„Wir befinden uns im Jahre 50 v. Chr. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt... Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten. Und das Leben ist nicht leicht für die römischen Legionäre…“…Diese Sätze dürfte so ziemlich jeder schonmal irgendwo gehört, gesehen oder gelesen haben und nein, VIAE hat mit Asterix und Obelix rein gar nichts zu tun (es gibt noch nichtmal Zaubertrank!), aber letztlich ist das Setting hiermit sehr schön beschrieben: Wir befinden uns im alten Rom und erobern Europa sowie den Mittelmeerraum, um Einfluss zu erhalten. Hierfür müssen Missionen („Mandantum“) erfüllt werden, wie z.B. Spanien einzunehmen. Im Kern ist VIAE also ein Area-Control-Game. Aber mal ganz von vorne:
Bereit beim Öffnen der Packung kommt man aus dem Staunen nicht heraus. Sämtliche Komponenten sind über jeden Zweifel erhaben hochwertig produziert und von vorne bis hinten durchdacht. Allein die Playerboards („Cohorte-Boards“) sind genial, da es für alle darauf abzulegenden Steinchen, Plättchen, etc. Vertiefungen gibt, damit das Ressourcenhandling nichts zum Chaos wird.
Zu Beginn wird die Zugreihenfolge für die erste Runde ausgelost, jeder Spieler erhält zwei geheime Mandantum-Karten und wählt eine Stadt in Italien samt anliegender Straße aus und besetzt beide. Die eigene Spielerfigur wird ebenfalls auf die besetzte Stadt gestellt. Nun geht es im Prinzip auch schon los (wenn der Rest des Spielplans aufgebaut wurde:
Jede Runde läuft nach einem festen Schema ab:
Fortuna: Der Rundenmarker bewegt sich und zeigt an, ob die Fortuna-Karten aufgedeckt werden sollen. Diese beeinflussen die nachfolgende Runde
Ordo: Die Zugreihenfolge wird durch die Spieler neu festgesetzt, wobei die ersten Plätze Denare kosten
Stipendium: Dies ist die Einkommensphase, in der die Spieler Denare für besetzte Straßen, Denare oder Steine für besetzte Städte, der Einfluss kann gesteigert werden und es gibt Deceptio-Karten, je nach Einfluss
Agere: Der Kern des Spiels, die Handlungsphase. Je nach gewählter Zugreihenfolge ist nun jeder Spieler nacheinander an der Reihe und darf Aktionen ausführen. Die Anzahl der verfügbaren Aktionen richtet sich nach der Anzahl der Mitspieler und jeder Spieler verbraucht er alle seine Aktionen, bevor der nächste an der Reihe ist. Dabei gibt es acht verschiedene Möglichkeiten: Straßen bauen (damit man seine Spielfigur über Land bewegen darf), die eigene Figur über gebaute Straßen zu einer Stadt bewegen (geht auch auf fremden Straßen, kostet aber Denare), von einer Hafenstadt zu einer anderen segeln, eine benachbarte, gegnerische Stadt ausspähen (bringen beim Angriff zusätzliche Würfel), eine Stadt angreifen und erobern, sofern sie keinem anderen Spieler gehört, eine Basilika bauen (bringt in Phase 3 mehr Einkommen), Ausruhen für 2 Denare (quasi die Resterampe) oder Rekrutieren (zusätzliche Legio-Einheiten oder Offiziere, die Boni bzw. Sonderfähigkeiten bringen). Daneben gibt es noch zwei Aktionen, die nicht als solche zählen, nämlich Deceptio-Karten ausspielen und in Rom (wenn man mal da ist) Einfluss erkaufen. Die Deceptio-Karten sind quasi die Interaktionskarten, mit denen man anderen Spielern Rohstoffe klauen kann, etc. Zu guter Letzt muss man seine Cohorte noch bezahlen.
Epilogus: Aufräumen
Der geneigte Leser wird festgestellt haben, dass ich zum angreifen und erobern nicht viel geschrieben habe. Das war natürlich absicht, da die Aufzählung ohnehin schon zu vollgepackt war. Der Angriff und die Eroberung sind natürlich das spielentscheidende. Dadurch, dass man nur Städte erobern kann, die nicht von anderen Spielern kontrolliert werden, haben wir bei VIAE ein astreines Wettrennen. Und da der Straßenbau eine wichtige Rolle spielt, ist eine ordentliche Prise Tatktik bitter nötig, um sich eine Chance auf den Sieg zu bewahren. Beim Angriff selbst spielen diverse Dinge eine Rolle. Zunächst mal gibt es friedliche und feindliche Städte. Die friedlichen kann man relativ schnell einnehmen indem man Einheiten einsetzt, die dem Wert der Stadt entsprechen. Bei den Feindseeligen wird gewürfelt und dieser Wert wird dem Verteidigungswert der Stadt hinzuaddiert. Die Anzahl der Würfel orientiert sich an der Anzahl der Späher (ein Würfel pro Späher) in der Stadt. Doch ist das noch nicht alles: Städte sind in 2 Stufen feindseelig. Bei einer alarmierten Stadt wird nur ein Würfelwurf hinzugerechnet, bei mobilisierten Städten sogar 2 Würfe. Je feindseeliger, desto schwieriger wird das Ganze also, aber desto mehr Einfluss erhält man auch bei einer geglückten Eroberung. Bei einer missglückten Eroberung wird man selbst samt allen Spähern aus der Stadt gejagt und verliert Einfluss, je nach Feindseeligkeit der Stadt.
Wie bereits erwähnt ist die Eroberung von Städten aber kein Selbstzweck, sondern es geht darum, Einfluss zu erhalten. Diesen erhält man durch Stadteroberungen (und angrenzende Basiliken), aber eben auch durch die Mandantum-Karten. Dabei ist es egal, ob man seine eigenen Geheimaufträge erledigt oder die offen neben dem Spielplan ausliegenden. Sobald eine Mission erfüllt ist, legt man die Karte offen neben seine Cohorte. Das schöne: Es gibt Aufträge, bei denen man selbst ein Gebiet kontrollieren muss, aber auch solche, in denen das römische Reich eine Region erobert haben muss (sprich: alle Städte sind besetzt, egal durch wen). Es kann also sehr wohl sein, dass man durch eigene Eroberungen auch den Gegnern hilft, wenn sie geheim ein entsprechendes Mandantum haben. Ist ein solches offen ausliegend, erhält derjenige die Karte, der die letzte Stadt im Gebiet erobert hat.
Das Spiel endet, wenn ein Spieler 3 Mandantum erfüllt hat und der einflussreichste Feldherr wird ermittelt.
In Summe ist VIAE: Roads of Rome von seinen Mechaniken also nichts überragend überraschendes, lässt sich schnell lernen und schnell Spielen und bringt doch jede Menge taktische Tiefe, um runde 2 Stunden sehr gut unterhalten zu können. Aber das macht VIAE noch nicht besonders. Besonders wird es durch das durchdachte und von vorn bis hinten sinnvoll eingebundene Setting sowie die wirklich wunderbar opassende Optik der herrausragenden Komponenten. VIAE ist schlicht ein wirklich schön anzusehendes Spiel und allein deshalb macht es schon Spaß, es zu spielen. Zum Glück macht einem da die Machanik keinen strich durch die Rechnung sondern unterstützt das Ganze mit schön ineinandergreifenden Regeln.
VIAE - Roads to Rome von Dominique Oesch
Erschienen bei Eigenverlag
Für 2 bis 5 Spieler in ca. 120 Minuten ab 10 Jahren