Kennst du das? Du holst zum glorreichen Schlag mit deiner Lieblingsstreitkeule aus, hörst schon den tosenden Applaus der begeisterten Menge, verfehlst jedoch zu deinem eigenen Erstaunen dein geschickt ausweichendes Gegenüber und wirst seitlich von einem herannahenden Speer aufgespießt. Nein? Echt noch nie erlebt? Na dann wird es vielleicht Zeit für eine Runde Gladigala!
In dieser planungsbasierten und actionreichen Arenaprügelei tust du alles, um dem nach spektakulären Kampfszenen lechzenden Publikum eine angemessene Show zu bieten, aus der deine Gladiatorenschule mit den allerbesten Champions möglichst siegreich hervorgehen sollte. Für erfolgreiche Angriffe, das Aktivieren des Publikums im richtigen Moment und das weitsichtige Wetten auf schlappmachende Kämpfer gibt es Münzen, die zwar für Upgrades und dergleichen ausgegeben werden können, am Ende der Vorstellung jedoch bestimmen, welche Gladiatorenschule am erfolgreichsten war und die Medaille mit nach Hause nimmt. Allerdings ist es noch mehr Wert, den goldenen Adler der gegnerischen Schulen in der Arena zu stibitzen und in die „Safe Zone“ zu tragen. Gelingt dies einem Spieler, ist das Geld nur Nebensache.
Die Vormittagsvorstellung ist gelaufen, du hast weniger Geld als deine Konkurrenten und auch die goldenen Adler deiner Gegner waren für dich dieses Mal unerreichbar? Nicht verzagen! Denn die Nachmittagsvorstellung beginnt gleich und dieses Mal wirst du es den anderen zeigen und dem Publikum eine wahre Gladigala vor den Latz knallen!
Material
Neben dem 8 x 8 Felder großen Arena-Board findet ihr beim Öffnen der Schachtel insgesamt 16 unbemalte Gladiatorenminiaturen in vier verschiedenen den vorhandenen Gladiatorentypen entsprechenden Designs (Schwert-, Speer-, Dolch- und Keulenkämpfer), 24 verschiedenfarbige Ansteckbasen für die Miniaturen, 16 den verschiedenen Gladiatorentypen zugeordnete Magnettafeln für die Planung, 12 Standfüße und 24 schwarze Metallscheiben für die Magnettafeln, 24 Angriffsmarker aus Holz, 12 rote Treffermarker aus Plastik, eine zentrale Bühne in Form einer runden Holzscheibe, vier taktische Übersichtstafeln sowie 24 Schulsymbolmarker, 12 Publikumsmarker, 4 Adlermarker, 2 Medaillen und 39 Münzmarker aus Pappe. Die Miniaturen sind recht hübsch, die Magnet- und taktischen Übersichtskarten durchaus hochwertig und auch sonst gibt es am bunt aus Pappe, Plastik und Holz zusammengewürfelten Material nichts auszusetzen. Eine kleine Kritik sei hier vorab jedoch erlaubt. Es wäre nämlich schön gewesen, wenn das ganze tolle Material auch problemlos in die dafür vorgesehene Spielschachtel gepasst hätte, doch egal wie ich das Material auch hin und her geschoben habe, die Schachtel ging am Ende leider nie ganz zu. Doch an diesem kleinen Makel wollen wir uns jetzt nicht allzu sehr stören und werfen lieber einen Blick auf den Spielablauf und das anschließende Fazit.
Ablauf
Eine Standardpartie Gladigala verläuft über zwei Wettkämpfe, die zunächst jeweils mit der Ausrüstungsphase beginnen, in der die Spieler ihre Gladiatorenschulen aussuchen und ihre Gladiatoren(typen) eher zufällig zugewiesen bekommen. Nachdem die Gladiatoren mit den Ansteckbasen in Spielerfarbe versehen wurden und sich jeder Spieler die entsprechenden Magnettafeln geschnappt hat, werden die Gladiatoren sowie der goldene Adler jedes Spielers nach bestimmten Regeln in der Arena platziert, wobei der Spielaufbau je nach Spielerzahl variiert. Bevor es dann ans Planen und Kloppen geht, platzieren die Spieler reihum noch ihre Publikumsmarker am Rand des Spielfelds, sodass immer nur ein Publikumsmarker genau einer Reihe oder Spalte zugeordnet ist, und geben eine Strategieerklärung ab, indem sie auf die fünf Gladiatoren wetten, die die Arena vermutlich als erste verlassen werden. Und vier Seiten der Spielanleitung später kommen wir nun endlich zum Kerngeschehen in Gladigala, der Planungs- und Kampfphase!
