Als der deutsche Forscher Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander von Humboldt im angehenden 19 Jahrhundert seine Forschungsreisen unternahm, hätte er wohl nie gedacht, dass eines Tages Schulen nach ihm benannt, Filme über ihn gedreht werden und letztlich ein Brettspiel zu seinen Reisen erscheint. Natürlich haben wir hier ein waschechtes Eurogame, dessen Setting grundsätzlich austauschbar wäre, da das Spiel nicht viel über seine Reisen erzählt. Trotzdem ist das Setting sehr schön gewählt und Optisch erstklassig aufbereitet worden. Die Sache fühlt sich also sehr „rund“ an.
Also ran an die Landkarte! Das Spielbrett repräsentiert einige der Stationen, die Humboldt während seiner langen Reisen tatäschlich besucht hat. Jeder Ort ist dabei mit einer von vier Farben gekennzeichnet und mit jeweils anderen Orten über Pfeile verbunden. Jeder Spieler erhält vier Frachtschiffe, die je eine unterschiedliche Fracht erfordern und unterschiedlich viele Siegpunkte bringen sowie ein Spielertablau, auf dem Waren und Kontaktpersonen gesammelt werden können. Passend zu den Farben der Orte gibt es kleine Holzscheiben („Wissenssteine“), die allesamt in einen Beutel geworfen werden und nun zufällig auf den Orten verteilt werden.
Ist ein Spieler an der Reihe, nimmt er sich das Reisetagebuch und zieht einen Stein aus dem Beutel. Nun darf er sich aussuchen, ob er von einem Ort mit der Farbe dieses Steinchens beginnen möchte oder nicht. Je nach entscheidung, legt er das Steinchen auf eines der beiden Felder des Reisetagebuches und zieht noch ein Steinchen. Das zweite Steinchen wir auf das andere Feld gelegt (und entweder muss man von einem Ort dieser Farbe beginnen oder eben nicht). Nun sucht man sich einen Ort der entsprechenden Farbe aus, nimmt alle Wissenssteine dieses Ortes auf und reist auf den Routen des Spielfeldes umher. Je besuchtem Ort muss man einen der Wissensteine absetzen. Passt die Farbe des abgelegten Steins zum Ort, erhält man ein Frachplättchen dieser Farbe, das man direkt auf die Schiffe verladen darf. Alle Spieler, die nicht an der Reihe waren dürfen sich nun von den „Reisesteinen“ einen vom Spielbrett nehmen und diese auf ihre Schiffskarten legen. Diese haben nämlich im unteren Bereich einen Abschnitt, in dem Wissenssteine gelegt werden können. Hat man eine bestimmte Kombination von Wissenssteinen auf einer Karte erfüllt, trifft man eine Kontaktperson. Diese sind ebenfalls Marker in verschiedenen Farben, die auf das eigene Tableau gelegt werden. Zu guter letzt wird aufgeräumt. D.h. alle nicht von anderen Spielern genommenen Reisesteine werden den jeweiligen Orten zugeordnet und die beiden Steine auf dem Reisetagebuch werden in den (aktuell leeren) Startort gelegt. Nun werden noch volle Schiffe in Siegpunkte getauscht und ggf. Kontaktpersonen getroffen und der nächste Spieler ist an der Reihe. Das Spiel endet, wenn der Beutel mit Wissenssteinen leer ist und genau dann folgt auch die Wertung für die getroffenen Kontaktpersonen. Auch die nicht vollen Schiffe werden nun noch gewertet. Es gewinnt, wer die meisten Siegpunkte einheimsen konnte.
Wie bereits erwähnt, ist das Spiel an sich sehr schön und selbsterklärend gestaltet. Die Anleitung liegt in mehreren Sprachen vor und hatte mich anfangs etwas erschreckt, da sie trotzdem sehr umfangreich daherkommt. Dies liegt aber schlicht daran, dass alles wirklich sehr gut und ausführlich erklärt wird.
Doch wie spielt es sich? Wer schonmal ein Steinchenspiel gespielt hat, kennt natürlich den grundlegenden Mechanismus (ohne Fracht und drumherum natürlich), der hier aber durchaus sinnvoll ins Setting eingebettet wurde. Durch das ziehen der Wissenssteine sowie der laufenden Umverteilung der Steine auf dem Spielfeld, handelt es sich natürlich durchaus um ein sehr glückslastiges Spiel, das nur geringfügigen taktischen Tiefgang bietet (weniger sogar, als beim „echten“ Steinchenspiel). Sehr schön ist allerdings, dass es hier kein reines nebeneinander gibt, sondern dass der eigene Zug immer auch das Spiel der Mitspieler beeinflusst und man hier immer schauen sollte, wem man mit welchen Wissenssteinen vielleicht etwas zu viel hilft. In Summe ein wirklich schönes Familienspiel, dass mit seiner relativ kompakten Spielzeit von unter einer Stunde auch als Absacker für die von mir oft angepriesene Altherrenrunde dienen kann, sofern diese hier nicht zu viel erwartet. Unser 10jähriger hatte jedenfalls wirklich Spaß beim Spielen und das ging uns Eltern ähnlich. Schnell ausgepackt, schnell erklärt, schnell gespielt und ohne Albernheiten. So muss das bei einem Familienspiel sein!
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Humboldt´s Great Voyager von Remo Conzadori und Nester Mangone
Erschienen bei Huch Spiele
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 45 Minuten ab 10 Jahren