässt sich das Spiel auch ohne Vorkenntnisse spielen und gewinnen, aber ein richtiges Abenteuergefühl kommt eher Zustande wenn man die Geschichten kennt und somit nacherleben kann. Und genau genommen erlebt man hier zwei bis drei Disney Filme gleichzeitig! Und kann sowohl Bösewicht sein, als auch mit den Schicksalskarten, als Held fungieren.
Ich persönlich, sehe nach wie vor ein gutes Potential in diesem Spiel!
Meiner Meinung nach liegt die Schwierigkeit gerade im überbrücken der ersten Spielrunden. Ich hatte hier oft den Eindruck, das die Spieler so mit ihrem Charakter beschäftigt waren und mit dem Verständnis des Spielablaufs das sie die Geschichten und die anderen Spieler kaum wahrgenommen haben. Auch mir ging es in der ersten Spielrunde so. Leider kam diese erste Partie meist so negativ an, das die Spieler kein zweiten Spielversuch wagten. Ich habe das Spiel mehrmals gespielt und kenne alle drei Bösewichte inzwischen sehr gut und somit habe ich Zeit und Ruhe meine Geschichte mitzuerleben und auch die der anderen. Ich hätte mir gewünscht, dass mich mehr Mitspieler bis zu diesem Punkt begleitet hätten. So bleibt mir der Eindruck zurück, das dieses Spiel gut sein kann, wenn man die richtige Spielrunde findet, die sich lang genug mit einem durchkämpft.
Und gerade auf Hinblick zu Halloween stelle ich mir Villainous als skurriles Kartenspiel vor, bei dem jeder als sein Bösewicht verkleidet erscheinen kann und die Geschichte mit passender Umgebung und mitgebrachten Utensilien noch mehr zum Leben erwecken kann. Böse Königin sucht passenden Hades und Dr.Facilier für einen spukreichen Spieleabend!
Nichtsdestotrotz kann ich Villainous nicht allumfassend empfehlen.
Das Spiel richtet sich vorwiegend an erwachsene Disney Fans, die gerne Kartenspiele spielen und bereit sind sich in diese Welt einzubringen.
Für wen ist das Spiel geeignet?
Kinder: 2 von 5 ( Kinder ab 10 Jahren können das Spielgeschehen und die Ziele erlernen)
Familie: 3 von 5 (wer sich als Disney Fan auf das Spiel und die Mechanik einlässt, kann viel Spaß haben)
Kenner: 2 von 5 (hoher Glücksfaktor und bruchstückhafte Story )
Experte: 1 von 5 (Der Experte sollte eher ein Blick auf Nemesis werfen)
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Villainous: Wicked to the Core von Prospero Hall
Erschienen bei Ravensburger
Für 2 bis 3 Spieler in ca. 50 Minuten ab 10 Jahren
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sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Ravensburger)