In der Planungsphase wählen die Spieler gleichzeitig und geheim, wie sich ihre Champions in dieser Runde bewegen sollen und auf welchem Feld sie angreifen. Für die Bewegung sind für jeden der eigenen Gladiatoren – und in der Arena gibt es unabhängig von der Spielerzahl zu Beginn insgesamt immer zwölf – zwei Entscheidungen zu treffen, die jeweils mit einer der Metallscheiben auf der Magnettafel festgehalten wird. Zunächst legt man fest, ob der Gladiator stehenbleibt oder sich orthogonal oder diagonal auf ein benachbartes Feld in beliebiger Richtung bewegt. Im Anschluss überlegt man sich noch, ob sich der Gladiator um 90° in eine beliebige Richtung oder gar um 180° drehen soll. Alternativ kann man jedoch auch aufs Drehen verzichten und die Spezialfähigkeit des Gladiators für die aktuelle Runde aktivieren. Wurden alle Bewegungen geplant, folgt nun die Planung des Angriffs. Hierfür platzieren die Spieler wieder gleichzeitig für jeden ihrer Gladiatoren genau einen ihrer hölzernen Angriffsmarker auf jeweils einem Feld in der Arena, wobei sie von der aktuellen, nicht der zukünftigen Position ihrer Gladiatoren ausgehen und die Ausrichtung ihrer Gladiatoren beachten. Welche Felder die einzelnen Gladiatorentypen angreifen können, ist jederzeit auf der taktischen Übersichtstafel ersichtlich. Während die Dolchkämpferin zum Beispiel nur wenig Reichweite hat, dafür jedoch sogar schräg hinter sich angreifen kann, trumpft die Speerkämpferin mit einer besonders hohen Reichweite auf, kann dafür aber die Felder um sie herum mit ihrem langen Speer nicht erreichen. Wichtig beim Planen des Angriffs ist – wie bereits gesagt –, dass stets von der aktuellen Position – also der Position der Gladiatoren, noch bevor sie sich bewegen – ausgegangen und zudem die Ausrichtung der Gladiatoren beachtet wird, da diese darüber entscheidet, wo bzw. in welche Richtung die Gladiatoren angreifen können.
Ist die Planung abgeschlossen, dürfen die Spieler noch beliebig viele ihrer drei Publikumsmarker aktivieren, die ihnen, falls einer ihrer Angriffe in der entsprechenden Reihe oder Spalte in dieser Runde erfolgreich ist, eine Münze extra einbringt, oder einem Gegner bei einem erfolgreichen Treffer Münzen vorenthält. Im Anschluss decken die Spieler ihre Magnettafeln auf, führen die Bewegungen ihrer Gladiatoren aus – wobei alle Gladiatoren stehenbleiben, die sich auf ein Feld bewegen würden, auf dem bereits ein anderer Gladiator steht oder auf das sich ein anderer Gladiator hinbewegen würde – und kassieren ggf. Münzen für erfolgreiche Treffer, nämlich immer genau dann, wenn sich ein gegnerischer Gladiator auf einem Feld befindet, das sie mit einem ihrer Gladiatoren angreifen. Allerdings bringen erfolgreiche Treffer der verschiedenen Gladiatorentypen auch unterschiedliche Belohnungen in Form von Münzen mit sich. Wird ein Gladiator getroffen, ist er von nun an verwundet und darf sich nicht mehr diagonal bewegen – außer der Spieler zahlt eine Münze, um diesen Gladiatorentyp upzugraden und das diagonale Bewegen dauerhaft für diesen Wettkampf auch für andere verwundete Gladiatoren desselben Typs freizuschalten. Bei einem zweiten Treffer muss der verwundete Gladiator die Arena jedoch verlassen und sobald fünf oder mehr Gladiatoren auf diese Weise ausgeschieden sind, endet der aktuelle Wettkampf und der Spieler mit den meisten Münzen geht als Sieger hervor.
