Während im Fernsehen gefühlt täglich mehrere Gartenexperten über die Mattscheibe flimmern und grade bei dem derzeit eigentlich tollen Wetter viele sich auch um die Neugestaltung ihres echten Gartens Gedanken machen (oder tatkräftig dabei sind), war das Thema Garten bei Brettspielen noch nicht so wirklich prominent vertreten. Das soll sich mit Tang Garden nun also ändern. Dafür hüpfen wir jedoch nicht einfach ab ins Beet, sondern vielmehr durch Zeit und Raum und landen im China der Tang Dynastie (also schlappe 1100 bis 1400 Jahre zurück).
Also Packung auf und auf den kleinen schicken Zettel geschaut, der einem entgegenspringt und behauptet, sämtliche Pappteile würden unter dem Plastikeinleger liegen und nach dem Ausbrechen solle man doch den Rahmen der Pappteile wieder unter den Einleger packen, um die Verpackung stabiler zu machen. Interessant. Also Plastik raus und erstmal ganz viele Komponenten ausgedrückt und zu schicken Bäumen, Brücken, etc. zusammengebaut. Das Problem am Ende war: wie zum T*** bekommt man das alles wieder in die Verpackung in die (wirklich mega-durchdachte) Plastikeinlage??? Ich habe es am Ende zwar geschafft, habe mir danach aber mal die Spielerhilfe, die auf der offiziellen Homepage hinterlegt ist, angeschaut. Dort wird nämlich tatsächlich aufgeführt, wie die Sachen in die Packung kommen! Mein Fehler war: Ich hab die Bäume zusammengesteckt gelassen. Das ist so nicht gedacht. Gepasst hat es am Ende trotzdem, irgendwie.
Aber lassen wir das mal Beiseite: Die Komponenten sind erstklassig, sehen toll aus, sind stabil und wirklich hochwertig! Angefangen bei den Plastikminiaturen, über die Karten und Pappteile bis hin zu den Dekorationen. Das Design ist mega!
Ist erstmal alles aufgebaut und vorbereitet geht es auch schon los: Im Uhrzeigersinn muss jeder Spieler eine Pflichtaktion ausführen und darf dann noch beliebig viele optionale Aktionen nutzen. Die Pflicht bedeutet entweder den Garten anlegen oder eine Dekoration platzieren. Optional darf man dann noch einen Charakter beeinflussen, eine Laterne nutzen oder eine Laterne bereitmachen.
Das Gartenanlegen verläuft dabei wie beim guten alten Carcassonne: Plättchen nehmen (wobei man hier zwischen 4 verschiedenen Arten wählen kann und quasi schon „weiß“, welches Gelände hauptsächlich betroffen ist) und im Garten anlegen, wobei Kanten an Kanten gelegt werden müssen und eine Wiese nicht an Wasser angrenzen darf, etc. Doch hier erfolgt sofort eine „Wertung“: Je passender Kante wird der entsprechende Marker auf dem eigenen Tableau vor gezogen. Ebenso, wenn ein Gelände nun komplett umschlossen wurde (also die Stadt fertig ist, um mal bei Carcassonne zu bleiben). Diese Marker bewirken im Spielverlauf zum einen Münzboni und „schalten“ die Möglichkeit frei, dass man überhaupt Charaktere beeinflussen darf. Dann gibt es evtl. noch Münzen für Wege und diese können wiederrum gegen das Fortbewegen der eigenen Marker getauscht werden. Legt man hierbei ein Plättchen auf ein Feld mit Landschaftsmarker, nimmt man sich diesen und setzt sofort eine Landschaftstafel vertikal auf das Spielbrett (hierfür gibt es auf jeder Seite des Spielbretts 5 Einkerbungen). Außerdem bieten manche Gartenplättchen noch besondere Belohnungen.
Das Dekorieren läuft anders ab: man zieht mindestens 2 Dekokarten und wählt eine davon aus. Dann nimmt man sich die abgedruckte Deko und platziert diese nach den Anweisungen der Karte auf dem Spielplan und erhält ggf. einen Bonus. Die Dekos bringen – teiweise in unterschiedlichen Konstellationen und Paaren – am Ende des Spiels Münzen ein.
Die Charaktäre schauen sich den Garten an und bringen am Spielende Münzen wenn sie sich bestimmte Plättchen oder Landschaften anschauen und dann noch jeweils eine für jedes Deko-Element, dass sie sich ansehen. Bereits zu Beginn hat jeder Spieler einen Charakter, der zudem mit bestimmten Sonderfähigkeiten dabei hilft, seinem Spieler einen gewissen Vorteil zu verschaffen.
Die Laternen helfen einem, einem Zug 2 Plättchen oder Dekos zu platzieren und zu werten, einen Charakter zu bewegen oder sich gezielt einen Charakter/eine Landschaft auszusuchen, die man zieht. Zu guter Letzt lässt sich für 3 abgegebene Landschaftsmarker eine bereits benutzte Laterne erneut nutzen.
Das Spiel ist beendet, wenn nur noch 3 Landschaftsmarker auf dem Spielfeld liegen oder aber einer der vier Stapel mit Plättchen aufgebraucht ist. Nun gibt es die eben erwähnten Münzen für die Deko sowie die Deko in Blickrichtung der eigenen Charaktere. Es gewinnt, wer die meisten Münzen einsammeln konnte.
Das wars auch „schon“. Die Regeln sind also alles andere als kompliziert, doch es steckt so einiges an taktischem Potenzial in Tang Garden. Dabei ist der Spielfluss einmalig „chillig“. Dadurch, dass jeder immer nur eine Pflichtaktion hat und ggf. noch was optionales macht, plättschert das Spiel auf sehr angenehme Weise vor sich hin, während man gleichzeitig doch immer wieder am Überlegen ist, welche Aktion am meisten Sinn macht. Ein wenig wie Carcasonne eben, aber ohne den Konkurrenzkampf um die Städte und Wiesen und Wege, ein bischen wie Cities Skylines nur nicht kooperativ und trotzdem entspannter.
Dazu ist das Ganze noch dazu in optischer und haptischer Hinsicht ein absoluter Hingucker (und Hinfasser). Während ich kürzlich bei VIAE noch schrieb, dass es ein schlicht schön anzusehendes Spiel sei, ist Tang Garden ein wirklich rundum schön gestaltetes Spiel, an dem es in dieser Hinsicht nichts zu meckern gibt. Ganz explizit muss hier auch die Anleitung erwähnt werden, die zwar auf den ersten Blick wie ein echter Regelklopper wirkt, letztlich aber einfach alles super ausführlich und mit vielen Beispielen erläutert. Wer nicht genug von Tang Garden bekommen hat, dem bietet das Spiel noch eine vollständig ausgearbeitete Solovariante um vollends in der Meditation zu versinken.
Tang Garden von Francesco Testini, Pierluca Zizzi
Erschienen bei ThundergryphGames
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 60 Minuten ab 14 Jahren