Es soll ja Leute geben, die können mit diesem ganzen „High-Fantasy-Kram“ nichts anfangen und andere wiederrum können sich eine Welt ohne Drachen, Zwerge, Elben und ähnliches gar nicht vorstellen und würden gerne selbst in einer High Fantasy Welt leben. Ich gehöre, ehrlich gesagt, zu keinem dieser beiden Extremformen. Ich mag Fantasy mal hier und da und kann mit dem Genre auch was anfangen. Den Herrn der Ringe kenne ich aus dem Kino, an den Wälzer habe ich mich gewagt, bin aber dort grade mal so ans Ende des ersten Buches gekommen.
Warum ich das erzähle dürfte klar sein: In Drachenland geht es darum, diverse fantastische Orte zu erkunden, den Kobolden aus dem Weg zu gehen und am Ende die meisten Schätze zu erbeuten. Ein Spielbrett im klassischen Sinne gibt es dabei nicht, sondern Ortskarten. Von diesen wird immer die „Akademie der Abenteurer“ ausgelegt und dazu noch 3 weitere Karten. Dazu kommt ein sortierter Stapel aus 4 weiteren Orten. Die letzte Ortskarte ist immer der Drachenort. Sie markiert das Spielende. Nun werden die 60 Abenteurer-Karten gemischt und jeder erhält davon 5 Stück und der Rest wird in die Tischmitte gelegt. Dazu gibt es zwei Stapel mit Verstärkungskarten (Stufe I und II), die ebenfalls separat gemischt werden. Jeder Spieler bekommt dann noch 2 Stufe I oder 1 Stufe II Karte und seine Abenteurer-Figuren. Und ab geht die Schatzjagd!
Jeder Ort hat Felder, die mit Abenteurern besetzt („entdeckt“) werden müssen, damit der Ort gewertet werden kann. Reihum darf nun jeder Spieler entweder eine Runde pausieren und damit 2 Abenteurer-Karten ziehen oder sie gehen auf Entdeckungstour. Das Pausieren birgt jedoch gewisse Risiken für die gesamte Runde: Werden hier Kobolde gezogen müssen sie sofort aufgedeckt werden, und dann blockieren diese einige der Felder auf den Orten. Kommt es gar zu einem Felsrutsch, muss man eigene Karten an den Nachbarn abgeben, was die eigene Planung komplett umwerfen kann. Also wollen wir doch lieber entdecken, so lange wir noch genügend Karten haben. Und das geht so: Es gibt drei verschiedene Entdeckungsarten: Schleichen, Ausspionieren oder Stürmen.
Beim Schleichen muss man Karten in einer Zahlenreihe ablegen (also 3, 4, 5, etc.), beim Ausspionieren nur Karten mit der gleichen Zahl (also 3 x 8) und beim Stürmen müssen Karten mit der gleichen Farbe (z.B. 5 x blau) abgelegt werden. Hat man sich für einen Weg entschieden und die Karten abgelegt, wird gewürfelt, und zwar mit einem Würfel je Karte. Den gewürfelten Wert vergleicht man dann mit dem Wert, den die Ortskarte für diese Entdeckungsart angibt. Hat man hier mindestens gleichgezogen, darf man einen Abenteurer auf den Ort stellen und eine neue Karte ziehen. Und war diese Entdeckungsart auf dem Ort mit einem goldenen Kreis gekennzeichnet, gibt es sogar Platz für zwei Abenteurer. Damit das Ganze nicht zu glückslastig wird, darf man Abenteurer aus der Akademie einsetzen (wo die herkommen, sehen wir gleich noch), um den Würfelwurf zu verändern. Daneben gibt es noch Verstärkungskarten, die auch noch Änderungen bringen können. Doch halt: Die Nutzung der Verstärkungskarten muss man vor dem Würfelwurf ansagen, was eine Prise Taktik in das Spiel einfließen lässt. Verstärkungskarten helfen aber nicht nur beim Würfeln sondern bringen auch anderweitige Boni, bspw. bei der Abschlusswertung. Schafft man die Entdeckung trotz allem nicht, erhält man seine Karten wieder und stellt einen Abenteurer in die Akademie (da haben wir es!). Neben ihrer (einmaligen) Verwendung als Würfeländerer, helfen übriggebliebene Abenteurer am Spielende aber auch dabei, vielleicht den Sieg zu erringen.
Sind alle Felder eines Ortes besetzt, wird dieser gewertet. Die Spieler mit den beiden meisten Abenteurern erhalten Belohnungen, wobei hier auch die Kobolde als „Spieler“ gelten. Außerdem bekommt der Spieler mit den meisten Helden die Karte selbst, die am Spielende nochmal Sonderpunkte bringt.
Apropos Spielende: Wenn der Drachenort komplett besetzt ist, endet das Spiel. Dann werden alle Orte noch gewertet und anschließend zählen alle Spieler ihre Drachensteine (auf den erbeuteten Ortskarten, auf bestimmten Verstärkungen sowie Abenteurer in der Akademie) und bekommen je nach Ranking noch Silber oder Kupfermünzen. Außerdem erhalten noch Spieler, die auf ihren Verstärkungskarten Münzen haben, ebenjene noch ausbezahlt. Es gewinnt, wer den größten Reichtum einheimsen konnte.
Anstatt der Akademie kann man auch noch eine Variante spielen, nämlich die „Gasse der Abenteurer“. Das Spiel ist dabei dem Grunde nach dasselbe, nur landen erfolglose Abenteurer nun eben nicht mehr in der Akademie, sondern in der Gasse. Dort können sie eingesetzt werden, um zusätzliche Verstärkungskarten zu kaufen, was das Spiel nochmal etwas dynamischer macht.
Im Kern ist Drachenland also ein klassisches Mehrheitenspiel im Fantasygewand und einer Hand-Management-Mechanik, das mit schicken Komponenten (vor allem das Design der Orte und der Verpackung kann man hier positiv hervorheben) und schnell zugänglichen Regeln daherkommt. Schnell ausgepackt, schnell erklärt und relativ schnell gespielt. Mir persönlich gefällt die Variante mit der Gasse etwas besser, da durch die Verstärkungskarten etwas mehr Abwechslung ins Spiel kommt, aber natürlich wird das Spiel dadurch gleichzeitig noch glücksabhängiger. In Summe ein schickes Familienspiel, das auch für etwas jüngere (aber nicht die jüngsten!) Mitspielende geeignet ist und aufgrund der schicken und stimmigen Komponenten auch als Fillergame eine gute Figur macht.
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Drachenland von Darren Kisgen
Erschienen bei Game Factory
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 25 Minuten ab 10 Jahren