Alternativ können die Spieler den Wettkampf jedoch auch für sich entscheiden, indem sie sich mit einem ihrer Gladiatoren den goldenen Adler einer ihrer Kontrahenten schnappen und sich mit diesem in die „Safe Zone“ bewegen, die sich in einem 2 x 2 Raster in der Mitte der Arena befindet und die nicht als Ziel von Angriffen ausgewählt werden darf – wobei Spieler fürs Betreten der „Safe Zone“ und für das Verweilen in der „Safe Zone“ Münzen bezahlen müssen. Wenn einem Spieler dies gelingt, endet der Wettkampf sofort und der Adlerdieb wird mit der höchsten Auszeichnung, der Adlermedaille, belohnt. Allerdings ist dies leichter gesagt als getan, da der Gladiator, der gerade einen goldenen Adler trägt, seine Spezialfähigkeit nicht nutzen kann. Während der Schwertkämpfer und die Speerkämpferin sich bei aktivierter Spezialfähigkeit „unter Schild“ bewegen und sich bei Abgabe von Münzen somit vor gegnerischem Schaden bewahren können, darf sich die flinke Dolchkämpferin bis zu zwei Felder weit in eine Richtung bewegen. Der Keulenkämpfer hat zwar nicht viel Reichweite, kann einen anderen Gladiator bei aktivierter Spezialfähigkeit jedoch gleich beim ersten Treffer komplett ausknocken.
Ist der erste Wettkampf vorbei und eine Medaille an den Sieger vergeben – wobei die Spieler für richtige Vorhersagen bei der Strategieerklärung Extramünzen bekommen –, geht es wieder mit der Ausrüstungsphase für die Nachmittagsvorstellung los und ein zweiter Wettkampf wird ausgetragen, für den die Spieler ihre gesammelten Münzen des ersten Wettkampfs behalten dürfen.
Fazit
Gladigala ist eines der Spiele, das mit Sicherheit die Gemüter spalten wird. Die einen werden vielleicht sagen, es sei witzlos à la Scotland Yard herumzuraten, wohin sich der feindliche Gladiator nun bewegen mag und wo er angreifen wird. Doch ich gehöre nicht dazu. Mir hat Gladigala viel Spaß gemacht – gerade auch wegen der ständigen Psychospielchen, ganz nach dem Motto: "Du denkst wohl, ich bewege mich hierher. Aber was, wenn du denkst, dass ich denke, dass du denkst ich bewege mich hierher?" Das kann man natürlich immer weiterspinnen und die ständige Ungewissheit führt unweigerlich zu einer Menge Spannung, da man sich nie sicher sein kann, was die gegnerischen Gladiatoren schlussendlich tun werden. Sollte ich mich also vorwärts Richtung Gegner aufmachen, um für die kommende Runde eine bessere Ausgangsposition für meinen Angriff zu haben, oder gehe ich das Risiko mit meinem angeschlagenen Kämpfer lieber nicht ein und ziehe mich lieber leicht zurück?
Trotz der ganzen "Herumgeraterei", oder, wie ich es vorhin positiver ausgedrückt habe, "Psychospielchen", kommt die strategische Planung ebenfalls nicht zu kurz. Wenn sich ein gegnerischer Gladiator mir meinem goldenen Adler beispielsweise in Richtung "Safe Zone" aufmacht, sollte ich zunächst alle möglichen Züge des Gegners in Erwägung ziehen und dann entsprechend handeln, indem ich zum Beispiel gewisse Felder mit Angriffen versehe und mit eigenen Bewegungen wiederum andere Felder für den Gegner blockiere. Außerdem arbeiten die Schulen normalerweise zusammen, sobald sich wer einen goldenen Adler geschnappt hat. Wobei man die Ablenkung des Gegners theoretisch auch dafür nutzen könnte, sich in der Hoffnung, der Adlerdieb werde schon noch irgendwie gestoppt, selbst einen der gegnerischen goldenen Adler unter den Nagel zu reißen.
