Mit rasender Geschwindigkeit eroberte The Isle of Cats das Herz der Kickstarter-Gemeinde und sprengte den Zielbetrag um ein Vielfaches. Uns lagen Grundspiel, Kickstarter- und die „Late Arrivals“-Erweiterung vor und wir haben überprüft, ob das Spiel seinem Hype gerecht wird.
The Isle of Cats mixt Drafting- und Polyomino-Placement mit einer Thematik, die auch in Jahrtausenden noch immer funktionieren wird: Katzen.
In einer umfangreichen thematischen Einführung werden die Spieler*innen in eine mystische Welt eingeführt, in der sie innerhalb von fünf Tagen so viele Katzen von der namensgebenden Insel retten müssen, wie möglich. Denn der Fiesling Lord Vesh nähert sich der Insel und möchte sich – wie Gargamel bei den Schlümpfen – die mythsichen Geschöpfe (hier: Katzen) unter den Nagel reißen.
Bei aller liebevollen thematisch-atmosphärischen Einführung bleibt Lord Veshs Rolle in einer Partie The Isle of Cats relativ blass. Vielmehr als einen Rundentimer stellt er nicht dar. Hätte es ihn und diese starke Ausarbeitung der Welt dann überhaupt gebraucht?
Absolut, denn dadurch müssen wir uns als Spieler*innen nicht schlecht fühlen, wenn wir die vielen bunten Katzen der Insel in einer Rettungsaktion mit Hilfe von Körben einfangen und sie auf unseren Schiffen zwischen Ratten, Schätzen und ihresgleichen zusammenpferchen.
Dazu erkundet ihr zunächst an jedem der 5 Tage bzw. in jeder der 5 Runden die Insel und zieht in Drafting-Manier verschiedenste Aktionskarten. Darunter befinden sich unter anderem die Korbkarten, mit denen bestimmt wird, in welcher Spieler*innenreihenfolge ihr wie viele Katzen in dieser Runde einfangen könnt. Für diese und alle sonstigen Karten wird haufenweise Fische benötigt, um sie am Ende der Drafting-Phase auch behalten zu dürfen. Da diese Fische (die man zu Beginn jeder Runde erhält) später auch für das Fangen der Katzen benötigt werden, muss man genau abwägen, wann man wie viel davon ausgeben will.
Hat man das Ressourcen- und Kartenmanagement erledigt, geht es darum, die Katzenplättchen möglichst effektiv auf dem eigenen Schiff unterzubringen. Auch hierbei müssen viele Faktoren berücksichtigt werden. So ist es wichtig, Katzen gleicher Farbe bestenfalls nebeneinander zu platzieren, um bei Spielende dafür besonders viele Punkte zu bekommen. Zudem sollten die sieben Räume eines jeden Schiffs bis auf das letzte Feld ausgefüllt sein. Für jeden nicht vollständig belegten Raum gibt es am Ende Minuspunkte, genauso wie für jede Ratte, die zum Schluss noch zu sehen ist.
Die Spielanleitung macht einen guten Job, all diese Konzepte präzise zu beschreiben. Besonders die zwischendurch eingestreuten thematischen Texte helfen dabei, die Spielmechaniken mit dem Spielszenario zu verbinden. So viel Liebe zum Detail ist mir das bislang noch nicht untergekommen.
Das Spiel lässt sich für seine Tiefe extrem schnell spielen, Runde um Runde rauscht nur so dahin und man hat fast den Eindruck, es ist vorbei, bevor eine Partie richtig angefangen hat. Das kann auch damit zu tun haben, dass sich die Strategie von Anfänger*innen stark von der von Profis unterscheidet und damit auch das Punkteergebnis am Spielende weit auseinanderliegen kann. Hat man also als Anfänger*in erst nach ein paar Runden raus, wie das Spiel funktioniert, sind die anderen schon davongezogen und man selbst hat nur noch wenig Gelegenheit, um die eigene Strategie zu verfeinern bzw. anzupassen.
Denn obwohl sich The Isle of Cats geradlinig spielt, ist das am Anfang nicht sofort ersichtlich. Das hat mit der Fülle an Komponenten zu tun, die alle zunächst korrekt verteilt und vorbereitet werden müssen und man zwei Mal nachgucken muss, ob man die richtigen Kartendecks gewählt hat oder bestimmte Karten nochmal aus dem Deck entfernen bzw. ergänzen muss. Dieser etwas zähe Spielaufbau wird aber durch die Qualität der Komponenten wettgemacht. Der bunte, farbenprächtige und doch klare Stil der Karten, Plättchen und Schiffe ist großartig und steht in mutigem Kontrast zur weißen Spielebox.
Die Katzen aus Holz, in der Kickstarter-Erweiterung mit einem deutlich aufgemotzten Exemplar jeder Farbe und die dort auch zu findenden Holz-Fische sehen fabelhaft aus und machen es jedes Mal zu einem Fest, die Figuren auszupacken. Neben diesen rein visuellen Upgrades bieten die Erweiterungen auch neue Inhalte, allen voran Spielmaterial für eine*n fünfte*n und sechste*n Spieler*in und neue Lektionskarten-Module.
Lektionskarten bringen persönliche oder öffentliche Missionsziele ins Spiel, wenn sie entdeckt und mit Fisch gekauft werden. Neben einem festen Satz dieser Karten im Entdeckungsstapel, gibt’s im Grundspiel drei Module, die mit den insgesamt fünf weiteren Modulen aus den beiden Erweiterungen ausgetauscht werden können. Aber auch so ist der Wiederspielwert von The Isle of Cats immens. Hinzu kommen nämlich außerdem noch ein hervorragender Solo-Modus und eine Familien-Variante, die sich ausschließlich auf das Platzieren der Katzen auf dem eigenen Schiff konzentriert – ohne Karten- und Fischmanagement.
Und in jeder dieser Varianten lässt sich The Isle of Cats wunderbar spielen. Es ist ein rundes, sehr modulares und variantenreiches Legespiel, bei dem man einfach eine gute Zeit haben kann, während man seine Katzen und Schätze auf dem Boot arrangiert. Einzig der Auf- und Abbau könnte etwas schneller vonstattengehen.
Ansonsten handelt es sich hier auch um einen visuellen Augenschmaus, mit einem eigenwilligen, aber großartigen Stil. Wer keine Fliesen mehr in Azul verlegen will, ist hier bestens aufgehoben.
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The Isle of Cats von Frank West
Erschienen bei Skellig Games
Für 1 bis 4 Spieler in 75 Minuten ab 8 Jahren
Boardgamegeek Link
Erschienen bei Skellig Games
Für 1 bis 4 Spieler in 75 Minuten ab 8 Jahren
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sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder aus dem Pressematerial des jeweiligen Verlages (hier Skellig Games)