Solche Szenarien hängen natürlich auch stark von der Spielerzahl ab. Im Vierspielerspiel kommen mehrfache Adlerdiebstähle natürlich eher vor als im Drei- und Zweispielerspiel. Zu dritt ergibt sich womöglich das Problem, dass einer der Spieler von den anderen zweien dezent eingekesselt wird, sodass diese Position zunächst den erfahreneren Gladiatoren zugeteilt werden sollte. Im Duell funktioniert das Spiel auch sehr gut, wobei das vorzeitige Wetten in diesem Modus wegfällt und durch eine andere Mechanik ersetzt wird. Daher spiele ich das Spiel trotz des drohenden Chaos - oder gerade deswegen? - am liebsten zu dritt oder in Vollbesetzung. Denn durch die Strategieerklärung noch vor der eigentlichen Prügelei zeigt man im Grunde ja schon an, welche Gladiatorenschule man im kommenden Wettkampf besonders hartnäckig bekämpfen wird. So entsteht eine besondere Dynamik, die viel Platz für die unterschiedlichsten Spielsituationen schafft. Durch die Spezialfähigkeiten der Gladiatoren, den Einsatz der Publikumsmarker sowie das Upgraden der Gladiatoren kommt zudem noch mehr Varianz ins Spiel.
Dennoch hält sich die Varianz alles in allem in Grenzen, da es insgesamt doch nur vier verschiedene Gladiatorentypen gibt, die jeweils nur eine Spezialfähigkeit haben – und zwei von ihnen sogar dieselbe –, nur ein Spielfeld mit einem stets sehr ähnlichen Aufbau und nur zwei Möglichkeiten zu gewinnen. Daher stellt sich die Frage, wie groß der Langzeitspielspaß letztlich sein wird. Neue Spielpläne und Gladiatoren sowie weitere Möglichkeiten, Münzen für strategische Moves, Fähigkeiten oder neue Upgrades auszugeben, könnten das Spielgeschehen mit Sicherheit noch interessanter machen. Doch selbst ohne erweiternde Spielmaterialien und -mechanismen sollte der gelegentlichen Arenaprügelei auch in Zukunft nichts im Wege stehen.
Einen Hinweis sollte ich jedoch noch all denjenigen geben, deren räumliches Vorstellungsvermögen sie regelmäßig dazu zwingt, die Stadtkarte nach den Himmelsrichtungen passend auszurichten und dann mit beiden Füßen hineinzusteigen, um sich wieder einigermaßen auszukennen. Denn dadurch, dass sich die Ausrichtung der Gladiatorenminiaturen nicht immer mit der Ausrichtung auf der eigenen Magnet- und Übersichtstafel deckt, muss im wahrsten Sinne um die Ecke gedacht werden. Das sollte den meisten vielleicht keine Probleme bereiten, für andere könnte dies jedoch zu einem regelmäßigen Orientierungsverlust führen, der es schließlich nötig macht, das eigene Spielmaterial ständig mit der Ausrichtung der Gladiatoren mitzudrehen, was wiederum – davon gehe ich zumindest aus – sehr nervig sein kann.
Nichtsdestotrotz kann ich guten Gewissens sagen, dass vor allem diejenigen, die sich beim Spielen gerne auf Psychospielchen einlassen und nichts dagegen haben, auch einmal daneben zu liegen oder zu hauen, wie man es aus Spielen wie Scotland Yard, Colt Express und co schon kennt; und die zudem starke Nerven bewahren, wenn man kurz vorm Ziel dann doch noch von einem mit vollem Schwung ausholenden Knüppelkämpfer ausgeknockt wird; für all diejenigen, die ein recht zugängliches und eher zügig gespieltes, mit einem schönen Thema versehenes Arenaspiel suchen, sollten mal einen Blick auf Gladigala werfen. Ich werde es sicher noch häufiger auf den Tisch holen, wenn mir nach einem stressigen Tag mal wieder der Sinn nach einer leidenschaftlichen Gladiatoren-Klopperei steht.
____________________________________________________________________
Gladigala von Sharon Katz
Erschienen beim Tyto Games
Erschienen beim Tyto Games
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 45 Minuten ab 10 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Tyto Games)